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ОглавлениеEinführung
Der Evangelist Matthäus
Der Name bedeutet „Geschenk Gottes“. Es gibt keinen biblischen Beleg dafür, dass Matthäus der Verfasser des ersten Evangeliums ist. Im 9. Kapitel wird die Berufung eines Zöllners mit diesem Namen erwähnt (9,9). Und in Kapitel 10,3 wird Matthäus als jemand genannt, der zum Kreis der zwölf Apostel gehörte. Die altkirchliche Überlieferung bezeugt Matthäus als Verfasser. Bereits Papias (gest. 160) und Irenäus (gest. 200), später auch Eusebius (gest. 339), alle drei bekannte Bischöfe, tun das mit klaren Worten.
Das Matthäus-Evangelium
Es stellt ein Bindeglied zwischen Altem und Neuem Testament dar. Durch die Liste der Herkunft in Kapitel 1 belegt der Evangelist, dass die Segenszusage an den Stammvater Abraham in Jesus erfüllt worden ist (1. Mose 22,18). Ebenso die an König David mit einem Nachkommen, der den Königsthron für immer innehaben wird (2. Samuel 7,12-14). Gegen Ende des Evangeliums wird diese Tatsache von Pontius Pilatus proklamiert. Am Kreuz ließ er eine Tafel mit der Inschrift anbringen: „Jesus, der König der Juden“, lateinisch: „Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum“, abgekürzt: INRI (27,37). Damit provozierte er die führenden Juden, denn sie lehnten Jesus ab.
Zielgruppe
Matthäus richtet sich an jüdische Leser, denen er aufzeigen will, dass Jesus der in den Schriften des Alten Testaments zugesagte Retter ist. Entsprechend ist das Evangelium nach dem Vorbild der Thora in fünf Einheiten unterteilt. Es handelt sich dabei um Reden, die nicht chronologisch, sondern inhaltlich geordnet dargestellt werden. Die Kapitel sind durch die fast gleichlautenden Wendungen leicht erkennbar:
5–7 „Und es begab sich, als Jesus diese Rede vollendet hatte“ (7,28)
10 „Und es begab sich, als Jesus diese Gebote an seine zwölf Jünger beendet hatte“ (11,1)
13 „Und es begab sich, als Jesus diese Gleichnisse vollendet hatte (13,53)“
18 „Und es begab sich, als Jesus diese Reden vollendet hatte“ (19,1)
24–25 „Und es begab sich, als Jesus alle diese Reden vollendet hatte“ (26,1)
Die Ausführungen in den Kapiteln 5–7 werden landläufig als „Bergpredigt“ bezeichnet. Sie hat einen hohen Bekanntheitsgrad. Viele schätzen an ihr die Radikalität, andere betonen ihre hohe sittliche Norm. Sie enthält die Seligpreisungen, das Gebot der Feindesliebe, die „Goldene Regel“ und das Vaterunser.
Zentrales Thema
Im Zentrum des Evangeliums steht das „Reich“ oder das „Himmelreich“. Nach jüdischer Sitte vermeidet es Matthäus, den Namen Gottes zu nennen. Dennoch kommt auch bei ihm der Begriff „Reich Gottes“ fünfmal vor, aber stets von Jesus zitiert (6,33; 12,28; 19,24; 21,31; 21,43).
Zweck und Ziel
Matthäus stellt seinen jüdischen Lesern vor Augen, dass die Aussagen des Alten Testamentes über den zugesagten Retter durch Jesus in Erfüllung gegangen sind. Die tun also gut daran, ihm zu vertrauen, weil er der angekündigte Messias (griech. Christus) ist. Zugleich lenkt der Evangelist das Augenmerk seiner Leser 7-mal auf Menschen heidnischen Ursprungs, die mit Jesus in Verbindung standen oder zum Glauben an ihn kommen sollen.
In der Liste der Vorfahren von Jesus werden mindestens drei Frauen genannt, die ursprünglich nicht zum jüdischen Volk gehörten (1,3-6).
Angehörige einer heidnischen Priesterkaste erkennen in Jesus den König der Juden (2,1-12).
Jesus warnt davor, sich auf die Abstammung von Abraham zu verlassen. Sie allein rettet nicht (3,9).
Jesus trifft bei einem römischen Hauptmann auf einen vertrauensvollen Glauben, wie er ihn bei keinem der Juden gefunden hat (8,5-13).
Eine Frau aus dem syrisch-phönizischen Grenzland erkennt Jesus als Messias. Sie beharrt auf der Erhörung ihrer Bitte und erhält sie (15,21-28).
