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Zuerst die Diagnose: Haben Sie ein Demut‐Problem?

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Der erste Schritt zur Besserung besteht immer darin, sich bewusst zu machen, dass man ein Problem hat. Halten Sie sich einen Spiegel vor und stellen Sie sich einige Fragen:

 Erinnern Sie die Menschen in Ihrem Umfeld ständig daran, wie großartig oder talentiert Sie sind? Ihre Fähigkeit sollte in Ihrer Arbeit sichtbar werden. Die Menschen werden sie erkennen und so werden Sie ganz natürlich glaubwürdig.

 Befassen Sie sich damit, was Sie »verdienen«? Meinen Sie, Sie müssten aufgrund Ihrer Position oder Fähigkeiten eine Sonderbehandlung erfahren?

 Stellen Sie fest, dass Sie Namedropping betreiben oder darüber sprechen, wen Sie kennen, um sich wichtig zu fühlen?

 Brauchen Sie viel positive Verstärkung? Weisen Sie beispielsweise auf Ihre eigenen Unzulänglichkeiten hin, um so nach Komplimenten zu fischen? Oder lehnen Sie Komplimente ab, die Sie bekommen? Wenn Sie Ihren eigenen Wert kennen, brauchen Sie das nicht zu tun.

 Sind Sie Perfektionist? Überreagieren Sie bei Fehlern anderer? Das kann ein Zeichen für einen Mangel an Demut sein, weil es impliziert, dass Sie glauben, dass Sie sich mehr Mühe geben (und besser sind) als alle anderen.

 Sind Sie selbstgerecht? Stellen Sie fest, dass Sie (häufig öffentlich) über andere urteilen und darüber sprechen, dass Sie die Dinge, die sie tun, selbst nie tun würden?

 Heimsen Sie Lorbeeren für Dinge ein, die tatsächlich eine Gemeinschaftsleistung waren?

 Sind Sie der Meinung, dass niedere Tätigkeiten unter Ihrer Würde sind?

 Sind Sie unflexibel und stellen eine »Entweder du tust, was ich sage, oder du kannst gehen«‐Mentalität zur Schau?

 Was sind Ihre Motive? Gehen Sie über die bloße Pflichterfüllung hinaus, weil Sie den Erfolg des Unternehmens schätzen oder um Bestätigung zu bekommen?

Diese Fragen können Ihnen helfen, sich eventueller Warnsignale bewusst zu werden, die möglicherweise ein Zeichen für mangelnde Demut sind. Hoffentlich treffen nur wenige auf Sie zu, dennoch haben die meisten von uns von Zeit zu Zeit Demutspannen. Der Schlüssel liegt darin, sich ihrer bewusst zu sein und das Ego zu zügeln, wenn es beginnt, außer Kontrolle zu geraten.

Wenn wir uns bewusst und proaktiv auf das Führen mit Demut einlassen, werden wir ganz natürlich eine gesundere Geisteshaltung einnehmen. Das Ego wird sich immer weniger behaupten. Hier folgen einige Tipps:

Seien Sie immer Vorbild für das, was Sie in anderen sehen möchten. Verlangen Sie nie etwas von Ihrem Team, das Sie nicht zu tun bereit sind, beziehungsweise erwarten Sie nie Standards, die Sie selbst nicht einhalten können oder wollen. Demut bedeutet, zu wissen, dass alle auf einer Ebene stehen. Führungskräfte versuchen nicht, sich als »besonders« oder »anders« darzustellen. (Siehe Kapitel 3.)

Fördern und entwickeln Sie andere im Team. Wenn Sie feststellen, dass Sie Dinge für sich behalten, um sie selbst zu erledigen und so Ihren Wert unter Beweis zu stellen, kommen Sie wahrscheinlich nicht aus einem Ort der Demut. Eine demütige Führungskraft wird sich letztlich in ihrer aktuellen Rolle selbst obsolet machen und dann weiter aufsteigen! Übertragen Sie Verantwortung, erhöhen Sie Ihr Team.

Zollen Sie anderen Anerkennung. Geben Sie Komplimente an das Team weiter. Halten Sie aktiv Ausschau nach Stellen, wo Sie jemand anderem den Sieg überlassen können – umso besser, wenn es eine Nachwuchskraft ist und Sie diese Gelegenheit als Lernerfahrung nutzen können. Das heißt, Sie bereiten sie sorgfältig vor, damit sie liefern kann, und loben dann ihre gute Arbeit.

