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Überwachungskapitalismus und Enteignung der Menschenrechte

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Wie das in der Praxis konkret abläuft, demonstrierte die Süddeutsche Zeitung (SZ) 2019 durch ein kleines Experiment: Eine Münchnerin (Tarnname: Maria Brandl) erlaubte dem Team der SZ, einen Tag lang den Datenverkehr ihres ganz normalen Smartphones mitzulesen, zu speichern und zu analysieren. Beobachtet wurde vor allem, wie viele Informationen von dem Smartphone ständig an Empfänger im Hintergrund abflossen und an welche und wie diese Informationen zu Geld gemacht wurden. Hier zwei Beispiele aus dem Bericht:17

«In der App von Tchibo sieht Maria Brandl sich Campingzubehör an. Von diesem Interesse erfährt in diesem Moment aber nicht nur Tchibo. Die Information geht auch an Google. (…) In der Datenindustrie heißt dieser Vorgang ‹third party tracking›, Dritte verfolgen, was Menschen online so treiben. In diesem Falle ist dies der kalifornische Konzern. Er betreibt den Analysedienst Google Analytics. Millionen Websites und Apps integrieren diesen Dienst. Er ermöglicht es ihnen, nachzuvollziehen, worauf ein Nutzer klickt, wie lange er in der Anwendung bleibt, und vieles mehr. (…) Auch Adjust, ein Berliner Unternehmen, erfährt von Brandls Camping-Vorlieben. Dabei bleibt es nicht. Adjust und Google erhalten zudem eine Nummer, die die Münchnerin eindeutig identifiziert, vergleichbar mit einer Steuernummer. Die Analyse des Datenverkehrs von Maria Brandls Smartphone ergab, dass die meisten ihrer Apps diese Nummer auslesen und übertragen.»

Maria Brandl sieht sich in einem Onlineshop für Naturkosmetik um, klickt auf ein Shampoo. Ihre Bewegungen auf der Seite werden im Hintergrund beobachtet – von Facebook, Google und einem Dienst namens Hotjar. Hotjar kann aufzeichnen, wie sie sich auf der Website verhält, worauf sie tippt, sogar welche Bewegungen ihr Finger auf dem Bildschirm macht. Der Betreiber des Onlineshops kann dann eine Art Video ansehen, wie sich seine Kunden durch den digitalen Laden bewegen. Die Kunden erfahren davon nichts.

Die SZ zitierte dazu die ehemalige Harvard-Professorin Shoshana Zuboff. Sie prägte für dieses Geschäftsmodell den Begriff des «Überwachungskapitalismus», der einer «parasitären ökonomischen Logik» folge und zu einer «Enteignung kritischer Menschenrechte» führe. Die SZ gab abschließend zu bedenken: «Das Problem ist nur: Dieses System hat den Alltag von Millionen Menschen durchdrungen, weil seine Dienste das Leben leichter machen.» Wie sich das Problem lösen ließe, dazu schwieg der Berichterstatter.

Die Sphinx des digitalen Zeitalters

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