Menschen in aller Welt sollen das Evangelium angeboten bekommen (24,14).
Die Annahme des Glaubens soll unter den Völkern durch die Taufe bestätigt werden (28,19).
Grobe Gliederung
Wenn Sie mögen, dann können Sie das Evangelium nach Matthäus so gliedern, wie es sich aus dem Text selbst ergibt:
1 Die Vorbereitung auf den öffentlichen Dienst.
2 Ab Kapitel 4,17 der Hauptteil: „Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen …“
3 Die Vorbereitung auf das Ende des Dienstes ab Kapitel 16,21: „Seit der Zeit fing Jesus an, seinen Jüngern zu zeigen, wie er nach Jerusalem gehen und viel leiden müsse.“
Der Begriff „Gemeinde“ bei Matthäus
Es gehört zur Besonderheit, dass nur in seinem Evangelium die Gemeinde erwähnt wird (16,18; 18,17). Im Griechischen steht dafür das Wort Ekklesía (wörtl. die „Herausgerufene“). Es wird im Neuen Testament erst wieder in Apostelgeschichte 5,11 gebraucht. In Bezug auf die jüdische Gemeinde finden wir es im Alten Testament, zum Beispiel in Micha 2,5.
Anweisungen zum Wohl der Gemeinde
In Kapitel 7 finden wir fünf Aussagen, die uns als Leitlinien für das Miteinander in der Gemeinde gelten sollten.
1 Hört auf, einander zu richten (1-6). Oft vergessen wir, dass sich jeder vor dem Herrn zu verantworten hat.
2 Ermutigt einander aufgrund dieser Versprechen, zuversichtlich zu beten (7-11). Mit dieser inneren Haltung zeigen wir Jesus, dass wir ihm ganz und gar vertrauen.
3 Diese „goldene Regel“ veranlasst uns, gegenüber anderen so zu reden oder zu handeln, wie es selbst als angemessen empfinden würden (12).
4 Es gibt gute Gründe, warum wir nicht allem folgen, was man für gut hält, denn wir haben ein klares Ziel vor Augen (13-14).
5 Die größte Gefahr lauert nicht außerhalb der Gemeinde. Sie droht vielmehr von innen von Leuten zersetzt zu werden, die verführen (15-23).
Qualifikationen für den seelsorgerlichen Dienst in der Gemeinde
In Kapitel 18 finden wir fünf wichtige Punkte dazu.
1 Übe dich in einer demütigen Grundhaltung (2-5). Hinter vielen theologischen Streitfragen steht in Wahrheit das Streben nach Geltung und Macht.
2 Wir geben immer auch ein Vorbild ab. Unter Umständen auch ein negatives. Ein laxer Umgang mit der Sünde ist deshalb nie eine rein private Angelegenheit (6-9).
3 Das Bemühen um den Einzelnen mag mühsam, mitunter auch aufreibend sein. Doch gerade damit erfüllen wir Gottes Willen (10-14).
4 Die Gemeinde ist kein Ponyhof, wo nur die eigene Befindlichkeit zählt. Sünde muss beim Namen genannt werden. Allerdings behutsam und nach Möglichkeit gewinnend (15-20).
5 Es kommt in einer Gemeinschaft unweigerlich zu Verletzungen. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Hier fällt unser eigenes Verhalten unweigerlich auf uns zurück (21-35).
Zitate aus dem Alten Testament
Immer wieder weist Matthäus seine Leser ins Alte Testament und erklärt Prophezeiungen für erfüllt. Jesus selbst hatte ihm und den anderen Aposteln dafür die Augen geöffnet: „Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden …“ (Lukas 24,44-45).
Leicht erkennbar sind solche Hinweise, weil Matthäus bevorzugt von „erfüllten“ Voraussagen spricht. Einige Beispiele dafür:
1,22: „Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Jesaja 7,14) …“
2,15: „… und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Hosea 11,1) …“
2,17: „Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremia, der da spricht (Jeremia 31,15) …“
2,23: „… und kam und wohnte in einer Stadt mit Namen Nazareth, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch die Propheten …“
4,14: „… damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 8,23; 9,1): „Das Land Sebulon und das Land Naftali, das Land am Meer, das Land jenseits des Jordans, das heidnische Galiläa ….“
8,17: „… damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 53,4): ,Er hat unsre Schwachheit auf sich genommen, und unsre Krankheit hat er getragen.’“
12,17: „… damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 42,1-4): ,Siehe, das ist mein Knecht, den ich erwählt habe, und mein Geliebter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat …’“
Weitere Beispiele finden sich in Kapitel 13,14; 13,35; 21,4; 26,54; 26,56; 27,9.