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DIE HALSWIRBELSÄULE

Die Wirbelsäule verleiht unserem Körper nicht nur Stabilität, sondern ermöglicht auch vielfältige Bewegungen. Am beweglichsten ist dabei ihr oberster Abschnitt, die Halswirbelsäule. Ihr Aufbau ermöglicht es uns, den Kopf zu beugen und zu strecken, nach vorne, hinten und zur Seite zu neigen und seitlich zu drehen. So können wir uns mithilfe der Augen und Ohren optimal im Raum orientieren.

Die menschliche Halswirbelsäule besteht aus insgesamt sieben knöchernen Halswirbeln (C1–C7), die zwischen dem Kopf und der Brustwirbelsäule liegen.

Der erste Halswirbel (C1) wird als Atlas bezeichnet, der zweite als Axis-Wirbel (C2). Gemeinsam mit der Schädelbasis bilden sie das obere und das untere Kopfgelenk. Diese beiden Kopfgelenke sind verantwortlich für die Beweglichkeit des Kopfes. Nur dank ihnen können wir ihn neigen (mehr zu diesem Abschnitt der HWS ab > ).


Die oberen sieben Halswirbel bilden die Halswirbelsäule mit ihrer physiologischen Krümmung nach vorne.

KLEINE ANATOMIE

Zwischen den einzelnen Halswirbeln liegen – wie in der gesamten übrigen Wirbelsäule – die Bandscheiben (mehr dazu ab > ). Außerdem entspringen der Halswirbelsäule zahlreiche Muskeln oder setzen dort an. Sie breiten sich von dort zum Kopf, zum Schultergürtel und zum Brustbereich aus.25

Mit Ausnahme des Atlas besteht jeder Halswirbel aus

 einem Wirbelkörper,

 einem Wirbelbogen,

 einem Dornfortsatz,

 zwei Querfortsätzen und

 vier Gelenkfortsätzen (jeweils zwei oben und unten).

Nur für diejenigen, die die Anatomie ganz genau verstehen möchten: Die Dornfortsätze der Halswirbelsäule sind, mit Ausnahme des siebten Halswirbels, gegabelt und unterscheiden sich damit von denen der restlichen Wirbelsäule. Der Dornfortsatz des siebten Halswirbels ist am längsten und sticht bei Betrachtung bzw. dem Ertasten der Wirbelsäule besonders hervor.

Die Querfortsätze der ersten sechs Wirbel haben Löcher, in denen von der Brusthöhle bis zum Schädel die Wirbelarterie (Arteria vertebralis) verläuft. Dieses Blutgefäß ist für die Blutversorgung des Gehirns mitverantwortlich.

Die beiden oberen Gelenkfortsätze bilden jeweils mit den unteren Gelenkfortsätzen des darüberliegenden Wirbels die Facettengelenke (auch Wirbelgelenke). Diese haben zwei Funktionen: Sie ermöglichen Bewegung und verleihen Stabilität. Gemeinsam mit den Bandscheiben und Bändern stellen sie die Verbindung zwischen den Wirbeln her. Ihre Stellung variiert in den einzelnen Wirbelsäulenabschnitten – in der Halswirbelsäule lassen sie mehr Bewegungen zu als in Brust- und Lendenwirbelsäule.

Die Nerven

Zwischen dem Wirbelkörper und dem Wirbelbogen befindet sich ein Hohlraum, das sogenannte Wirbelloch. Alle Wirbel bilden damit gemeinsam den Wirbel- oder Spinalkanal, in dem das Rückenmark verläuft. Dieses ist, wie das Gehirn, Teil des zentralen Nervensystems und verbindet das Gehirn über den Wirbelkanal mit dem peripheren Nervensystem, also jenen Nerven, die außerhalb von Rückenmark und Gehirn liegen.

Vom Rückenmark zweigen zwischen den Wirbeln paarweise angeordnete Spinalnervenwurzeln ab. Sie leiten Berührungsreize an das Rückenmark und somit ans Gehirn weiter und übertragen Informationen, die Bewegungen der Nackenmuskulatur betreffen.

Im Bereich der Halswirbelsäule befinden sich insgesamt acht dieser parallel laufenden Nervenwurzeln: Auf Höhe der ersten vier Halswirbel (C1–C4) treten vier Spinalnerven aus, die die Halsmuskulatur sowie das Zwerchfell innervieren. Den Halswirbeln C5–C7 entspringen ebenfalls vier Halsnerven. Zusammen mit den Nerven des ersten Brustwirbelkörpers bilden sie das Armnervengeflecht (Plexus brachialis), das die Brust- und Armmuskulatur versorgt. Die Spinalnerven laufen am Ende der Wirbelsäule in der sogenannten Cauda equina aus.


Die Halswirbelsäule mit Bandscheiben, Rückenmark, Nerven, Blutgefäßen – ein ausgeklügeltes System.

Die Bandscheiben

Mit Ausnahme von Schädel und erstem Wirbel sowie erstem und zweitem Wirbel liegen zwischen den einzelnen Wirbelkörpern der Halswirbelsäule – genau wie auch zwischen den restlichen Wirbeln der Wirbelsäule – die Bandscheiben, die jeweils mit der Knochenhaut der angrenzenden Wirbel verwachsen sind. Dadurch wird verhindert, dass die Bandscheiben verrutschen.

Jede Bandscheibe besteht aus einem festen Ring aus Faserknorpel (Anulus fibrosus) und einem gelartigen Inneren, dem Gallertkern (Nucleus pulposus). Der Faserring stabilisiert die Bandscheibe, während der Gallertkern wie ein Puffer dämpfend wirkt – wie eine Art Gelkissen. Dadurch kann die Bandscheibe Stöße abfedern und die Wirbelsäule schützen: Durch Druck wird der Kern flacher und versucht, sich zu allen Seiten auszubreiten. Der Faserring wirkt dann wie ein Gürtel, der die Belastung gleichmäßig verteilt.

