Читать книгу Faszination Jesus - Roland Werner - Страница 13
Der Hippie
ОглавлениеEine Variante dieses Jesusbildes ist Jesus als erster Hippie. Der war allerdings nicht so gewaltbereit wie der revolutionäre Jesus. „Make love, not war!“ Mit dieser Devise der Blumenkinder-Ära auf den Lippen konnte der Hippie-Jesus direkt an den sanften und milden Jesus der Maler der Jahrhundertwende anknüpfen. So hatte die sogenannte „Schule der Nazarener“ Jesus dargestellt: lieb, lächelnd und nachdenklich. Dieses Jesusbild, eine Kreation einer lange vergangenen Zeit, entsprach jetzt wieder dem Lebensgefühl einer neuen Generation. Es war ein Jesus, der jünglingshaft mit langen, blonden Haaren und wallendem Gewand beschwingt durch die Felder schreitet und Kindern, Tieren und Pflanzen seine Aufmerksamkeit widmet. Ein jugendlicher Jesus, der von der Generation vor ihm missverstanden wird, weil er den friedlichen Protest der freien Blumenkinder gegen ihre verbürgerlichten und materialistischen Eltern verkörpert. So wurde Jesus zum ersten Hippie.
John Allegro hat dann noch eine Zuspitzung dieses Hippie-Jesus versucht. Er behauptete, die ersten Christen hätten einen bestimmten Pilz als Droge entdeckt, mit dessen Hilfe sie einen kosmischen Trip geworfen und so eine „Erleuchtung“ erlangt hätten. Er ging sogar so weit, die Historizität von Jesus ganz zu leugnen und zu behaupten, „Jesus“ sei das Codewort für den Pilzkult gewesen. So absurd uns das heute erscheint, so sehr bewegten diese Thesen damals weltweit die Medien und die öffentliche Diskussion, bis sie wieder in Vergessenheit gerieten. Es war eine Sonderform des Bildes von Jesus als Hippie: Jesus oder seine Jünger als Entdecker einer bewusstseinserweiternden Droge. Angesichts der heute bekannten negativen Folgen der Drogenabhängigkeit ist die damalige naive Drogeneuphorie von John Allegro überhaupt unverständlich geworden.7 Dass das mit dem wirklichen Jesus sowieso nichts zu tun hat, ist klar.