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KAPITEL 8

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Ben machte sich an die Arbeit, noch bevor das Kielwasser von LuAnnas Boot hinter der Ecke seiner kleinen Bucht verschwunden war. Er holte die Schatzkistenschlüssel aus dem Haus und konnte nicht anders, als nach dem Goldbarren in seiner Couch zu sehen. Er streichelte ihn sogar einmal, bevor er das Sitzpolster wieder fallen ließ. Dann tankte er an seinem Pier den Luftkompressormotor auf. Danach verschwand er in seiner Krabbenbude, um diverse Kleinigkeiten zu holen. Die Hütte war über dem Zulauf zum Meer erbaut worden und stand auf tief in den Boden getriebenen Pfosten. Im Sommer beherbergte sie flache Wasserbecken, in denen Blaukrabben bis zu dem perfekten Moment ihrer Häutung aufbewahrt wurden. Dann, wenn ihre Panzer am weichsten und ihr Fleisch am schmackhaftesten war, fischte Ben die kleinen Delikatessen heraus, legte sie auf Eis und brachte die Butterkrebse zusammen mit seinem Krustentierfang zum Markt.

Außerhalb der Saison diente die Bude eher als Schuppen. Ben sammelte dreißig Meter Leine zusammen, zwei Schaufeln, vier weitere Gemüsekisten und seine alte Tauchlampe, die neue Batterien hatte. Dann legte er alles ab und kreuzte zu Knocker Ellis' Haus hinüber.

Ellis hätte die etlichen Stege, die sein kleines Grundstück mit dem von Ben verbanden, zu Fuß bewältigen können. Er wartete zu Hause, weil es ein Marsch von einem knappen Kilometer quer durch die Bülte und Inselchen war, und er wollte LuAnna nicht über den Weg laufen. Ellis konnte Bens Steg und ihr Boot von seinem Fenster im zweiten Stock sehen. Außerdem wollte er um diese Uhrzeit keinem seiner Nachbarn begegnen. Er lag um diese Zeit normalerweise längst im Bett und jeder, der ihn sähe, würde stutzig und vielleicht neugierig werden. Obwohl er sich beinahe sicher war, dass die weiße Gemeinde seine Gegenwart nach fünfzehn Jahren letztendlich, wenn auch widerwillig akzeptiert hatte, ahnte Ellis, dass die sprichwörtliche dunkle und stürmische Nacht nicht der geeignete Zeitpunkt war, Rassenbeziehungen zu testen.

Außerhalb der Grenzen der Ströme, Bäche und Durchgangsrouten von Smith Island fiel das Ufer steil in die Bucht ab, wo kurze, heftige Wellen mit vereinzelter Gischt brandeten. Der Wind drehte hier häufig und die Böen wiesen manchmal Geschwindigkeiten von bis zu zwanzig Knoten auf. Die Gischt spritzte über Miss Dotsys Bug. Das Wetter war schlecht und konnte noch viel schlimmer werden, hielt sich aber für den Moment. Als sie unterwegs waren, band Ellis die Leinen um die Gemüsekisten. Dann inspizierte er den Luftkompressor, dessen Dichtungen, den Motor, den Auspuff, den Luftschlauch und den Atemregler. Knocker Ellis fragte: »Miss LuAnna in Ordnung?«

Ben erstickte das Thema im Keim. »Prima. Und nein, ich habe ihr nichts davon erzählt, kein bisschen.«

»Kam mir vor, als hättest du's ihr heute Abend 'ne ganze Weile lang besorgt. Kein Bettgeflüster?«

Ben konterte. »Wie steht's bei dir? Keine spät nächtlichen Anrufe bei Ex-Freundinnen, um anzugeben, was für ein toller Fang du bist?« Es war boshaft, ihm sein einsiedlerisches Leben unter die Nase zu reiben, aber Ben war sauer.

