Читать книгу Der Tod bucht Zimmer 502 - Ronald Ryley - Страница 14
9
Оглавление8:55 pm, Savoy Hotel
Teddy hätte doch seinen Dienstwagen nehmen sollen. Die Fahrspur auf Londons legendärer Straße The Strand schien sich in einen Seitenarm der Themse verwandelt zu haben. Wasser, wohin das Auge reichte. Und auf seinem Beifahrersitz blinkte auf dem Display seines Smartphones Benishas angewählte Handynummer wie eine Leuchtboje vor sich hin. Schließlich hallte ihre Mailboxansage ins Wageninnere. Teddy schnappte sich sein Smartphone und legte auf. Wieso wurde er das Gefühl nicht los, dass sie ihn ignorierte? Es war später Abend. Sie hatte definitiv keinen Dienst mehr. Weshalb ging sie nicht ans Telefon? Immer wieder hallten Dustins Worte durch seinen Kopf. Frag sie doch selbst. Sowas ist doch dein Job, oder? Du bist doch Bulle. Die Art und Weise, wie er diese Worte gesagt hatte, sein Gesichtsausdruck … Teddy hasste dieses Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Er schlug auf sein Lenkrad ein und fluchte. Im selben Moment schaufelte sein Scheibenwischer eine neue Ladung Regenwasser beiseite, und das Grün einer Ampel leuchtete ihm überraschend nah entgegen. »Die Ausfahrt!« Teddy trat derart scharf auf die Bremsen, dass sein Hintermann hupte. »Arschloch!«, brüllte Teddy zurück, bog im Schritttempo mit seinem Mini in den Savoy Court ein und schipperte auf das Luxushotel zu. Der Motor brummte verängstigt zwischen all den Limousinen, die in der Hotelzufahrt warteten. Wenigstens war der Haupteingang überdacht. Kaum hatte Teddy den Wagen zum Stehen gebracht, klopfte ein Page an seine Fensterscheibe.
»Sir?«
Teddy kurbelte die Scheibe herunter.
»Sie können hier nicht stehenbleiben, Sir.« Der Page blickte durch den schmalen Fensterspalt direkt auf den Ketchupfleck auf Teddys ausgewaschener H&M-Jeans. »Ich bedauere, die Zufahrt ist nur für Taxis und Gäste. Das Savoy Theater hat ein Parkhaus im Covent Garden, nur 6 Minuten Fußweg von hier, Sir.«
Ja, für acht Pfund die Stunde. Und dann sechs Minuten durch den Regen zurücklaufen? Da konnte er gleich zusammen mit seiner Jeans in die Waschtrommel springen. Für wen hielten die sich hier eigentlich? Er griff in seine Hosentasche und zog seinen Dienstausweis heraus.
»Detective Inspector Teddy Chan, Scotland Yard. Ich muss dringend mit Oliver Montagu sprechen.«
Der Page trat vom Wagen zurück und winkte einen Kollegen herbei. Gegensprechanlagen wurden betätigt, Funkgespräche über In-Ear-Kopfhörer ausgetauscht. Manchmal glaubte Teddy, diese Luxushotels waren besser ausgestattet als die Jungs vom MI5. Endlich tat sich was. Der herbeigerufene Kollege winkte Teddy zu und bedeutete ihm, auszusteigen. Im selben Moment eilte ein Junge im Frack aus dem Gebäude. Teddy erkannte ihn sofort: Aleksandre Johnston, Oliver Montagus persönlicher Assistent oder Butler oder wie sie auch immer diesen exquisiten Spezial-Service nannten, den sämtliche Bewohner der Luxussuites hier im Savoy bekamen. Da das Savoy für Mr Montagu quasi sein Londoner Wohnsitz war, hatte Teddy während der Ermittlungen rund um Mr Montagus vermeintlichen Stalker auch mit Alek das ein oder andere Gespräch geführt. Ein netter Junge. Jedes Mal, wenn Teddy ihn sah, musste er an Benishas Mutter denken. Alek sah aus wie der Mann, den sie sich wahrscheinlich insgeheim immer für ihre Tochter erträumt hatte: die schwarzen Haare perfekt nach hinten gegelt, was seine großen Ohren ein wenig zu sehr betonte, der Nacken sauber ausrasiert, stahlblaue Augen, das Gesicht bubihaft glatt und vor allem so wunderbar europäisch. Und dann auch noch immer und überall diese adretten weißen Baumwollhandschuhe. Alek sprach mit dem Pagen und lief gemeinsam mit ihm auf Teddys Mini zu. Na bitte, dachte er. Geht doch. Und verließ den Wagen.
