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2:30 pm, Savoy Hotel, Lobby

Teddy erkannte Constable Smith schon von Weitem. Dieser überdrehte Quirl schaffte es, an wirklich jedem Ort deplatziert zu wirken. Als er mit dem Papier in seiner Hand wedelnd in die Lobby des Savoy kam, wirkte er eher wie ein abgemagerter Computernerd und nicht wie ein Mitarbeiter des Scotland Yard. Aber zumindest schienen seine Nachforschungen von Erfolg gekrönt gewesen zu sein. Sehr gut. Ein paar Minuten blieben Teddy noch, bevor der Medienwahnsinn über ihn hereinbrechen würde. Er winkte ihn zu sich aufs Sofa.

»Hat dich irgendjemand dabei gesehen?«

»Nein, Sir.« Smith setzte sich, schielte durch seine Nickelbrille in alle Richtungen und rückte aufgeregt hin und her. In seinem letzten Leben musste er eine Maus gewesen sein. »Ich habe die Daten abgefragt, als alle anderen in der Mittagspause waren.«

»Sehr gut.« Ärger mit der Chefetage konnte Teddy derzeit absolut nicht gebrauchen, und die Nutzung polizeilicher Ressourcen war für private Angelegenheiten streng verboten.

»Sie kennen Ihre Frau echt gut, Sir.«

»Danke.« Teddy war sich nicht sicher, ob das ein Grund war, sich zu freuen.

»Auf ihren Wagen wurde gestern Abend tatsächlich ein Strafzettel ausgestellt.«

Natürlich. Um die Verkehrsregeln hatte sich Benisha schließlich noch nie geschert. Nur, um sich dann im Anschluss mit ihm darüber zu streiten, wie ungerecht und rassistisch Londons Polizeimitarbeiter waren. Waren sie nicht. Sie konnte nur keine Parkschilder lesen. Oder besser gesagt: Sie wollte es erst gar nicht versuchen.

»Ein ziemlich genialer Plan, um festzustellen, wo sich Ihre Frau gestern Abend aufgehalten hat.« Die Augenbrauen des Constables versuchten, vor lauter Begeisterung über das Brillengestell zu hüpfen. Teddy hatte jetzt keinen Kopf für Schmeicheleien. Jeden Moment startete die Pressekonferenz, und er würde sich nicht konzentrieren können, wenn er dabei unentwegt an Benisha denken musste. Sein Finger glitt die Tabelle entlang. Da war es, das Kennzeichen ihres Wagens. Teddy stutzte. »Aber das ergibt doch keinen Sinn!«

Der Constable bekam einen Schwanenhals und linste an seiner Brille vorbei auf das Dokument in Teddys Hand. »Doch, doch, Sir. Die Kennzeichen sind alphabetisch sortiert.«

Ja, hielt der ihn denn für total bescheuert? »Ich weiß, wie die Kennzeichen sortiert sind. Aber hier steht, dass der Strafzettel in der Charles Street ausgestellt worden ist.«

»Das ist in Mayfair, Sir.«

»Eben!«, fluchte Teddy und räusperte sich umgehend. Sein Kollege war schließlich nicht schuld an der Situation, in der er sich befand. Im Gegenteil: Er hatte ihm einen riesigen Gefallen getan. »Danke, Smith.«

Dem langen Gesicht von Smith nach hatte diese Aussage nicht sehr glaubwürdig geklungen. Wie auch? Teddy konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was Benisha in ausgerechnet dem Viertel von London zu suchen hatte, in dem ein Bier so viel kostete wie ein komplettes Mittagsmenü in Rotherhithe. Warum sie gestern nicht in der Lage gewesen war, Dustin von der U-Bahn abzuholen, erklärte es allerdings sofort. Mayfair lag nicht nur auf der anderen Seite der Themse, es lag am anderen Ende der Stadt.

Dieser Concierge namens Phil näherte sich ihm. Gestern hatte Teddy die auffallend große Elvistolle auf seinem Kopf noch dämlich gefunden. Heute fragte er sich, ob er sich vielleicht selbst eine föhnen sollte. Schließlich trug Phil sie mit einer derartigen Überzeugung, dass es sich um einen aufkommenden Modetrend handeln musste. Benisha liebte Modetrends. Und Teddys Haar war um Welten dicker und dichter als das von diesem überdrehten Hotelmitarbeiter.

