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Kapitel 5 DAS BOMBENKOMMANDO
ОглавлениеIn den Augen von Paul Westhead und Mo Howard war Joe Bryant das Toptalent in der NBA. Mit Jellybean im Kader hatten die Sixers nun abgebrühte Veteranen als Starter und eine sehr junge Reserve direkt dahinter.
Fixstarter waren natürlich die starken Veteranen des Teams, Spieler wie Billy Cunningham, Steve Mix und George McGinnis. Dahinter kamen dann die blutjungen Rookies, unerfahren und mit sehr wechselhaften Leistungen. Das war auch der Grund, warum sie nur begrenzte Spielzeit erhielten.
Die jungen Talente, die von der Bank zum Einsatz kamen – Free, Dawkins und Bryant – machten sich bald einen Namen als „Bomb Squad“, also Bombenkommando, da sie dazu neigten, von fast jeder Position am Court auf den Korb zu werfen. Als jahrelanger lokaler Fanfavorit hatte Bryant natürlich große Erwartungen, doch seine erste Saison in der NBA sollte ihn schnell wieder auf den Boden der Realität zurückholen.
„Joe erhielt seine Minuten am Spielfeld“, erinnert sich Pat Williams. „Es war allerdings nicht leicht für ihn, die Spielzeit zu bekommen, die er gerne gehabt hätte. Er war ein Showman. Er brachte die Massen zum Toben, wenn er auf dem Feld war.“
Sein damaliger Trainer war Gene Shue. „Gene war ein alter Hase und hatte es nicht leicht mit all diesen jungen Spielern, die wir ihm plötzlich aus dem Nichts vor die Nase gesetzt hatten“, sagt Williams.
Wie die meisten Trainer zu dieser Zeit war Shue nicht gerade ein Pädagoge. Das war nicht Teil des Jobs, so wie heute, da NBA-Teams viele junge Spieler verpflichten. 1975 war Probasketball die Domaine von erwachsenen Männern.
„Gene war ein Basketballveteran, der von seinen Spielern erwartete, dass sie wissen, was sie da tun“, sagt Pat Williams. „Er war selbst Profi gewesen und war nun schon seit langer Zeit Trainer. Er gab vor, wie das Spiel zu spielen war und er erwartete von den Spielern, dass sich alle an seine Vorgaben hielten. Doch jetzt hatte Shue eine Horde junger Spieler, die alle den Ball verlangten und spielen wollten.“ Dass Shue Bryant nur sehr unregelmäßig einsetzte, erboste die Journalisten bei der Tribune, die ja die Zeitung für die afroamerikanische Gemeinde war.
„Wir waren erstaunt“, sagt Mo Howard, „wir verstanden nicht, dass niemand erkannte, was für ein Basketballer Joey war. Die Leute kamen zu den Spielen, nur um Joey zu sehen. Ein Wurf aus der Mitteldistanz oder ein Pass hinter dem Rücken zu einem Mitspieler und schon saß er auf der Bank. Ein schneller Konter, bei dem er den Wurf nahm und verfehlte und er saß auf der Bank. Das waren wir hier in Philly nicht gewohnt.“
Und so wurde Jellybeans lokaler Fanclub schon bald zu einer Last für ihn. Egal wohin er ging, musste Bryant erklären, warum er kaum Spielzeit bekam, was ihm natürlich schwerfiel, da er es selbst nicht wirklich wusste. Zum ersten Mal in seinem Leben war er mehr Zuseher bei dem Spiel, das er so liebte, als Spieler. Und die Frustration darüber stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Sowohl Shues Faible für Bryant, als auch seine Verärgerung über die Situation waren selbst in einem Interview 40 Jahre später noch immer zu hören. „Joe bekam schon seine Minuten, doch das waren alles noch Kinder damals, erinnerte sich Shue. Sie wollten immer mehr Spielzeit, doch die gab es einfach nicht. Ich mochte Bryant. Es gab nur einfach nicht genug Spielminuten für Joe, um sein ganzes Potenzial auszuschöpfen und so bekam er eben immer nur Kurzeinsätze von der Bank aus.“
Bald schon wurden die Sixers von den Medien unter Druck gesetzt, dann von den Fans – und das, während sie versuchten, ihr Team nach der desaströsen 1973er Saison neu aufzubauen. Shue war engagiert worden, um das Team wieder konkurrenzfähig zu machen, doch die Fans wollten Bryant sehen.
