Читать книгу Kobe Bryant - Roland Lazenby - Страница 12

Ärger an jeder Straßenecke

Оглавление

Als Jelly in die neunte Klasse kam, war er bereits knapp über zwei Meter groß. Dementsprechend lange waren auch seine Schritte, wenn er lief. Musste er irgendwo hingehen, begann er einfach zu joggen, um schneller dort zu sein. Das war eine Eigenschaft, die ihn besonders bei den Laufathletiktrainern der Stadt beliebt machte, aber auch bei den Talentsuchern im Basketball.

Oberflächlich betrachtet mag es so erscheinen, als ob Basketball im Philadelphia der späten 60er und frühen 70er Jahre eine schöne, nostalgische Geschichte gewesen wäre, hätte es da nicht ein großes Problem gegeben. Die Stadt war damals in einem dunklen Loch gefangen, in dem Straßenbanden an jeder Ecke lauerten und jungen Burschen, die dort aufwuchsen, Schwierigkeiten bereiteten. Die Philadelphia Daily News würde später einmal berichten, dass sich die Stadt im Würgegriff von 106 verschiedenen Gangs befand, jede davon mit ihrem eigenen Territorium und Mitgliedern die oft mit selbstgebauten, improvisierten Schusswaffen herumliefen. Die Territorialkämpfe unter den Banden, die sich sogar bis auf die Schulhöfe der Stadt erstreckten, forderten das Leben vieler junger Männer. Wie fest die Gangs Philadelphias Jugendliche im Griff hatten, zeigte sich daran, dass man es oft nur bis zur Schule schaffte – beziehungsweise man den Schultag überlebte – wenn man Mitglied in einer der örtlichen Gangs war. Nur in der Masse war man stark, allein blieb man auf der Strecke.

Allein im Jahr 1969, Joe Bryants erstem Jahr an der Bartram High, wurden 45 Morde im Zusammenhang mit Bandenkriminalität gezählt. Die Spannungen waren an allen Highschools der Stadt zu bemerken. So begannen Gangs bereits Burschen im Volksschulalter für sich zu rekrutieren. Doch irgendwie hatte Jellybean Bryant Glück. „Wenn du kein Sportler warst, dann warst du in Schwierigkeiten“, sagt Julius Thompson. „Diejenigen, die es schafften, hatten großen Rückhalt zu Hause.“

„Wenn ich so zurückblicke“, erinnert sich Gilbert Saunders, „ging es um Orientierung. Wie viele andere Kinder irrte auch Joe orientierungslos herum. Da brauchte es dann schon das sprichwörtliche Dorf, um Joe Bryant großzuziehen.“ Basketball war dieses „Dorf“ oder, besser gesagt, die Kraft, die alles zusammenhielt. Zusätzlich zu Big Joe, der immer ein Auge auf seinen Sohn hatte, dem Wohlwollen von Saunders’ Eltern und den Trainern and der Schule, war die Philadelphia Legende Sonny Hill und dessen BasketballLigen wohl der größte Faktor in Bryants Leben. Hill war so gut wie immer da, wenn es kritisch wurde und half Dinge, die schief gelaufen waren, wieder geradezubiegen.

Eine ähnliche Rolle spielte er im Leben vieler junger Spieler aus Philadelphia. Wie Gilbert Saunders schon sagte: „Sonny Hill hat mir buchstäblich das Leben gerettet. Und das Leben vieler anderer.“

