Читать книгу Ich habe dich im Auge - Ramona Paul - Страница 13
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Die nächsten Tage sowie der Anfang der folgenden Woche verliefen friedlich. Keine weiteren Briefe und keine Anrufe; was mich erleichterte. Auch mein Verstand schien sich zu erholen. Wie es aussah, war ich tatsächlich überarbeitet gewesen.
Der Kalender auf dem Handy zeigte Donnerstag, den neunzehnten September an, als ich es in den Spind legte.
Nachdem ich mich zehn Minuten auf dem Stepper aufgewärmt hatte, durchlief ich nach und nach die Geräte, welche die Beine trainierten. Je Übung machte ich drei Durchläufe mit jeweils zwölf Wiederholungen.
Das letzte Gerät war die Beinpresse. Als ich den letzten Durchgang beendete, entdeckte ich aus dem Augenwinkel jemanden rechts neben mir stehen - einen Mann, der mir bekannt vorkam.
Ich bemerkte, wie er mich musterte. „Alessa, richtig?“
Erst als ich von dem Gerät aufstand, sah ich ihn genau an. Seine dunkelbraunen Haare waren durcheinander. Er trug dunkle Shorts und hatte ein weißes Handtuch über seine linke Schulter gelegt, was seinen nackten Oberkörper allerdings kaum verdeckte.
„Ja, richtig.“ Ich durchforstete abermals mein Gehirn nach seinem Namen. Irgendetwas mit einem F. Felix? Fabian? Finn? Flo? Doch ich kam nicht darauf.
„Du bist gut in Form.“ Seine Mundwinkel zogen sich nach oben. Die braunen Augen, um die ein paar Falten lagen, lächelten mit. Das Braun wurde herzlich warm wie flüssige Vollmilchschokolade. Sie benebelten meinen Verstand und ließen mich gleich mit dahinschmelzen.
Das erste Mal, dass ich diesen Mann mit einer freundlichen Miene sah. In echt wirkte sein Lächeln noch attraktiver als auf den Bildern, die ich von ihm gesehen hatte.
„Du offensichtlich auch“, brachte ich gerade so heraus und spähte an ihm herunter. Er hatte einen muskulösen Oberkörper, von dem ich meinen Blick nicht mehr abwenden konnte. Ich biss mir unbewusst auf die Unterlippe.
Schon zuvor war er öfters oberkörperfrei trainieren gewesen, doch ich hatte nie gesehen, wie durchtrainiert er war. Seine sonst so finstere Miene ließ ihn eher unattraktiv wirken und schreckte ab, sodass ich ihn nie weiter begutachtet hatte.
Es war schon eine Zeit lang her, dass ich was mit einem Mann gehabt hatte. Das mit Chris hing mir damals lange nach. Knapp ein Jahr später wagte ich mich wieder auf die ersten Dates; unter anderem mit Benji. Doch mehr als eine kurze Affäre mit einem der Männer ergab sich daraus nicht. Vor fünf bis sechs Monaten nahm ich mir eine Auszeit davon. Und als ich dann wieder Lust auf die Männerwelt bekam, hatte ich auf der Arbeit so viel um die Ohren, dass ich weder die Zeit noch die Energie dafür hatte.
Wie der Mann jetzt so halbnackt vor mir stand, seinen Waschbrettbauch präsentierte und mich verführerisch anlächelte, löste ein Kribbeln zwischen meinen Beinen aus, das ich länger nicht gespürt hatte.
Ich musste dieses Gefühl schnell unter Kontrolle bekommen, damit ich wieder klarer denken konnte.
Er schien meine Reaktion zu bemerken und grinste mich schief an, als ich ihm wieder in seine Schokoladenaugen sah.
„Ich habe dich schon etwas länger im Blick und …“ Er zögerte kurz.
„Stalker!“, warf ich ein, bevor er weitersprechen konnte und fing an zu lachen. Er stieg mit ein.
Als ich seine Lippen betrachtete, fragte ich mich, wie er wohl küsste.
„Ich wollte dich schon länger etwas fragen. Doch eine so schöne Frau wie du es bist kann sehr einschüchternd wirken, weißt du?“
„Ja, das kann ich mir gut vorstellen“, sagte ich selbstbewusst und war froh, meine feste Stimme wiedergefunden zu haben. Ich biss mir erneut auf die Lippe, diesmal absichtlich. Was nun ihn etwas aus der Bahn zu schmeißen schien.
„Darf ich dich demnächst zu einem Abendessen einladen?“, fragte er charmanter, als man es sich je vorstellen könnte.
„Da fühle ich mich sehr geschmeichelt. Aber ich fürchte, das muss ich leider ablehnen.“ Ich wusste selbst nicht, warum ich das sagte, denn offensichtlich fühlte ich mich von ihm angezogen und ich hätte eigentlich Lust mit ihm auszugehen - ihn näher kennenzulernen. Doch irgendetwas schien mich davon abzuhalten.
Vielleicht war ich mir zu unsicher, da ich die letzten Monate einen eher negativen Eindruck von ihm gehabt hatte; denn er war mir stets unheimlich erschienen. Ich konnte diesen Mann, Mr. F. taufte ich ihn, nicht einschätzen. Was mich irritierte, denn eigentlich konnte ich Männer schnell durchleuchten. Oder ich wollte, dass er sich etwas mehr Mühe gab. Schließlich war ich eine Frau, die gern umworben wurde.
Sein Lächeln wurde schwächer. Nach meiner Abfuhr, die ich selbst nicht akzeptieren wollte, sah er kurz zu Boden. Als Mr. F. sein Gesicht wieder hob, deutete ich eine ausdruckslose Mimik.
