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Kein Pfad?

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Selbst wenn wir beginnen, der Leerheit Bedeutung beizumessen, und immer wieder Augenblicke von Lauschen und Stille erleben, ist unsere Identifizierung mit dem Objektbewusstsein sehr stark. Wir verlieren die Stille schnell wieder aus dem Blick, und Vorlieben und Gedanken vereinnahmen uns.

Aus diesem Grund habe ich in diesem Buch die wesentlichen Aspekte unserer Identifizierung beschrieben. Schrittweise beleuchte ich diese in den Kapiteln zwei bis neun und versuche zu verdeutlichen, wie wir uns systematisch aus der hypnotischen Wirkung dieser Erscheinungen lösen können. Nach und nach werden in diesem Prozess des Zurücktretens verschiedene Dimensionen von Stille freigelegt und dadurch sichtbar.

Dieser Prozess des Entleerens kann schrittweise durchlebt werden, wie ich es hier darstelle, es kann aber auch plötzlich, in einem einzigen Augenblick, geschehen. Leer zu werden, benötigt keine Zeit, da wir im Grunde unseres Seins immer schon leer sind.

Wenn ich in diesem Buch den Prozess des Enthypnotisierens beschreibe, könnte der Eindruck entstehen, dass das formlose Bewusstsein das Erstrebenswerte und das Objektbewusstsein ein Problem sei. Dem ist aber nicht so.

Bewusstsein und Objektbewusstsein bedingen und durchdringen einander. Die Schwierigkeit für uns Menschen ist nur, dass wir so sehr identifiziert sind mit der relativen Wirklichkeit des Objektbewusstseins, dass uns die Stille des Absoluten abhanden kommt. Die Folge ist ein unermessliches Leiden an der Vergänglichkeit der Erscheinungen.

Daher schlage ich vor, zunächst die Aufmerksamkeit systematisch von den Erscheinungen abzuziehen, um Stille zu verwirklichen. Wenn Stille dann mehr und mehr zur lebendigen Wirklichkeit in unserem Leben geworden ist, geht es nicht darum, die Erscheinungen des Lebens auszugrenzen und uns im Reich der Stille zurückzuziehen. Das wäre eine Sackgasse, eine neue Identifizierung würde uns einengen. Die Identifizierung mit Rückzug.

Ein weiterer Schritt wird nötig: uns aus der Stille wieder den Erscheinungen zuzuwenden und alle Formen als Ausdruck des Absoluten zu erkennen. Nur dann finden wir zu einem inneren Frieden, der umfassend ist und alle Bereiche unseres Lebens durchdringt. Dieser letzte Schritt wird in Kapitel zehn beschrieben.

Ist spirituelle Arbeit also doch ein Weg? Ja und Nein. Sie ist insofern ein Weg, als es um einen Prozess geht, in dem uns bewusst wird, was unseren Blick auf innere Stille verstellt und wie wir davon zurücktreten können. Dennoch ändert sich dadurch nichts an unserer wahren Natur. Die Stille des Bewusstseins ist zeitlos und unberührt.

Da ist kein Pfad, kein Ziel und keine Anstrengung.

Übung: Zwei Wirklichkeiten

Diese Übung hilft dir, im gegenwärtigen Erleben zu differenzieren zwischen einer objektbezogenen Achtsamkeit und objektloser Präsenz.

1. Benenne achtsam die Erscheinungen im gegenwärtigen Erleben. (5 Min.)

(z. B. Einatmen, Denken, Geräusch, ...)

2. Erforsche die augenblickliche Erfahrung deines Seins. (5 Min.)

Kein Pfad

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