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Kapitel 5

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Präsidentensuite, Free Haven Hotel, New Miami

Präsident Michelin stand vor dem Spiegel und musterte sich, um herauszufinden, wie er optisch wirkte. Er war schlank und körperlich fit, seine kantigen Züge vermittelten Stärke und königliche Würde. Er hatte braunes Haar mit grau melierten Koteletten, was ihn wie einen klassischen Typ wirken ließ, und dank einer Laserbehandlung, die Krähenfüße und andere Fältchen getilgt hatte, wirkte das Oberhaupt deutlich jünger als achtundfünfzig.

Heute trug er einen neuen Anzug von Bertucci, maßgefertigt zur Betonung der besonders ansehnlichen Aspekte seiner Figur, um ihn jugendlich wirken zu lassen.

Während er in die Begutachtung seiner selbst vertieft dastand, tauchte plötzlich John Eldridge neben ihm im Spiegel auf. Dieser hielt ein Tablet in der Hand.

»Also, was haben Sie herausgefunden?«, fragte Michelin ihn und fuhr sich mit beiden Händen über die Vorderseite seines Anzugs.

»Gute Neuigkeiten«, erwiderte der Berater. »Nach Ihrem Versprechen, das Vorhaben der Gouverneurin weiterzuführen und nicht nur das Gesundheitssystem in New Miami, sondern in allen Feldern von Elysium zu verbessern, ist die Zahl Ihrer Befürworter um ganze elf Prozent gestiegen.«

»Da fängt der Tag ja prima an«, freute sich Michelin. »Anscheinend war die Schlampe doch noch zu etwas zu gebrauchen.« Er trat vom Spiegel zurück. »Und die Vorgeschichte?«

Eldridge tippte auf den Bildschirm des Geräts, um seine Stichpunktliste aufzurufen. »Den Medien wurde zugespielt, dass Governor Anderson tödlich erkrankt war und mutwillig unterlassen hatte, ihre Verfassung wie von Gesetzeswegen her vorgeschrieben, öffentlich zu machen. Alle Berichte und Dokumente wurden abgeändert, um den Eindruck zu vermitteln, dass sie unzurechnungsfähig gewesen war, und vor allen darauf hinzuweisen, dass Sie noch versucht haben, die Situation zu entspannen, es aber trotz ihres tapferen Bestrebens, ihr Leben zu retten, nicht vermocht haben.« Er nahm das Tablet wieder herunter. »Sie gelten jetzt als Held, Mr. President.«

Michelin drehte sich wieder zum Spiegel um und ließ sich zu einem verhaltenen, schiefen Grinsen hinreißen. »Gute Arbeit, John. Ich bin stolz auf Sie.«

»Wie versprochen, Mr. President, habe ich es durchgezogen. Ich habe den Sachverhalt zu Ihren Gunsten umgekehrt.«

»Das kann man wohl sagen, John; genau das haben Sie getan.«

»Etwas ist allerdings noch offen«, gab Eldridge zu bedenken. »Wir müssen dafür sorgen, dass Ihre guten Prognosen auch so bleiben.«

»Und wie?«

»Governor Anderson soll übermorgen ehrenhaft in Mausoleum 2069 bestattet werden; Ihre Anwesenheit dort würde Ihr Image noch mehr stärken.«

Nun schaute ihn Michelin enerviert an. »Dafür gibt es doch bestimmt auch eine andere Möglichkeit, oder?«

»Ich fürchte nein, Mr. President. Im Augenblick ist nichts wichtiger als die Schärfung Ihres Profils. Wir müssen die Korruptionsvorwürfe unbedingt verstummen lassen und die gegenwärtige Vertrauenskrise innerhalb Ihrer Regierung beenden. Dieser Schritt würde uns eine solide Grundlage bieten, um weiter darauf aufbauen zu können, besonders, da in zwei Monaten die Vorwahlen in New Miami anstehen. Man würde Sie als teilnahmsvollen Mann wahrnehmen … als einen Menschen mit hehren Absichten. Wir müssen das tun.«

Michelin willigte zähneknirschend ein. »Also gut«, sagte er. »Dann setzen Sie eine Grabrede auf; sie soll aber kurz sein und schnell auf den Punkt kommen. Ich will es nicht länger ausdehnen als nötig, ist das klar?«

»Jawohl, Sir, Mr. President. Ich setze die Schreiber sofort darauf an.«

Als Eldridge verschwunden war, trat Michelin auf den Balkon und überblickte die Lichter von New Miami. Im Dunkeln erinnerte ihn die Stadt an einen Haufen Diamanten, die ausgebreitet auf schwarzem Samt vor ihm lagen, eine wunderbare Aussicht.

Dann schaute er zu den winzigen Leuchtpunkten am Himmel auf. Er wusste, bei einigen davon handelte es sich keineswegs um Sterne, sondern um die strahlenden Ringe von Satelliten oder einfach nur um Weltraumschrott. In zweiundsiebzig Stunden würde er hoch über der Erde kreisen und durch ein Bullauge hinunter auf sein Königreich blicken.

Dann würde sich ihm allerdings kein prachtvolles Bild wie jenes von New Miami bei Nacht bieten, sondern das eines sterbenden Planeten, dessen Ozeane von Blau zu Grau umgekippt waren, da sich ihr letztes Plankton aufgelöst hatte, und das einer Landschaft, in der die Farbe von Wüstensand überwog.

Ihm oblag es jedoch, über dieses Reich zu herrschen und er fand es immer noch besser, als gar kein Reich zu haben.

Präsident Michelin war durchaus zufrieden.

MAUSOLEUM 2069

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