»Vielen Dank, dass Sie es so schnell einrichten konnten. Mein Kollege fährt Ihren Mini rasch in unsere Tiefgarage, damit er vor dem Unwetter geschützt ist, Sir.«
Teddy kannte das Prozedere. Trotzdem kam es ihm immer wieder wie Hochverrat vor, wenn er sein kleines Rover-Baby in die Hände eines Fremden gab. Er reichte dem Pagen seine Schlüssel und folgte Alek ins Hotel.
Wie machten die das hier nur? Bei Teddy genügte ein Spaziergang durch den Hyde Park, und der Boden in seiner Wohnung sah bei der Heimkehr aus, als wäre ein Rudel Wildschweine hindurchgerast. In London regnete es seit Wochen, die Leute gingen im Savoy ein und aus, und dennoch glänzte der marmorierte Schachbrettboden in der Hotellobby wie originalverpackt. Selbst mit einer Putzorgie pro Woche erinnerten die Möbel in Teddys Wohnung eher an ein Antiquariat. Hier schimmerten die aufwändigen Wandvertäfelungen aus Mahagoniholz stets wie in einem Werbespot für Möbelpolitur, ganz zu schweigen von den imposanten Säulen in der Mitte der Lobby, den mit kunstvollem Stuck verzierten Decken und den metergroßen Ölgemälden an den Wänden. Irgendwann musste er sich die Zeit nehmen und Alek nach den streng geheimen Putztipps der Upperclass befragen. Das hier war kein Hotel, das war die Disneyland-Version des Buckingham Palace. Und alle Blicke in diesem Raum schienen auf seinen knallroten Ketchupfleck gerichtet. Teddy zog seine Jacke aus, legte sie sich über den Arm und verdeckte den Fleck damit. Noch nie im Leben hatte er sich so deplatziert gefühlt.
»Wir sind erleichtert, dass Sie so rasch kommen konnten, Sir. Gerade jetzt, kurz vor dem Chandelier Charity Concert, können wir uns keinerlei Aufregung im Haus leisten. Daher möchten wir sicherstellen, dass auch wirklich alles in Ordnung ist.« Alek stoppte vor dem roten Lift.
Chandelier Charity Concert, Teddy erinnerte sich, davon gelesen zu haben. Angeblich war ganz London im VIP-Fieber. Er sah sich um, während sie auf den Lift warteten. Gut möglich, dass er die Frau auf dem Sofa der Lobby schon einmal in einem der Videos gesehen hatte, die auf Dustins Smartphone hoch und runter liefen. Und dieser Typ da, war das nicht dieser Idiot, der Selfies mit irgendwelchen Leichen gemacht hatte und deswegen auf YouTube fast gesperrt worden war? Wenn das alles war, was London zu so einem Charity-Event zu bieten hatte … Wieder einmal heiße Luft um nichts, darin waren diese Menschen hier ja besonders gut.
Die Aufzugtür öffnete sich, und Teddys Herz blieb stehen. Auf der kuscheligen kleinen Sitzbank im roten Lift saß sie: Darcy Diamond, das ehemalige Popsternchen, das vor zehn Jahren für Großbritannien mit ihrem Song Ghost den Eurovision Song Contest gewonnen hatte. Oh, wie hatte Teddy sie vergöttert und sich nächtelang zu ihrer Stimme durch die Londoner Nachtclubszene getanzt.
