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8:00 pm, Thurloe Square

Mildred schien den Finger gar nicht mehr von der Klingel nehmen zu wollen. »Alison! Bist du da?«

Was für eine blöde Frage! Alison hatte ihr doch gesagt, dass sie nicht da war. Sie blickte die Treppe hinauf in die Runde und presste den Finger vor die Lippen. »Keinen Mucks! Wenn ihr niemand öffnet, wird sie jeden Augenblick wieder verschwinden.«

Weit gefehlt. Jetzt schlug Mildred den Klopfring gegen die Tür. »Roy? Royston Taylor?« Warum trat sie die Tür nicht direkt ein?

Doch dann herrschte Stille. Endlich. Alison lehnte sich gegen das Treppengeländer und war gerade dabei, erleichtert aufzuatmen, als sie hörte, wie jemand einen Schlüssel ins Schloss steckte. Echt jetzt? Das konnte doch nicht wahr sein. Die Tür bewegte sich.

»Oh nein!«, flüsterte jemand.

»Alison, komm hoch zu uns. Schnell!«

Sie nahm die Beine in die Hand und hetzte gleich zwei Stufen auf einmal nehmend wieder nach oben. Ken packte ihren Arm und zog sie hinauf. In letzter Sekunde war sie außer Sichtweite. »Ich fasse es nicht!« Mit schreckgeweiteten Augen sah sie Ken an und flüsterte: »Sie hat einen Schlüssel?« Alison hätte es wissen müssen. Diese Wohnung war ein trojanisches Pferd. Nichts, rein gar nichts tat Mildred aus Gutmütigkeit. Im Flur waren seltsame Schritte zu hören, das Klackern von Mildreds Gehstock und … ein Bellen! »Sie hat einen Hund?«

Ken zog seine Stirn in Falten. »Das arme Tier.«

Der Hund bellte erneut.

»Ruhig, Alfie.«

»Butzi butzi butzi.«

»Lassen Sie das Kindertheater, und holen Sie lieber die Koffer, damit ich Alfie endlich von der Leine machen kann.«

»Die Koffer?« Alison fühlte sich wie vom Blitz getroffen. »Sie will doch nicht allen Ernstes …« Die Gesichter der Kids wurden immer länger. Vom Thurloe Square her drang lautes Hupen ins Haus. Unverständliches Geschimpfe folgte.

»Ja, was kann ich denn dafür, wenn die ganze Straße zugeparkt ist?«, keifte Mildred nach draußen. Ein verzweifeltes Ächzen und Stöhnen kämpfte sich durch lautstarkes Gepolter und Gerumpel hindurch. »Ja, so passen Sie doch auf mein Gepäck auf!« Stille, dann ein noch lauteres Rumpeln. »Ah!«, schrie Mildred.

»Verzeihung, Madam. Es ist nichts passiert.«

Der Hund kläffte.

»Das klingt gar nicht gut, oder?«, flüsterte Chloe.

Alison schüttelte den Kopf, woraufhin weiteres Getuschel durch die Menge ging. »Die kann doch nicht so einfach hier rein!«

»Und ob! Die rückt mit einer ganzen Armee an.«

»Das war’s dann mit Party.«

Wenn das die einzige Sorge wäre. Alison schickte ein weiteres »Scht!« in die Runde, und umgehend herrschte wieder Mucksmäuschenstille. Das Gehupe auf dem Thurloe Square wurde lauter. Kens Blick verfinsterte sich.

»Ich wette, Madame hat ihren Chauffeur wieder zweite Reihe parken lassen und blockiert den gesamten Verkehr.«

Alison ballte die Fäuste und schickte einen stummen Fluch gen Himmel.

»Wenn Sie kurz entschuldigen, Madam«, hallte die Stimme des Chauffeurs durch den Flur, »ich werde nur rasch den Wagen wegfahren und bin umgehend wieder da.«

»Besser ist es!«, drohte Ken kaum hörbar.

