Читать книгу Kein Pfad - Richard Stiegler - Страница 13
Sich bewusst sein
ОглавлениеGenau genommen ist der Prozess des Zurücktretens nur eine subtile Verschiebung unserer Aufmerksamkeit. Wir schauen nicht mehr auf die Objekte, die in unserem Geist erscheinen, sondern wir richten unsere Aufmerksamkeit auf das Aufmerksamsein selbst. Wir sind ganz aufmerksam. Aufmerksamsein ist in jeder Erfahrung und in jeder Erscheinung, die in unserem Geist auftaucht, enthalten.
Wenn du zum Beispiel jetzt deinen Atem spürst, wie er kommt und geht, dann bist du dir deines Atems bewusst. Wenn du ein Geräusch hörst, bist du dir des Geräusches bewusst. Wenn du einen Gedanken hast, bist du dir des Gedankens bewusst. Was immer gerade in deinem Geist erscheint, immer gibt es ein gemeinsames Element, das gleich bleibt: sich dessen bewusst zu sein.
Meistens achten wir jedoch nicht auf dieses Sich-bewusst-Sein, sondern auf den Inhalt unseres Bewusstseins wie Empfindungen, Gedanken oder Geräusche. Und doch ist in jeder Erfahrung Bewusstsein da, sonst könnten wir es nicht erfahren. Erfahrung braucht das Sich-bewusst-Sein. Gleich, ob wir uns des Lesens, des Sitzens, des Atmens oder des Denkens bewusst sind, immer ist Bewusstsein da.
Wir können noch etwas achtsamer unsere Erfahrung betrachten und dieses Sich-bewusst-Sein noch genauer beobachten. Ändert es sich, wenn eine angenehme oder eine schmerzhafte Erfahrung gemacht wird? Ist Bewusstsein selbst davon berührt, ob ein wütender oder ein freudiger Gedanke auftaucht? Natürlich nicht. Wir sind uns der angenehmen genauso wie der unangenehmen Erfahrung, des wütenden genauso wie des freudigen Gedankens bewusst.
Es gibt also etwas in jeder Erfahrung, das immer gleich bleibt: Bewusstsein. Obwohl es selbst nicht greifbar ist wie ein Objekt und keine Merkmale hat, woran wir es festmachen können, ist es doch eine offensichtliche Dimension jeder Erfahrung.
Ohne Bewusstsein gibt es keine Erfahrung. Es ist daher die Grundlage von Erfahrung und kann sich mit jeglichem Erfahrungsobjekt verbinden: mit Gedanken, mit allen Arten von Gefühlen, mit Körperempfindungen, mit Geräuschen, Gerüchen und Farben. Alles erscheint im Raum des Bewusstseins, und doch bleibt das Bewusstsein selbst völlig unberührt davon.
Bewusstsein ist wie ein Spiegel. Der Spiegel kann jedes Objekt unterschiedslos in sich aufnehmen und widerspiegeln. Er selbst bleibt jedoch vollkommen leer und unberührt.
Sei einen Moment achtsam und betrachte, wie deine augenblickliche Erfahrung, dein Atem, deine Empfindungen und deine Gedanken im Raum des Bewusstseins erscheinen.