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Begrüße alle!

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Offenheit und Annahme sind zwei Seiten einer Münze. Wie können wir offen sein, wenn wir etwas nicht annehmen oder wenn wir uns selbst nicht annehmen?

Die Haltung des Annehmens wirkt immer Ich-auflösend. Wir dehnen uns im Annehmen aus. Im Kleinen wie im Großen. Es kann eine ganz kleine Erweiterung sein, wenn wir zum Beispiel einem Gefühl in uns Raum geben, das wir normalerweise immer ablehnen. Es kann aber auch eine große Ausdehnung bedeuten, wenn wir Grundüberzeugungen unseres Ich aufgeben, wie etwa die Grundüberzeugung, auf unseren Körper begrenzt zu sein. Dann wird die Ausdehnung grenzenlos.

In folgendem Gedicht beschreibt Rumi sehr treffend, wie die Haltung von Annahme zu Offenheit und Ausdehnung führt.

Dieses Menschsein ist wie ein Gasthaus,

jeden Morgen eine neue Ankunft:

Eine Freude, eine Depression, eine Bösartigkeit.

Eine kurze Bewusstheit kommt als ein unerwarteter

Besucher.

Begrüße und unterhalte sie alle!

Sogar wenn sie eine Menge Leid bringen

und gewaltvoll dein Haus leer fegen von allen

Möbeln,

behandle dennoch jeden Gast würdevoll.

Es könnte dich leer machen für eine neue Freude.

DSCHELALEDDIN RUMI

Rumi sagt, wir seien als Menschen wie ein öffentliches Gasthaus, und er meint damit, dass wir uns nicht aussuchen können, welche Gäste zu uns kommen. In eine Privatwohnung kommen nur ausgewählte, geladene Gäste, aber in ein Gasthaus?

Dann zählt er unterschiedliche Gäste auf, angenehme und unangenehme. Wir wissen nicht, wer im nächsten Moment zur Tür hereinkommt. Oder weißt du, was für einen Gedanken du im nächsten Augenblick haben wirst, was für ein Gefühl oder welchen Impuls?

Sogar unsere Bewusstheit haben wir nicht im Griff. Wie oft sind wir in unserer Meditation gedankenverloren. Doch plötzlich wachen wir wieder für einen Moment auf und sind klar.

Und dann fordert Rumi uns auf, alle Gäste zu begrüßen. Nicht auszuwählen, wie unser Ich das gerne tut, sondern unterschiedslos offen zu sein. Genau diese Offenheit ist es, die der Grundtendenz von Verlangen und Ablehnung entgegenwirkt und damit dem Ich den Boden entzieht.

Selbst dann, wenn die Gäste Leid mitbringen und unsere Möbel hinwegfegen, sollen wir noch offen sein. Was ist mit den Möbeln gemeint? Es sind unsere Vorstellungen, die uns scheinbar Halt und eine Identität geben. Sie werden in Augenblicken von Verletzung und Enttäuschung hinweggefegt. Und Rumi rät, auch hier noch offen zu bleiben.

Das sagt er natürlich nicht ohne Grund. Denn genau diese unangenehmen Gäste konfrontieren uns mit unseren Identifizierungen und Vorstellungen und machen sie sichtbar. Jede Enttäuschung, jede Verletzung und jeder Verlust bietet die Chance, eine Vorstellung des Ichs zu erkennen, zurückzutreten und sich von ihr zu befreien, um leer zu werden.

Leer zu werden für eine neue Freude. Eine Freude, die nichts damit zu tun hat, dass wir etwas bekommen, was wir uns wünschen, sondern die Ausdruck einer Nicht-Identifiziertheit ist, die aus wirklicher Offenheit und Freiheit entsteht. Es ist die Freude des formlosen Bewusstseins.

In diesem Gedicht weist uns Rumi eindrücklich darauf hin, dass wahre Offenheit dem Ich den Boden entzieht. Eine Haltung von Offenheit einzunehmen ist daher grundlegend für die spirituelle Praxis. Wir stimmen uns immer mehr auf unsere wahre Natur ein: auf offenes, formloses Bewusstsein.

Kein Pfad

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