»Wem sollte ich was erzählen? Meiner Katze?«

»Du hast 'ne Katze?«

Ellis fauchte: »Da hast du's.«

Ben konzentrierte sich aufs Navigieren und machte lange, tiefe Atemzüge. Bevor er reingefahren war, um ihren Fang zu verkaufen, hatte er sich an mehreren Funktürmen am Ufer orientiert. So hässlich sie auch tagsüber waren, nachts waren die Türme praktisch. Sobald ihre Lichter sich korrekt anordneten, würde Miss Dotsy wieder über dem Austernfelsen, dem Wrack, dem Gold und der Leiche liegen. Ben und Ellis verfielen in ihr übliches Schweigen. Die Tour dauerte etwas länger als eine halbe Stunde. Als die Ausrichtung der Lichter perfekt war, warf Ben den Anker aus und quälte sich in den kalten Taucheranzug. Knocker Ellis warf den Luftkompressor an. Bevor Ben sich über das Seitendeck ins Wasser fallen ließ, klopfte Ellis ihm auf die Schulter. »Viel Glück.«

Ben nickte ihm zu.

Dann sagte Ellis: »Was ist mit den Schlüsseln?«

Ben zeigte auf seine Brust.

Ellis hielt die Hand auf. »Mächtig kalt heute. Nachts zu tauchen, kann gefährlich sein. Vor allem allein.«

Ellis hatte nicht unrecht, aber Ben gefielen weder die Andeutung noch der Ton. Er gab die Schlüssel an Ellis. »Nicht auf meinen Luftschlauch setzen.« Dann schlüpfte er in die tiefschwarze Bucht.

Ben hasste es, nachts zu tauchen. Für ihn war die Dunkelheit voller düsterer Augen und scharfzähniger Schlünde, die sich gerade außerhalb seines Lichtkegels aufhielten. Seine Angst war nicht unbegründet. Manchmal verirrten sich Haie nach einer langen Odyssee des Hungerns in die Chesapeake Bay.

Sollte ein Hai doch ruhig versuchen, Ben zu beißen. Er würde sich nichts weiter einhandeln als ein Maul voll Knorpel und Furcht. Er schwenkte die Lampe hin und her. Immer noch verschlammt, aber die Sichtweite betrug nun passable eineinhalb Meter.

Nach ein paar Sekunden, in denen er in die dunkle Leere hinabfiel, versanken seine Tauchstiefel im Boden. Doch kein Boot in Sicht. Er war sich seiner Position sicher. Vielleicht hatten die Sturmwogen es verlagert. Das Wrack war fort und alle Probleme mit ihm. Nun könnte er nach Hause gehen und sich dem Schlaf oder seiner Trauer hingeben. Er hatte am Nachmittag keine Boje hinterlassen wollen, um die Stelle zu markieren, falls jemand neugierig geworden wäre. Die Zeiten waren hart und das Austernfischen schwere Arbeit. Gerade jetzt schien das Versäumnis entweder übertrieben vorsichtig oder Glück im Unglück zu sein.

Ben machte einen Schritt zurück. Etwas tippte ihm auf die Schulter. Er wirbelte herum. Sein Herzschlag setzte aus. Das Monster hatte ihn gefunden. Der Anblick des Leichnams seines Vaters, der am Boot festgebunden war, half in keiner Weise, den Presslufthammer in seiner Brust zum Schweigen zu bringen.

