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Kapitel 9

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Eric Wyman hatte sich gerade mit dem Obmann der Föderation in New DC über die Staubwolke ausgetauscht, als er von der Kommunikationszentrale des Schiffes gerufen wurde. Es war Jen Jacoby.

Er drückte die Annahmetaste links an seinem Schreibtisch. »Was ist los, Jen?«

»Wir sind drin.«

»Irgendwelche ungewöhnlichen Messwerte?«

»Das musst du dir selbst ansehen.«

»Jen, ist dieses Ding gefährlich oder nicht?«

»Komm einfach in die Zentrale.«

Es klickte in der Leitung; Jacoby hatte die Verbindung abgebrochen.

Eric durchquerte mehrere verwinkelte Korridore mit niedrigen Decken voller Rohre, die zum Druckausgleich Dampf abließen, bis er den Lastenaufzug erreichte, der groß genug war, um Grabausstattung zu transportieren, beispielsweise Särge.

Als er in der Zentrale eintraf, hatte Jen die Monitore an der Wand so eingestellt, dass sie ein großes Bild übertrugen statt neun verschiedene.

Die Sonde war nun in die kosmische Wolke eingedrungen und schien ungehindert darin voranzukommen. Massive Staubwirbel vom Umfang planetarischer Monde und mit spektakulärer Farbzeichnung zogen auf langsamen Kreisbahnen ihren Weg. Blitze zuckten wie absteigende Himmelstreppen oder wie im Kampf gekreuzte Schwerter, doch die Sonde war unversehrt geblieben.

Wyman, der den Raum betreten hatte, ohne seine Mitarbeiter zu begrüßen, war ganz und gar hingerissen. Doch die anderen schienen genauso fasziniert von dem zu sein, was sich vor ihnen abspielte. Jen saß an der Konsole und schwebte mit den Fingern über dem holografischen Keyboard. Jim stand wie immer mit abwehrend vor der Brust verschränkten Armen da, und Sheena sah aus, als weide sie sich an der dichterischen Ästhetik eines erhabenen Gemäldes.

Ständig erschien funkelndes Licht wie bunte Pailletten und die Entladungen äußerten sich in einem schillernd metallischen Flackern. Trotzdem erweckten die Schilde der Sonde den Eindruck, zu halten.

»Bericht«, verlangte Wyman.

Jen las die Daten von einem Nachrichtendisplay zu ihrer Rechten ab. »Bisher«, begann sie, »haben wir präsolare Mineralien entdeckt, kohlenstoffhaltige Chondriten, Siliziumkarbid, Aluminiumoxid, Spinelle und Grafit – Eigenschaften von normalem Sternenstaub. Hinsichtlich der Dichte der Wolke zeigen sich aber auch Spuren von amorphem Sikilat, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und Polyoxymethylen.«

»Und die Radioaktivmessung?«

»Ist im normalen Bereich.«

»Also ist sie ungefährlich.«

»Und wunderschön«, warf Sheena ein.

»Die Blitze«, fuhr er fort, »entstehen sehr wahrscheinlich beim Aufeinandertreffen von Kondenswasser und Eispartikeln, was weite elektrische Felder zur Folge hat. Ich klassifiziere das jetzt mal als harmlos. Mit der Föderation setze ich mich gleich in Verbindung.« Er tippte Jen auf die Schulter. »Schick die Sonde zu Jupiter-6 zurück.«

»In Ordnung.«

Eric atmete auf. »Also gut, Leute, die Show ist vorbei. Wir haben noch eine Menge vorzubereiten, bevor der Präsident hier aufkreuzt, also an die Arbeit.«

Während Jen an der Tastatur vor der Funkkonsole sitzen blieb und Schott verschwand, um technische Fragen zu klären, nahmen Eric und Sheena den Aufzug zum Observatorium auf der höchsten Ebene des Mausoleums.

Die Decke dort bestand gänzlich aus Panzerglas, eine Kuppel ähnlich einer Linse zum Blick in die Tiefen des Alls, unter der man die Wirbel ferner Galaxien und Konstellationen sehen konnte. Vom Eingangsflur des Observatoriums aus erstreckte sich ein bunter Garten mit verschlungenen Laufstegen, einem Koi-Becken und einem Wasserfall. Außerdem gab es Gräser und Blumen, die unter Starklichtlampen zu gesteuerter Fotosynthese angeregt wurden.

