Читать книгу Das Ketzerdorf - Der Aufstieg des Inquisitors - Richard Rost - Страница 19
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ОглавлениеLeeder, November 1560
»Wo der Meister sich wohl jetzt befinden mag?« Jacobus Rehlinger sprach Anna aus der Seele. Es war der Gedanke, der alle im Schloss versammelten Anhänger und Freunde Schwenckfelds seit Langem beschäftigte. Anna hatte sich viel Mühe gegeben, um das Konventikel in der Form abzuhalten, wie Jacobus es ihr aus der eigenen Erfahrung mit Caspar weitergegeben hatte, und doch hätte sie es wenigstens einmal mit ihm selbst erleben wollen.
»Ich vermute, dass er sich in Öpfingen oder in Memmingen aufhält. Er folgt einer göttlichen Eingebung, die ihn behütet und vor Verfolgung bewahrt«, wandte Georg Mayer ein.
»Und ich habe ihm immer noch nicht begegnen dürfen. Was wohl seine überstürzte Abreise am Tag vor unserer Hochzeit ausgelöst hat? Ob er vor den Schergen des bayerischen Herzogs fliehen musste?«, sagte Anna und seufzte vernehmlich.
»Du trägst ihn in deinem Herzen, und nur das zählt. Agnes Martt wird jeden Tag aus Augsburg erwartet. Bestimmt wird sie Neuigkeiten mitbringen. Dort weiß man immer, wie es um ihn steht.« Emanuel nahm Anna in den Arm. »Darf ich dich um die Bibellesung bitten, Georg? Jacobus wird heute die Predigt übernehmen.«
Anna genoss es, Gastgeberin zu sein. Sie war es, die die Lieder aussuchte und nach dem Konventikel aus der Küche auftischen ließ. Auch wenn sie an diesem Sonntagabend erkennen musste, dass die Gespräche sich weniger um das seelische oder leibliche Wohl drehten, sondern erfüllt waren von der Sorge um Caspar.
»Wir hätten ihn nicht ziehen lassen dürfen; in den Monaten, die er hier verbracht hat, sind wir zu einem wichtigen Zentrum seiner Lehre geworden. In Schäfmoos war er jedenfalls sicher und behütet. Die Sorge um sein Wohlergehen und sein Leben teilen wir alle. Lasst uns miteinander für ihn beten, dass der Herr, unser Gott, ihm das Geleit gebe und ihn auf sicheren Pfaden führe.«
Anna stellte bewundernd fest, dass Jacobus Rehlinger wie immer die richtigen Worte gefunden hatte, und sie beneidete alle im Raum, die die unerklärliche und glückselig machende Ausstrahlung Caspars am eigenen Leib hatten erfahren dürfen.