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Aus Georgia

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Jellybeans Vater hätte wahrscheinlich viele traurige Geschichten erzählen können, doch er verschwendete selten Zeit damit, über die Vergangenheit zu sprechen. Er kam als Teil der großen Migrationswelle von Afroamerikanern, die aus dem Süden der USA in den Norden zogen, genauer gesagt aus dem sogenannten „Black Belt“1 im Bundesstaat Georgia, der sich entlang des Highway 41 durch den ganzen Bundesstaat zog.

Philadelphia war ein beliebtes Ziel. Vor allem Südwest Philly das aus ehemaligen Farmen, Landhäusern und botanischen Gärten im 19. Jahrhundert entstanden war, wurde zum Anziehungspunkt – erst für Migranten aus Europa, dann für Afroamerikaner, die Arbeit suchten. Um 1900 bestand die Bevölkerung der Stadt der brüderlichen Liebe, wie Philadelphia auch genannt wird, weitgehend aus Kaukasiern, doch das begann sich in den 1920ern, 30ern und 40ern rasch zu ändern, als Millionen von Schwarzen Richtung Norden zogen. Tagtäglich kamen Afroamerikaner in Zügen aus dem Süden in die Stadt, erzählt Julius Thompson, einer der ersten farbigen Sportjournalisten, die bei einer der großen Tageszeitungen an der Ostküste anheuerten. Nachdem es mit der Landwirtschaft in den 1930ern bergab gegangen war, packten viele Afroamerikaner ihr bisschen Hab und Gut zusammen und machten sich auf den Weg in die Städte des Nordens, um Arbeit zu finden und ein neues Leben zu beginnen. Diese Abwanderung wurde vor allem durch den Preisverfall landwirtschaftlicher Güter während der Depression begünstigt, die dem System des Pächterwesens ein jähes Ende setzte. Die Landwirtschaft war oft die einzige Möglichkeit für Afroamerikaner ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, in einem Land, in dem ihnen der Zugang zu Bildung lange verwehrt geblieben war.

Dazu kam die jahrzehntelange Gewalt weißer Lynchmobs gegenüber Farbigen, die die Migration beschleunigte. Brutale Vorfälle, die oft detailreich von den Tageszeitungen im Süden der USA beschrieben wurden. Mit dem Versprechen auf Arbeit während der Kriegsjahre in den Docks von Philadelphia und anderen Städten an der Ostküste in den 1940ern wurde die Verlockung in den Norden zu ziehen noch größer. Nach dem Krieg, als sich die Wirtschaft wieder komplett erholt hatte, wuchs die Zahl der Jobs sogar noch weiter.

In Georgia hatte Big Joe Bryant zusammen mit seinem Vater – der erste in einer Reihe von drei Joe Bryants – in der Landwirtschaft gearbeitet. Sechzig Stunden in der Woche für ein paar Cents am Tag. Alte Zensusaufzeichnungen belegen, dass Big Joes Großvater in den 1840ern in die Sklaverei geboren worden war und, so wie sein Sohn nach ihm, sein Leben auf den brutalen, gnadenlosen Feldern des Südens verbrachte. So wie viele andere war Big Joe Bryant ein Migrant, als er als junger Mann in Philadelphia ankam. Nachdem Big Joe den Umstieg vom Land- zum Stadtleben gewagt hatte, gründete er eine Familie. Zusammen mit seiner Frau hatte er drei Kinder, die er verehrte – vor allem seinen Ältesten, der seinen Namen trug.

Jellybean war schrecklich mager, doch aufgrund seiner Größe ließen ihn die älteren Jugendlichen, die die meisten Plätze für sich beanspruchten, bei ihnen mitspielen. Dafür war er immer dankbar. Wegen seiner schwächeren Statur lernte er an der Drei-PunkteLinie zu spielen. Diese Stunden mit den älteren Burschen auf den öffentlichen Basketballplätzen gaben ihm eine Identität. Er begann sich als Basketballer zu fühlen. Jahre später würde es seinem Sohn Kobe ähnlich ergehen. Ein Geschenk, welches die beiden miteinander teilten – ihre Liebe zum Basketball schon in frühester Jugend zu erkennen. „Er liebte das Spiel. Er spielte, damit er dieses Gefühl spüren konnte“, sagt Julius Thompson über Jellybean, obwohl er dasselbe über Kobe hätte sagen können.

Eines von Jellybeans frühen Idolen war Earl „the Pearl“ Monroe, der in den Sechzigern an der John Bartram High gespielt hatte. Monroe hatte seine eigene Art der Ballbehandlung und spielte unglaublich, als er Bartram 1963 zum Titel in der Philly Public League führte, vor den staunenden Augen des damals neun Jahre alten Joe Bryant. Es dauerte nicht lange, bis Earl Monroe auf die Winston-Salem State ging und danach bei den alten Baltimore Bullets und schließlich den New York Knicks landete. Für den jungen Joe Bryant und viele andere in den Generationen danach war Monroe ein leuchtender Stern am Basketballhimmel. So wie die Stars der 76ers aus der Saison 1966/67, als sie den NBA-Titel gewannen und Joe Bryant gerade einmal zwölf war – Spieler wie Wali Jones, Chet Walker, Hal Greer, Luke Jackson und Wilt „the Stilt“ Chamberlain. Kurz danach wurde Joe ein Fan von Kenny Durrett, dem Star an der La Salle University.

Joe war fasziniert von Durretts auffälligem Spielstil und verbrachte Stunden damit, den Ball zwischen seinen Beinen und hinter seinem Rücken hin und her zu dribbeln und blinde Pässe zu spielen. Alles Dinge, die kein großgewachsener Spieler damals auch nur ansatzweise ausprobiert hätte. Schon bald erkannten die Leute, dass es nichts gab, was JB – wie man ihn an der Shaw Junior High und dann später an der Bartram nannte – nicht mit einem Basketball tun konnte. Er hatte bereits ein natürliches Flair, ein spezielles Gefühl für die Showelemente dieses Sports, die nur wenige beherrschten – eine Mixtur aus Earl the Pearl, Bob Cousy, den Harlem Globetrotters und „Pistol“ Pete Maravich. Wo auch immer JB spielte, wurde er bestaunt. So große Typen wie er hatten normalerweise nicht diese Ballbehandlung.

Kobe Bryant

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