Читать книгу DRECKIGES GOLD - Robert Blake Whitehill - Страница 12

KAPITEL 6

Оглавление

Da das Wetter wieder schlechter wurde, trafen Ben und Knocker Ellis ein paar Entscheidungen. Als Erstes verpflichteten sie sich zu Verschwiegenheit. Anderenfalls würden sich die Neuigkeiten sehr schnell verbreiten, und sie brauchten Zeit, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Sie mussten sich am heutigen Abend genauso benehmen wie am Ende von tausend Tagen zuvor. Die wachsenden Dünungen trieben die Flotte der heimkehrenden Austernboote nahe an ihren derzeitigen Ankerplatz. Die Kisten mussten auf dem Grund versteckt bleiben. Die Männer mussten warten, um sie hochzubringen. Es ging niemand, der bei klarem Verstand war, nach Einbruch der Dunkelheit Austern sammeln, selbst bei klarem Wetter. Außerdem galt das als unfairer Vorteil in Smith Islands ertragsarmer Kultur. Die Saison für Vergnügungsboote war fast vorbei, aber es bestand die Gefahr, auf Freizeitmatrosen vom Typ Sturmjäger zu treffen, die den Tod vom Bugspriet aus herausforderten.

Ben tauchte ein letztes Mal. Er zog den Leichnam am Jackenkragen zum Wrack hinüber und band ihn dort am Knöchel mit einem Spanngurt fest.

Dann brachten sie ihren Fang nach Crisfield am Ostufer. Glücklicherweise erklärte allein das Wetter, warum all die Seeleute, einschließlich Ben, um ihre üblichen Zahlen verlegen waren.

Ben setzte Knocker Ellis am Pier bei dessen Häuschen auf Smith Island ab. Ellis hatte die zweifelhafte Ehre, der einzige schwarze Mann auf dem kleinen Archipel zu sein. Er war von Crisfield auf dem Festland dorthin gezogen, nachdem Bens Vater verschwunden war. Das war nur logisch. Es vereinfachte ihre Arbeit. Sie vereinbarten, sich später am Abend wieder zu treffen. Ben steuerte mit Miss Dotsy sein Zuhause an. An diesem Abend, wo er doch so viel nachzudenken hatte, war Ben beunruhigt, ein weiteres Boot an seinem eigenen Pier angelegt zu sehen. Ausgerechnet heute? Es war ein Boot der Natur- und Wasserschutzpolizei. Ben erkannte es sofort. Während der Krabbensaison patrouillierten sie an der Staatsgrenze zwischen Maryland und Virginia, um die Seeleute in ihren eigenen ordnungsgemäß zugeteilten Fischgründen zu halten. Heute Abend schien es, als ob der Kapitän des Patrouillenbootes, Corporal Bryce, etwas von Ben wollte. Etwas, das nicht warten konnte. Ben vertäute Miss Dotsy und schlurfte den Weg zu seiner Vordertür entlang, durch einen Vorgarten, in dem noch immer das Wasser vom letzten Sturm glitzerte. Er empfand nichts von der üblichen Zufriedenheit beim Anblick der Kollektion abstrakter Wildtierskulpturen, die er aus Fundsachen zusammenschweißte. Einige Touristen hatten ihm schon Geld für seinen metallenen Hinterhofzoo geboten. Geld, das er immer abgelehnt hatte, obwohl er ständig knapp bei Kasse war. Ein Anleihehändler aus New York hatte realistischere Bemühungen beim Sunfest in Ocean City verfolgt. Er hatte versucht, eine lebensgroße Kanadagans aus Messing in Auftrag zu geben, mit so vielen Details, wie Ben es nur vermochte. Der Händler hatte sogar angeboten, sich über Freunde um eine Ausstellung seiner Werke in Soho zu bemühen. Ben hatte höflich genickt, nur mit einem Ohr zugehört. Er hatte das Angebot unberührt davonziehen lassen, sehr zur Empörung seiner Freunde, die ihn für verrückt hielten, solch ein Angebot auszuschlagen. Verstanden seine Freunde nicht, allesamt Seeleute wie er, dass gerade Austernsaison war?

Bens Eingangstür war unverschlossen wie immer. Er ging hinein. Niemand lauerte im Hinterhalt in der pechschwarzen Stube. Er versteckte den Goldbarren unter dem Sitzpolster seiner alten Couch, dann steckte er die Kartenschlüssel in die Schublade des kleinen Sekretärs. Ginger, sein Chesapeake Bay Retriever, schlug mit dem Schwanz dreimal sanft auf den Fußboden und schlief dann weiter. Obwohl sie und ihre Vorfahren eifrig abgeschossenes Federvieh apportierten, bis sie beinahe vor Erschöpfung ertranken, war sie ein lieber, aber nutzloser Wachhund, was Corporal Bryce betraf.

