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Liberal oder radikal

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Seit der Französischen und der Amerikanischen Revolution lassen sich zudem zwei Hauptströmungen des Liberalismus unterscheiden, welche das Verhältnis zur Demokratie betreffen.12 Der bewahrende Liberalismus trug elitäre Züge; er war bestrebt, die errungenen, dem Adel und der Kirche abgetrotzten Freiheiten zu stabilisieren, Wirtschaft und Technik zu entwickeln sowie Bildung zu fördern. Er wies ein gespaltenes Verhältnis zur Demokratie auf, denn er erblickte in den Rechten des Volkes eine Gefahr für die errungenen Freiheiten. Alexis de Tocqueville beispielsweise warnte vor den Unwägbarkeiten aufgepeitschter Stimmungen im Volk und vor einer Tyrannei der Mehrheit. Der kämpferische Liberalismus hingegen wollte die Revolution weiterführen und Freiheit mit Gleichheit verbinden. Er stand einer direkten Demokratie positiv gegenüber. In der Schweiz entsprach der frühe politische Liberalismus einem pragmatischen Konzept, geprägt von Theoretikern wie Ignaz Paul Vital Troxler, Benjamin Constant und Ludwig Snell, in der Praxis verbunden mit einem progressiven und integrationsfördernden Nation Building, das namentlich im Schulwesen, im Eisenbahnbau, in der Armee und der Post seinen Ausdruck fand.13 Auf der politischen Bühne standen Alfred Escher und Emil Welti eher für den elitären, Jakob Stämpfli14 und Daniel-Henri Druey für den kämpferischen Liberalismus. Diese unterschiedlichen Strömungen schufen die Voraussetzungen für die später von Isaiah Berlin eingeführte Unterscheidung von negativer und positiver Freiheit. Sie spiegelten sich wider in den beiden liberalen Parteien des jungen Bundesstaats, den Liberaldemokraten und den Radikaldemokraten; sie bilden sich auch heute noch in veränderten Ausgestaltungen in der politischen Landschaft ab.

Freiheit in der Demokratie

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