»Ihr Espresso, Sir.«

Teddy bedankte sich und nahm einen großen Schluck. Woah, heute erschien ihm sowieso die gesamte Welt überdreht. Er wurde das Gefühl nicht los, dass der Versuch, mit diesem Gesöff wieder auf die Beine zu kommen, vergebens war. Anstatt ihn munter zu machen, verstärkte es lediglich seine Kopfschmerzen. Und jetzt biss ihm auch noch das blendend gleißende Licht von zwei riesigen LED-Scheinwerfern in die Augen. Teddy versuchte, es mit seinen Händen abzuwehren. »Muss das sein?«

Ein Rasierpinselding attackierte ihn mitten im Gesicht. »Sie wollen doch gut aussehen vor der Kamera, oder?«

Wenn es nach ihm ging, wollte er überhaupt nicht vor die Kamera. Erst recht nicht hier, in diesem Haus. Aber ihn fragte ja niemand.

»Wie die Sie hier auftakeln fürs Fernsehen«, flüsterte Constable Smith von der anderen Seite des Showlichts, »ich wette, da steht eine fette Beförderung an. Haben Sie die Ausschreibung zum Chief Inspector gesehen?«

Oh, wie schön musste doch die rosarote Welt im Kopf von Constable Smith sein. Konnten sie nicht für einen Tag tauschen? Sein Chef Commander Ken Kilburn hielt ihm eine Liste unter die Nase.

»Wollen Sie die Inhalte für das Interview noch einmal durchgehen?«

Teddy winkte ab. Die halbe Nacht hatte er in diesem Hotel verbracht, nur um sich zu fragen, was Mr Montagu getan haben könnte, um so zu enden. Sie hatten Spuren ausgewertet und Extraschichten im Labor geschoben, waren die Listen aller Gäste und anwesenden Mitarbeiter durchgegangen. Jetzt wollte er die Sache nur noch hinter sich bringen und schlafen. Wenigstens hatte er genügend Zeit gehabt, um zwischendurch kurz nach Hause zu fahren und sich umzuziehen.

»Dann legen wir los. BBC geht jeden Augenblick live.«

Live? Wieso hatte ihm das niemand gesagt?

Commander Kilburn packte ihn am Ärmel und zerrte ihn vor den roten Lift. »Bleiben Sie locker, Mr Chan. Sie werden das großartig machen. Flirten Sie mit der Kamera.«

Die Miniaturversion des Terminators, die sich ihm während der Untersuchungen des roten Lifts als Alfredo Thomson vorgestellt hatte, drängelte sich zwischen sie. Unter seiner dunkelblauen Arbeitslatzhose trug er inzwischen tatsächlich ein perfekt gebügeltes weißes Hemd. Die unzähligen Tattoos auf seinem Unterarm passten trotzdem nicht zu dem üblichen Personal des Savoy Hotels. »Der Lift ist im Wartungsmodus«, nuschelte er. »Die Aufzugtür bleibt also für die gesamte Pressekonferenz offen.«

Commander Kilburn hob den Daumen, und keinen Atemzug später sah sich Teddy einer mit Mikrofonen und Kameras bewaffneten Horde gegenüber. Im Hintergrund stach ihm ein großer Mann im Trenchcoat ins Auge. Den Fedora-Hut auf seinem Kopf trug er auffällig tief ins Gesicht gezogen, sodass ein dunkler Schatten seine Gesichtszüge verdeckte. War dieses Outfit ein Witz, oder liefen hier jetzt auch noch schlechte Kopien von Dick Tracy herum? Sicher handelte es sich um einen vermummten Hollywood-Schnösel, der nicht checkte, dass er mit seinem Tarnoutfit erst recht Aufmerksamkeit auf sich zog. Aber ging man nicht ins Savoy, um gesehen zu werden?