„Nun ja …“, begann er langsam, während seine Augen auf mir hafteten. Er legte eine kurze Pause ein, in der er mit seiner Zunge über die Lippen fuhr. „Ich weiß ja, wo ich dich finde. Dann versuche ich mein Glück irgendwann nochmal.“ Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen, das ihn zum Strahlen brachte und mich zum wiederholten Mal dahinschmelzen ließ. Bevor er sich umdrehte und sich auf den Weg zum Bankdrücken machte, zwinkerte er mir zu.
Bitte tu das! Das nächste Mal werde ich dir keine Abfuhr erteilen, dachte ich, als ich ihm hinterher sah.
Wie hatte es dieser Mann nur geschafft, in so kurzer Zeit eine solche Wirkung auf mich zu übertragen? Er hatte schlagartig eine Anziehungskraft gehabt, die man nur schwer beschreiben konnte.
Die restliche Energie wollte ich auf dem Laufband nutzen. Es dauerte nicht lange, bis der Schweiß aus meinen Poren drang.
Nachdem ich fünfzehn Minuten auf dem Band gejoggt war, beschloss ich das Training für heute zu beenden. Ich konnte mich kaum konzentrieren und bemerkte, wie Mr. F. mehrmals mit einem Grinsen zu mir herübersah - was ein Kribbeln in meinem ganzen Körper auslöste und meine Beine weich werden ließ. Ich fühlte mich wie ein Teenager, dessen heimlicher Schwarm Interesse an einem zeigte. Trotz der Abfuhr hatte er bemerkt, was für eine Wirkung er mit diesem Lächeln auf mich hatte.
Heute duschte ich im Studio. Dort befanden sich eine Gemeinschaftsdusche und fünf Einzelduschen. Mit meinen beigen Badeschlappen an den Füßen drehte ich das Wasser in der Dusche auf, als ich die Kabine einer Einzeldusche hinter mir schloss.
Selbst jetzt, während ich den Schweiß von meinem Körper spülte, konnte ich nicht aufhören an Mr. F. zu denken. Seine Ausstrahlung war heute eine komplett neue gewesen. Er schien ein anderer Mensch zu sein als der, den ich die vergangenen Monate hier gesehen hatte.
Ich schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Das Wasser prasselte auf mein Gesicht wie an einem verregneten Tag. Es floss an meinen Haaren entlang und nahm das darin befindende Shampoo mit auf, bevor es schwer auf den Boden tropfte.
Als ich die Augen wieder öffnete, registrierte ich, dass ich nicht weiter allein in der Kabine war. Einen Meter vor mir stand jemand, der mich musterte. Mein Herz raste. Hatte ich vergessen die Tür abzuschließen?
Nachdem ich durch das plätschernde Wasser erkannte, wer da vor mir stand, beschleunigte sich mein Atem. Mr. F. stand splitterfasernackt vor mir. Er strich abermals mit seiner Zunge über die Lippen und sein Blick wich keinen Moment von mir ab. Einen Augenblick wartete er ab, womöglich um zu sehen wie ich reagierte. Währenddessen zogen sich seine Mundwinkel Richtung Augen.
Ich betrachtete seinen Körper und bemerkte, wie das Kribbeln zurückkam.
Mein Verstand war vernebelt und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Wie hypnotisiert stand ich da, unfähig mich nur einen Schritt zu bewegen.
Mit einem verschmitzten Grinsen kam er langsam näher, bis das Wasser, welches aus dem Duschkopf sprudelte, auch an seinem Körper hinunterfloss.
Er war um die zehn Zentimeter größer als ich, deshalb musste ich den Kopf leicht in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können. Seine Hand legte er in meinen Nacken und zog mich sanft an sich, bevor er seine Lippen auf meine presste.
Völlig überfordert war ich mit meinem Empfinden und der Situation. Doch ich gab mich ihm vollkommen hin; und es war ein überwältigendes Gefühl.
Mr. F. drückte mich an die Wand und küsste mich weiter. Ich vergrub die Hände in seine Haare und zog ihn näher zu mir. Keuchend stand ich da, als seine Lippen zu meinem Hals wanderten. Währenddessen plätscherte das Wasser weiterhin auf uns nieder.
Seine Hände geleiteten an meinem Körper hinunter zu meiner Hüfte, wo er mich fest packte und näher an sich zog, sodass ich seine Erregung spüren konnte.
Die braunen Augen sahen mich an und ich verlor mich endgültig darin. Er lächelte zufrieden, als er meine Wange sanft mit seinen Fingern streichelte.
Ich legte eine Hand, die andere noch in seinen Haaren vergraben, in seinen Nacken und zog ihn an mich. Während ich Mr. F. küsste, schlang ich das linke Bein um ihn, weswegen der Badeschlappe von meinem Fuß rutschte und auf den Boden fiel. Er stöhnte auf und presste mich weiter gegen die Wand. Meine rechte Hand schob sich zwischen unsere Oberkörper und drückte seinen minimal zurück, um an ihm hinuntergleiten zu können. Bis sie auf seinen Rücken und dann nach unten zu seinem Po wanderte.
Er packte mein linkes Bein und schob sich näher an mich. Voller Leidenschaft küssten wir uns.
Doch all das passierte nicht wirklich. Es entsprang allein meiner Vorstellungskraft. Eine Fantasie und vielleicht ein bisschen Wunschdenken.
Noch immer ging mein Atem etwas schneller. Ich strich mit den Handflächen mehrmals über das Gesicht und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen.
Ich wollte mich beeilen, weil ich Mr. F. nicht über den Weg laufen wollte, da ich sonst vermutlich rot anlaufen würde wie eine reife Tomate.