Читать книгу Der letzte Flug des Chyratos - R.A. Liebfahrt - Страница 13

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Wer ist Dominique?

Nachdem Toni wieder gegangen war und uns für die nächsten Wochen versorgt hat, zog ich mich zurück. Ich wollte einfach allein sein. In meinem Versteck geht mir viel durch den Kopf. Bilder von einer zerstörten, kontrollierten Welt ziehen an mir vorüber, und allein die Vorstellung, dass es da draußen wirklich so zugeht, ist erschreckend. Doch wovor ich noch mehr Angst habe, ist, dass ich der Retter sein soll, der Auserwählte. Ich kann doch überhaupt nichts, außer vielleicht jagen und fliegen. Was kann ich schon gegen eine überdimensionale Energie ausrichten? Es wäre viel einfacher, wenn Femina da wäre, sie wüsste, was zu tun ist, sie hatte immer eine Idee und einen Plan, sie war meine Mentorin in allen Lagen, aber alleine fühle ich mich so hilflos. „Du bist nicht allein“, höre ich da wieder diese Stimme in mir. Sie ist wohl vertraut und ich kenne sie genau. „Femina, bist du das?“, rede ich so in mich hinein. Ohne Zögern spricht sie weiter: „Du musst dir vertrauen und du musst Dominique vertrauen. Zweifle nicht an deinen Fähigkeiten, und denk schon gar nicht an ein Scheitern.“ Femina spricht immer weiter: „Du bist nicht allein, du bist nicht allein, und deinem Licht werden viele folgen.“ Und da beginnt es wieder zu leuchten, das Licht in mir, und ich habe das Gefühl, Femina ist ganz bei mir, und dieses Gefühl genieße ich noch eine Weile.