Ein kleiner, drahtiger Guard, der in der alten Eastern League gespielt hatte, als die NBA aus nur zehn Teams und einer Handvoll Farbiger bestand, machte Sonny Hill Karriere als populärer Sportreporter sowie als Gewerkschaftsboss und Gemeinschaftsaktivist. Hill war selbst auf den Straßen Philadelphias aufgewachsen und wusste genau, welche Herausforderungen auf junge Spieler zukamen, sowohl in ihrem Leben als auch im Sport. Anfang der 1960er Jahre gründete Hill die Baker League, eine Sommerliga für Profis. Bald schon erreichte dieses Turnier einen hohen Bekanntheitsgrad, nachdem es Bill Bradley, der bei den New York Knicks unter Vertrag stand und sich ein Jahr Auszeit genommen hatte, geholfen hatte, sein Spiel wieder zu verbessern. Die Baker League Spiele im Sommer waren oft viel besser als die regulären Saisonspiele in der NBA damals, erklärt Dick Weiss, der lange Zeit als Basketballjournalist in Philadelphia tätig war. Es dauerte nicht lange, bis andere Spitzenspieler wie Wilt Chamberlain und Walt Frazier auf Hills Liga aufmerksam wurden und diesen Bewerb zum wichtigsten Sommerturnier machten, bevor die NBA ihre eigenen offiziellen Sommerligen einführte. Der Erfolg der Baker League spornte Hill an, 1968 ein weiteres Programm zu starten, dem Jahr in dem Joe Bryant die achte Klasse abgeschlossen hatte. Die Sonny Hill League bot einen strukturierten Spielplan für die besten Highschoolspieler der Region. Sie sollte das Markenzeichen von Hills Einfluss werden.

Die Spiele dieser Amateurliga fanden im Vorprogramm zu den Spielen der Baker League statt. „Die Hallen waren zum Bersten voll“, erinnert sich Weiss. „Die Spiele wurden zum Treffpunkt der afroamerikanischen Gemeinde.“

„Wir reden hier davon, junge Menschen zu inspirieren, ihnen eine Chance zu geben vor einem Baker League Spiel aufzutreten“, erinnert sich Howard. „Da waren Massen an Zusehern anwesend, das wusste man ja. Das war immer so.“ Da die Highschoolspieler vor den Profis spielten, brauchte es auch nicht lange, bis sich freundschaftliche Beziehungen ergaben. „Dort kamen wir an sie ran, konnten direkt mit ihnen sprechen. Oft auch kamen sie von selbst zu uns rüber und gaben uns Tipps. Es war einfach unglaublich“, so Howard. Zur damaligen Zeit gab es mehrere Ligen für die Topspieler der Highschools der Gegend. Vor Gründung der Hill League war die Narberth League, eine Vorstadtliga, die draußen auf den Basketballplätzen der Vororte Philadelphias spielte, die beste. Doch was die Hill League von allen anderen Amateurligen unterschied, war, dass sie eine Stadtliga war und die Spiele in einer Halle ausgetragen wurden.

„Nach einiger Zeit wurde die Sonny Hill League die Eliteliga“, erzählt Julius Thompson. Die Hill League und die Baker League erfüllten den Basketballsport in Philadelphia mit Stolz und das in einer schwierigen Zeit, speziell in den Jahren, in denen Frank Rizzo Polizeipräsident war und dann später auch Bürgermeister von Philadelphia“, erklärt Weiss. „Damals gab es große Spannungen zwischen Schwarzen und Weißen. Doch Basketball schien der einzige Sport zu sein, der die beiden Seiten friedlich zusammenbrachte.“ Hill gründete die Sonny Hill League teilweise auch aus dem Grund, den Straßengangs, die das Leben in Philly bestimmten, entgegenzuwirken. Mit so vielen Gangs, die permanent auf die Verteidigung ihres Territoriums bedacht waren, war es schwierig für junge Burschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln von einem Viertel ins nächste zu kommen. Wenn sie es versuchten, kamen sie oft schnell in Konflikt mit den Banden und wurden gewaltsam vertrieben. Wenn ein Spieler jedoch eine dieser auffälligen Sporttaschen der Sonny Hill League trug, ließen ihn die Bandenmitglieder meist unbehelligt passieren. Hill hatte klugerweise das Trainerteam und das erwachsene Personal seiner Liga mit mehreren Bewährungshelfern und Personen aus der öffentlichen Sicherheit besetzt und so mussten die Gangs schnell einsehen, dass es keine gute Idee war, sich mit Spielern aus der Hill League anzulegen.

