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Frau mit Mehari

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Die Diskrepanz zwischen den beiden sich überlagernden Bildern diesseits und jenseits der Scheibe (das eine der bucklige Alte, der ein Glas Rotwein für ein paar Peseten trank, und das andere du, das goldene Mädchen mit dunkler Brille, du, die du dabei warst, einen orangefarbenen Citroën Mehari einzuparken) war so groß, dass ich nie mit deinem Eintreten in diese Bar aus glänzendem Resopal gerechnet hätte, in der ich den ersten Gin Tonic des beginnenden Abends austrank. Als du dich direkt neben mir auf dem Barhocker niederließest, verstand ich in einer diffusen Art und Weise, dass sich die Welt manchmal in unserem Sinne dreht.

Du bestelltest einen Martini Bianco, öffnetest deine Reisetasche und holtest ein Päckchen Dunhill heraus. Du zündetest dir eine Zigarette an und bliest weiße Ringe hoch in die kalte Luft zu der dunkel verkleideten Decke. Es ist müßig, sich jetzt noch daran erinnern zu wollen, wie wir ins Gespräch gekommen sind; ich weiß es nicht: Vielleicht hat einer, du oder ich, um Feuer gebeten oder machte irgendeinen Kommentar und fand ein offenes Lächeln, oder einer von uns beiden schaute in die Augen des anderen, in eine warme, sanfte Tiefe.

Wir schütteten Gin Tonics und Martinis in uns hinein: Vor unseren Augen verwandelte sich der Tresen in ein Schachspiel aus durchsichtigen Flaschen. Wir rauchten deine Zigaretten auf und mussten dann Ducados kaufen, weil es in dieser unbestimmten Bar aus metallischem Schweigen nichts anderes gab.

Draußen auf der Straße war der Himmel bereits ein schwarzer Fleck, und vor unseren Augen öffnete sich eine schiefe, aus Lichtpunkten, Farben, trockenen Tönen und unbestimmten Düften verdichtete Nacht. Wir stiegen in den Mehari, und du behauptetest, du habest ihn gestohlen, was ich mir erlaubte, nicht zu glauben, während ich euch im Geiste in die entsprechende Schublade steckte: dich als Tochter aus gutem Hause und das Auto als Geburtstagsgeschenk von Papa. Wo willst du hinfahren?, fragte einer von uns beiden, der andere deutete mit einer vagen Handbewegung einen unbestimmten Ort an, nickte lächelnd mit dem Kopf und atmete tief durch, um den Alkohol in den Magenkanal zu befördern.

Wir aßen belegte Baguettes auf der Rambla, bevor wir in ungemütlichen Bars mit exotischen Namen Unterschlupf suchten, wo wir sogenannte polynesische Flüssigkeiten zwischen heimischen Mittelmeerpflanzen zu uns nahmen. Schließlich umarmten wir uns in einer kalten, lauten, verrauchten Disco. In dem Rotlicht-Abschnitt der Rambla tranken wir mehrere Kaffee, hörten Musik im La Chapa und machten uns über die Leute lustig, über die Snobs mit Schrumpfgeist, wie wir sie nannten.

Wir kehrten zu deinem Auto zurück und setzten uns hinein. Eine Weile lang sagte keiner von uns beiden ein Wort. Schließlich hob einer den Kopf und merkte, dass der andere ihn beobachtete und lächelte. Wir lächelten. Du warst es dann, die von deinem Apartment sprach, anfuhrst, in den zweiten Gang schaltetest, noch einmal die ganze Stadt durchquertest und in einer einsamen Straße mit weit auseinanderliegenden Straßenlaternen und schlaflosen Bäumen parktest. Wir betraten eng umschlungen den Fahrstuhl, suchten unsere Zungen, bis der Ruck unserer Ankunft uns überraschte, er unterbrach unseren Kuss, brachte uns zum Lachen.

Ich ließ mich in die bunten, barocken Kissen fallen. Du fragtest mich, was ich trinken wolle, und ich antwortete, einen Wodka Orange. Du legtest brasilianische Musik auf: Samba, Vinícius de Moraes, der die Nacht mit unendlich blauem Wasser füllte, mit Licht, mit weißem Sand, auf dem du mich vor Lust badetest, mir in die Lippen bissest, mich in den Ecken des Gelächters suchtest, deine Haare wie einen Fächer auf meiner Brust ausbreitend, mit deinen so weiß blitzenden Zähnen und deinen lachenden Augen, grün wie feuchte irische Wiesen. Vinícius verlor sich in der Ferne jenseits der Noten, sentindo a terra toda rodar, eine flüssige Musik, die deine Brüste streichelte, indem sie über deine Bluse strich, während du meine Hände den Reißverschluss deiner Jeans öffnen ließest und wir uns hastig auszogen, dein Mund verlor sich zwischen Zärtlichkeiten und Bissen im Dickicht meiner Schenkel, wir hielten oft inne und schauten uns lange an, zornige Schatten mit einer Spur Alkohol.

In dem Augenblick sah ich deine Brüste: Deine Bluse war aufgeknöpft, und ich erstarrte vor Schreck, mein Mund blieb offen stehen. Du sagtest lachend: Jetzt bist du erstaunt? Ich wusste nicht, was tun, was sagen, wie reagieren. Sicher verstehst du, dass es keineswegs normal ist, auf zwei durchsichtige Brüste zu blicken, in denen eine Art tropische Flora mit Talipotpalmen, Dattelbäumen und Zwergpalmen wächst, die sich in assyrischen Brisen, ägyptischen Nordstürmen und amazonischen Monsunwinden wiegen und in denen vor einem Hintergrund aus fast reifen Granatäpfeln kleine Papageien, Aras, Kakadus und Tauben in hunderttausend Farben herumflattern.

Du wirst auch verstehen, dass ich für einen Moment lang kurz davor war, die Flucht zu ergreifen. Und jetzt erinnere ich mich, es war dein lustiges Bild, was mich zum Bleiben bewegte, deine roten Lippen, deine ironischen Augen, der Speichel, der deine Zähne glänzen und mich Durst fühlen ließ. Ich spürte, wie meine Erektion zurückkam, ich kniete nieder und beugte mich über dein braunes Fleisch, um es zu zerfetzen und zu zerlegen. Ich streichelte deine Brüste, diese weichen, durchsichtigen Brüste, und beobachtete, wie sie sich bewegten und wie drinnen die Papageien sangen und die Pflanzen bei jedem Stoß lachten. Ein Chor von gelben Papageien schmetterte, als wir uns küssten, und die Tauben flogen in die Luft über einem Meer aus zitternden Algen. Bei unserem Orgasmus wehten die heißesten Winde durch die Palmblätter, über die dunklen Schaumkronen auf deinen Ozeanen und durch die roten gelben weißen orangefarbenen Federn, die bereits auf meinem Rücken wuchsen, aus dem schnell die Flügel herausstießen, kurz bevor ich schrumpfte und dieser goldene Schnabel entstand, mit dem ich jetzt mit dir rede. Und nie wieder werde ich eine Brille tragen müssen, nie wieder Hemd und Krawatte, ich werde keine dummen Wechsel mehr begleichen und keine U-Bahn-Fahrkarte in der Rushhour kaufen müssen, nun, als grün-gelb-roter Papagei in deiner glücklichen, heißen Brust.

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