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Unsichtbar

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Eri war ein Jahr älter als Laura. Trotzdem besuchte sie die gleiche Klasse, denn es gab nur eine Zwergschule damals im Dorf. Lehrer Heck brachte den Kindern des ersten bis vierten Schuljahres Lesen und Schreiben bei, und was sonst noch dazu gehörte. Nur Musik unterrichtete Herr Kaschube, der Lehrer aus der Oberstufe. Er hatte eine schneidende Stimme und Laura fürchtete sich vor ihm. Im Krieg war er Offizier gewesen, daher rührte wohl sein Kasernenhofton auf dem Schulhof und in der Klasse.

Eri hatte zwei Schwestern. Britta und Christiane. Britta war ein Jahr älter und Christiane ein Jahr jünger.

Sechs Jahre gingen sie in die gleiche Klasse. Laura, ihre Freundin Christiane und Britta, die älteste Schwester. An Eri, die Mittlere, erinnert sich Laura nicht. Aber sie muss dabei gewesen sein, doch Laura hat sie nicht wahrgenommen in der Schule, weiß noch nicht einmal, neben wem sie saß.

Die Mutter von Britta, Eri und Christiane trug Jeans und fuhr auf dem Fahrrad durchs Dorf. Die anderen Mütter trugen an den Werktagen bunte Kittelschürzen und gingen zu Fuß. Zum Backhaus, auf den Acker, oder zu den Schrebergärten am Ende des Dorfes. Evis Mutter benutzte Lippenstift und hatte die langen Haare hochgesteckt. Die anderen Frauen im Dorf ließen sich die Haare beim Dorffriseur schneiden und eine Dauerwelle legen. Das war praktisch und sah ordentlich aus.

Die Mädchen trugen die langen Haare offen oder einen Pferdeschwanz. Auch kurze Haare, die wurden toupiert. Das war schick, damals. Sehr bald nach der Heirat kam das erste Kind. Dann die Betonfrisur. Das war praktisch, ging schnell, denn man hatte ja jetzt so viel Arbeit mit dem Kind und dem Haushalt. Fast alle Frauen wurden dick nach der

Geburt des ersten Kindes. Das war nicht schlimm. Die Männer mochten dicke Hintern und gewaltige Busen. Wer dicke und rote Backen hatte, der galt als gesund.

Eris Mutter hatte auch viel zu tun mit den drei Töchtern und einem Sohn, aber der kam erst viel später. Da hatte Eri schon das Kind. Trotzdem war Eris Mutter nicht dick, hatte schmale Wangen und volle Lippen. Und sie rauchte! Als Frau! Damals in den Sechzigern im Dorf. Eris Mutter trank auch heimlich Bier und Schnaps, viel Schnaps. Aber das wusste Laura nicht. Laura hat Eris Mutter nie betrunken gesehen, immer gut gelaunt, immer nur gutaussehend in Jeans oder Cocktailkleid.

Eris Mutter verteidigte ihre Töchter, wenn der Lehrer die Röcke zu kurz fand und die Oberteile zu eng. „Dann sollen sie doch gleich wieder Schuluniformen einführen“, kommentierte sie spöttisch. Das gefiel Laura.

Eris Mutter ist früh gestorben. Mit 50. „Die könnte noch leben...“, sagte der Hausarzt. Und die Besitzerin des Dorfladens erzählte, wie viel Schnaps Eris Mutter bei ihr gekauft hatte.

Britta, Eri und Christiane, die drei Schwestern, durften sich ihre Haare abschneiden lassen in der Stadt, mussten nicht zum Dorffriseur gehen. Schon mit zehn.

Mördermädchen

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