Seien Sie zugänglich. Schließen Sie sich nicht in Ihrem Büro ein. Führen mit Demut bedeutet, mit dem Team an die Sache zu gehen. Arbeiten Sie mit den Teammitgliedern, verbringen Sie Zeit mit ihnen, strengen Sie sich an, nicht distanziert oder unnahbar zu sein. Machen Sie deutlich, dass Sie Zeit für sie haben und Interaktionen mit ihnen schätzen.

Erkennen Sie, wann Mikromanagement angemessen ist. Auf der einen Seite bedeutet Demut, die Dinge »auf unsere Art« zu machen, loszulassen. Wenn jemand eine neue oder bessere Art findet, frohlocken Sie! Wir haben unseren Job gemacht und ihm/ihr geholfen, zu wachsen. Auf der anderen Seite müssen wir wissen, wann Mikromanagement angezeigt ist. Wenn wir einen vollständigen Nichteinmischungsansatz wählen, stellen wir möglicherweise einem Mitarbeiter eine Falle, in der er scheitert. Dann sausen wir herbei und sind der Held. Das ist eigennützig und das Gegenteil von Demut.

Streben Sie danach, lernfähig zu sein. Bemühen Sie sich vor allem, ein Lernender zu sein. Seien Sie neugierig, fragen Sie, wenn Sie etwas nicht wissen. Haben Sie keine Angst, zuzugeben, dass Sie etwas nicht verstehen oder nicht wissen, was zu tun ist. Auch die besten Führungskräfte haben Stärken und Schwächen und sie vergessen das nie. Stellen Sie so viele Fragen wie möglich. Achten Sie darauf, dass Sie von jedem im Team etwas lernen. Das hilft Ihnen, Ihren Fokus auf sie zu lenken (und von Ihnen selbst weg), und es hilft Ihnen, einige ihrer Fähigkeiten zu erkennen, die Sie anderenfalls vielleicht nicht bemerkt hätten.

Bemühen Sie sich regelmäßig um Beiträge und Feedback und stellen Sie sicher, dass die Menschen sich »sicher « genug fühlen, um Ihnen die Wahrheit zu sagen. Ob Sie die Sichtweise des Teams auf eine Entscheidung bekommen, die Sie treffen müssen, oder fragen, wie die Dinge mit ihren Jobs (und Ihrer Führung) im Allgemeinen stehen, es ist wichtig, eine Kultur der psychologischen Sicherheit zu pflegen. (Siehe Kapitel 21.) Führen mit Demut bedeutet, immer nach der Wahrheit zu suchen, insbesondere wenn es etwas ist, das Sie möglicherweise nicht wirklich hören wollen.

Richten Sie Ihren Fokus nicht darauf, wer die andere Person ist oder wo sie in der Hierarchie steht. Konzentrieren Sie sich auf das, was sie sagt, und darauf, ob es wahr ist. Eine demütige Führungskraft kann Feedback von jeder Ebene der Organisation annehmen. Wenn Sie feststellen, dass Sie sagen: »Sie sind nicht mein Boss« (oder etwas in diesem Sinne), dann kommen Sie wahrscheinlich eher aus einem Ort des Stolzes als der Demut.

Sagen Sie aus den richtigen Gründen die Wahrheit. Seien Sie authentisch. Reden Sie nichts schön oder präsentieren Sie Dinge nicht in einer Form, die Sie besser dastehen lässt. Wenn Sie jemandem schlechte Nachrichten überbringen müssen, dann tun Sie es von dem richtigen Ort aus. Lassen Sie ihn oder sie sich nicht schlecht fühlen oder schlecht aussehen, wenn es nicht notwendig ist. Machen Sie keine große Sache daraus, wenn Sie jemanden aufrufen, und nutzen Sie die Gelegenheit nicht, um Ihre eigenen Tugenden herauszustellen.

Hören Sie zu, um zu verstehen, anstatt zu reagieren. Kommunikation sollte nie eine Einbahnstraße sein. Versuchen Sie in einem Gespräch, sich wirklich einzufühlen und zu verstehen, was die andere Person sagt. Das hilft Ihnen, ein besseres Bild davon zu bekommen, was ihre tatsächlichen Bedürfnisse oder Anliegen sind. Sie sollten immer denken: »Wie kann ich dieser Person helfen?« oder »Wie kann ich die Dinge besser machen?«.

Geben Sie Fehler zu. Lassen Sie sich nicht von Stolz blenden und versuchen Sie nicht, sich als perfekt darzustellen. Menschen schätzen Verletzlichkeit in Führungskräften. Entschuldigen Sie sich aufrichtig, wenn nötig. Erinnern Sie sich an die drei magischen Worte, mit der man jede Beziehung zurücksetzen kann: Ich hatte Unrecht.

