Читать книгу Eine Blau-Weisse Autobiografie "5:04" – Es ist niemals zu früh, um Schalke zu leben - Rolf Rojek - Страница 14

1976 – Unsere erste gemeinsame Wohnung.

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Da es sich bei meiner ersten eigenen Wohnung eher um ein Zimmer ohne Toilette über einer Kneipe handelte, war der Umzug mit Gudrun von Gelsenkirchen nach Münster gar nicht so schwer. Ich packte eine Reisetasche mit Klamotten und fertig. Gudrun hatte ihren damaligen Mann Wolfgang verlassen und somit auch nicht viel mitgenommen. Unser Plan: Eine möblierte Wohnung finden und der Rest kommt schon von ganz allein.

Wir sind aus Gelsenkirchen weggezogen, weil ich bei der Bundeswehr beim Verteidigung Bezirks Kommando (VBK) am Hindenburgplatz in Münster stationiert war. Natürlich wollten wir eine Wohnung nahe am meinem Standort finden. Anfangs schliefen wir an den Wochenenden gemeinsam in meinem Zimmer bei der Bundeswehr, in der Woche hatten wir für ein paar Tage ein günstiges Hotelzimmer gebucht. Aber schon nach kurzer Zeit wurde uns eine 2 ½ Zimmerwohnung in Münster-Kinderhaus angeboten, die wir natürlich dankend annahmen.

Die ganze Situation war schon ein wenig komisch für mich. Vor ein paar Tagen hatte ich noch mein Junggesellenleben und konnte machen, was ich wollte. Ich hatte keine Verantwortung für andere, für mich gab es nur die Schalke Mädels. Nun lebte ich in einer festen Beziehung, hatte die Verantwortung für eine Frau und ein fünfjähriges Kind sowie einen unterschriebenen Mietvertrag für eine möblierte Wohnung. Dabei fühlte ich mich selbst noch gar nicht richtig erwachsen. Trotzdem war ich froh, dass wird die möblierte Wohnung bekommen hatten, auch wenn diese nicht ganz billig war.

Natürlich war mein Hauptfeldwebel über alles informiert. Von ihm bekam ich den Tipp, mich beim Bundeswehr-Sozialdienst zu melden. Die Stelle vermittelte damals günstige, aber gute Wohnungen für Zeitsoldaten. Ich kannte den Bundeswehr-Sozialdienst nicht, aber ich meldete mich dort. Nervös wählte ich die Telefonnummer und war angenehm überrascht, wie schnell und unkompliziert alles über die Bühne ging. Nachdem die Formalitäten erledigt waren und ich meine Kontaktdaten, meinen Dienstgrad und meinen Wohnungswunsch durchgegeben hatte, gab es nur noch eine Frage der netten Sachbearbeiterin. »Herr Rojek, Sie sind doch verheiratet?“ Da ich ihr doch nicht sagen konnte, dass ich erst ein paar Tage in einer Beziehung lebe, antwortete ich wahrheitsgemäß »Nee, noch nicht.« Sie fragte mich daraufhin »Aber Sie wollen doch sicherlich heiraten?“ Ja natürlich wollte ich irgendwann einmal heiraten, also antwortete ich mit einem »Na klar will ich« und witzelte weiter »Wer will das nicht?« Mit einem »Na, dann ist ja alles gut, Herr Rojek. Wir melden uns.« verabschiedete sich die nette Sachbearbeiterin von mir.

Zwei Tage später bimmelte bei mir auf der Dienststelle das Telefon und die nette Dame vom Bundeswehr-Sozialdienst war an der anderen Leitung. Sie berichtete von einer Dreizimmer-Wohnung mit 75 qm Wohnfläche, die nur zwei Minuten von meiner Dienststelle entfernt sei. Die Kaltmiete lag bei 260 DM. Noch am gleichen Tag schauten Gudrun, Thomas und ich uns die Wohnung an und waren begeistert. Ja, das soll unser neues Zuhause werden. Am darauffolgenden Tag redete ich mit meinem Hauptfeldwebel und sagte, dass die Wohnung schön sei und wir den Mietvertrag unterschreiben wollen. Das Geld war knapp und ein paar Möbel konnten wir nur kaufen, wenn wir das Konto überziehen. Ich erklärte meinem Hauptfeldwebel also, dass ich wohl einen Kredit aufnehmen müsste. »Geh doch zur KKB, die geben Zeitsoldaten sofort einen Kredit«, meinte er zu mir. Ich kannte damals keine KKB Bank, wusste aber, dass in der Stadtmitte so eine Bank existierte. Die Terminvereinbarung dauerte nur zwei Minuten. Ich sollte Personalausweis, Dienstbescheinigung und meine alte Bankverbindung mitbringen.