Die Leiche hatte immer noch den vagen Umriss eines menschlichen Wesens. Nach ein paar Tagen im Wasser war er ansonsten kaum wiederzuerkennen. Fetzen von Fleisch. Büschel von Haaren. Knochen und zerfledderte Kleidung. Das Auge, das Ben bereits am Nachmittag angestarrt hatte, strahlte mit unverfälschter Reinheit. Bevor er die Highschool abgebrochen hatte, hatte er Poes Das verräterische Herz gelesen. Ungeachtet des Titels war es das kalte starrende Auge eines alten Mannes, wie Ben sich erinnerte, das den Erzähler zum Mörder werden ließ. Ben war sich nicht sicher, was ihn vorantrieb, aber er streckte seinen Arm aus und berührte das Auge des Toten. Sehr eigenartig. Es war hart, kalzifiziert. Unfähig, seinem bizarren Drang Einhalt zu gebieten, wühlte er um den Augapfel herum. Das Auge flutschte in einer kleinen Wolke verdickten Blutes aus seiner Höhle. Es war kleiner als ein Golfball und eigenartig rau wie ein Bimsstein. An der Vorderseite der knochigen Kugel war eine glatte Stelle mit der perfekten Darstellung einer Iris, einer Pupille und dem weißen Hintergrund, zerklüftet von verblüffend natürlich aussehenden, dünnen, roten Äderchen. Es starrte ihn aus seiner behandschuhten Handfläche an. Dann begriff er endlich. Dies war eine Prothese, die das Auge ersetzte, das Paps in einem Messerkampf verloren hatte. Jenem Kampf, der seinen Vater veranlasst hatte, von Smith Island zu fliehen.

Ben ließ das makabre Memento in seinen Sammelbeutel fallen. Gefühlsdichte Schottenverschlüsse, die in seinem Inneren für einen Moment aufgestemmt worden waren, schlugen wieder zu. Zurück an die Arbeit.

Als Erstes war die Leiche aus dem Weg zu räumen. Ben löste den Spanngurt, der den Fuß mit dem Boot verband. In dem Moment streifte er gegen etwas Schweres in der Jackentasche. Er öffnete die Tasche. Ein amerikanischer Aal von einem halben Meter Länge wand sich heraus und schlüpfte in die Finsternis.

Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die Tasche nicht noch weiteren Meereskreaturen als Schlupfwinkel diente, griff Ben hinein und zog einen Goldbarren hervor. Er leuchtete im Wasser auf, als ihn der Lichtkegel traf. Ben drehte sich um und legte ihn in die nächste Gemüsekiste. Als er sich wieder umwandte, war die Leiche verschwunden. Sie war weg, wie ein Phantom. Ben leuchtete mit der Lampe im Kreis herum. Nichts als Schlick.

Dann richtete er die Lampe nach oben. Wie eine Unterwasserauferweckung trieb Bens Vater zur Oberfläche, nun nur noch körperlose Hosen, die im trüben Wasser über ihm entschwanden. Ben streckte sich, griff nach einem Schuh und zerrte ihn nach unten. Der verweste Fuß löste sich am Knöchel. Schuh und Fuß blieben in seiner Hand zurück.

Er schnappte sich ein Hosenbein und zog die Leiche behutsam nach unten. Es war, als würde er einen grausigen Heliumballon hüten. Ben entfernte die Plane von der Ladung und wickelte die Leiche zusammen mit dem losen Fuß darin ein. Dann band er mehrere Meter des Spanngurts um das improvisierte Leichentuch und befestigte das gesamte Paket am Bug der Nantucket Lance. Es war ein hastiges Stück Arbeit. Er zerrte ein paar Mal daran, um sich zu vergewissern, dass die Leiche vorerst gesichert war.

Auf dem Wrack stehend ergriff Ben eine der Metallkisten und versuchte, sie in eine Gemüsekiste zu hieven. Das Ding rührte sich kaum. Er strengte sich an. Bandscheiben wurden zu Marmelade zerquetscht. Mit aller Kraft schob er eine Box nach und nach vom Stapel herunter. Sie fiel in Zeitlupe krachend auf das Deck. Eine erledigt, neunzehn übrig.

Es dauerte zwei Stunden. Ben lud die Kisten in die fünf angeleinten Gemüsekisten. Dann tauchte er auf und half Knocker Ellis, sie an Bord zu hieven. Sie stellten die Kisten an Miss Dotsys Kiel entlang auf, um den Trimm zu halten. Sie wiederholten den Vorgang noch viermal, während sich das Wetter verschlechterte. Miss Dotsy saß aufgrund des zusätzlichen Gewichts tief in den Wellen. Ben war ausgelaugt, fast ausgelöscht von der Kälte. Knocker Ellis reichte ihm auf dem Luftkompressormotor erwärmte Lappen. Ben stopfte sie in seine Achseln und um seine Leiste, um seinen eisigen Rumpf zu wärmen. Ein verdammt langer Tag in nordischen Gewässern.

