Читать книгу Kobe Bryant - Roland Lazenby - Страница 18
Der Vertrag
ОглавлениеDamals waren die Teams der NBA dazu verpflichtet, einem Spieler, den sie gedraftet hatten, spätestens bis Anfang September einen Vertrag vorzulegen. Wenn dies nicht geschah, verloren sie die Rechte an dem Spieler und der Spieler konnte sich als Free Agent deklarieren.
„Wenn du dem Spieler keinen Vertrag vorgelegt hast, hast du die Rechte an ihm verloren“, sagt Pat Williams, der damalige Manager der Philadelphia 76ers. „Dann hast du auch den Spieler verloren. Eines Tages bekomme ich einen Anruf von Richie Phillips, einem ehemaligen stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt in Philadelphia, der auch Sportler und auch die Schiedsrichtergewerkschaft im Baseball vertrat. Richie und ich waren Freunde und er war Jellybeans Agent.“ Phillips fragte Williams wegen dieser Regelung und erzählte ihm, dass er noch nichts von den Warriors gehört hätte.
Williams war erstaunt. Die Rechte an einem ErstrundenDraftpick zu verlieren, wäre ein richtig grober Schnitzer gewesen. Franklin Mieuli, der damalige Besitzer der Warriors, die 1962 von Philadelphia nach Kalifornien gezogen waren, war eng mit dem Management der Sixers befreundet. Williams wusste, dass die Sixers Mieuli nicht vor den Kopf stoßen wollten und schlug vor, noch ein paar Tage zu warten und zu sehen, ob der Vertrag vielleicht noch zugestellt werden würde.
Ein paar Tage später meldete sich Phillips wieder und teilte Williams mit, dass sie noch immer keinen Vertrag bekommen hätten. Phillips wendete sich auch an die New York Knicks, die schnell ihr Interesse bekundeten. Williams ging zum Besitzer der Sixers, Irv Kosloff, und informierte ihn über die Lage: Warriors Manager Dick Vertlieb hatte kein Angebot abgegeben.
Kosloff zögerte, doch Williams erklärte ihm, dass Joe Bryant sicher bei einem anderen Verein unterkommen würde. Bryant, ein junges Talent, der gerne für Philadelphia spielen würde.
Inzwischen hatte Jack McMahon, der Assistenzcoach der Sixers, Jellybean in der Baker League beobachtet und seine Klasse erkannt. Der Trainerstab war nun geschlossen dafür, Joe Bryant unter Vertrag zu nehmen. Nachdem das Team zwei Jahre zuvor mit 937 die schlechteste Saison hingelegt hatte, die es jemals in der NBA gegeben hatte, waren sie nun mithilfe von Trainer Gene Shue dabei, eine neue Mannschaft aufzubauen. Dazu brauchten sie so viele junge Spieler, wie sie bekommen konnten. „Und so begannen wir mit den Verhandlungen“, sagt Williams.
Als Free Agent hatte Jellybean Bryant nun ein Druckmittel. „Wir glaubten daran, dass er das Potenzial zu einem Starspieler hatte“, erklärt Williams. „Wir waren auf der Suche nach Talenten. Joe war ein Held in Philly. Dazu hatte er das Glück, mit Richie Phillips einen Agenten zu haben, der mit allen Wassern gewaschen war. Und Richie hatte mit Jelly den absoluten Volltreffer gelandet.“
Die 76ers hatten selbst zwei großartige Spieler gedraftet, den 18 Jahre alten Darryl Dawkins und den 21jährigen Lloyd Free (später auch als World B. Free bekannt). Dawkins, die Nummer fünf im Draft, hatte einen Siebenjahresvertrag für 1,4 Millionen Dollar unterschrieben, von denen er im ersten Jahr knapp über 100.000 Dollar ausbezahlt bekam.
Joe Bryant, der als Vierzehnter gewählt wurde, bekam einen Dreijahresvertrag für 900.000 Dollar, wobei er 300.000 Dollar pro Saison einstrich. Das war schon etwas Besonderes, wenn man bedenkt, dass die Chicago Bulls erst zwei Jahre zuvor ihrem Veteranen Tom Boerwinkle nur 45.000 Dollar pro Jahr zahlten und beim Gedanken ihrem Fanfavoriten Jerry Sloan ein Jahresgehalt von 60.000 Dollar zu zahlen ins Schwitzen kamen.
„Das war ein ziemlicher Brocken damals“, sagt Williams. „Schlussendlich kamen wir ins Geschäft. Beide Seiten unterschrieben den Vertrag und wir gaben eine Pressekonferenz. Das machte Schlagzeilen in Philly. Der örtliche Lokalmatador spielte nun bei den Philadelphia 76ers.“
Zu Hause in der Willows Avenue versammelte Big Joe die gesamte Familie. Das ganze Herzblut, das er in das Basketballspiel seines Sohnes gesteckt hatte, trug plötzlich Früchte jenseits seiner Vorstellungen. „In der Nacht als er den Vertrag mit den 76ers unterschrieb, waren wir alle zusammen und weinten und dankten Gott dafür“, sollte sich Big Joe später daran erinnern. Jellybean erklärte Reportern, dass seine Spiele in Sonny Hills Baker League der Grund waren, warum er nun 800.000 Dollar mehr verdiente, eine Aussage, die Sonny Hill danach immer wieder wiederholen würde.
Der Verlust eines Erstrunden-Draftpicks war ein herber Rückschlag für die Warriors. NBA-Teams leben davon, junge Talente auszubilden. Trotz der Tatsache, dass die American Basketball Association in der folgenden Saison aufgelöst werden würde und dadurch eine Menge junger Talente frei wurden, war der Verlust eines Erstrundenpicks wegen eines solchen Formfehlers eine peinliche Angelegenheit, den das Team nicht gerne publik machen wollte. Aus diesem Grunde versuchte man von Seiten der Warriors diese Sache als Spielertausch darzustellen.
„Ich weiß gar nicht, was wir von den Sixers für Joe Bryant bekommen haben“, log Al Attles später. „Dick Vertlieb hat das abgewickelt. Ich wollte Joe.“
Auch wenn Joe einen hochdotierten Vertrag besaß, so waren es unsichere Zeiten für viele professionelle Basketballer. Neben der Auflösung aller ABA-Teams kürzte die NBA auch die Zahl der Spieler bei den eigenen Teams um eins, was den Verlust weiterer Rosterplätze bedeutete. Das Timing und die Umstände waren fast perfekt für Joe Bryant, nachdem er La Salle verlassen hatte. Wenn er es bis dahin noch nicht gewusst hatte, so machte es ihm spätestens dieser unglaubliche Vertrag klar, dass man von ihm erwartete sofort zu einem Starspieler zu werden.
„Wir hatten ein ganzes Arsenal an jungen Talenten zusammen“, sagt Pat Williams. Die Basketballfans in Philadelphia erkoren Jellybean zu ihrem Favoriten und feierten die Tatsache, dass einer von ihnen nun ein Sixer war. „Alle waren gespannt“, erinnert sich Mo Howard. „Joe wird nun in Philly spielen, er wird ein Sixer. Wir wussten, dass einer aus dem Team auf der Bank sitzen musste. Und derjenige würde dort wegen Joey Platz nehmen müssen.“ Das warf eine Frage auf: Wen würde Jelly ersetzen?