Seien Sie offen und transparent. Teilen Sie Ihre Informationen mit anderen, wenn Sie können. Halten Sie nichts geheim und behalten Sie Informationen nicht für sich, nur weil Sie sie zuerst hatten. Dadurch können Sie sich möglicherweise mächtiger fühlen, aber es schadet nur der Gruppe. Manchmal müssen Sie vielleicht Informationen aus bestimmten Gründen unter Verschluss halten, aber handeln Sie mit gutem Urteilsvermögen bei der Frage, ob es wirklich wichtig ist oder ob es egogetrieben ist.

Halten Sie Ausschau nach Wegen, damit andere sich wichtig fühlen. Ein weiser Mann sagte einmal: »Wenn ich mit einem Boss spreche, bekomme ich das Gefühl, dass er/sie wichtig ist. Wenn ich mit einer Führungskraft spreche, bekomme ich das Gefühl, dass ich wichtig bin.« Wenn jemand etwas gut macht oder einen entscheidenden Beitrag zu einem Projekt leistet, sagen Sie es. (Wenn möglich, sagen Sie es öffentlich. Umso besser.) Das sollte nicht schwer sein: Jeder hat Talente, die er beisteuert, und die demütige Führungskraft strebt an, immer Ausschau danach zu halten.

Sprechen Sie nicht darüber, wo Sie sind; sprechen Sie darüber, wer Ihnen geholfen hat, dorthin zu gelangen. (Erkennen Sie Ihr Privileg .) Seien Sie dankbar für Ihre Gelegenheiten und Chancen auf dem Weg. Es gibt keine Führungskraft, die ganz alleine an die Spitze gelangt wäre. Selbst wenn Sie über Ihre eigenen Erfolge sprechen, lenken Sie den Fokus darauf, wer Ihnen geholfen hat, dorthin zu kommen, und nicht, wie großartig Sie sind.

Reden Sie sich nicht schlecht und lehnen Sie Komplimente nicht ab. Es ist Teil der Demut, zu wissen, dass Sie gut genug sind, und Ihren Selbstwert auf Ihre eigene Einschätzung Ihrer Leistung zu stützen. Hüten Sie sich vor »falscher« Demut, mit der Sie sich heruntermachen, damit andere in aller Eile bekräftigen, wie großartig Sie sind. Wenn jemand Ihnen ein Kompliment macht, lehnen Sie es nicht ab. Wenn jemand sagt: »Sie sind ein wirklich großartiger Redner«, sagen Sie nicht: »Ach, das ist nichts Besonderes.« Dadurch könnte sich die Person schlecht fühlen, weil sie diese Fähigkeit nicht hat. Dann wird sie weniger geneigt sein, Sie um Hilfe zu bitten, was bedeutet, dass Ihnen eine Chance entgeht, ihr zu Diensten zu sein. Besser ist, einfach zu sagen: »Vielen Dank. Ich arbeite sehr hart daran.«

Seien Sie auch kein Märtyrer und heischen Sie nicht nach Mitleid von anderen. Die »Ich‐armer‐Wicht«‐Haltung ist das Gegenteil von Demut. Wenn Sie wollen, dass Menschen sich für Sie schlecht fühlen, saugen Sie dennoch die gesamte Aufmerksamkeit auf und lenken sie auf sich selbst.

Sagen Sie bei jeder Gelegenheit Danke. Erkennen Sie Teammitglieder, die zum Erfolg beigetragen haben. Das ist eine gute Übung für das Fokussieren auf andere, nicht auf sich selbst. Bemühen Sie sich, immer von einem Ort der Dankbarkeit aus zu führen (und zu leben). Auf eine Art ist Dankbarkeit der ultimative Marker für Demut. Ich habe sagen hören, dass EGO für »Edging God Out« (Gott ausstechen) steht. Dankbar zu sein ist eine Art, anzuerkennen, dass unsere Talente von einer höheren Macht gegeben wurden – und auch diejenigen, die nicht religiös im herkömmlichen Sinne sind, werden davon profitieren, anzuerkennen, dass sie nicht die Quelle aller guten Dinge sind.

Mit Demut zu führen, ist nicht leicht. Es erfordert in der Tat mehr Selbstsicherheit und Vertrauen, als mit Arroganz und Ego zu führen. Wir schulden es uns selbst und anderen, uns die Mühe zu machen, diese innere Stärke zu entwickeln. Wenn wir das tun, werden wir die Bestätigung von außen nicht mehr brauchen, die uns dazu veranlasst, eine Show abzuziehen und nach Auszeichnungen zu streben. Wir werden die Führungsperson sein, der andere trauen und folgen.

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