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KAPITEL 2

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Maynard Chalk ließ sich von ihr nichts vormachen. Und er hasste sie mit fiebriger Leidenschaft. Mit übermenschlicher Anstrengung unterdrückte er den Drang, ihr gleich hier im Flugzeug die Kehle zu durchtrennen. Die Menschen hinter dem Vorhang, einschließlich ihrer Gehilfen und einer Handvoll Journalisten, wussten, dass Senatorin Lily Morgan, (R) Wisconsin, alles andere als die liebliche Großmutter war, die sie vorzugeben schien. Ihr weißes Haar war zu einem flaumigen Dutt gezerrt, ihre matronenhafte Figur und die rosafarbenen Apfelbäckchen verleumdeten ein skrupelloses Wesen, das nur von sehr Wenigen außerhalb der Mixed Martial Arts geteilt wurde. Ihr kleiner Zirkel gleich gesinnter Soziopathen beinhaltete Chalk, der sich in dem breiten Ledersessel neben ihr rekelte. Er tröstete sich selbst. Er musste so schnell wie möglich wieder nach Washington zurück, doch er konnte genauso gut die Mitfluggelegenheit mit der privaten Bombardier Challenger 605 der Senatorin nutzen. Chalk war Senatorin Morgans Mädchen für alles, aber nur noch für kurze Zeit. Der wahre Preis des Fluges bestand darin, dass er es über sich ergehen lassen musste, von ihr durch den Kakao gezogen zu werden. Sie war wegen irgendetwas stinksauer, und dies war ein weiteres ihrer nervigen, geheimen Treffen, die es auszuhalten galt. Reine Zeitverschwendung. Gemäß ihres verschwiegenen Protokolls hatte er ihren Jet in Milwaukee betreten, lange bevor sie das Flugfeld erreichte, damit sie ja nicht gemeinsam von der Presse gesehen wurden. Am Ende des Fluges nach D. C. würde Chalk eine ganze Stunde im dunklen, kalten Flugzeug warten müssen, bis die Limo der Senatorin und jegliche Reporter den Flughafen verlassen hatten. Was zwischen Start und Landung geschah, war für Chalk normalerweise die reinste Hölle. Senatorin Morgan nannte es aufmunternde Worte. Die angesehene Dame aus Wisconsin zischte: »Es macht die Runde, du wärst zurzeit nicht gerade in Bestform und dass mit dieser Operation etwas nicht stimmt. Läuft denn alles, wie es soll? Spuck schon aus. Ich will einen Lagebericht. Nennt ihr durchgeknallten Vietnam-Landeier das nicht so?« Chalk würde die Fünfziger bald hinter sich lassen und im Moment fühlte sich jedes seiner Lebensjahre zehnmal so lang an. Er hatte der Senatorin vor vielen Jahren geholfen ins Amt zu kommen, erst auf lokaler und dann auf nationaler Ebene, indem er entscheidende Bezirksmeldungen vereitelt hatte. Verdeckte Operationen waren schließlich sein Hauptgeschäft. Dank Chalk hatte die Senatorin nun genug Schlüsselpositionen in diversen Komitees inne, um jeden Tag der Woche Hinterzimmergeschäfte vom Typ Iran-Contra-Affäre abzuwickeln. Als Gegenleistung beteiligte sie ihn am Gewinn. Aufträge wie diese waren sein tägliches Brot seit seinen Seelen zerstörenden Touren in Südostasien als Geheimagent von Air America. Im Laufe seiner dubiosen Tätigkeiten hatte er für sieben US-Präsidenten dafür gesorgt, dass sie gewisse Sachverhalte glaubhaft abstreiten konnten. Heimlich, still und leise erledigte er all die verräterische Flickarbeit, die jedes moderne Staatsschiff über Wasser hielt. Neben Chalks Truppe sahen die Söldner von Winedark Inc. wie unfähige Schlappschwänze aus.

