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KAPITEL 10

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Dunkle Wellen wogten in einer dunklen Nacht. Schaumkronen erschienen wie aus dem Äther in der heulenden Ferne. Miss Dotsy ächzte unter zweieinhalb Tonnen Fracht, für die sie nicht gebaut war. Sie pflügte durch die Wellen, anstatt über sie hinwegzugleiten. Mit nur einer zerstörerischen Breitseite konnte sie volllaufen und der Nantucket Lance auf dem Meeresgrund Gesellschaft leisten. Ellis stand am Steuer. Ben hatte ein Auge auf die Ladung, für den Fall, dass sie rutschen sollte. Er hielt außerdem nach anderen Booten Ausschau. Bisher hielt ihr Glück an.

Ellis sagte: »Wird in drei Stunden hell. Irgendein Plan?«

Ben zögerte, Knocker Ellis gegenüber zu viel auszuplaudern. Der Sortierer war ein verschlossenes Buch, eine absolut unbekannte Größe. Ben hatte Ellis niemals nach Dick Blackshaw gefragt und Ellis hatte auch nie von ihm angefangen. Er war nicht der Typ, der bei einem Bier Geschichten aus der Vergangenheit ausplauderte. Und ganz sicher war er kein Klatschmaul. Es kam ihm vor, als hätte Ellis gewusst, wer die Leiche war, bevor Ben es ihm sagte. Und an diesem speziellen Tag an diesem speziellen Austernfelsen zu arbeiten, war Ellis' Vorschlag gewesen. Ellis hatte zu viele Geheimnisse. Fürs Erste sagte Ben ihm nur, wohin sie unterwegs waren, und nicht mehr. »Deep Banks Island.«

Bei dem Gedanken an ihr Ziel rümpfte Ellis die Nase.

Ben lächelte schwach. »Japp. Die Reiherkolonie dort stinkt zum Himmel. Jahrzehnte altes Guano. Außer Vogelkundlern geht dort um die Jahreszeit keiner hin. Und nicht bei dem Wetter. Nicht bis zur Weihnachtszählung.«

Ellis setzte Kurs in Richtung Norden. Er beäugte die Ladung. »Wir haben hier mindestens drei Probleme, vor denen wir den Kopf in den Sand stecken.«

Ben musste seine Stimme über den Motor und den Wind erheben. »Welches zuerst? Die volle Menge Gold? Dein Anteil? Die Bombe? Ich denke, wir können es mit Sicherheit Bombe nennen.«

Ellis lächelte. »Warum nehmen wir das verdammte Ding mit nach Deep Banks Island? Ich dachte, du magst die Natur … als großer Seemann und so weiter. Wie ich das sehe, wird's mit der Bombe an Bord keine Anteile außer denen von Atomen geben.«

Erschöpft sprach Ben mit zusammengebissenen Zähnen: »Ellis, ich arbeite daran.«

Deep Banks Island lag nördlich des Martin-Wildtierschutzgebietes, welches die nördliche Landmasse des Smith-Island-Archipels ausmachte. Ben navigierte durch ein chaotisches Wirrwarr aus Meerengen und Strömen in das Herz der Insel. Da Miss Dotsy so tief lag, konnte sie kaum die kleineren, flachen Wasserwege befahren, wie Ben es wollte. Schließlich sah er etwas, das wie ein totes Bäumchen im Schlamm aussah, direkt vor Miss Dotsys Backbordseite. Miss Dotsy lag nun mehr oder weniger auf Grund, da sämtliche Vorwärtsbewegung aufgehört hatte und ihr Propeller nur noch Schlammwolken am Heck aufwirbelte. Er stellte den Motor ab. Sie saßen einen Moment schweigend da und lauschten, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit und ihre Ohren an die Stille gewöhnt hatten. Jäger wussten, dass man den Sinnen erlauben musste, sich nach einem Wandel in der unmittelbaren Umgebung neu zu kalibrieren. Der Motor knisterte und knackte, als er abkühlte. Ansonsten hörten sie nichts als Marsch und Wind. Das Kratzen von Schilfrohren, die aneinander rieben. In der Ferne der Schrei eines erwachenden Fischreihers. Der Gestank der Kolonie, mit ihrem stechenden Geruch von Ammoniak, trieb ihnen Tränen in die Augen.

Der winzige Strom, der sich auf der linken Seite durch das Schilf schlängelte, war der Zugang zu einem Wildererpfad, von denen sich viele durch die geschützten Inseln der Chesapeake Bay zogen. Obwohl der Zutritt zu den Wildtierschutzgebieten für Jäger verboten war, sahen die Bewohner von Smith Island die Verbannung von den Jagdgründen ihrer Vorfahren nicht so eng. Gleich unter der Wasseroberfläche führte bei Ebbe eine Reihe von Holzbohlen zu den Tümpeln und Wiesen, wo Gänse und Enten ruhten, in perfekter Lage für den lautlosen Angriff und die schnelle Flucht. Ohne die Kenntnis dieses Plankensystems blieb die auf der Lauer liegende Natur- und Wasserschutzpolizei regelmäßig in der Marsch stecken und nahm selten jemanden fest.

