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KAPITEL 7

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Maynard Chalk ließ sich langsam in seinen Bürosessel im Right-Way-Büro sinken. Er klappte ein Messer auf und kratzte das Blut unter seinen Fingernägeln hervor, bevor es trocknete. Keine Nitril-Untersuchungshandschuhe für Chalk. Seine Befragungen führte er immer nach der alten Schule durch. Der Plausch mit Nelly Vickers, dem Schatz seines vermissten Mitarbeiters, hatte ihn vier kostbare Stunden gekostet; praktisch jede Minute davon war völlige Zeitverschwendung gewesen. Es stellte sich heraus, dass Vickers so ziemlich gar nichts über Tom Chase wusste. Sie hatten sich getrennt, ein paar Monate nach der Right-Way-Weihnachtsfeier, weil sie misstrauisch gegenüber ihrem Verehrer war, aber auch nicht mehr wusste als zuvor. Chalk hatte das gewusst, war aber trotzdem losgegangen, um sie zu befragen, für den Fall, dass sie was gehört hatte. Und das hatte sie auch. Nun war es für Chalk an der Zeit, seine Ressourcen in die Gänge zu bringen und die Kupplung kommen zu lassen. Er klappte das Messer zusammen und fischte das abhörsichere Handy aus einer Brusttasche. Er drückte eine Taste. Er gab der Person am anderen Ende der Leitung Vickers Adresse. Er nannte sie einmal und legte auf. Es würde sich um alles gekümmert werden. Keiner von Ms. Vickers Nachbarn würde in drei Tagen einen komischen Geruch bemerken, würde nicht die Polizei von St. Mary's City anrufen müssen, damit jemand nachsah. Die Polizei würde es mit keinem sensationellen Tatort zu tun haben. In etwa sechs Stunden würde das Haus wieder genau so sein, wie Chalk, Slagget und Clynch es vorgefunden hatten. Als wäre Nelly Vickers nie nach Hause gekommen. Und das würde sie auch nie wieder.

Kurz vor dem Ende des letzten Kapitels ihres Lebens, das vorhersehbarerweise lautete: Warum ich?, belohnte sie seine Bemühungen mit einem Fitzelchen an Information. Einmal, als Tom Chase bei ihr geduscht hatte, hatte das Handy in seinem Mantel auf der Couch vibriert. Neugierig, ob es andere Frauen in seinem Leben gab, hatte sie das Gespräch angenommen, ohne etwas zu sagen. Eine tiefe, raue Stimme, vielleicht mit einem Südstaatenakzent, vielleicht ein Schwarzer, fragte nach jemand anderem, als dem, der gerade in ihrer Dusche stand. Der Anrufer schob dem Namen ein heiteres »du alter Hurensohn« hinterher, als ob sie eine Weile nicht miteinander gesprochen hätten, der neuerliche Kontakt aber willkommen war. Als Nelly Vickers still blieb, legte der Anrufer sofort auf. Falsche Nummer? Sie sagte Tom Chase nichts davon. Wollte nicht, dass er dachte, sie schnüffelte herum. Er musste herausgefunden haben, dass sie seine Privatsphäre verletzt hatte, und machte am darauffolgenden Tag mit ihr Schluss. Mithilfe von Chalks grausamer Ermutigung erinnerte sich Vickers sogar an den Namen, nach dem der Anrufer gefragt hatte. Natürlich hatte sie den Namen nicht gleich auf einmal herausgerückt. Er kam Stück für Stück, auf die gleiche Weise, wie ihre Gliedmaßen sie während der Befragung verlassen hatten. Maynard Chalk machte aus dem Vernehmen ein Geben und Nehmen.

Nachdem er diesen einen Namen zusammengetragen hatte, versicherte sich Chalk, dass Vickers Tod nicht komplett sinnlos war. Leider hatte es ihn überhaupt nicht von seinem unerträglichen Verlangen abgelenkt, Tom Chase zu finden und mit ihm abzurechnen. Was auch immer Chase an Fehlern und Missetaten aufwies, einschließlich eines kläglichen Mangels an Loyalität gegenüber seines Arbeitgebers, so wollte Chalk sich ein Beispiel an seinem neuen Nemesis nehmen: Chase hielt Muschis und Geschäft getrennt.

Nachdem das Aufräumkommando bestellt und seine Fingernägel gesäubert waren, schmierte sich Chalk einen Spritzer Desinfektionsmittel auf die Hände und rieb sie zusammen, als ob sie kalt wären. Dann rückte er an seinen Computer heran. Wer war der Mann, den Vickers verpfiffen hatte? Obwohl er nun endlich seine immensen technischen Ressourcen zum Einsatz bringen konnte, war der erste Hinweis das Resultat einer handfesten Auseinandersetzung mit einem lebendigen Zeugen. Er blieb einem seiner elementarsten Ideale des neuen Jahrtausends treu: Konversation vor Computern.

Chalk loggte sich nicht in das World Wide Web ein, das die meisten Sterblichen benutzten, mit Spam, Pop-ups, Dating Sites und den endlosen Angeboten von gewichtsvermindernden, penisverlängernden Viagra-Wunderpillen. Dies hier war Black Widow, eine Cybergalaxie, die in der gesamten Welt nur sieben Männer ungestraft bereisen konnten. Der Präsident der Vereinigten Staaten wusste nicht, dass Black Widow existierte.