Chalk entkrampfte mühsam seinen Kiefer, zimmerte ein Lächeln zusammen und klatschte es in sein Gesicht. »Ich glaube, du meinst Landser. Und alles, was mit dieser Nummer zu tun hat, läuft wie geschmiert. Wer zum Teufel behauptet, es gäbe Probleme?« Lily Morgan blickte Chalk mit ihren wachen, funkelnden Augen scharf an. Dann griff sie in ihren gesteppten Strickbeutel. Chalk unterdrückte den Drang, sich wegzulehnen. So halb erwartete er, dass sie eine Waffe oder Viper aus ihrer Tasche zog. Stattdessen holte sie eine farbenfrohe Plätzchendose hervor, öffnete sie und bot ihm einen Schokoladenkeks an. »Ich weiß, wie sehr du die magst.«

Gesund und kräftig, wie er war, tätschelte er sein kleines Bäuchlein und winkte den Leckerbissen ab. »Nein danke. Ich muss ein bisschen auf den alten Waschbärbauch achten.«

Er vermutete, dass eine Prise Zyankali Teil des Rezeptes war, bis Lily selbst einen Keks aß.

»Also, wer verbreitet diese abscheulichen Lügen über meine Operation?«

Sie zeigte mit ihrem Keks auf ihn und verstreute die Krümel, während sie kaute. »Das kann dir egal sein, Maynard. Dieser Auftrag muss perfekt laufen. Es ist eine Frage der nationalen Sicherheit und wird die Wirtschaft unseres Landes tief greifend beeinträchtigen, weit über die derzeitige Regierung hinaus …«

»Blablabla.« Chalk rollte mit den Augen. »Spar dir das für dein nächstes Gebetsfrühstück mit Pfannkuchen. Aber lass die Finger vom Sirup, okay? Um Himmels willen, dein Arsch bekommt schon seine eigene Postleitzahl.«

Lily senkte ihre Stimme. »Hör gut zu, Saftsack. Wenn diese Sache in die Hose geht, sitz' ich tief in der Scheiße. Was auch bedeutet, dass dein Leben dann keinen Pfifferling mehr wert sein wird. Beide beteiligten Parteien müssen absolut zufrieden sein, wenn du den Deal ausgehandelt hast. Jeder muss genau das erhalten, was er bezahlt hat, also geht nichts in die eigene Tasche, klaro?«

»Sicher, klar wie Hechtsuppe. Kann dieser verdammte Vogel nicht schneller fliegen? Ich muss mich noch um richtige Geschäfte kümmern.«

Er hatte die alte Schachtel so satt. Abgesehen von den Sticheleien hob sie so langsam wirklich ab. Ihr größter Fehler bestand darin, dass sie vergaß, dass sie ein offenes Buch für ihn war. Sie wurde langsam gierig und teilte ihm nur äußerst ungern seinen rechtmäßigen Anteil zu. So, wie er sie kannte, könnte sie einen Maulwurf in seiner Mantelgesellschaft, Right Way Umzüge und Lagerung, platziert haben, mit der Anweisung, diesen Deal zu seiner letzten Aktion zu machen. Obwohl diese Mission von Problemen geplagt wurde, war Senatorin Morgans Eifer, ihm das unter die Nase zu reiben, der einzige Hinweis darauf, dass sie für den Ärger verantwortlich war, was er wenigstens sich selbst beweisen wollte. Oma Lily hätte gar nicht wissen können, dass es eine Panne gab, wenn sie nicht selbst Sand ins Getriebe gestreut hätte. Er würde sich zukünftig in Acht nehmen. Chalk scherte sich kein bisschen darum, dass ihm Verfolgungswahn unterstellt wurde. Er wusste bereits, dass er darunter litt. Er hatte die Diagnose und die Rezepte, die das bewiesen. Zu einem großen Teil hielt ihn diese Paranoia aber am Leben. Während sie hier in der blauen Ferne herumeierten, ging auf dem Boden wirklich alles in die Binsen. Er konnte kaum still sitzen.

