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Bologna, Osterfest 155811

Es war sein erstes Osterfest in der Fremde. Er wusste, dass es die richtige Straße war, die er eingeschlagen hatte. Noch war er einer unter Hunderten. Doch der heutige Tag würde vieles verändern. Die Welle der Begeisterung, die die Dominikanische Mönchsgemeinschaft erfasst hatte, würde auch ihn nach oben tragen. Sein Freund und Vorbild Michele Ghislieri war zum neuen Großinquisitor ernannt worden.

Nach dem feierlichen Gottesdienst wurde die Urkunde Papst Pauls IV. vorgelesen. Barfuß und mit dem einfachen Mönchsgewand bekleidet stieg Michele die Stufen in den Altarraum hinauf, um die Schrift demütig aus der Hand des päpstlichen Nuntius zu erhalten. Er, der Kardinal, dem es gestattet gewesen wäre, zu diesem feierlichen Anlass in prunkvollem Rot mit Stab, Mitra und Cappa magna zu erscheinen, empfing die Macht über das Heilige Offizium als einfacher Diener; fast wie ein Büßer stand er da und verbeugte sich. Aber schon bei seiner Ansprache ließ er die versammelte Gemeinschaft nicht im Zweifel, nach welchen Kriterien er sein Amt führen wollte. »Nichts ist grausamer als Mitleid mit den Gottlosen!«, rief er in die Menge. »Wir werden mit unbeugsamer Härte Gotteslästerung, Ehebruch und Ketzerei bekämpfen. Unzucht, Okkultismus und Zauberei sind Kapitalverbrechen, die mit dem Beil oder dem Scheiterhaufen zu sühnen sind. Die unheilvolle Reformation des Wittenberger Ketzers werden wir mit eiserner Faust bekämpfen.«

Er wusste, wovon sein Freund Michele sprach, war er doch einer der wenigen, der in den deutschen Landen das Beben am eigenen Leib gespürt hatte, das die lutherischen Horden ausgelöst hatten.

Nichts ist grausamer als Mitleid mit den Gottlosen. Dieser Satz hatte sich ihm eingeprägt und er wiederholte ihn immer und immer wieder.

1110. April

Das Ketzerdorf - Der Aufstieg des Inquisitors

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