Ellis nahm die Schlüssel von seinem Hals. »Sehen wir mal, was wir da haben.«

Er suchte eine Kiste aus und machte sich daran, den richtigen Schlüssel zu finden. Ben kroch auf dem wankenden Deck näher. Das Schloss knackte. Ben legte seine Hand auf den Deckel, zögerte aber.

Ellis wurde ungeduldig. »Das ist nicht die Zeit für lange Ansprachen.«

Ben sah Ellis an und entgegnete: »Ich will das nicht bestreiten, aber ich denke, das wird dich die Welt mit anderen Augen sehen lassen.« Dann hob er den wasserdichten Deckel.

Enttäuschung vermischte sich mit Verwirrung auf ihren Gesichtern, als sie in die Metallkiste starrten. Sie war nicht mit Gold gefüllt. Da war eine Art von Schalttafel mit Tasten, Anzeigen und einer kleinen Vertiefung so groß wie ein Vierteldollar.

Zuerst war es den beiden müden Männern ein absolutes Rätsel. Das Gerät schien recht einfach aufgebaut zu sein. Ben bemerkte die Schriftzeichen. Zierliche Schlangenlinien, die die Tasten und Anzeigen kennzeichneten. Nicht Englisch. Durch seine Zeit im Golf erkannte er es als Arabisch, hatte aber keine Ahnung, was da stand.

Die Kiste piepte dreimal. Laut genug, dass sie sich nach vorbeischippernden Seeleuten umsahen, die das vielleicht hören konnten. Eine Digitalanzeige leuchtete auf und zeigte auf einem kleinen Schirm, der nicht größer als ein Reisewecker war, 24:00:00 an. Die Ziffern schalteten auf 23:59:59 um und zählten Sekunde für Sekunde runter.

Ben murmelte: »Ups.«

Knocker Ellis schüttelte den Kopf. »Was in Gottes Namen hast du getan?«

Ben untersuchte die internen Scharniere der Kiste. »Auslöser. Die Kiste geht auf und es geht an. Vielleicht geht es wieder aus, wenn man sie zumacht.«

Ellis sagte: »Wie eine große Spieluhr? Bezweifle ich. Ich will es nicht in der Nachbarschaft haben, wenn der Zähler auf null geht. Werfen wir den Fisch wieder rein.«

Ben wünschte, dass es so einfach wäre. »Damit es unter Wasser hochgeht? Das ist keine gewöhnliche Bombe. Schau dir die Abschirmung in der Kiste an. Blei, um es einfacher über die Grenze zu schmuggeln. Die Schrift ist arabisch, aber die Anzeige hier ist ein Geigerzähler amerikanischer Herstellung. Das braucht man nicht für C-4 oder TNT. Diese Kiste kann jedes Lebewesen im Umkreis von mehreren Kilometern töten. Und dann? Es gibt schon genug, mit dem ich leben muss. Ich will das nicht auf dem Gewissen haben.«

»Dann bringen wir's raus auf den Atlantik und werfen's dort ab.«

»Gleiches Problem. Alles, was wir im Sommer und Herbst fangen, verbringt den Winter da draußen im Meer. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden bekommen wir es niemals in sichere Entfernung.«

»Also vergraben wir's.« Knocker Ellis griff nach Strohhalmen.

»Direkt über unserer Grundwasserschicht. Nein. Fürs Erste müssen wir dieses Ding behalten und rauskriegen, wie wir's stoppen. Wir müssen es versuchen oder bei dem Versuch umkommen.«

Ben klappte die Kiste zu und schob seinen Verdruss über Ellis beiseite. Es war der Anfang eines Keils zwischen den beiden Männern. Er konnte es nicht erlauben, dass sich Missgunst und Stress mit gierigem Anspruchsdenken vermischten. Dies würde das sowieso schon empfindliche Vertrauen zerstören, das sie für dieses Unterfangen bräuchten.