„Ich muss mit dir reden“, spreche ich Dominique an. „Komm nur herein, Frederik, und setz dich zu mir. Wir sind alleine und das passt mir auch gut so. Du kannst mich alles fragen“, gibt Dominique vor. „Wer bist du, Dominique?“, frage ich ohne zu zögern. „Ich habe schon darauf gewartet, dass du mich dies einmal fragen würdest, und ich will dir mein Geheimnis anvertrauen. Dafür muss ich weit ausholen, doch das bin ich dir schuldig.“ Dominique beginnt zu erzählen, und berichtet vor ihren Eltern, von ihrer Schule, und dass sie immer schon Dinge gesehen hat, welche andere nicht gesehen haben. Sie konnte die Aura bei anderen Menschen sehen und spüren. Sie nahm sogar Umrisse von fremden Gestalten wahr, und konnte mit ihnen kommunizieren. Für dieses Verhalten wurde sie gemobbt und ausgestoßen, sogar ihre Eltern hielten sie für verrückt und drängten sie dazu, mit diesen Dingen aufzuhören. Als sie alt genug war, büxte Dominique von zu Hause aus, und begann ihr eigenes Leben, da sie ihre Fähigkeiten nicht ablegen wollte. Sie machte Kurse und Ausbildungen in den verschiedensten Fächern, wie Kräuterkunde, Physiobereich, und landete schließlich bei esoterischen Lehrmeistern, wo auch Scharlatane dabei waren und für ihr „Nichtskönnen“ nur abkassieren wollten. „Natürlich waren auch die Künste der Schwarzen Magie dabei, es kommt aber nur auf die Anwendung an“, scherzt Dominique so nebenbei. „Die Zeit war reif für eine eigene Praxis. Viele Menschen kamen zu mir, und vielen konnte ich auch helfen“, berichtet Dominique weiter. „Durch meine abstrakten Heilmethoden wurde ich sogar ein wenig berühmt. Ich kann nämlich in den Geist der Menschen eindringen, ihre Blockaden lösen, und die Selbstheilungskräfte aktivieren. Eigentlich hat sich jeder meiner Patienten selbst geheilt, und dies mit ganz einfachen Mitteln, ich habe sie nur hingeführt, und diese Fähigkeiten besitze ich nun einmal, ob ich will oder nicht. Für die Behandlungen habe ich nichts verlangt, bekam aber so viele Gaben und Gelder, dass ich mir ein schönes Leben in Wohlstand und Fülle leisten konnte. Du musst aber wissen, Frederik, dass es nicht nur gute Menschen auf der Erde gibt, viele Neider und Unmenschen bevölkern diesen Planeten, und diese hatten es auch auf mich abgesehen. Ärzte, Heilpraktiker und Vertreter der Pharmaindustrie wollten schon gar nicht, dass sich meine Heilmethoden verbreiten, weil sie dadurch nicht mehr so viel verdienen würden. Ich wurde mit unwahren Regel- und Gesetzesverstößen belastet. Sie schafften es sogar, für mich ein Arbeitsverbot auszusprechen, und vollzogen dies auch mit der Justiz und der Polizei. Über Zeitungen und andere Medien wurde ich als Schwarze Hexe und Vergifterin der Menschen und ihrer Gedanken bezichtigt, da es für meine Heilmethoden weder Fakten noch Zulassungen gäbe. Ich wurde in der Presse zerrissen, mir wurde sogar mit Gefängnis gedroht, sollte ich nicht aufhören. Der Arm und die Macht der Unlichtmenschen sind groß, und sie scheuen vor keinen Mitteln zurück, um Angst zu schüren. Zuerst ließ ich mich nicht einschüchtern und praktizierte weiter. Ich wollte einfach nur den Menschen etwas Gutes tun und hatte wirklich nichts Böses im Sinn. Trotz der Anschuldigungen hatten viele Menschen Vertrauen zu mir. Sie kamen sogar in Scharen daher, um Heilung zu erfahren. Die Folge daraus ließ nicht lange auf sich warten, ich wurde eingesperrt und angeklagt. Das Gericht folgte gekauften und falschen Gutachtern der Pharmaindustrie und es wurde ein Ausübungsverbot ausgesprochen sowie eine fünfjährige Haftstrafe wegen Nötigung, körperlicher und geistiger Misshandlung. Außerdem wurde eine psychiatrische Behandlung vorgeschrieben, um mir meine irren Ansichten auszutreiben.“ „Und ist ihnen das gelungen?“, frage ich dazwischen. „Nein, wie du siehst, bin ich immer noch verrückt, und mache meine Versuche“, Dominique lacht dabei. „Sogar meine Ermordung blieb erfolglos“, fügt sie hinzu. „Was, sie wollten dich ermorden?“, fahre ich erschrocken auf. „Ja, aber meine Fähigkeiten haben mich gerettet, denn ich habe sie kommen sehen, und sie in eine Falle gelockt, dabei habe ich einen Kessel explodieren lassen, sie mit greller gelber Leuchtfarbe versehen, einen Zauberspruch ausgesprochen, und sie als Nasenaffen am Dorfplatz angebunden. Dieser Scherz ist bei den Menschen gut angekommen, und die Bevölkerung hatte Riesenspaß dabei, doch ich musste daraufhin flüchten und untertauchen, denn die Macht der Unlichtigen ist überall. Spürhunde wurden ausgesendet, eine Kopfprämie auf mich ausgesetzt, und alles getan um mich auszuschalten. Doch es ist schwer, unsichtbar zu bleiben, wenn man nirgends Freunde hat, und die Leute eingeschüchtert werden. Ich floh in den Wald, und die Natur gab mir ein Geschenk, ich lief in ein weites Tal, dann in einen Graben, durch den starken Regen löste sich ein Hang und begrub alles hinter mir, ich lief weiter und weiter, stieg den Berg hinauf, und da habe ich diese Hütte gefunden, und hier lebe ich nun als Geächtete und Verfolgte in meiner eigenen Welt“, dabei fließen jetzt Tränen über Dominiques Gesicht. Sanft lege ich meinen gesunden Flügel über ihre Schultern und spreche leise: „Ich vertraue dir und werde dir helfen!“ Dominique lehnt sich an mich und für einige Momente genießen wir den Frieden und die Einigkeit. „Dominique, darf ich noch etwas fragen?“, beende ich die Stille. „Frag ruhig“, antwortet sie und wischt die Tränen ab. „Ist Toni dein Freund oder auch dein Liebhaber?“ „Du frecher, großer Adler du, es geht dich zwar nichts an, aber ich will es dir trotzdem verraten“, spricht Dominique. „Toni ist weit mehr als ein Freund, aber viel weniger als ein Liebhaber, er ist so eine Art Seelen-Bruder, und er vertraut mir.“ Wie sich herausstellte, war Toni einer der ersten Patienten von Dominique. Er war durch einen Unfall behindert geworden, und konnte dadurch seinen Beruf als Jäger nicht mehr ausüben. Er fühlte sich als Krüppel, als Ausgestoßener, und ist von der normalen Medizin abgeschrieben worden ohne Heilungschancen. Er hat sich mit seinem Schicksal schon abgefunden, und spielte oft den Narren, um seine Unsicherheit zu verbergen. Dann traf er Dominique, und sie vollbrachte das Wunder. Sie brach ihm das lahme Bein nochmal dreimal durch, richtete es wieder ein, schiente das gesamte Bein, goss angereicherten Beinwellsud darüber, sprach ihre Zauberformeln und hypnotisierte Toni, legte ihn einige Stunden in einen Gesundheitsschlaf, und nach dreimonatigem täglichem Training war Tonis Bein gerade, ohne Blockaden und voll einsatzfähig. Ärzte und andere Therapeuten konnten sich diese Heilung nicht vorstellen und sprachen von einem kleinen Wunder, und dies war es auch. Toni übt seither den Beruf wieder aus und kann auch jeden steilen Berghang wieder besteigen. Er hat ihr vertraut, und sie hat ihn geheilt, das verbindet und daran können auch die „Unlichter“ nichts ändern.

„Hab ich euch auch schon geküsst?“, wirft Niki mit einem Mal ein, welche mich in der Umarmung mit Dominique erwischt. „Nein, wir haben uns geschnabelt, und sind nun vereint im ewigen Kampf, die Superhexe und der Kaiseradler, schräg, oder was?!“ „Na, eure Kinder werden erst ausschauen, das will ich mir gar nicht vorstellen, eine Art Arabella auf Stöckelschuhen und mit Flügel“, kichert bzw. gackert Niki. „Egal wie sie aussehen, sie haben eine aufgescheuchte, aufgetakelte, weise Tante Namens Niki, und dies reicht für ihre Erziehung und die zu bestehenden Abenteuer!“

Der letzte Flug des Chyratos

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