Bens Kräfte waren von der langen Nacht aufgezehrt und er spürte langsam die frühen Warnsignale seines Körpers, die er von der Hell Week damals in Coronado kannte. Er trat zur Seite und sprach: »Dieser Baum markiert den Eingang.«

Sie trugen die erste Kiste zu zweit, wobei sie ihre Füße auf den rutschigen Planken Zentimeter für Zentimeter vorwärts schoben. Ben und Ellis verschwanden schon bald zwischen dem Schilf, dem Stinktierkohl, dem amerikanischen Molchschwanz und dem Wasserdost, die überall wuchsen. Unter der immensen Belastung ihres gemeinsamen Gewichts schwankten und bogen sich die Planken bei jedem Schritt. Die Männer stürzten mehr als einmal beinahe herunter.

Allmählich kamen sie aus dem sumpfigen Gebiet an eine Senke, die zwischen einer kleinen Gruppe Pinien geschützt lag. Sie setzten die Kiste auf dem sandigen, mit Guano versetzten Boden ab. Der Gestank der Reiherkolonie war übermächtig. Sie hassten es, zu atmen, obwohl sie von der Anstrengung nach Luft rangen. Über ihnen erwachten mehr als hundert Reiher, krächzten und neigten ihre geschmeidigen, gefiederten Köpfe für einen Blick auf die Besucher.

»So, nur noch neunzehn.« Ellis, der Optimist. »Das is' mal 'n Gestank.«

Wie aufs Stichwort glitt Lonesome George zu einer Landung auf seinen dünnen Beinen herab.

Ben sagte: »Der Aufseher ist da.«

Lonesome George sah ihnen dabei zu, wie sie sich abquälten, und fragte sich wahrscheinlich, wo seine Austern-Almosen blieben.

Auf dem Rückweg zu Miss Dotsy tupften sie sich die tränenden Augen mit Taschentüchern ab. Beim Schleppen der zweiten Kiste rutschte Ellis' Fuß von der glitschigen Planke unter Wasser ab. Er ließ die Kiste aber nicht los. Ihr Gewicht rammte sein Bein tief in den Schlamm und setzte ihn fest. Ben wurde beinahe hinterhergezerrt, hielt sich aber aufrecht. Er zog die Kiste langsam auf die Planke zurück. Dann versuchte Ben, sich einen festen Stand auf dem rutschigen Brett zu verschaffen, und hakte seine Arme unter Ellis' Achseln. Es bedurfte mehrerer kostbarer Minuten, Ellis aus dem Moder zu ziehen. Durch schiere Kraft gelang es ihm, das Bein mit einem schmatzenden Geräusch zu befreien. »Danke«, krächzte Ellis.

»Ich beschütze nur unsere Anlagen.«

»Hätte dich mit 'nem Christen verwechseln können.«

»Tatsächlich?«

»Vielleicht hab ich dich mit 'nem Freund verwechselt.«

Ben antwortete nicht darauf. Solange er nicht mehr über Ellis' Mitwirkung an all dem wusste, war für Sentimentalität kein Platz.

Keuchend und würgend schleppten sie sich siebzehn weitere Male entlang des Bohlenwegs. Die Entfernung vom Boot bis zur Reihersenke schien mit jedem Mal größer zu werden. Sätze schrumpften unter dem Gewicht des Goldes zu kurzen Phrasen.

»Die Anteile. Das Geld.« Ellis ging voran, lief aber rückwärts, um die Kiste besser im Griff zu haben.

Ben wusste, dass das kommen musste. »Was denkst du?«

Knocker Ellis keuchte ein Wort. »Hälfte.«

Ben sagte: »Also ich denke …«

Ellis legte nach. »Denk dir mal das, Ben. Ich nehme das halbe Risiko auf mich. Breche mir hier den Rücken für 'ne Hälfte des Traums eines Toten.«

Ben machte noch ein paar Schritte, wartete, um sicherzugehen, dass Ellis fertig war. Dann nickte er. »Ich wollte sagen, ich denke, Hälfte klingt gut.«

Ellis beäugte seinen Partner. Er schüttelte den Kopf. »Hätte mehr verlangen sollen.«

»Nein. Ganz schlechte Idee.«

»Wer weiß? Dein alter Herr hätte den ganzen Posten genauso gut zu mir bringen können.«

»Ist es das, was er dir erzählt hat?«, fragte Ben.

Ellis sagte nichts mehr.

Die letzte Kiste war leichter als die anderen. Sie enthielt die Bombe. Sie packten sie zu den übrigen. Ellis warf Ben einen Blick zu, der ›Was nun?‹ zu fragen schien.

Ben zuckte mit den Schultern. »Es ist ein Piratenschatz. Wir vergraben ihn, was auch sonst?«

DRECKIGES GOLD

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