Ben lebte in einer sogenannten Saltbox, einem hohen, schmalen Haus mit gerade genug Platz, um sich umzudrehen. Von oben hörte er schließlich Geräusche. Irgendwo in der Nähe seines Schlafzimmers. Wie ein herumwühlender Einbrecher. Als würde Kleidung aus seiner Kommode gezerrt und auf den Boden geworfen. War da ein Diebstahl im Gange? In dem Bewusstsein, dass er sich den Tatsachen stellen musste, stieg er leise die Treppe hinauf, um zu sehen, was Bryce anstellte. Bisher hatte nichts aus dem Wrack herumgelegen, das ihn mit dem Gesetz in Konflikt bringen konnte. Bryce konnte auf gar keinen Fall etwas wissen.

Ben stieg über die zweite Stufe und ließ auch die sechste aus. Beide knarrten, genauso wie die siebte, wenn man auf die rechte Seite trat. Ben setzte seinen Fuß behutsam auf die linke Seite. Er hatte keine Ahnung, warum er das Spiel mitmachte. Bryce hatte sicherlich Bens lautstarkes Boot ankommen hören. Corporal Bryce wusste, dass er auf dem Weg war.

Ben erreichte das obere Ende der Treppe und bewegte sich durch den kleinen Flur auf die Schlafzimmertür zu. Er war leise, aber blind im Dunkeln. Ben hörte den schnellen Lufthauch einer Bewegung. Plötzlich warf sich Bryce von hinten auf ihn, umklammerte Bens Brust und Schultern, schlug ihm die Zähne in den Nacken. Er wurde nach vorne katapultiert, durch die Tür und auf sein Bett. Ben machte eine schnelle Judo-Drehung mit der Hüfte und den Schultern und plötzlich war er oben und saß auf Bryce. Bryce entwich der Atem, als Ben sein ganzes Gewicht einsetzte.

Bryce ächzte. »Verdammt, Mann! Du riechst ganz schön brackig, weißt du das?«

Ben konnte fühlen, wie sich Corporal Bryce splitterfasernackt unter ihm wand. Sie zerrte an seinem Arbeitshemd. Knöpfe flogen, klickten und klackerten über den Boden. Es war ihm nicht peinlich, nicht geduscht zu haben. Sie liebte den salzigen Duft der Chesapeake-Gewässer, den er auf seiner Haut heimbrachte. Es wirkte Wunder bei ihr. Sie wäre die Letzte, die behauptete, dass ein Tag auf ihrem Patrouillenboot sie blütenfrisch zurückließ. Ben schmeckte das Salz auf ihrem Nacken. Inhalierte das Aroma der Haut, die lange dem rauen Herbstwetter ausgesetzt war. Sie arbeitete sich von unten durch Bens Kleidung, wie eine Blaukrabbe bei der Häutung, ein Weibchen unter dem Schutz ihres Männchens, bereit zur Paarung.

Er kannte diese Frau schon sein gesamtes Leben. LuAnna war in der Schule immer ein paar Klassen hinter ihm gewesen. Er hatte ein Jahr wiederholen müssen und dann ein weiteres, als das Geldverdienen wichtiger wurde als Rechnen, Schreiben und Lesen. Danach waren sie die beiden einzigen Schüler in der gesamten Klasse. Familien mit Kindern zogen schon damals von der Insel aufs Festland. Zu jener Zeit eröffnete ein Gefängnis am Ostufer. Viele Krabbenfischer und ihre Frauen ließen das beschwerliche Leben für ein gesichertes Einkommen zurück. Manche befehligten Schlepper im Hafen von Baltimore oder gar so weit entfernt wie auf den Großen Seen. Die Familien versprachen immer, nach Smith Island zurückzukehren, taten es aber nie.

LuAnna schälte ihn aus seinen Arbeitshosen, wobei sie ihn gierig küsste. Er verhalf sich zu ihrer warmen Nacktheit. Endlich riss sie ihm die Klamotten runter. Es war schon mehr als eine Woche her, seit sie sich das letzte Mal in den Armen gelegen hatten. Sie rangen und rauften wie am jüngsten Tag ohne den geringsten Anflug von Gnade.

Ben war immer beeindruckt von LuAnnas wilder, leidenschaftlicher Art ihn zu vernaschen. Sie war wie eine Athletin. Mit subtiler Grazie und der Gewandtheit eines Champions. Andere Male war sie explosiv, mit dem rohen, furchtlosen Überschwang eines Anfängers.

