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Explorers

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Was Mo und Joe jedoch nicht mit ihrer spielerischen Brillanz umgehen konnten, war die National Collegiate Athletic Association. Der Dachverband für Collegesport hatte wieder einmal seine Regeln betreffend der Spielberechtigung geändert, dieses Mal um auch den akademischen Erfolg von neuen Spielern abzusichern. Die neue Regelung bedeutete, dass weder Bryant noch sein Freund Howard in ihrem ersten Collegejahr spielberechtigt waren.

Howard zog trotzdem gleich nach Maryland, während Joe Bryant in diesem verlorenen Jahr eine Menge Zeit mit Gilbert Saunders verbrachte. Auf der La Salle spielte er nur college-interne Spiele. Selbst in seinem zweiten Jahr am College war Joey noch immer sehr mager (er wog weniger als hundert Kilo). Sein erstes offizielles Spiel für die La Salle Explorers spielte er in der Saison 1973/74, wo er sofort eine deutliche Aufwertung für den Talentpool des Colleges darstellte. Coach Westhead, dem bereits der Ruf eines Experten für Shakespeare vorauseilte, wachte über die Spiele mit akademischem Gebaren.

Jellybean trug seinen Teil dazu bei, indem er so spielte, dass es der Basketballversion eines jambischen Pentameters gleichkam. Ein Studentenmagazin der La Salle University beschrieb ihn als „extravagantes Genie“. „Es lag nicht nur an seiner Größe“, erinnert sich Westhead. „Sein Spiel war geschmeidig. Er war immer in Bewegung, niemals statisch. Statisch gab es in seiner Welt nicht. Es ging immer nur links, rechts, vor, zurück. Da war immer eine Leichtfüßigkeit in seinem Spiel. Das galt auch in der Verteidigung. Er versuchte immer seinen Gegnern den Ball zu stehlen.“ Als junger Coach liebte Westhead das offene Spiel, was aber hieß, dass sein Team immer in Bewegung bleiben und Pressing betreiben musste.

„Bryant war der Typ, der einen defensiven Rebound fing und anstatt auf seinen Aufbauspieler zu passen, den Ball dank seiner Fähigkeiten selbst bis unter den gegnerischen Korb brachte“, erklärt Westhead. „Das war selten in den 70ern und auch in den Jahren danach.“ Fünf Jahre später erlangte ein 2,06 m großer Magic Johnson damit Berühmtheit, als er Michigan State zur nationalen Collegemeisterschaft führte und, einige Jahre später, die Lakers zu fünf NBA-Meisterschaftstiteln. Im Jahr 2015 war es Draymond Green, ein Power Forward mit ausgezeichneten Spielmacherqualitäten und sehr guter Konterspieler, der einen großen Anteil daran hatte, dass die Golden State Warriors den NBA-Titel gewinnen konnten. Doch 1974 war ein Center mit Spielermacherqualitäten ein absolutes Novum.

Bryants zweite Saison im College war von vielen großartigen Leistungen gekrönt, unter anderem Siege über die dominanten Teams des Ostens, wie etwa Clemson und das sechstgesetzte Alabama in der Sugar Bowl, welche La Salle dank eines späten Korbs von Bryant für sich entscheiden konnte. Zu dieser Zeit gab es noch keine Wild Cards im NCAA-Turnier und die einzige Möglichkeit ins große Finale zu kommen, war das eigene Conference-Turnier zu gewinnen.

Im Ligafinale traf La Salle dann auf das Lafayette College. Zwei Minuten vor dem Ende lag La Salle mit sieben Punkten voran, als Joe Bryant seinem Gegenspieler den Ball abnimmt und allein auf den gegnerischen Korb zieht. Bryant sprang so hoch er konnte und stopfte den Ball in den Korb. Als er sich umdrehte, hatte er ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Doch zu dieser Zeit waren Slam Dunks im Collegebasketball nicht erlaubt. Anstatt zwei weiteren Punkten für La Salle gaben die Schiedsrichter ein technisches Foul und zwei Freiwürfe für Lafayette. Noch immer grinsend ging Bryant zur Bank und sagte zu seinem Trainer: „Coach, ich konnte einfach nicht anders.“ „Ich glaube, er wusste genau was er tat“, erzählt Westhead. „Es muss im klar gewesen sein, dass wir das Spiel auf jeden Fall gewinnen würden und er dachte sich wohl: Jetzt habe ich die ganze Saison darauf gewartet, jetzt tue ich es einfach. Das Spiel gewinnen wir ja sowieso, also was soll’s.“ Eine treffende Beschreibung von Jellybeans Karriere. La Salle gewann und traf nun auf das mächtige Syracuse College. Doch trotz Joe Bryants ansonsten exzellenter Vorstellung, vergab er den Matchball und die Explorers mussten sich in der Nachspielzeit geschlagen geben. Somit zog Syracuse in die Final Four, das Semifinale, ein. Nach der Saison meldete Bryant „finanzielle Notlage“2 an und erklärte sich somit für die Profiliga als vorzeitig verfügbar. Auch Westhead war der Meinung, dass dies der richtige Zeitpunkt für Bryant war.

„Zurückblickend war Joe Bryant der erste 2,10 m große Point Guard in Amerika“, sagt Westhead. „Aber damals hätte niemand daran gedacht, Spieler von dieser Größe als Point Guard oder Spielmacher aufzustellen, oder vermutet, dass sie überhaupt solche Qualitäten besitzen könnten. Tatsächlich dachten auch viele, die Joe spielen sahen, dass er es übertrieb und seine Spielweise mehr an einen Forward hätte anpassen und nicht wie ein Point Guard hätte spielen sollen.“ Diese Kritik kam auch von Talentsuchern und anderen Trainern, doch Westhead stimmte dem nicht zu. Für ihn war es Zeit, Jelly endlich von der Leine zu lassen, denn sein bester Spieler war bereit, Profibasketball zu spielen. Und mit der Unterstützung seiner Fans in Philly im Gepäck war auch Joe Bryant sich sicher, ganz groß rauszukommen. Dass dieser Traum ein anderes Ende nehmen könnte, kam ihm nie in den Sinn.

2Finanzielle Notlage (engl. Financial Hardship) anzumelden, war damals die einzige Möglichkeit, vor Abschluss des Colleges in die Profiliga zu wechseln.

Kobe Bryant

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