In einer einsamen Sackgasse in Quantico führte ein gesamtes Gebäude zwanzig Stockwerke in die Tiefe. Das war die Höhle von Black Widow. Es war von oben bis unten mit Computergenies bevölkert, von denen nicht alle verpickelte, übergewichtige, kontaktscheue Sonderlinge mit Bremsspuren in ihren fleckigen, weißen Unterhosen waren. Diese Schar von Fachidioten ackerte Tag und Nacht, hackte jede Website der Welt, zu der Chalk nicht schon Zugang hatte. Ihre Bemühungen waren voneinander abgeschottet, damit niemand in der Denkfabrik den vollständigen Überblick bekam. Ihre Ergebnisse wurden gesammelt und zu einem Ganzen zusammengetragen. Black Widow war ein Netzwerk von aufgehebelten Türen, durchbrochenen Firewalls und elektronischen Wachposten, die dazu benutzt wurden, ihre Entwickler und Besitzer zu verraten. Jede Datenbank lag Chalk zu Füßen, ohne jegliche rechtliche Vollmachten. Das Internet des kleinen Mannes war wie ein Harem verkrüppelter Jungfrauen verglichen mit seiner unzüchtigen Entweihung. Dank Black Widow konnte sich Chalk durch digitale Schlupflöcher in jedermanns Schlafzimmerfenster schlängeln.

Chalk kramte alles heraus, was er finden konnte. Die Polizei- und Gefängnisakten zu knacken, verriet ihm eine ganze Menge über seine Angestellten. Der trottelige Tom Chase war ein vergleichsweise ganz gewöhnlicher Bauerntrampel gewesen. Er schien wie ein Wald-und-Wiesen-Rabauke, ein Ganove, der immer nach dem einfachsten Weg suchte, sein trauriges Schicksal zu verbessern – und dabei allzu oft von der örtlichen Polizei aufgegriffen wurde. Es gab einige helle Leuchten im Lampenladen der Menschheit. Tom Chase war dagegen nur eine Funzel.

Dann grub sich Chalk tiefer in die Cyber-Schatten und ging dem Namen nach, den Vickers im Sterben fallen gelassen hatte. Dieser Dreckskerl war ein wahrer Augenöffner, eine verfluchte Offenbarung. Hätte Chalk gewusst, wer der richtige Mann hinter Tom Chase war, wäre dieses Wiesel allein für die Dreistigkeit, sich bei Right Way zu bewerben, zu Tode gefoltert worden. Dies war das übliche Schicksal für jeden Winkeladvokaten, der die Eier besaß, herumzuschnüffeln. Es war clever. Das musste Chalk ihm lassen. Blackshaw hatte sich porentief gereinigt und seine tatsächliche Identität verschleiert, so wie Soldaten aus den Unterlagen verschwanden, wenn sie der CIA für Spezialmissionen ausgeliehen wurden. Der Name Chase war mehr als nur ein Alias. Er war auch ein schlechtes Wortspiel. So sei es, dachte Chalk. Die Jagd hatte begonnen. Getreu nach dem Motto der kanadischen Mounties bekam Chalk immer seinen Mann, aber im Unterschied zu den Frankokanacken im Norden schlachtete er seine Beute langsam und schmerzvoll ab.

Chalk recherchierte den Namen, den Vickers enthüllt hatte. 'Ne Menge Treffer bei Black Widow für den Kerl. Der Mann war direkt von nebenan aus Maryland. Chalk verglich den Namen mit einem Foto in den Akten der Kraftfahrzeugbehörde von Maryland. Der Kerl, den er als Tom Chase kannte, blickte ihm vom Bildschirm entgegen.

Auf ein Signal von ihrem Boss setzten sich Simon Clynch und Bill Slagget hin. Sie waren beide große, muskulöse Männer, nach dem Vickers-Schlamassel nun in einer frischen Garnitur Freizeitkleidung und gebadet in konkurrierendem Eau de Cologne. Chalk drehte den Bildschirm zu ihnen. Clynch griff nach der Maus, klickte links, klickte rechts, scrollte rauf und runter. Dann lehnten sich alle zurück.

Clynch schüttelte den Kopf. »Er hat uns verarscht, Mr. Chalk. Er hat 'ne ordnungsgemäße Papierspur hinterlassen, drei Jahre alt. Genial. Klaut sich die Identität eines Typen, der sich auf 'nem LSD-Trip in 'nem Aschram oben im Staat New York abgesetzt hat. Ziemlich gerissen. Der Besitzer des Decknamens ist noch am Leben, aber komplett von der Bildfläche verschwunden. Die Identität ist absolut wasserdicht.«

Slagget stimmte zu. »Richtig. Also gehen auch keine roten Lichter an, wenn die Sozialversicherungsnummer nach einer Auszeit wieder ins Spiel kommt. Der richtige Chase, der Yogi, hatte sogar 'ne ansehnliche Militärakte. Was uns immer gefällt. Unser Trickbetrüger ist einfach weiter mit der gestohlenen Identität herumspaziert. Jetzt wissen wir, dass unser Mann nicht Tom Chase ist. Er ist Richard Willem Blackshaw.«

Chalk betrachtete seine Untergebenen und sprach gefährlich leise: »Ihr übernehmt das. Bringt mir alles, was ihr über diese Kanalratte ausgraben könnt.«

DRECKIGES GOLD

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