Seither traf sie allerdings keinen Ton mehr, was Kritiker auf zu viel Crack schoben, Darcy allerdings auf einen Flugzeugabsturz zurückführte, den sie wie durch ein Wunder überlebt hatte. Seit diesem Nahtoderlebnis gab es eine neue Darcy. Darcy, das Medium widmete sich nur noch »der anderen Seite«. Wie oft hatte Teddy sich gewünscht, sie würde wieder Musik machen. Es gab doch Auto-Tune und all den Krams. Wenn er sich überlegte, was seine Audioexperten vom Scotland Yard so alles herbeizauberten – da dürften doch ein paar verfehlte Töne kein Hindernis sein. Aber all das war jetzt egal. Denn da saß sie. Die pinken Haare wie immer wild toupiert und über das rechte Ohr gekämmt. Dazu der ägyptisch-mystische Riesenohrschmuck und das bodenlange silbergraue Funkelkleid. Und sie sah ihn an: Teddy. Oder? Er vergewisserte sich, dass von seiner Jacke auch wirklich alles verdeckt war, was verdeckt sein sollte. Seinen Fleck konnte sie unmöglich sehen. Darcy atmete schwer und laut hörbar ein und wieder aus. Dann legte sie ihren Kopf leicht zur Seite und lächelte ihn an. »Hallo.«
Teddy räusperte sich. Als Darcy keinerlei Anstalten machte, den Aufzug zu verlassen, betrat Alek den Lift. Teddy folgte ihm. Da er Darcy ignorierte, nahm Teddy all seinen Mut zusammen und setzte sein charmantestes Lächeln auf. »Wohin wollen Sie?«
Darcy blickte Teddy hypnotisch tief in die Augen. »Ich bin bereits da, wo ich hinwill.«
Teddy schluckte.
Alek drückte die Fünf, und der Aufzug setzte sich in Bewegung. Darcy legte ihre Hände an die Fahrstuhlwand, schloss die Augen, warf ihren Kopf in den Nacken und schien in eine andere Welt zu entrücken. Selbst als der Fahrstuhl in der fünften Etage hielt und Alek und Teddy ihn wieder verließen, rührte sie sich nicht. Dann schloss sich der Aufzug wieder, und Darcy Diamond verschwand. Teddy sah Alek verwundert an.
»Bringt Sie das gar nicht aus der Fassung?«
»Glauben Sie mir«, antwortete er, während sie den Flur entlangliefen, »nach allem, was ich in diesem Hotel bereits erlebt habe, bringt mich nichts mehr aus der Fassung.« Er stoppte vor der Tür mit der Nummer 502. »Außer das hier.« Er senkte seine Stimme und flüsterte. »Dieses Mal hat er es offenbar bis in Mr Montagus Suite geschafft. Es grenzt an ein Wunder, dass nicht mehr passiert ist. Und wir hatten so gehofft, es wäre vorbei.«
Das klang wahrlich nicht gut. Wenn das stimmte, was Alek sagte, hatte der Stalker eine gefährliche Schwelle überschritten. Alek klopfte. Oliver Montagu öffnete.
»Mr Chan! Gott sei Dank.«
Teddy nickte zum Gruß. Okay, es waren einige Wochen vergangen, seit er Oliver Montagu das letzte Mal gesehen hatte, aber sein aufgedunsenes Gesicht überrumpelte ihn dann doch. Aktuell befand er sich definitiv an einem neuen Höhepunkt seiner ewig währenden Jojo-Kurve. Wenigstens schien er nüchtern zu sein. Auch die Pupillen waren nicht geweitet. Wenngleich die Panik in seinen Augen unübersehbar war. Mr Montagus Angst war echt. Teddy nutzte die Gelegenheit, um die Tür zur Suite zu untersuchen. Nirgendwo waren Einbruchspuren zu erkennen.
»Sie sagen, er war hier?«, fragte er sicherheitshalber noch einmal nach. Oliver Montagu nickte.
»Die Stimme kam definitiv aus meinem Zimmer.«
Verrückt war auf jeden Fall die Bezeichnung Zimmer. Oliver Montagus Unterkunft war eine Suite und größer als Teddys 60-Quadratmeter-Wohnung in Rotherhithe, für die er mit allem Drum und Dran fast 2000 Pfund pro Monat abdrückte. Was dieser Minipalast im edwardianischen Stil die Nacht kostete, wagte er sich gar nicht auszudenken. Wen wunderte es da, dass es Menschen gab, die ein Stück vom großen Kuchen abhaben wollten und dabei den Sinn für Gut und Böse verloren? »Haben Sie ihn gesehen?«, fragte Teddy.