Chalks getreuer Lieferant, Tom Chase, war kürzlich mit sehr wichtiger Fracht verschwunden. Chalk hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden nichts von ihm gehört. Es gehörte zu Right Ways vorgeschriebenem Missionsprotokoll, alle sechs Stunden Bericht zu erstatten. Falls sich der betroffene Kurier bis heute Abend pünktlich um sechs nicht meldete, mit nur vier Stunden und zwölf Minuten Verspätung, würde es bald heiß hergehen. Richtig heiß sogar. Chalk grinste Senatorin Morgan breit und selbstgefällig an. »Es ist alles in Butter, Lil. Ich hab dich oder Uncle Sam noch nie enttäuscht.«

Die Dame aus Wisconsin lächelte zurück. Sie zog Chalk zu gerne auf. Er hasste sie dafür so sehr, dass er seine Fäuste ballte, bis die Knöchel weiß wurden, drückte sie aber fest in seinen Schoß, um nicht etwa einen verhängnisvollen Karateschlag gegen ihre Speiseröhre zu landen.

Mit halb geschlossenen Augen säuselte sie: »Wir haben vierzig Minuten, bevor wir in Dulles landen.« Sie zog ein kleines Spitzentaschentuch hervor, das mehr aus Luft als aus Stoff bestand, tupfte sich die Kekskrümel aus den Mundwinkeln, wischte noch mehr Krümel von ihrem breiten Busen und zeigte dann mit dem Daumen auf das Schlafquartier im Heck des Flugzeugs. »Willst du dein Glück versuchen?«

Chalk stöhnte innerlich. Nein, sie wollte keinen Sex, Gott sei Dank, zumindest nicht von ihm. Zusätzlich zu dem Bett enthielt das hintere Abteil ein elegantes Metallschachbrett mit Elfenbeinfiguren, die mit Magneten gegen Turbulenzen oder unsportliche Anfälle von Groll gesichert waren. In seiner Jugend war Chalk ein viel gepriesenes Schachgenie gewesen. Die Senatorin war dagegen eine planlose Nachzüglerin ohne Sinn für Strategie oder irgendeiner Ahnung von Taktik. Sie hätte Chalks Spielfiguren genauso gut mit Schnipsern ihres Mittelfingers vom Brett entfernen können, anstatt mit irgendeiner Form von Talent. Und doch hatte Chalk sie nur ein einziges Mal schachmatt gesetzt, bei ihrer ersten Partie vor Jahren. Er hatte nur fünf Züge gebraucht.

Der Sieg resultierte in derartigem Protestgeschrei vonseiten der Senatorin, dass der Erste Offizier des Flugzeugs mit gezogener Waffe durch die Tür gesprungen kam, da er befürchtet hatte, dass ein Attentat auf dreizehnhundert Meter Höhe verübt worden war. Senatorin Morgan sprach für den Rest des Fluges nicht mehr mit Chalk und sie beantwortete über die nächsten zwei Wochen keinen seiner Anrufe, während sie schmollte. Und in der Zwischenzeit waren sie bei einigen lukrativen Geschäften schlecht weggekommen.

Inzwischen achtete Chalk sehr darauf, jede Partie zu verlieren, und schrieb seinen frühen Erfolg dem Anfängerglück zu. Sie war arrogant genug, um zu glauben, dass sie ihn seitdem immer überlistete. Nicht gewillt, sich völlig kampflos zu ergeben, zwang Chalk sie, sich jeden Sieg hart zu erkämpfen, soweit es ihre mickrigen Fähigkeiten erlaubten.

Aus irgendeinem Grund wurde ihre beinahe chaotische Art zu spielen sogar noch schlimmer, falls das überhaupt möglich war. Es wurde immer schwieriger für Chalk, ihre Partien auszudehnen oder gar, sie zu verlieren. Er würde nie wieder riskieren, mit ihr den Boden aufzuwischen, aus Angst vor einem weiteren lächerlichen Ausbruch, einer weiteren, kostspieligen Funkstille.

Als er ihr durch die Sitzreihen zum Schachbrett folgte, sinnierte er darüber nach, dass es bei der Arbeit mit der Senatorin zu viele verdammte Möglichkeiten gab, aufs Kreuz gelegt zu werden.

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