Mildred seufzte lautstark. Die Tür fiel ins Schloss. Dann wieder Hundebellen. »Ja, ist ja gut, mein Kleiner. Du willst das Haus erkunden, nicht?«

Die Kids um Alison herum schüttelten den Kopf.

Winseln.

»Du bist ganz aufgeregt, nicht?«

Bellen.

»Na, da kannst du gleich alles beschnuppern.«

Alison hätte schreien können. Die Party, die Kids, die Lüge, sie wäre das ganze Wochenende über nur am Planen und Organisieren, damit Mildred sie nicht wieder zum Sunday Roast schleifte. Die abgeholten Möbel. Mildred wird ausflippen!

»Na dann lauf, mein Kleiner.«

Alison und Ken blickten sich fassungslos an. Chloe hockte sich auf den Boden. Henry schlug die Hände vors Gesicht. »Der findet uns!« Hundepfoten hetzten über das Parkett. Die Kids erstarrten.

»Alfie. Alfie!« Die Pfotenschritte entfernten sich. »Alfie? Wo willst du hin? Was willst du denn unbedingt im Untergeschoss?«

Untergeschoss? In Alisons Kopf begann es, zu rattern. Sie drängelte sich auf Zehenspitzen durch die Kids und spähte ein weiteres Mal in die Kammer auf halber Treppe. Da war das rote Minisofa, das eher an eine Sitzbank erinnerte, und die an die Wand geschriebenen Zahlen. Ihr Blick blieb auf der umkreisten ‑1 haften. Mildreds Fluchen hallte vom Untergeschoss hinauf.

»Wofür habe ich eigentlich 13 Millionen Pfund bezahlt? Warum gibt es in diesem verdammten Haus keinen Aufzug?«

Bei dem Wort Aufzug durchfuhr es Alison wie ein Blitz. »Das ist es, woran mich die Kammer hier erinnert. An einen Aufzug!«

Chloe sprang an ihre Seite und sah sie fragend an. »An einen Aufzug?«

»Der rote Lift im Savoy«, antwortete Alison. Adrenalin jagte durch ihre Adern. »Der Lift ist auch mit einer roten Sitzbank ausstaffiert.«

»Eine Sitzbank im Aufzug?«, flüsterte jemand dazwischen.

»Ja, der Aufzug ist uralt. Das war der erste elektrische Aufzug in London überhaupt. Die Sitzbank stammt noch aus der Zeit von damals. Der Lift ist quasi so eine Art Touristenattraktion. Als Kinder haben wir immer die Mutprobe gemacht, wer sich traut, einmal ganz alleine hoch und runter zu fahren.«

»Warum denn das?«, fragte Chloe verwirrt.

»Weil man sich erzählt, dass es in dem Aufzug spukt«, antwortete Alison. Aber das war jetzt nicht wichtig, auch wenn natürlich prompt aufgeregtes Getuschel durch die Menge ging.

»Leise!«, rief jemand.

»Wieso? Der Köter von der Alten findet uns doch eh.«

»Genau, und dich frisst er als Erstes.«

Alison blickte auf die Schrift. »Dann markieren die Zahlen an der Wand das Ziffernblatt für die Etagenwahl.«

»Und die eingekreiste ‑1 steht für Untergeschoss!«, rief Chloe wie aus der Pistole geschossen.

»Oh nein!«, sagte Alison. Zu spät. Schon hallte ein mörderischer Schrei durch das Haus. Panisches Bellen folgte. Alison hechtete die Treppe hinunter. Ken und die Kids polterten hinterher. Auf annähernd derselben Position der Kammer auf halber Treppe befand sich eine Toilette im Erdgeschoss. Mildred stand neben der geöffneten Toilettentür und krallte sich an der Klinke fest, während ihre Haut blasser und blasser wurde. In der Toilette lag Roy. Sein Körper hing reglos zwischen Toilettenschüssel und Wand. Auf ihm hockte Alfie und schleckte mit wedelndem Schwanz das Blut vom Messer, das in der Brust des Butlers steckte.

Der Tod bucht Zimmer 502

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