Oliver Montagu schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn gehört.« Er schien dabei um jedes Wort zu kämpfen. »Ich war hier am Sofa im Kaminzimmer. Er stand direkt hinter mir und sagte merkwürdig verstellt …« Ihm brach die Stimme weg. Er schluckte und räusperte sich und brachte dennoch kaum mehr als ein Hauchen zustande. »… ›Ich bin wieder da.‹«
»Und dann?«
Oliver Montagu legte die Hände um Mund und Nase und schüttelte den Kopf. Seine Augen hetzten dabei durch die Suite. »Ich habe mich umgesehen, aber … ich habe niemanden gefunden.« Er faltete seine Hände zum Gebet. »Ich weiß, dass es verrückt klingt, Sir. Aber bitte, Sie müssen mir glauben. Ich habe sonst niemanden, an den ich mich wenden kann.« Mr Montagus Stimme klang dünn und brüchig.
»Ich glaube Ihnen Sir, ich glaube Ihnen.« Nur konnte sich niemand in Luft auflösen. Wenn stimmte, was Oliver Montagu gesagt hatte, befand sich der Stalker womöglich noch immer in der Suite. Solche Leute strebten nach Macht und Überlegenheit. Es war nicht abwegig, dass er oder sie just in diesem Moment in einem Versteck hockte und mit Hochgenuss die Vorgänge in diesem Zimmer verfolgte. »Können Sie sagen, ob es eine männliche oder eine weibliche Stimme war?«
Oliver Montagu schüttelte den Kopf.
Wäre auch zu schön gewesen. Das hätte sie nach all den Irrläufen endlich mal einen Schritt weitergebracht. Teddy nickte Alek zu. »Bitte bleiben Sie mit Oliver Montagu hier, und bewegen Sie sich nicht. Ich werde mir die Suite einmal genauer ansehen.« Er platzierte beide so, dass sie die gesamte Suite im Blick hatten. Er flüsterte. »Wenn Ihnen irgendetwas auffällt, melden Sie sich. Okay?« Dann zog er seine Dienstwaffe. Nach wenigen Minuten hatte er die Suite gesichert. Bis auf Oliver Montagu, Alek und ihn selbst war definitiv niemand anwesend. Oliver Montagu atmete sichtlich erleichtert auf. Teddy überlegte. Er betrat das angrenzende Schlafzimmer und lauschte so unauffällig wie möglich an den Wänden.
»Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte Oliver Montagu. »Ich habe auch zuerst geglaubt, es wäre vielleicht einer meiner Nachbarn gewesen. Aber es war definitiv jemand in meinem Zimmer.«
Teddy nickte. »Natürlich.« Menschen, die unter Angststörungen litten, glaubten oft, seltsame Dinge erlebt zu haben. Das Gehirn spielte ihnen einen Streich. »Vermissen Sie vielleicht irgendwelche Gegenstände?«
»Nein.«
»Hat man Ihnen eine Nachricht hinterlassen?«
Oliver Montagu schüttelte den Kopf.
