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c) Organisatorisch-funktionale Problemlösungen

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Doch die Kirchen sind für Hitler nicht allein wegen ihres Totalitätsanspruchs und ihrer dogmatischen Konkretisierungs- und Normierungsleistungen des an sich doch diffusen religiösen Fühlens Lernobjekte für sein eigenes Projekt. Hitler interessierte sich auch stets und gerade für organisatorischfunktionale Problemlösungen. Ihn faszinierte speziell an der katholischen Kirche etwa ihr Umgang mit dem für nichtdemokratisch organisierte soziale Systeme stets prekären Problem der Elitenrekrutierung, einschließlich ihres konkreten Mechanismus der Führungsauslese und -nachfolge.18

„Zwei Verfassungen“, so Hitler in einem seiner Tischgespräche im Führerhauptquartier am 31.3.1942, hätten „sich im Laufe der Geschichte bewährt: a) das Papsttum, und zwar trotz vieler Krisen“ und, so vergisst Hitler nicht hinzuzufügen, „trotz einer ausgesprochen verrückten geistigen Grundlage lediglich aufgrund der grandiosen Organisation der Kirche“, sowie im Übrigen „b) die Verfassung von Venedig, die den kleinen republikanischen Stadtstaat durch ihre Führungsorganisation zur Beherrschung des gesamten östlichen Mittelmeeres befähigt“19 habe.

Einen der Gründe des Erfolgs des Papsttums erblickt Hitler dabei darin, dass die katholische Kirche sehr geschickt die an sich unvermeidlichen autoritätskritischen Begleiterscheinungen jedes Entscheidungsvorgangs über Führungspositionen dadurch vermeide, dass sie diese Entscheidungsvorgänge, vor allem die Papstwahl, strikt geheim hält. Dadurch gelänge es ihr, dass die an sich unausweichlichen Konflikte innerhalb der Führungsspitze nicht oder nur sehr eingeschränkt öffentlich werden.

„Grundsatz auch für die Führerwahl“ müsse es daher sein, so Hitler weiter, „daß während der Wahlhandlung jede Diskussion unter den Wählern unterbunden würde“. Die „Durchführung der Führerwahl habe nicht vor den Augen des Volkes, sondern hinter verschlossenen Türen zu geschehen. Auch bei der Papstwahl wisse das Volk ja nicht, was hinter den Kulissen vorgehe. Bei den Kardinälen sei es einmal so weit gekommen, daß sie sich geprügelt hätten. Man habe sie daraufhin für die Zeit der Wahlhandlung einfach eingemauert.“ Wenn eine Staatsform, die dies berücksichtige, „auch nicht ewig halten möge, 200 bis 300 Jahre werde sie bestimmt Bestand haben. Denn sie sei auf Erwägungen der Vernunft gegründet, während die tausendjährige Organisation der katholischen Kirche auf Unsinn als Grundlage aufgebaut sei“20.

Noch in einem weiteren Aspekt ihrer Eliterekrutierung gilt Hitler „die katholische Kirche als vorbildliches Lehrbeispiel“. „In der Ehelosigkeit ihrer Priester“, so Hitler bereits in „Mein Kampf“, liege der Zwang begründet, den Nachwuchs für die Geistlichkeit statt aus den eigenen Reihen immer wieder aus der Masse des breiten Volkes holen zu müssen. Dies sei „die Ursache der unglaublich rüstigen Kraft, die in dieser uralten Institution wohnt. Denn dadurch, daß dieses Riesenheer geistlicher Würdenträger sich ununterbrochen aus den untersten Schichten der Völker heraus ergänzt, erhält sich die Kirche nicht nur die Instinkt-Verbundenheit mit der Gefühlswelt des Volkes, sondern sichert sich auch eine Summe von Energie und Tatkraft, die in solcher Form ewig nur in der breiten Masse des Volkes vorhanden sein wird. Daher stammt die staunenswerte Jugendlichkeit dieses Riesenorganismus, die geistige Schmiegsamkeit und stählerne Willenskraft“21.

Hitlers partieller Respekt vor den Kirchen ist, so zeigt sich, die Konsequenz seiner Analyse ihrer internen Konstitutionsprinzipien, wie Hitler sie wahrnimmt. Als über lange Zeit einflussreiche Weltanschauungsinstitutionen sieht er in ihnen Beobachtungsobjekte mit gewissem Vorbildcharakter. Sie interessieren ihn, insofern manche ihrer Erfolgsregeln auch unter den Bedingungen einer modernen – Hitler versteht darunter eine naturwissenschaftlich und technologisch fortgeschrittene – Gesellschaft gelten könnten. Es geht Hitler dabei um die Art und Weise, wie die Kirchen ihre „Weltanschauung“ mobilisieren und organisieren, und dies unter modernen Konkurrenzbedingungen. Hitler interessieren die Kirchen als politische Weltanschauungsorganisationen innerhalb einer Konkurrenzsituation pluraler Anbieter auf dem Markt der Weltanschauungen.

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