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aa) Entscheidungsarten
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Im Rahmen eines Aussetzungsantrags kann die Aussetzung des Vollzugs der angegriffenen Maßnahme für die Zukunft beantragt werden.[364]
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Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage[365] kann der Staatsrat die angegriffene Verwaltungsmaßnahme aufheben. Er kann ferner, sofern dies möglich ist, einen rechtswidrigen Teil der Maßnahme abtrennen und nur diesen für nichtig erklären. In einem solchen Fall ist das Urteil eher als eine „Abänderung“ der Maßnahme anzusehen. Bestand die Rechtswidrigkeit lediglich in der Nichteinhaltung einer Formvorschrift, sah Art. 38 KGSR in Folge der Reform von 2014 ursprünglich die Möglichkeit vor, diesbezüglich ein Zwischenurteil zu treffen. In diesem konnte die Verwaltung aufgefordert werden, die angegriffene Maßnahme so abzuändern, dass sie den formalen Anforderungen genügte. Das Zwischenurteil gab hierbei sowohl die erforderlichen Änderungen als auch eine Frist vor, in der diese vorzunehmen waren. Damit wurde ein aus den Niederlanden bekanntes Heilungsverfahren aufgegriffen, das im Französischen als „boucle administrative“ (wörtlich: „Verwaltungsschleife“) bezeichnet wird (auf Niederländisch: „bestuurlijke lus“). Die parlamentarischen Unterlagen führten näher aus, dass „[d]as Zwischenurteil […] so genau wie möglich auf[zeigt], auf welche Art und Weise der Verstoß zu heilen ist. In diesem Fall teilt die betroffene Behörde dem Verwaltungsrichter umgehend mit, ob sie die Möglichkeit, den besagten Verstoß zu heilen oder heilen zu lassen, wahrzunehmen gedenkt. […] Das abschließende Urteil zu der ursprünglichen Klage ergeht anschließend gegen die fehlerhafte und im weiteren Verlauf berichtigte (oder nicht berichtigte) Verwaltungsmaßnahme.“[366] Die „boucle administrative“ fand keine Anwendung, wenn der Formfehler nicht binnen einer Frist von drei Monaten behoben werden konnte (es sei denn, die Behörde wies nach, dass eine solche Behebung binnen einer angemessenen Frist erfolgen konnte), wenn die (eigene) Entscheidungsbefugnis der beklagten Behörde für die Heilung nicht ausreichte, wenn die beklagte Behörde ausdrücklich die Anwendung des Heilungsverfahrens ablehnte oder wenn die Heilung der betroffenen Verwaltungsmaßnahme für einen Abschluss des laufenden Gerichtsverfahrens ohnehin nicht genügte. Bei erfolgreicher Heilung der Verwaltungsmaßnahme durch die Behörde wurde die Nichtigkeitsklage abgewiesen, da die Verwaltungsmaßnahme nunmehr mit rückwirkender Wirkung als gesetzeskonform galt. Mit Urteil vom 8. Mai 2014 hat der Verfassungsgerichtshof das Heilungsverfahren, das im Rahmen der Klagen vor dem „Rat für Genehmigungsstreitsachen“ (einem vom flämischen Raumordnungsgesetzbuch geschaffenen flämischen Verwaltungsgericht) vorgesehen war, für verfassungswidrig erklärt.[367] Zur selben Schlussfolgerung kam der Verfassungsgerichtshof auch in seinem Urteil vom 16. Juli 2015 zum Heilungsverfahren auf Bundesebene im Rahmen der Nichtigkeitsklage vor dem Staatsrat:[368] Ein solches Heilungsverfahren verstoße gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit sowie den Grundsatz der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Richters und damit gegen Grundsätze, die nach der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes gemeinsam mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung „das Grundwesen des Rechtsstaates“ ausmachen.