»Gut. Ich werde mir vorsichtshalber an der Rezeption einen Ausdruck mit den persönlichen Daten sämtlicher Gäste im Hotel geben lassen.« Er sah zu Alek. »Und ich brauche eine Übersicht von allen, die aktuell Dienst haben und sich zu besagtem Zeitpunkt ebenfalls im Haus befanden.«
»Selbstverständlich, Sir.«
»Also gut. Wenn Sie mir kurz dabei behilflich sein könnten?«
»Mit Verlaub, Sir. Wäre es unter diesen Umständen nicht besser, wenn jemand bei Mr Montagu in der Suite bleiben würde?«
»Keine Sorge. Ich kann mir zwar noch nicht erklären, was hier vorgefallen ist …« Er blickte zu Oliver Montagu. »… aber ich bin überzeugt, dass Sie sich aktuell nicht in Gefahr befinden. Zur Sicherheit sollten Sie auf jeden Fall die Kette einhängen, sobald wir aus dem Zimmer sind.«
Eine viertel Stunde später wartete Teddy noch immer auf die vollständige Zusammenstellung aller Daten. Aber wunderte das? Im Savoy ging es zu wie in einem Bienenstock. Teddy flüchtete sich von einer Ecke der Lobby in die nächste, um nicht rein zufällig auf irgendeinem Paparazzo-Foto zu landen oder unfreiwillig zur Hintergrundszenerie von irgendeinem Influencer oder YouTube-Freak zu gehören. Das Sofa gegenüber der Rezeption schien im Augenblick der sicherste Ort zu sein, und der Tee, den ihm ein Concierge mit übertriebener Elvistolle auf dem Kopf als Dank für seine Unterstützung gebracht hatte, war ein echter Genuss. Nicht zu vergessen: Teddy hatte zweimal eine halbe Minute gemeinsam mit Darcy Diamond im roten Lift verbringen dürfen. Vielleicht hatte Benisha ja doch recht. Er musste sich endlich angewöhnen, den Blick auf die guten Dinge zu richten. Er zog sein Handy aus der Tasche. Sie hatte ihn noch immer nicht zurückgerufen. Was war nur los mit ihr? Wenn Dustin nicht darüber sprechen wollte, musste es etwas Ernstes sein. Aber wieso verschwieg sie es dann? Nur, weil sie ihn darum gebeten hatte, ein wenig Luft zum Atmen zu haben, bedeutete es doch noch lange nicht, dass sie Geheimnisse haben musste. Sie liebten sich doch.
Er nippte an seinem Tee und sah sich um. Wer wollte schon so was hier? Dieser Prunk. Das war doch alles nur Fassade. Aber das, was ihn und Benisha verband, das war echt, das ging tiefer. Sie würden das durchstehen. Irgendwie. Er musste nur geduldig sein. Er würde sich einen Tag frei nehmen, sie überraschen. Mit Karten für Shakespeares Sommernachtstraum im Globe Theatre und Patrick Stewart als Elfenkönig. Ihr zeigen, wie wichtig sie ihm war. Einmal nur für sie da sein. Sein Smartphone klingelte. Benishas Name blinkte ihm entgegen. »Baby«, fuhr es ihm über die Lippen, noch kurz bevor er das Gespräch annahm. Genau in diesem Moment raste dieser Skandal-YouTuber durch die Lounge. Teddy sprang auf und flüchtete sich in die Nähe des Gangs, der zu den Aufzügen führte. Dort herrschte Ruhe. Er nahm ab.
»Hallo? Teddy?«
Wie wunderschön ihre Stimme klang. Fast glaubte er, die Wärme ihrer Wange zu spüren, als er den Hörer an sein Ohr legte. »Hey …« Der panische Schrei einer Männerstimme ertönte so laut, dass Teddy kein Wort von Benisha verstand. Er sah auf, und schon fiel ihm der Körper einer ohnmächtigen Dame entgegen. In allerletzter Sekunde fing Teddy sie unter den Achseln. Dabei flutschte ihm sein Smartphone aus der Hand und knallte auf den Boden. Der Akku sprang heraus. Die Frau in seinen Armen war käsebleich.
»Oh dear, oh dear, oh dear«, japste der Concierge mit der Elvistolle, der nur einen Schritt von Teddy entfernt an der offenen Aufzugtür des roten Liftes stand, während dieser Terror-YouTuber völlig euphorisch damit beschäftigt war, sich mit dem offenen Fahrstuhl als Hintergrund zu filmen. Seine Kamera schwenkte auf einen in Blut getränkten Fetzen Schal, der eingeklemmt zwischen Decke und Fahrstuhltür herabhing. Darcy!, schoss es Teddy durch den Kopf. Doch zu seiner Überraschung war sie aus dem Lift verschwunden. Stattdessen lag ein lebloser Körper vor der roten Sitzbank. Zuerst erblickte Teddy das Muttermal auf der rechten Hand. Als er schließlich auch den Kopf des Toten entdeckte, gab es nur eine Schlussfolgerung: Das würde noch ein langer Abend werden.