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O du Falada, da du hangest

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„Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen König:

„liebster Gemahl, ich bitte Euch: tut mir einen Gefallen.“ Er antwortete: „das will ich gerne tun.“ „Nun, so laßt den Schinder rufen und da dem Pferde, worauf ich hergeritten bin, den Kopf abhauen, weil es mich unterwegs geärgert hat.“ Eigentlich aber fürchtete sie, daß das Pferd sprechen möchte, wie sie mit der Königstochter umgegangen war. Nun war das so weit geraten, daß es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Königstochter zu Ohr, und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stück Geld, das sie ihm bezahlen wollte, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese. In der Stadt war ein großes finsteres Tor, wo sie abends und morgens mit den Gänsen durch mußte: unter das finstere Tor möchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, daß sie ihn doch noch mehr als einmal sehen könnte. Also versprach das der Schindersknecht zu tun, hieb den Kopf ab und nagelte ihn unter das finstere Tor fest.

Des Morgens früh, da … (die Königstochter) und Kürdchen unterm Tor hinaustrieben, sprach sie im Vorbeigehen.

„O du Fallada, da du hangest“,

da antwortete der Kopf:

„O du Jungfer Königin, da du gangest,

wenn das deine Mutter wüßte,

ihr Herz tät’ ihr zerspringen.“

Da zog sie still weiter zur Stadt hinaus und sie trieben die Gänse aufs Feld.“

Die Gänsemagd aus Grimms Märchen

Es ist nicht weit vom Fluss nachhause. Eri läuft neben Laura her. Mit unbewegtem Gesicht. Schweigt.

„Laura ist in den Fluss gefallen“; sagt Eri vor der Haustür.

„Hast Du wieder nicht aufgepasst und in die Luft geguckt!“, schimpft die Mutter.

„Wie konnte das passieren?“, fragt der Großvater.

„Ich weiß es nicht. Wir haben am Ufer gespielt. Auf einmal bin ich reingefallen“, antwortet Laura. Dass Eri sie in sie in den Fluss gestoßen hat, das behält sie für sich.

„Du musst gleich ins Bett. Du kannst dir ja den Tod holen, so nass wie du bist“, entscheidet der Großvater.

Das Bett ist schon warm von der Wärmflasche. Laura trägt jetzt das warme rosa Flanellnachthemd. Schläft sofort ein, obwohl ja erst Nachmittag ist. Sie schläft bis zum nächsten Morgen, bis es Zeit ist zum Aufstehen für die Schule. Traumlos ...

„Oh du Fallada, da du hangest…“

Nur der abgeschlagene Pferdekopf unterm finsteren Tor zeigte Verständnis, denn er hatte die Erinnerung aufbewahrt.

„Dahinten hat Eri Dich hingelockt? Hingelockt und dann hineingestoßen?“ Helmut kann es nicht fassen. „Da ist der Fluss am tiefsten.“

„Wenn ihr schon im Fluss baden müsst, dann nicht an dieser Stelle“, warnte die Großmutter, damals. Die Dorfkinder badeten hinter der Brücke, so wie ihre Eltern, als diese noch Kinder waren. Herbert ist dort ertrunken. An einem heißen Sommertag inmitten der badenden Kinder. Da war er sieben Jahre alt. Keiner hat es bemerkt. Am Abend fehlte Herbert. War nicht nachhause gekommen. Die Feuerwehr hat die Badestelle nach ihm abgesucht. Ein Feuerwehrmann hat Herbert gefunden. Auf seinen Armen trägt er das leblose Kind an Lauras Haus vorbei auf dem Weg zu Herberts Eltern. Ein schwerer Weg. Sie hatten eine Decke über Herbert gebreitet, auch sein Gesicht war verhüllt. Am nächsten Tag in der Klasse blieb sein Platz leer. Der Lehrer hatte einen Blumenstrauß hingestellt. Die Kinder durften zur Beerdigung. Herbert im offenen Sarg. Herbert im dunkelblauen Anzug, mit weißem Hemd und schwarzer Fliege, die blonden Haare gekämmt. Herbert hatte die Augen geschlossen, als ob er schliefe. Er war blass, sehr blass.

„Das hat die Eri bestimmt nicht absichtlich gemacht“, sagt die Mutter.

Laura stockt der Atem. Sie ringt nach Worten und es vergeht eine Weile, bis sie mit gepresster Stimme antwortet:

„Allerdings! Sie hat mich von zuhause abgeholt. Nur dieses eine Mal. Nicht vorher und nicht hinterher. Sie hat mich abgeholt und zum Fluss gelockt, wo er am tiefsten ist. Absichtlich. Ich weiß nicht, warum. Ich hatte ihr doch nichts getan. Und dann hat sie mich hineingestoßen. Mit voller Wucht. Das hatte sie sich vorgenommen. Nur deshalb hat sie mich abgeholt. Hast Du mir nicht zugehört?“

„Wenn sie das gemacht hat, dann hat das eine Ursache. Wahrscheinlich ist ihr so etwas passiert und da wollte sie es auch einmal machen.“

‚Sie mal wieder. Mutter. Die Rächerin der Entrechteten und Enterbten. Das kann doch nicht wahr sein’, denkt Laura. Es ist immer das Gleiche: Wenn sie jetzt etwas Falsches sagt, dann trifft sie Mutters gekränkt vorwurfsvoller wie-kannst-du-nur-ich-habe-es-schon-schwer-genug-Blick. Die Mutter meint es doch so gut und will niemanden kränken und enttäuschen Hat für alles und jeden Verständnis. Das geht nicht ohne Verrat. Doch Laura soll das für sich behalten, dass sie sich allein gelassen fühlt, denn das hält die Mutter nicht aus.

„Und wenn ich ertrunken wäre, damals. Ich war erst acht Jahre alt und konnte noch nicht schwimmen?“

Die Mutter geht nicht darauf ein. Muss das Ungeheuerliche abwehren, das ihr da gerade zu Ohren gekommen ist.

„Doch, das stimmt. Was dir passiert ist, das wiederholst du bei anderen. Das kam neulich im Fernsehen.“

Dann muss es ja stimmen. Laura ist entsetzt, sprachlos. Was Eri getan hatte, das war ein Mordversuch, ein strafloser, denn sie war ja erst neun Jahre alt.

Mördermädchen

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