Schon bald lagen sie sich erschöpft in den Armen. Ben bekam bei ihr ein Zugehörigkeitsgefühl wie nirgendwo sonst. Er war ein Mann der eher ruhigen Sorte. Das isolierte ihn von einer Inselbevölkerung, die selbst vom Rest Amerikas abgeschnitten war, aber das machte ihm nichts aus. Viele Touristen, die während der Sommersaison die schmalen Pfade entlang spazierten, hielten diese Reserviertheit für Dummheit, Bestechlichkeit, oder schlimmer, inzüchtige Torheit. Selbst unter Bens eigenen Leuten galt das Tauchen nach Austern anstelle des Harkens mit der Hand oder per Maschine als Schummeln und unterschied ihn von den anderen. Obwohl Tauchen offensichtlich effizienter war, erduldete Ben die übliche Geringschätzung von Exzentrikern, die nicht nach alten Traditionen leben wollten oder konnten. Er wusste, dass sie das anders sehen würden, wenn sie mal fünf Minuten in der Kälte auf dem schummrigen Meeresboden verbrächten. Ben war nicht geldgierig, allerdings wurde jeder hart gewonnene finanzielle Vorteil durch das Tauchen schnell beiseitegelegt für den Tag, an dem LuAnna seine Braut werden würde.

Im Falle von LuAnna, einem auf Smith Island geborenem und aufgewachsenem Mädchen, war die Tatsache, dass sie zur Natur- und Wasserschutzpolizei übergelaufen war, ein Verrat vom Kaliber eines Kaisers, wie ihre Nachbarn zu sagen pflegten. Sie war letztendlich an das Ostufer gezogen und lebte allein, während Ben im zweiten Golfkrieg gedient hatte. Es hatte zu viel Druck von »wohlwollenden« Nachbarn gegeben, den unkonventionellen Ben Blackshaw zu vergessen und sich einen normaleren Insulaner zu angeln.

Während LuAnna döste, besah sich Ben diese bemerkenswerte Frau. Das letzte Licht des Tages war schon lange im Westfenster verschwunden. Der früh aufgehende Mond kämpfte sich durch Gewitterwolken im Osten. Es gab gerade genug Licht, um zu sehen, dass Officer Bryce schlank gebaut war. Es war ein Wunder, dass ihr Waffengürtel nicht von ihren schmalen Hüften rutschte. Das sollte nicht heißen, dass sie oben herum nicht reich gesegnet war. Ihre Schönheit wurde unterstrichen durch ihre Größe und Haltung, keine Spur der befangenen, verkrümmten Haltung eines vollbusigen Mädchens, das in einer Kleinstadt voll einsamer Männer aufwuchs. Wenn sie nicht gerade friedlich schlummerte, leuchteten ihre Augen im schönsten Blau der Welt. Funkelnde Augen in einem Gesicht, das dem ihrer Mutter ähnelte. Sie beide hatten ihre Eltern verloren, doch LuAnna konnte wenigstens das Grab ihrer Familie besuchen. Sie lagen Seite an Seite auf dem Friedhof der Tylerton Methodistenkirche.

Obwohl sie Anfang dreißig war, hatten die Jahre in der Sonne der Chesapeake Bay dafür gesorgt, dass sich ihre Augenwinkel in Fältchen legten, wenn sie lächelte, so wie sie jetzt lächelte. Sie war aufgewacht und sah ihm dabei zu, wie er über sie nachsann.

Sie murmelte: »Ich glaube, du hast mir das Hirn rausgevögelt.«

Ben lächelte. »Du hast mir gefehlt.«

Sie streckte sich und kuschelte sich dann an ihn. »Du mir auch. Aber wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du noch auf etwas anderem herumkaust als auf mir.«

Ben sagte nichts über die Gefühle, die dieser Tag der Offenbarungen entfesselt hatte; der große Reichtum in seiner Reichweite, der Verlust seines Vaters und die damit verlorene Chance auf ein Wiedersehen mit ihm.

Jetzt, wo der Aufenthaltsort seines Vaters bekannt war, fragte er sich, wo seine Mutter all die Jahre gesteckt hatte und wo sie nun sein könnte. Eine Frage zu beantworten, warf eine neue auf und legte eine weitere tiefe Quelle des Kummers frei.

Anstatt zu lügen, kam Ben lieber mit einer anderen, älteren Wahrheit. »Ich weiß einfach nicht, was du in diesem Mann siehst. Ich verstehe nicht, wie du trotz all des Pechs in meinem Leben hier landen konntest.«

Ihr Lächeln wurde breiter. »Darüber sollte ich besser nicht allzu lange nachdenken. Mir fällt sonst vielleicht keine gute Antwort ein.« Sie küsste ihn sanft auf die Lippen, um zu zeigen, dass sie ihn nur aufzog. »Aber ich kann's dir sagen. Es ist eine Mischung aus Vertrautheit, Dummheit und Liebe. Und einer tiefen Wertschätzung davon, was du mit deinem Gerät anstellst. Nicht, dass du schlecht küssen würdest. Nicht, dass dein Lächeln mich nicht zum Schmelzen brächte. Und Gott sei Dank bist du nicht zu kurz gekommen, was dein Kinn angeht, wie leider bei so vielen Kerlen auf dieser Insel.«