Gerade als Ben eine Bombe in seine Tagesrechnung einkalkulierte, donnerte ein heilloser Schlag von Miss Dotsys Kiel hervor. Das Deck wackelte und neigte sich unter ihnen mit einem lauten Kratzen und Knallen, als ob Vulcanus' Schmiede sich plötzlich in Davy Jones' Kiste wiederfand. Ben und Ellis staunten mit weit aufgerissenen Augen und tasten nach den Haltegriffen, als die Nantucket Lance sich mit dem Bug voraus im Wasser aufrichtete wie ein auftauchendes Nuklear-U-Boot in einem Werbefilm der Navy. Die Leiche am Bug wickelte sich zum Teil aus der Plane. Ben kam als Erster drauf. »Scheiße! Wir sind Idioten.«

Ellis bestätigte das. »Wie man's macht, macht man's falsch. Entweder sind's Geister oder wir haben den ganzen Ballast rausgenommen. Hat sich aus dem Schlamm befreit. Das verdammte Ding hängt uns nach wie Herpes.«

Ben dachte für einen Moment nach. Er holte den Bootshaken, um das gespenstische Wrack heranzuziehen. »Wir werden sie niemals verstecken können. Nicht vor jemandem, der sie wirklich haben will. Wir müssen auf alle Fälle unsere Spuren verwischen.«

Es gab nur eines, was sie tun konnten. Sie leinten das Schnellboot an Miss Dotsy an, wickelten die Leiche wieder in die Plane und sicherten sie. Ben sagte: »Wir müssen das Gewicht des Goldes durch Steine ersetzen.«

»Wer ist wir

Ben wusste, was Ellis meinte. Ben würde nach den Steinen tauchen müssen. Es gab keine zweite Atemausrüstung, mit der Ellis hätte helfen können. Es war die Geringste von zwei furchtbaren Möglichkeiten. Ben könnte tauchen, den Boden nach Steinen absuchen und sie an die Oberfläche bringen, wo er und Ellis sie in die Nantucket Lance hieven würden. Oder sie könnten das Boot versenken und Ben würde tauchen, die nötigen Steine finden und sie direkt im Boot platzieren, was das Heraufholen der Steine unnötig machte. Der niedrige Spritvorrat für den Luftkompressor war noch ein weiteres Problem.

Es gab nur einen Weg, das unsinkbare Boot zu versenken: Auf die gleiche Weise, wie es beim ersten Mal untergegangen war. Mit dem Arbeitseifer von Todeslagersklaven luden sie das Gold zurück in die Nantucket Lance. Kiste für Kiste. Dann nutzten sie ihr vereintes Körpergewicht, um das Seitendeck vor die steigenden Wellen zu neigen. Letztendlich lief das Boot voll und versank. Zum zweiten Mal. Falls nun zufällig irgendein Neugieriger mitten in der Nacht vorbeikäme, lägen Boot, Leiche und Gold längst wieder auf dem Grund und Ben und Ellis hätten viel weniger zu erklären.

Ellis sagte: »Vielleicht sollten wir es hier lassen.«

Ben starrte seinen Sortierer zornig an. »Vielleicht solltest du die Finger von den Drogen lassen.«

»Wenn ich Drogen hätte, wäre ich vielleicht nicht so hundemüde.«

Knocker Ellis knotete eine Sicherheitsleine um Bens Bleigürtel. Zum dritten Mal an diesem Tag zog Ben seinen Taucheranzug an und machte eine Rolle rückwärts in das eisige Wasser. Die Nantucket Lance hatte sich aufrecht am Boden abgesetzt, aber ohne die Plane und Spanngurte waren die Kisten auf dem Weg nach unten zu einem Haufen zusammengerutscht.

