Читать книгу Kein Pfad - Richard Stiegler - Страница 21
Das ICH und der Prozess der Ablehnung
ОглавлениеEine Grundeigenschaft des Ichs, die Offenheit verhindert, ist die Tendenz, das Leben nicht anzunehmen. Wenn wir etwas nicht annehmen, trennt uns das von dem, was gerade da ist. Diese Nicht-Annahme ist ein Versuch, uns dem Gegenwärtigen zu entziehen. Ein subtiler Versuch der Abwehr, der unsere Offenheit einschränkt.
Betrachten wir das Ich mit all seinen Vorlieben und Vorstellungen genauer, wird deutlich, dass die grundlegende Dynamik des Ichs aus Ablehnung erwächst. Ohne Ablehnung gibt es kein Ich.
Das ist leicht zu sehen. Die Grundtendenz des Ichs ist, Unangenehmes vermeiden und Angenehmes vermehren und festhalten zu wollen. Eine permanente Aktivität, die das Gegenwärtige ablehnt und uns nicht ermöglicht, darin zu verweilen. Verlangen und Aversion sind der Motor des Ichs.
In der Meditation geht es ums Loslassen.
Aber bei unangenehmen Gefühlen oder Empfindungen
geht es immer zuerst ums Annehmen.
FRED VON ALLMEN
Eine weitere Grunddynamik des Ichs, die ebenfalls mit Ablehnung zusammenhängt, ist, dass wir uns nur mit einem Bruchteil unseres Erlebens identifizieren, also mit ganz bestimmten Körperempfindungen, Gefühlen und Gedanken. Alles andere scheint nicht zu uns zu gehören und wird ausgegrenzt. Identifizierung ist im Grunde nichts anderes als Ausgrenzung und somit wieder Ablehnung. Das bin ich und das bin ich nicht.
Formloses Bewusstsein dagegen ist offen für alles. Es nimmt das, was da ist, unterschiedslos an. Alles, was existiert, ist angenommen. Um unsere Anhaftung an unser Ich zu lösen, ist es notwendig, mit diesem umfassenden Angenommensein in Berührung zu kommen. Angenommensein ist ein Grundaspekt von Stille.