In seiner ersten Saison mit den Sixers gewann Shue 25 Spiele. In seiner zweiten waren es dann bereits 34 und in Bryants erster Saison war er auf dem Weg zu 46 Siegen und einem Platz in den Playoffs.
Man hatte die Hoffnung, dass Jellybeans Verpflichtung ein altes Problem, das die Stadt im professionellen Basketball hatte, lösen könnte. Dieses hatte 1946 mit dem Titelgewinn der alten Philadelphia Warriors in der allerersten NBA-Saison, die jemals gespielt wurde, begonnen. Damals gewann Philadelphia dank eines weißen Sprungwurfwunders aus Kentucky namens „Jumpin’“ Joe Fulks. Im Jahr 1956 gewannen sie erneut den Titel mit weißen Stars, allen voran Paul Arizin, Neil Johnston und Tom Gola, der einer von mehreren lokalen Spielern aus der Stadt im Team war. „Das Team fand jedoch keinen Draht zu den Menschen in Nord Philadelphia, mit ihrer mehrheitlich farbigen Gemeinde – und gerade dort kamen exzellente Spieler her“, erklärt Dick Weiss.
„Anfang der sechziger Jahre holten sie dann Wilt Chamberlain ins Team, was ihnen half deutlich mehr Karten zu verkaufen“, ergänzt er. „Noch heute sagen die Menschen hier in Philadelphia, dass Wilt der wohl beste Spieler war, der jemals gespielt hat.“
Obwohl sie spielerisch sehr erfolgreich waren, wurden die Warriors nach der 1962er Saison – in der Chamberlain einen Durchschnitt von unfassbaren 50,4 Punkten und 25,7 Rebounds pro Spiel hatte – an die Westküste verkauft. Im März hatte der von allen in der Stadt geliebte „Wilt the Stilt“ ein Spiel bestritten, in dem er 100 Punkte erzielt hatte. In dieser Saison schaffte es das Team auch in die Conference-Finals. Die Warriors nach so einer erfolgreichen Saison in eine andere Stadt zu verlegen war „der Todesstoß“, wie es Frank Fitzpatrick vom Philadelphia Inquirer damals beschrieb.
Während die Warriors nach Kalifornien zogen, kamen die Syracuse Nationals nach Philadelphia und wurden zu den 76ers. Sie holten Chamberlain wieder zurück ins Team und gewannen 1967 zusammen mit ihm die Meisterschaft, nur um ihn in der Saison darauf gleich wieder an die Lakers zu verkaufen.
Als Basketballfan in Philadelphia hatte man es damals eben nicht leicht und so hofften die Sixers wieder mehr Fans zurückzugewinnen, indem sie ein lokales Talent aus Philly verpflichteten. Doch da Jellybean nicht viel Spielzeit bekam, stieg die Frustration der Fans weiter an, erklärt Weiss.
Viele der spielerischen Probleme der ersten Saison waren der Jugend, dem Mangel an Erfahrung und der spielerischen Inkonsistenz der drei jungen Talente geschuldet. Rookies bekommen normalerweise mehr Zeit, sich an die schnellere Spielweise in der NBA zu gewöhnen, doch Fans und Medien setzten den Verein unter Druck, Joe spielen zu lassen.
Zur damaligen Zeit waren Slam Dunks oder sogenanntes „Showboating“ – also offen zu zeigen, wie überlegen man dem Gegner ist – noch sehr verpönt. Dinge, die man oft mit Bryants Spielstil verband. Doch um überhaupt die Chance zum „Showboating“ zu bekommen, musste er erst einmal am Feld stehen. Im Jänner erlitt Billy Cunningham, einer der Stars des Teams, eine Knieverletzung, was Bryant mehr Spielzeit verschaffte. Bryant blieb seiner gewohnten Art, eine Show abzuziehen, treu. Mal um Mal zog er zum Korb, sprang ab, segelte durch die Luft und stopfte den Ball in den Korb, was seine direkten Gegner immer schlecht aussehen ließ. Auch Gegner wie den 2,10 m großen Elmore Smith von den Milwaukee Bucks.
Im Februar erklärte Bryant vor einer Horde ungläubiger Journalisten, dass er sich noch immer Hoffnungen auf die Trophäe für den besten neuen Spieler des Jahres mache. „Ich habe mir diese Ehrung zum Ziel gesetzt.“ Doch sie würde ihm verwehrt bleiben. Die Trophäe ging an Alvan Adams, der mit einem Durchschnitt von über 19 Punkten und 9 Rebounds pro Spiel seine Phoenix Suns bis ins NBA-Finale brachte.