Ehrlich gesagt, ich hatte wohl schon einmal mein Konto überzogen, aber einen Kredit hatte ich noch nie benötigt. Na gut, bei Gudrun habe ich die letzten Tage im Monat zwar immer auf Deckel getrunken, den habe ich aber bei der nächsten Soldzahlung beglichen. Aber das waren immer überschaubare Summen, sodass ich mir gar nicht vorstellen konnte, dass mir die Bank einen größeren Betrag im Voraus auszahlt. Ich war sehr gespannt, wie das ausgehen sollte.

Mit Gudrun hatte ich ausgerechnet, dass wir für eine „günstige“ Erstausstattung einen Kredit von etwa 7.500 DM benötigen. Und so fuhren wir nach Dienstschluss zur KKB in Münster. Gudrun sollte auf meinen Wunsch hin erst einmal im Auto warten, damit ich sehe, wie die Beratung läuft und ob wir auch einfach so einen Kredit bekommen. Gudrun wartete also im Auto. Es dauerte ungefähr 30 Minuten. Als ich wieder bei war, fragte sie zögerlich »Und? Geht wohl nicht, oder?« Ich grinste und zeigte auf meine Tasche. »Doch, es geht. Ich habe hier 18.000 DM in der Tasche.« Ich musste bei der KKB, nach Bonitätsprüfung, nur meine Abfindungsprämie als Zeitsoldat als Sicherheit abtreten.

Gleich am nächsten Tag meldete ich dem Bundeswehr-Sozialdienst, dass ich die Wohnung nehmen würde und zwei Tage später wurde der Mietvertrag unterschrieben. Mit dem vielen Geld richteten wir uns die Wohnung wie geplant besonders schön und modern ein. Wir leisteten uns sogar einen großen Farbfernseher und das war damals nicht normal. Ich weiß noch genau wie meine Mutter später mit unserer Wohnung angegeben hat. »Rolf und Gudrun haben einen bunten Fernseher und sogar ein grünes Telefon, bei dem man die Nummern nicht mehr drehen, sondern drücken kann.« Damit waren wir technisch auf dem neusten Stand. Das war eine schöne Zeit. Wir lachten viel und waren glücklich, so wie es (frisch) Verliebte nun einmal sind.

Nach zwei Monaten Liebesglück in der ersten gemeinsamen Wohnung meldete sich die nette Sachbearbeiterin vom Bundeswehr-Sozialdienst bei mir auf der Dienststelle und fragte, ob wir zwischenzeitlich schon geheiratet hätten. Immerhin hatte ich ihr gesagt, dass ich heiraten wollte. »Äh, ja, das ist so«, fing ich an zu stottern. Die nette Dame am anderen Ende der Leitung kam mir Gott sei Dank entgegen. »Wenn Sie noch nicht verheiratet sind, schicken Sie mir bitte das Aufgebot. Das reicht mir fürs erste.« Am Abend versuchte ich mit Gudrun das Problem irgendwie zu lösen. Aber es gab keine Lösung. Wir haben den Mietvertrag unterschrieben, wir haben die Wohnung renoviert und eingerichtet und wir hatten zudem einen Kredit am Arsch. Was jetzt? Und dann beschlossen wir, das zu machen, was wir für das Richtige hielten – wir wollten heiraten! Mag sein, dass dies der unromantischte Heiratsantrag war, der je gemacht wurde. Aber egal, wir liebten uns und wir bestellten das Aufgebot.

Na klar, hinterher kann jeder sagen, wie dumm habt ihr euch damals verhalten. Und ich gebe allen recht, das war schon ein großes Risiko, was wir beide da eingegangen sind. Gudrun hatte sich gerade von ihrem Mann getrennt und war noch nicht einmal geschieden. Meine Bundeswehrabfindung war abgetreten und ich hatte einen hohen Kredit zurückzuzahlen. Und da war noch der kleine Thomas, der das Recht auf eine sorgenfreie Kindheit hatte. Aber wir haben nie gezögert, sondern immer an uns geglaubt. Am 26. August 1977 haben wir auf dem Standesamt in Münster geheiratet und es bis heute nicht eine Sekunde bereut.

Heute kann ich sagen, dass die Bundeswehr bei mir und Gudrun als Heiratsvermittler fungiert hat. Und darüber bin ich noch immer froh.

Ach ja, um das Glück vollkommen zu machen, haben wir einen Monat nach unserer Hochzeit beschlossen, unsere Familie zu vergrößern. Schon zehn Monate später wurde unsere Tochter Susanne geboren.

»Liebe ist, zwei Körper, zwei Herzen, zwei Gedanken, aber nur ein Weg.«

Eine Blau-Weisse Autobiografie

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