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13.

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„Ein Bullterrier und eine Hyäne“, fuhr es Sonja Saalfeld beim Anblick der beiden Männer durch den Kopf. Sie stellte das Tablett mit Kaffee und Gebäck auf Wiesenlohs Schreibtisch ab. Der Intendant der Karl-May-Spiele und Freddie Gerling, der Manager von Hannes Wühlmann, saßen sich gegenüber und schwiegen sich an, solange die Sekretärin im Büro war. Erst als die unterkühlt wirkende Brünette die Tür hinter sich geschlossen hatte, setzten die beiden Männer ihr unterbrochenes Gespräch fort.

Der massige Schädel Wiesenlohs war gerötet. Auf seiner Stirn glänzte Schweiß. Eine Begegnung mit Gerling setzte ihn jedes Mal unter Stress. Der zynische Geschäftsmann schoss einen Pfeil nach dem anderen ab, um dann mit einem maskenhaft wirkenden Lächeln zuzusehen, wie der Mann hinter dem Schreibtisch um Fassung rang. Das wollte etwas heißen, denn üblicherweise war Wiesenloh in diesem Büro der Chef im Ring, und die Besucher auf dem tiefen Besuchersessel kuschten vor ihm.

Seine Lufthoheit hatte Wiesenloh dadurch unterstrichen, dass er kurz nach seinem Dienstantritt die Portraits der Bad Espefelder Schauspielprominenz abhängen ließ, mit denen sich sein Amtsvorgänger umgeben hatte. Stattdessen hing an der Wand über dem Schreibtisch nun ein Foto, das Wiesenloh selbst beim Händeschütteln mit dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein zeigte.

„Ich verstehe zwar nicht, was diesen Becker bewogen hat, Ilic aus dem Sattel zu knallen, doch nachdem Sie Ihrem Pferdeknecht ja nun kein Honorar überweisen müssen, können Sie das Geld für die Resozialisierung Ihres Meisterschützen zurücklegen.“

„Herr Gerling. Ich glaube nicht, dass es …“, Wiesenloh musste den Satz unterbrechen, weil er falsch geatmet hatte, „… dass es im Interesse Ihres Mandanten ist, solche Andeutungen zu machen.“

„Hyperventilieren Sie nicht gleich, Wiesenloh. Hannes Wühlmann ist ein anderes Kaliber als dieser kroatische Schönling, den Sie sich als Dekoration für Jana Felden eingekauft haben. Freut sich Jana eigentlich darauf, bald wieder einen richtigen Kerl an ihrer Seite zu haben? Branco Ilic war ja wohl eher der Typ, um Janas Zwillingsschwester im Rollstuhl über die Bühne zu schieben. Hatte bekanntlich ein weites Herz für Frauen, die vom Schicksal nicht gerade verwöhnt sind.“

„Jetzt sollte aber wirklich … sollte wirklich Schluss sein mit solchen Respektlosigkeiten.“

„Sie entdecken wohl noch Ihre späten Sympathien für Ilic? Na ja, es hat ja vielleicht gewisse Nachteile, dass Sie sich nun wieder selbst etwas mehr um Ihre vernachlässigte Alte kümmern müssen.“

Wiesenloh ballte vor Zorn beide Fäuste, hatte aber der Frechheit des abgebrühten Managers nichts entgegenzusetzen. In ihm keimte langsam ein Verdacht auf. Waren alle Anspielungen Gerlings nur Ablenkungsmanöver? War Wühlmanns Manager vielleicht von vornherein davon ausgegangen, dass der Anschlag des Pferdebetreuers John Steiner auf Ilics Reittier nicht funktionieren würde? Hatte er gar selbst Becker gekauft?

Wiesenloh warf einen unsicheren Blick auf das hyänenhafte Gesicht Gerlings. Einem Mann gegenüberzusitzen, der einen Killer anheuerte, bereitete ihm Unbehagen. Andererseits schien Becker, nach allem, was man hörte, kein Killertyp zu sein, sondern eher ein verwirrter Einzelgänger, der unübersehbare Spuren hinterlassen hatte und unfähig gewesen war, sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen.

„Okay, widmen wir uns wieder dem eigentlichen Geschäft“, sagte Gerling grinsend. Er schien die Lust verloren zu haben, den schwitzenden Intendanten weiter zu quälen und begann stattdessen, völlig geschäftsmäßig die Konditionen zu benennen, unter denen Wühlmann bereit war, nach Bad Espefeld zu kommen.

Wiesenloh erschienen einige Forderungen ziemlich dreist. Schließlich war Wühlmann ja noch kein Star, sondern wollte erst einer werden. Um den Sprung zu schaffen, war er auf die Winnetou-Rolle in Bad Espefeld angewiesen. Für Wiesenloh würde sich der Deal erst in der neuen Saison ausbezahlen.

Vorsichtig deutete der Intendant an, dass ihm die Gagenvorstellung zu hoch war. Zumal Wühlmann selbst vor kurzem noch mit anderen Modalitäten einverstanden schien. Gerling schwieg und setzte eine Pokermiene auf. Nun richtete sich Wiesenloh in seinem Chefsessel etwas auf und hörte sich selbst, zu seinem eigenen Erstaunen, mit seiner gewohnten festen Stimme eine bedeutend niedrigere Summe nennen.

„Legen Sie noch Fünftausend für Umzugskosten drauf, und Sie haben meinen Mann.“

Wiesenloh überlegte, ob er über diesen Punkt verhandeln sollte, doch er war froh, dass der Manager den Bogen offensichtlich doch nicht überspannen wollte. Die Umzugskosten konnte er später im Kuratorium sicher besser verkaufen als eine höhere Gage. An Gage sollte Wühlmann in dieser Saison nicht einen Cent mehr als Ilic erhalten.

Für einen Moment war er wieder mit sich im Reinen. Nur die zufriedene Miene Gerlings irritierte ihn. Plötzlich schoss ihm das Blut in den Schädel, und ihm wurde heiß. Er hatte nicht bedacht, dass im Falle Ilics mit der Gage die gesamte Saison einschließlich der umfangreichen Zeit der Proben abgedeckt gewesen war. Wühlmann würde das gleiche Geld wie Ilic dafür erhalten, dass er nach kurzer Vorbereitung für den Rest der Saison einsprang. Wiesenloh hatte während seiner beruflichen Tätigkeit selten so einen Bock geschossen.

Gerling grinste ihn von unten herauf an und holte aus seiner Jackettasche ein Silberetui. „Ich darf doch“, sagte er und zündete sich ein Zigarillo an.

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