Um die Kisten sicher zu entfernen, ohne dass das Schnellboot wieder auftauchte, schleppte Ben Steine, Felsen und sogar Austernschalen heran und füllte die Plicht um die Ladung herum. Mehr als eineinhalb Stunden lang schleppte und wälzte er sich durch den Bodenschlamm, der an seinen Beinen zerrte wie dicke Melasse.

Als Ben fand, dass er genug Ballast zusammengetragen hatte, ackerten sie wie seelenlose Maschinen, um das Gold wieder nach oben zu bringen. Ihre Rücken protestierten. Ihre Schultern schmerzten. Ihre Hände krampften sich zu gefrorenen Klauen zusammen.

Zwei Kisten vor dem Ende des letzten Tauchgangs spürte er, wie sich das Wrack unter ihm bewegte. War es noch zu leicht? Falls das Boot wieder aufstieg, wäre ihre Doppelschicht umsonst gewesen. Jemand würde es nachverfolgen und danach suchen kommen.

Er sammelte noch mehr Steine; doch die gingen ihm langsam aus. Er musste immer weiter vom Wrack wegstapfen und auch irgendwie seinen Weg zurückfinden. Durch den Schlamm, den er aufwirbelte, verlor er mehrmals die Orientierung, also leinte er sich mit genug Spielraum am Wrack an. Wann hatte er jemals nicht Steine im schwarzen, kalten Wasser geschleppt? War er jemals warm und trocken gewesen? Dies waren keine Erinnerungen, keine Fantasien, sondern Wahnvorstellungen, denen er in seinem erschöpften Zustand nicht trauen konnte.

Plötzlich spürte Ben das dreimalige Zupfen an seiner Sicherheitsleine. Das Signal. Der Kompressor war im Begriff, seine Öl-Benzin-Mischung restlos aufzubrauchen. Doch Ben machte weiter. Er musste diesmal wirklich sichergehen.

Ben machte einen halben Atemzug, dann war Schluss. Seine Wangen und Kehle zogen sich bei jedem erfolglosen Atemversuch zusammen. Der Kompressor hatte aufgegeben, sein Brummen verhungernd zum Schweigen gebracht. Ben wuchtete die vorletzte Box mit einem Ruck in eine Gemüsekiste. Seine Lunge brannte. Sein Blickfeld verengte und verdunkelte sich zu einem dämmrigen Grau im schwarzen Wasser. Er ergriff die letzte schwere Kiste mit beiden Händen.

Und die Welt wurde schwarz.

Ben erwachte auf Miss Dotsys Deck, mehr tote Makrele als lebendiger Mensch. Ellis schnaufte vor Anstrengung, nachdem er Ben heraufgezogen hatte. Nach einem Moment stand er auf und hievte die letzte Kiste allein herauf. Nur durch das Wunder verbissener Willenskraft hatte Ben die letzte Goldbox in die Gemüsekiste gewuchtet, bevor er komplett das Bewusstsein verlor.

Endlich waren sie wieder an dem Punkt, wo sie bereits Stunden vorher schon gewesen waren, mit zwei Reihen von Kisten entlang des Kiels. Sie warteten ein paar Minuten, um sicherzugehen, dass das unsinkbare Boot und sein Kapitän nicht wieder in Erscheinung traten. Bald waren sie zufrieden. Die Lance blieb fürs Erste unten, wenn nicht gar für immer.

Auf Bens Nicken hin warf Ellis den Vierzylinder an. Ben lichtete den 15-Kilo-Pfluganker und verstaute ihn. Ellis legte den Vorwärtsgang ein. Das Getriebe röhrte wie eine alte Kaffeemühle, die Geröll mahlte.

Ellis sagte: »Die verdammte Tucket muss Miss Dotsys Getriebewelle erwischt haben, als sie von unten hochkam.« Ben riet ihm das Offensichtliche. »Dann fahr halt langsam.«

Selbst mit einer Bombe im Gepäck, die neben ihnen die Sekunden herunterzählte, gab es nichts anderes, was sie tun konnten.

DRECKIGES GOLD

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