Dazu kam, dass die Sonny Hill League viel Wert auf Disziplin legte. „Es gab keine Diskussionen mit den Schiedsrichtern, keine Wutausbrüche oder Ähnliches“, erinnert sich Gilbert Saunders, der selbst in der Hill League spielte. „Es war ihnen egal, wie talentiert du warst. Man wurde immer für sein Verhalten und seine schulische Leistung zur Verantwortung gezogen.“ Die lange Lebensdauer der Hill League und ihr Erfolg lagen nur an Hills Persönlichkeit und seinem Einfluss, meint Weiss. „Er konnte eine ganze Stadt mit seiner Liga mobilisieren. Er hatte einen enormen politischen Einfluss in der Gemeinde und nutzte diesen, um seine Liga zu gründen.“

Zwar mag Hills Liga den Basketballsport in der Innenstadt wieder mehr ins Rampenlicht gerückt haben, doch nicht alle fanden Gefallen daran. Man unterstellte ihm, seinen Einfluss dazu zu nutzen, die besten Spieler zu bestimmten Highschools zu lotsen und dann zu bestimmten Colleges. Hill stritt diese Anschuldigungen immer ab und musste wertvolle Zeit dafür aufbringen, das Gegenteil zu beweisen. „Viele sahen in ihm einen Schwindler, der die Kinder einfach einer anderen Liga wegnahm“, erklärt Weiss. Sonny Hill erinnerte sich wie Jellybean als 14 oder 15-Jähriger in seine Liga kam, aber bald wieder ausschied. Denn obwohl er groß und athletisch war, fehlte es ihm an der Reife, die man als Sportler braucht, sagte Hill. „Ungefähr ein Jahr später kam er wieder und er war deutlich reifer geworden. Ich denke, das hatte vor allem mit seinem Vater zu tun.“ Big Joe liebte die Disziplin und Struktur der Liga so sehr, dass er noch immer als Freiwilliger mithalf, lange nachdem seine beiden Söhne die Hill Liga verlassen hatten. Diese Sommerligen waren es auch, in denen Jellybean das erste Mal auf Mo Howard traf und schnell mit ihm Freundschaft schloss.

Als Juniors in der Highschool gewannen Jellybean und Mo Howard die Sonny Hill League mit einem Team, in dem auch Andre McCarter spielte, der kurz darauf schon für die UCLA auflaufen sollte. Bald sollten sich auch Mo Howards Vater, Edward, und Big Joe Bryant kennenlernen und herausfinden, dass sie beide aus Georgia stammten. Etwas, das die beiden schnell in Freundschaft verband. Egal ob Jellybean und Howard miteinander oder gegeneinander spielten, Mr. B und Howards Vater saßen nebeneinander und quatschten unaufhörlich. „Irgendwie waren die beiden füreinander gemacht. Die Generation von Afroamerikanern davor hatte niemals die Möglichkeiten, Sport zu betreiben so wie ihre Söhne“, erklärt Howard. „Für sie war es etwa so: Was immer ihr macht, wie berühmt und bekannt ihr seid, ihr müsst es mit uns teilen. Das war eine Art Bestätigung dafür, wer sie waren. Sie waren unsere Väter und es erfüllte sie mit Stolz, ein Gefühl, das sie bis dahin wahrscheinlich nicht in dieser Form gekannt hatten. Da saßen sie nun und hatten zwei Söhne, die großartige Basketballer waren. Wenn man über Kinder spricht, die es zu einem gewissen sportlichen Erfolg bringen, vor allem farbige Jungs, muss man auch sagen, dass der Vater oft erst auftaucht, nachdem die Kinder ordentlich Geld verdienen. Unsere Väter waren aber von Anfang an mit dabei. Sie besorgten uns die Schuhe und die Socken und sie gaben uns Geld, dass wir uns Hot Dogs nach dem Spiel kaufen konnten. Sie waren immer ein Teil unseres Lebens. Sie waren überall mit dabei. Die beiden waren der Meinung, dass man sie als Rabenväter bezeichnen würde, wenn sie nicht zu unseren Spielen kämen.“

1Ein sozialwissenschaftlicher Begriff der eine Region im Süden der USA beschreibt, die sich über 11 Bundesstaaten erstreckt und deren Einwohner mehrheitlich Afroamerikaner sind.

Kobe Bryant

Подняться наверх