Im mittleren Bereich lagen zehn mal zehn Sarkophage im Quadrat. Dieses Areal galt als exklusiv und war den angesehensten Bürgern der Föderation vorbehalten, in erster Linie der politischen Elite. In der fünften Reihe gab es einen Behälter ohne Deckel, an dessen Seitenwänden schmuckvolle Bilder römischer Centurios eingearbeitet waren, ein symbolischer Bezug auf Zivilisationen, die man einmal für Großreiche gehalten hatte, wie Rom oder die Vereinigten Staaten. Letztere waren seit ihrem Untergang ein Schatten ihrer selbst namens die Felder von Elysium – ein Städtebund unter neuer Flagge, für den Rot-Weiß-Blau bestenfalls einer vagen Erinnerung gleichkam.

Sheena zeigte auf die Steinreliefs. »Die Gouverneurin wünschte es sich so«, erläuterte sie. »Es stand in ihrem Testament; sie wollte sich auf die Zeit und die Verhältnisse zurückbesinnen, wie sie früher einmal waren.«

Er lächelte. »Beeindruckend«, fand er. »Sieht sehr hübsch aus.«

Sheena hatte einen Robotersteinmetz dazu verwendet und das ausgewählte Foto in seinen Speicher einprogrammiert. Er war danach aufgestiegen und zur Laserbearbeitung um den Sarkophag herumgeflogen und hatte den harten Kunststein so nach und nach dem Bildvorgaben entsprechend gestaltet.

Im Ergebnis stand bei diesem Vorgang stets eine perfekte Nachbildung des jeweiligen Fotomotivs.

Eric ging schließlich zu dem Grab hinüber, fuhr mit den Händen über die Kanten und schaute in die Tiefe.

Etwas Besseres kann man für Geld nicht kaufen, dachte er.

Menschen wie die Wilden in den Wastelands, starben hingegen auf dem Fleck Erde, den sie gerade besetzten, woraufhin ihre Leichen, falls man sie nicht sofort vollständig verzehrte, einfach liegengelassen wurden und verwesten, weil es keine Vögel oder Aasfresser mehr gab, welche die Gebeine abnagten.

Sie legte ihm nun sanft eine Hand auf die Schulter. »Was würde ich dafür geben, dir jetzt in den Kopf schauen zu können …«

Er zwang sich zu einem Grinsen, drehte sich zu ihr um und umarmte sie. »Ist schön hier oben, oder?«

Sie schmiegte sich an ihn, um ihren Kopf zur Seite gedreht, gegen seine Brust lehnen zu können. Sein Herz klopfte heftig. »Du grübelst wieder«, warf sie ihm leise vor. »Auf mich wirkst du gedankenverloren.«

Er blickte wieder in den Sarkophag hinein. Dabei fielen ihm die Leiber ein, die in ein Massengrab gerollt worden waren, eines von vielen nach dem Inkrafttreten der neuen Ordnung auf Geheiß von Präsident Michelin, dass jede Person außerhalb der Grenzen Elysiums im Sinne der Sicherheit zu vernichten sei. Die Order als solche hatte zur Entstehung herumstreifender Todesschwadronen geführt, deren Mitglied er einst selbst gewesen war.

»Grauenvolle Erinnerungen«, gab er zu.

Sie schaute ihm tief in die Augen, umfasste seinen Hinterkopf mit beiden Händen und zog sein Gesicht näher heran, um ihn zu küssen. Als sie sich wieder von ihm löste, sagte sie: »Es ist doch so toll hier, du solltest keine grauenvollen Erinnerungen mehr haben müssen.«

Er schnaubte laut beim Ausatmen … lächelte dann aber erneut, und dieses Mal auch aufrichtig. Anschließend drückte er sie so fest an sich, dass er einen Hauch ihres Haarwaschmittels riechen konnte. »Du hast vollkommen recht«, räumte er ein. »Von jetzt an gibt es kein Trübsal blasen mehr.«

Die beiden schauten zur Decke hinauf. Über der Glaskuppel des Mausoleums spannte sich ein Zelt zahlloser Sterne und weit entlegener Galaxien auf. Sie schimmerten wie Gold und Wolken aus kosmischem Dunst rollten träge in kräftigen Grün- oder Violetttönen vorüber.

Es sah einfach atemberaubend aus.

Ein Ausblick – man verzeihe die Anspielung – zum Sterben.

»Das wird eine fabelhafte Gedenkfeier werden«, sagte er leise; so leise, dass es fast wie ein Wispern klang.

Doch er sollte sich täuschen.

Die Feier würde ganz und gar nicht fabelhaft werden.

Denkwürdig aber auf jeden Fall.

MAUSOLEUM 2069

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