Da die Bandscheiben nicht durchblutet sind, transportiert die Flüssigkeit in der Umgebung Abfallstoffe ab. Gleichzeitig enthält sie frische Nährstoffe, die die Bandscheiben versorgen. Dafür müssen diese gedrückt und entlastet werden – wie ein Schwamm: Drückt man diesen zusammen, geht die Flüssigkeit heraus. Sobald man ihn wieder loslässt, saugt er sich erneut voll.

Genauso ist es bei den Bandscheiben: Beugen Sie sich nach vorne, drücken Sie die Bandscheibe vorne aus und der Gallertkern bewegt sich in die Gegenrichtung nach hinten. Lehnen Sie Ihren Oberkörper zurück, geschieht dasselbe, nur eben andersherum: Bandscheibe zurück, Gallertkern nach vorne.

In beiden Fällen drücken Sie die Abfallstoffe aus den Bandscheiben und ermöglichen es ihnen, neue Nährstoffe aufzunehmen.

WICHTIG ZU WISSEN

Auch wenn beim Reißen des Faserrings Gallertmasse ausgetreten ist, hat das unserer Erfahrung nach so gut wie nie etwas mit den Schmerzen zu tun – und der Körper baut die ausgetretene Masse im Laufe der Zeit ab.


Aufbau eines einzelnen Halswirbels mit dem charakteristisch gegabelten Dornfortsatz an der Rückseite.

Muskeln und Faszien

So feinteilig und austariert die Halswirbelsäule auch sein mag, ist sie doch nichts ohne Muskeln und Faszien. Erst durch diese erwacht sie zum Leben – zur Bewegung.

Der Halswirbelsäule entspringen zahlreiche Muskeln oder setzen dort an und breiten sich von dort zum Kopf, zum Schultergürtel und zum Brustbereich aus.26 Rückenmuskulatur und Bänder setzen dabei sowohl an den Dorn- als auch an den Querfortsätzen an.

Jeder dieser Muskeln ist, wie alle Muskeln in unserem Körper, von mehr oder weniger dichten Faszienhäutchen umgeben. Diese vereinen sich an seinen Enden zu Sehnen, die wiederum am Knochen angewachsen sind.

Mit jeder Bewegung eines Muskels bewegt sich also zwangsläufig auch die Faszie mit – und ihre Scherengitterstruktur ermöglicht dabei größtmögliche Bewegungsfreiheit: Das Fasziengewebe kann sich auf der einen Seite extrem dehnen, auf der anderen aber auch wieder einfach zusammenziehen, ohne Falten zu schlagen. Jedes Mal, wenn ein Gelenk gestreckt oder gebeugt wird, ziehen sich Muskeln und Faszien zusammen, während die entgegengesetzt wirkenden Strukturen nachgeben und sich dehnen.

Wie ein riesiges dreidimensionales Spinnennetz durchziehen die Faszien den Körper. Buchstäblich wie Spinnentierchen weben spezifische Zellen des Bindegewebes, die Fibroblasten, rund um die Uhr an den Faszienfäden, teilen bestehende Stränge oder bilden neue Verbindungen und Schichten, während sie im Gegenzug andere, wenig gebrauchte Strukturen verkümmern lassen.

Gesteuert wird die Arbeit der Fibroblasten durch Bewegungsreize. Das heißt: Indem Sie sich bewegen, formen Sie die Faszie individuell immer wieder um.

BEWEGUNG HÄLT GESCHMEIDIG

Wenn Sie Ihrer Halswirbelsäule regelmäßig alle Bewegungen – alle Winkelpositionen – abverlangen, zu denen sie fähig ist (und Sie somit immer wieder üben), ist sie maximal beweglich und der minimale Verschleiß wird repariert. Doch im Alltag benutzen wir schätzungsweise gerade mal zwei bis zehn Prozent der möglichen Bewegungswinkel. Nacken und Halswirbelsäule machen da keine Ausnahme. Leider ist es aber nun nicht so, dass durch die »Schonung« der Verschleiß aufgehalten würde. Das Gegenteil ist der Fall. Im Englischen gibt es dafür eine perfekte Redewendung: Use it or lose it. Benutze es oder verliere es.

Die meisten Menschen verbringen heute ein recht bewegungsloses Leben, weshalb die möglichen Gelenkwinkel nicht umfassend und regelmäßig genutzt werden. So verlieren die beteiligten Muskeln und Faszien ihre Flexibilität und werden unnachgiebig bzw. verfilzen immer mehr. Die nutzbaren Gelenkwinkel werden immer kleiner, Bewegungseinschränkungen nehmen ebenso zu wie die Belastung des dazwischenliegenden Gelenks, das die Kräfte übertragen muss.

Man könnte meinen, der Körper würde merken, wenn ihm eine Haltung nicht guttut. Aber wie es so ist: Je öfter Sie eine Bewegung machen und eine bestimmte Position einnehmen, desto fester verankert sie sich als Bewegungsmuster in Ihrem Gehirn. Wo am Anfang nur ein Trampelpfad ist, entsteht mit der Zeit erst ein schmaler Weg, dann eine breitere Straße und schließlich eine vielspurige Autobahn. Das gilt leider nicht nur für gute Gewohnheiten, sondern auch für eine falsche Körperhaltung. Die Folge sind irgendwann Schmerzen und Verschleiß.

Nacken Schmerzen selbst behandeln

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