»War knapp. Mein Kinn wurde fast zu Brei geschlagen, als ich um dich gekämpft hab.«

Ritterlichkeit fand sie sehr anregend. »Wann hast du jemals um mich gekämpft?«

»Im Martin-Wildtierschutzgebiet, da war dieser alte Ziegenbock, der für dich geschwärmt hat …« In Wahrheit hatte Ben noch nie sein Revier rund um LuAnna markiert. Das musste er auch nicht. LuAnna lächelte und biss ihm in den Arm. Was folgte, war ihre eigene Variante von Polizeibrutalität. Ben genoss es in vollem Umfang.

Sie rangen in feuchter Luft, die nach verschwitzten Leibern aus dem Meer roch. Ben wollte LuAnnas allzu scharfsinnigen Verdacht, ihn könnte etwas beschäftigen, zerstreuen. Obwohl er sie liebte und sie beruhigen wollte, musste sie jetzt wirklich gehen. Der Sturm durchwühlte den Tangier Sound zwischen Smith Island und dem östlichen Ufer, aber ihr Patrouillenboot konnte damit fertig werden. Und sie würde irgendwann sowieso gehen wollen. LuAnna zog es immer noch vor, vor einer Tour in ihrem eigenen Bett aufzuwachen. Sie hoben sich gemeinsame Übernachtungen für die Wochenenden auf, an denen sie nicht arbeitete.

Ben drehte sich auf die Seite und sah ihr in die Augen, wie er es so oft getan hatte. »LuAnna Bonnie Bryce, willst du mich zu deinem Ehemann nehmen? Willst du mich zum Vater deiner Kinder machen und zum Großvater derer Kinder?«

LuAnna lächelte ihn an, sah dann aber weg. Sie runzelte die Stirn und sagte: »Du weißt, dass ich darüber nachdenke. Das weißt du doch, oder Ben? Du bist mein allerliebster Krabberich. Und ich bin deine kleine Krabbe. Ehrlich gesagt bist du diesmal nicht mit dem Herzen dabei.«

Ben blieb still. Ungeachtet seiner eigenen Geheimnisse war er sicher, dass LuAnna auch irgendetwas verheimlichte. Sie war sonst recht direkt. So neugierig er auch war wegen ihres grüblerischen Gebarens, er musste sie immer noch vergraulen und vor die Tür setzen.

Der Mond erhob sich hinter unruhigen Wolken und LuAnna erhob sich mit ihm, um ihre Uniform anzuziehen. Sie warf Ben einen Blick aus den Augenwinkeln zu, als sie sich vorbeugte, um ihre vollen Brüste in den BH zu manövrieren. »Ben Blackshaw, du hast irgendetwas auf dem Herzen.«

»Wenig Austern heute«, offenbarte er in der knappen Smith-Island-Art. »Der Sturm hat sie verschlickt, macht sie kaputt. Beschleunigt, was die Abwässer schon seit Jahren tun.«

Er wollte ihr den Rest der Wahrheit sagen, seine angeborene Ehrlichkeit verlangte danach. Seine Liebe zu ihr verpflichtete ihn dazu. Das kleinste Geheimnis zwischen ihnen verdunkelte sein Herz mit Schatten, bis es offenbart war. Und doch erwähnte er nicht, dass sein toter Vater auf dem Meeresgrund lag. Er sagte nichts von dem gesunkenen Boot voller Gold. Je weiter sie in ihre Uniform stieg, desto mehr verhüllte sie seine geliebte LuAnna mit jedermanns Corporal Bryce. Begleitet von einem plötzlichen Schmerz fiel ihm ein, was er an LuAnna am meisten liebte: Er konnte sich ihr anvertrauen. In dieser Nacht glaubte er, dass er ihr nur mit seinem besseren Selbst trauen konnte. Sie war eine ehrliche Frau und eine übertrieben pflichtbewusste Polizistin. Das gesetzmäßig Richtige, das es zu tun galt, passte nicht mit seinem Bauchgefühl zusammen, das düsterere Befehle erteilte.

Obwohl LuAnna mit eigenen Gedanken beladen schien, sprach sie ihrem Seemann dennoch Trost zu. »Du weißt schon, was du da unten tust. Morgen wird's besser.«

Sie klang nicht so sicher. Der morgige Tag war noch ein ganzes Stück entfernt. Das einzig Sichere war, als er LuAnna zum Abschied am Pier küsste, dass seine nächtliche Arbeit gerade erst anfing.

DRECKIGES GOLD

Подняться наверх