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Die junge Familie in Not

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Der Vater von Johann verstarb früh, was die bittere Armut der Familie noch unerträglicher machte. Sein Name war Andreas. Er hatte den Beruf eines Wagners, wie auch sein Vater Johannes, der allerdings aus dem kleinen Ort Martinsweiler stammte, ein Dorf ganz in der Nähe von Peterzell. Mein Urgroßvater Andreas wurde am 23. September im Jahr 1849 in Peterzell geboren. Seine Mutter wiederum hieß Anna Maria und war eine geborene Zuckschwert. Ihr Vater Zuckschwert war ein Taglöhner. Von daher war es klar, dass sie nichts in die Ehe mitbringen konnte. Meine Urgroßmutter Anna Maria brachte sieben Kinder auf die Welt. Das erste Kind gebar sie mit 24 Jahren. Es waren vier Mädchen und drei Knaben. Mir sind allerdings nur die Namen der Knaben bekannt. Andreas, Friedrich und Johann. Trotz der sieben Kinder im Haus und der harten und entbehrungsreichen Hausarbeit wurde sie alt. Sie starb im Alter von 74 Jahre im Jahr 1894. Das Dorfhandwerk hatte damals schon ein recht tristes Dasein. Die Nachfrage nach Wagenrädern und auch deren Reparatur war bescheiden. In der kleinen Werkstatt von Andreas, welche im Erdgeschoss des kleinen Wohnhauses eingerichtet war, stand der Radbock meistens leer.

Es gab keine Aufträge. Keine Aufträge, kein Geld. Die junge Familie litt darunter. Alle hatten schlichtweg tagein und tagaus nur Hunger. Die paar Kartoffel und das Kraut vom Feld machten sie nicht satt. Andreas und Anna Maria waren gerade einmal vier Jahre verheiratet als eine Katastrophe über die Familie hereinbrach. Es war kurz nach seinem 30. Geburtstag im Oktober 1879 als Andreas sich nicht mehr wohlfühlte, Fieber und Schwellungen im Unterleib bekam. Im Laufe der kommenden Wochen trat einfach keine Besserung ein. Zu seinem St. Georgener Hausarzt, einem Doktor Rosenfelder in der Gerwigstraße, wollte er nicht gehen, weil ihm dazu schlicht- weg das Geld fehlte und er sich schämte ohne Geld zum Doktor zu gehen.

Es wurde im Laufe der nächsten Monate immer schlimmer, so dass er sich doch notgedrungen endlich auf den Fußweg nach St. Georgen zum Doktor aufmachte. Er war fast am Ende seiner Kräfte. Mutlos und ohne Zuversicht. Er glaubte nicht mehr daran, dass es noch einmal besser werden könnte. Es war im Frühjahr 1880. Die Sonne schien und die Bäume schlugen aus. Aber nicht für Andreas.

Er saß dann ein paar Stunden im Wartezimmer, bis er dann endlich aufgerufen wurde. Der Doktor untersuchte ihn, nahm eine Blutprobe und kam schnell zu einer Diagnose. Er versuchte Andreas schonend beizubringen, dass es eine unheilbare Krankheit sei. Es war eine Bluterkrankung. Heute lautet der Fachbegriff dafür Leukämie. Als Andreas das hörte, wurde ihm schwarz vor Augen.

Er weinte und irrte anschließend ein paar Stunden im Wald herum und haderte mit seinem Schicksal, Warum ausgerechnet er, hatte er nicht Sorgen genug? Bettelarm, hungrige Mäuler und jetzt auch das noch. Sterbenskrank zu sein. Er brachte es nicht fertig, heimzugehen und blieb über Nacht bei Verwandten in St Georgen. Am nächsten Vormittag machte er sich dann auf den Weg zurück nach Peterzell zu seiner Familie. Er berichtete seiner jungen Frau von dem Arztbesuch und der schlimmen Diagnose. Anna-Maria konnte es nicht fassen, brach in Tränen aus und war verzweifelt. Wie sollte es jetzt nur weitergehen?

Im Laufe der nächsten Monate verschlimmerte sich der Gesundheitszustand von Andreas. Er verzweifelte so sehr an seiner schweren Krankheit, dass er eines Abends, es waren nur noch ein paar Tage vor seinem 32. Geburtstag im September 1881, keinen anderen Ausweg mehr für sich wusste, als in seine Werkstatt zu gehen, ein Seil an einem Deckenbalken zu befestigen und sich daran aufzuhängen.

Er wurde zwar kurze Zeit später von seiner Frau aufgefunden, aber jede Hilfe kam zu spät. Das war für seine Frau ein fürchterlicher Schlag. Die 32-jährige musste nun allein für die junge Familie sorgen. Ihr jüngster Sohn Johann, mein Opa, war gerade mal erst ein paar Wochen alt, als die Beerdigung seines Vaters auf dem Peterzeller Friedhof stattfand.

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