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2. Hitlers Kritik a) „Langsames Ausklingen“ der Kirchen: Hitlers Szientismus

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Selbstverständlich hat Hitlers Analyse der Kirchen nichts mit Zustimmung zu ihren Verkündigungsinhalten zu tun. Wiewohl Hitler sich als „gottgläubig“ bezeichnet und ihm eine spezifische Form der Religiosität wohl auch persönlich eignet, so gelten ihm doch die meisten der konkreten Inhalte der christlichen Verkündigung als durch die naturwissenschaftliche Forschung widerlegt. Die Popularisierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse werde denn auch, so Hitlers Überzeugung, die Glaubwürdigkeit der Kirchen endgültig untergraben. „Wer naturgemäß lebt, kommt …, ohne daß er es will, in Gegensatz zur Kirche. Die Kirche geht daran zugrunde. Die Wissenschaft wird Siegerin sein“22, so Hitler in einem Gespräch im Führerhauptquartier am 14.10.1941.

Es sei deshalb auch nicht „richtig, sich jetzt in einen Kampf mit der Kirche zu stürzen. Am besten, man läßt das Christentum langsam verklingen; ein langsames Ausklingen hat auch etwas Versöhnendes in sich: Das Dogma des Christentums zerbricht vor der Wissenschaft. Die Kirche muß schon jetzt mehr und mehr Konzessionen machen. Tausend Dinge werden allmählich hinfällig. Es braucht nur noch der Nachweis geführt werden, daß das Anorganische und das Organische in der Natur ohne Grenze ineinanderüberfließen! Wenn erst einmal das Wissen um das Universum sich verbreitet, wenn der Großteil der Menschen sich klar darüber wird, daß die Sterne nicht Leuchtkörper sind, sondern Welten, vielleicht belebte Welten, wie die unsere, dann wird die Lehre des Christentums völlig ad absurdum geführt“23.

Der „ganze(.) katholische(.) Kirchenglauben“ ist denn auch für Hitler „eine unglaublich schlaue Mischung von Heuchelei und Geschäft unter Ausnutzung der menschlichen Anklammerung an die überkommene Gewohnheit“. Selbst ein „gebildeter Geistlicher könne“, so Hitler, „doch unmöglich den Unsinn glauben, den die Kirche verzapfe“24. Das Christentum sei „das Tollste, das je ein Menschenhirn in seinem Wahn hervorgebracht hat“, vor allem, und Hitler hebt dies eigens hervor, ist es für ihn „eine Verhöhnung von allem Göttlichen“25 – so Hitler im Führerhauptquartier am 13.12.1941.

Hitlers durchgängiger Szientismus, also seine Wissenschaftsgläubigkeit, ist dabei durchaus nicht ungebrochen und völlig unaufgeklärt über seine Grenzen. „Die Wissenschaft“ ist für ihn „nichts anderes wie eine Leiter, die man erklimmt: Mit jeder Stufe sieht man ein bißchen weiter, aber an das Ende der Dinge sieht auch die Wissenschaft nicht“26. Auch bezweifelt Hitler, dass wissenschaftlicher Fortschritt und individuelles Glück unmittelbar zusammenhängen. „Ob wissenschaftliche Erkenntnisse den Menschen glücklich machen? Ich weiß es nicht. Aber: mit ganz verschiedenen Bekenntnissen sind die Menschen glücklich! Gut, so muß man darin eben auch tolerant sein! Töricht ist es, den Menschen glauben zu machen, er sei ein Dirigent, wie das eine aufdringliche liberale Wissenschaft des vorigen Jahrhunderts getan hat.“27 Aber Wissenschaft, so Hitler, „bemüht sich, nach den Grenzen, die jeweils ihrer Einsicht gezogen sind, eine Sache richtig zu sehen. Sie stellt nicht bewußt falsch dar“. Das Christentum aber lüge: Es sei deshalb wegen seines Wahrheitsanspruchs „in einen Konflikt mit sich selbst hineingeraten“28.

Hitler stellt sich an dieser Stelle übrigens auch die Frage, ob mit der Verdunstung des Christentums in der Kritik der modernen (Natur-)Wissenschaften, „nicht überhaupt der Gottesglaube beseitigt werden“ wird. Seine Antwort: „Das würde nicht gut sein! Der breiten Masse ist der Begriff der Gottheit nur eine Substantiierung. Diese Substantiierung ist wunderbar. Warum sollen wir den Sammelbegriff für das Unbegreifliche zerstören?“29 Das Christentum aber habe „nun freilich“, so Hitler, „den Gipfel aller Torheit erklommen. Deshalb wird eines Tages sein Gebäude gänzlich zerbrechen. Das Wissen hat heute schon die ganze Menschheit erfaßt. Je mehr sich das Christentum an das Dogma klammert, umso rascher wird es verglimmen.“30

Nachdem für Hitler aber „alle Erschütterungen von Übel sind“, hält er „es für das Schönste, wenn wir die Einrichtung der Kirche allmählich durch eine geistige Aufklärung überwinden und schmerzlos machen, zu einer gewissen Milde bringen. Das allerletzte könnten Frauenklöster sein!“31 „Die Zeitenwende des Untergangs“ der Kirchen sieht Hitler jedenfalls gekommen. „Es dauert noch einige Jahrhunderte, dann geschieht durch Evolution, was nicht durch Revolution geschieht. Jeder Gelehrte, der etwas Neues entdeckt, haut ein Stück von deren Basis weg. Es tut einem oft leid, daß man in einer Zeit lebt, in welcher einem noch nicht bewußt ist, wie die neue Welt aussehen wird“32 – so Hitler am 11.11.1941.

„Die Zeit, in der wir leben, ist die Erscheinung des Zusammenbruchs dieser Sache. Es kann hundert oder zweihundert Jahre noch dauern. Es tut mir leid, daß ich wie Moses das gelobte Land nur aus der Ferne sehen kann. Wir wachsen in eine sonnige, wirklich tolerante Weltanschauung hinein: Der Mensch soll in der Lage sein, die ihm von Gott gegebenen Fähigkeiten zu entwickeln. Wir müssen nur verhindern, daß eine neue, noch größere Lüge entsteht: Die jüdisch-bolschewistische Welt muß zerbrechen!“33

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