Teddy hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Wie aus dem Nichts tauchte eine Nachrichtenreporterin neben ihm auf. Zeitgleich hallte eine Männerstimme von der anderen Seite. »Wir gehen live in drei … zwei …« Die Stimme lenkte Teddys Blick für einen Moment in Richtung des Hoteleingangs. Eine Frau in einem schwarzen Kleid mit weißen Tupfen, weißem Schal und kniehohen Lederstiefeln betrat das Gebäude. Das war doch …? Er kam nicht darauf. Aber allein die weiße Sonnenbrille schrie förmlich »Superstar!«. Die leicht wippenden und wunderbar natürlich gewellten kastanienbraunen Haare, die Stupsnase. Teddy dachte an die sexy Duschszene aus der neuen Actionserie letzte Woche. Nein, die war blond gewesen. Aber mindestens genauso anziehend. Trugen sie beim Film nicht ohnehin alle Perücken? Er hatte das Gesicht auch nicht im Fernsehen gesehen, er kannte sie von einem Bild. Definitiv ein Bild. Ein Foto, um genau zu sein. Ein Kinoplakat? War sie nicht … Als sie ihre Sonnenbrille vom Gesicht nahm und in seine Richtung sah, fiel es ihm wieder ein. Sofort raste Teddys Laune in den Keller. Bitte nicht, dachte er. Doch je näher sie kam, desto sicherer wurde er. Schließlich gehörte Personenidentifikation zu seinem Job. Das war eindeutig das Gesicht, das er von den Bilderrahmen auf dem Schreibtisch seines verstorbenen Hass-Vorgesetzten und Best Friend von Commander Kilburn kannte. Hieß sie nicht Ali­son? Na, die hatte ihm nun gerade noch gefehlt.

*

Genau das war Alisons Befürchtung gewesen, als Roy ihr von Olivers Tod erzählt hatte. Die gesamte Presse hatte sich im Savoy eingenistet. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, Scheuklappen aufzusetzen und durch den ganzen Trubel hindurchzumarschieren. Es gab schon genug Fragen, die sie jetzt klären musste. Da brauchte sie nicht auch noch die Paparazzi an ihrer Seite. Der Mann, den sie in diesem Fall umzingelten, hinderte sie jedoch daran. Die pechschwarzen, dicken Haare auf seinem Kopf passten so rein gar nicht zum typischen Savoy-Look. Die mit einer eindeutig zu großen Portion Low-Budget-Haargel geformte Frisur erinnerte an das widerspenstige Fell eines Rosetten-Meerschweinchens. Auch der Dreitagebart, durch den seine helle Haut hindurchschimmerte, schien eher die Folge von zu wenig Zeit als von Trendbewusstsein zu sein. All das übte eine faszinierende Anziehung auf sie aus. Genauso wie das einen Tick zu kleine, weiße Business-Hemd, das er sich offenbar noch vor seinen regelmäßigen Besuchen im Fitness-Studio gekauft hatte. Seine dunkelbraunen Mandelaugen sahen müde aus. Als sie Alison erblickten, wachten sie jedoch schlagartig auf. Sie war irritiert. Auf eine unerklärliche Art kamen sie ihr vertraut vor. Sie konnte sich aber beim besten Willen nicht daran erinnern, diesem Mann jemals zuvor begegnet zu sein.

Die Frau neben ihm kannte Alison hingegen sehr gut. Ihre nervtötende Stimme begrüßte sie jeden Morgen in der Küche, wenn sie BBC News einschaltete, um die Wartezeit auf Roys legendären Porridge mit Milch zu überbrücken. Mr Meerschweinchenwuschelkopf schien es ähnlich zu gehen. Als die BBC-Lady loslegte, wirkte er schlagartig einen Kopf größer.

»… spreche ich jetzt mit Detective Inspector Teddy Chan vom Scotland Yard …«

Teddy? Wie süß. Passte perfekt. Aber Chan? Alison überlegte. Chan, Chan, Chan … Über diesen Namen war sie in letzter Zeit bereits mehrfach gestolpert. Warum stand sie ausgerechnet jetzt so dermaßen auf der Leitung?

»… Was können Sie uns über den aktuellen Ermittlungsstand sagen, Mr Chan?«

Ermittlungsstand. Detective Inspector … Alison wurde mulmig. Das waren Worte, die man mit dem Savoy eher nicht in Verbindung bringen wollte. Erst recht nicht im Fernsehen. Und schon gar nicht, wenn einer der bedeutenden Stargäste tags zuvor in diesem Hotel ums Leben gekommen war.

»Nun …« Teddy Chan räusperte sich. »… meine Kollegen und ich verstehen natürlich vollkommen, dass die ganze Sache gerade in Anbetracht des bevorstehenden Chandelier Charity Concerts für großes Aufsehen gesorgt hat …«

Mitten im Satz berührte sie jemand an der Schulter. Alison erschrak und sah zur Seite. »Ken! Du hier?« Was für eine Frage, natürlich war Commander Ken Kilburn hier. Es ging um einen Todesfall. Hatte er deswegen gestern so plötzlich telefonieren müssen? Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Mr Chan.

»… Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir nach eingehender Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es sich bei dem Tod von Mr Montagu im roten Lift sehr wahrscheinlich um einen tragischen Unfall handelt.«

»Mr Montagu ist im roten Lift gestorben?«

Ken nickte.

Jetzt wunderte Alison gar nichts mehr. Klaustrophobie, Sensationslust, Gruselgeschichten – da kam so ziemlich alles zusammen, was Einschaltquoten brachte. Leider! Und so ein öffentlichkeitswirksamer Tod ließ sich selbst von der geübtesten Hotelcrew nicht vertuschen. Da gab es nur eine Möglichkeit: in die Offensive zu gehen.

»Ein Unfall?«, hakte die Nachrichtensprecherin nach. »Besorgt Sie das nicht? Schließlich war der rote Lift im Savoy Hotel Londons erster elektrisch betriebener Personenaufzug und ist somit seit bereits mehr als 100 Jahren in Betrieb.«

Detective Inspector Chan zog seine Stirn in Falten. Verständlich, denn so einen Blödsinn hatte auch Alison schon lange nicht mehr gehört. Zwar sah der rote Lift von außen noch immer genauso aus wie vor hundert Jahren, aber die Technik dahinter war unlängst modernisiert worden.

»Gibt es keine Zweifel an der Sicherheit?«, legte die Reporterin nach. »Wird man den Lift schließen müssen, Mr Chan?«

Undenkbar. Der rote Lift war eine Touristenattraktion, und das Savoy hütete ihn wie seinen Augapfel.

»Ich kann die Zuschauer von BBC News beruhigen«, antwortete Chan. »Der rote Lift ist und bleibt einer der am besten gewarteten Aufzüge Londons. Ich versichere Ihnen aber, dass meine Kollegen eventuelle Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit unverzüglich an das Technikteam des Savoy weiterleiten werden.«

Alison hoffte, dass die Besucher des Chandelier Charity Concerts seinen Aussagen mehr Glauben schenkten als sie. Sie sah zu Ken. »Ein tödlicher Unfall im Savoy? Wo an jeder Ecke ein Butler, Concierge oder jemand vom Room-Service lauert, um jedes noch so kleine Missgeschick unverzüglich auszubügeln oder bestenfalls im Vorfeld zu verhindern? Das glaubst du doch selbst nicht?«

Ken schien von Alisons Worten nicht verunsichert zu sein. Zumindest die BBC-Reporterin dachte jedoch offenbar ebenso. Die Gute gab nicht auf.

»Ist es wahr, Mr Chan, dass Sie kurz vor dem Tod von Mr Montagu in das Hotel gerufen wurden, weil er sich …« Sie wandte ihren Blick verschwörerisch Richtung Kamera. »… im Zimmer 502 von unerklärbaren Ereignissen bedroht gefühlt hat?«

»Das kann ich so nicht bestätigen …« Mr Chan machte eine kurze Pause, um nachzudenken, wurde aber umgehend von der Reporterin unterbrochen.

»Ein Informant, der aus Angst um seinen Job hier im Savoy nicht namentlich genannt werden will, sprach von einem Geist.«

Bei dem Wort Geist brach ein Blitzlichtgewitter über Mr Chan herein, wie es das Savoy zuletzt wohl beim Videodreh von Taylor Swift erlebt hatte. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut.

»Nun, Mr Montagu starb im Aufzug und nicht in seinem Zimmer, nicht wahr?«

Respekt, da hatte er meisterhaft die Kurve gekriegt. Sogar Ken applaudierte. »Ein toller Mann.«

Alison schwieg. Ken stupste sie mit dem Ellenbogen an. »Vertrau mir, Alison, es war ein Unfall.«

»Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Ein mysteriöser Tod ausgerechnet vor dem Chandelier Charity Concert. Ist das nicht ein seltsamer Zufall?«

Ein plötzlicher Tumult unterbrach Alisons Gespräch mit Ken. Die Pressekonferenz war beendet. »Ich muss wieder rüber, Alison.« Er klopfte ihr die Schulter. »Aber ich werde über deine Worte nachdenken, ich verspreche es.«

Alison hatte ohnehin keine Zeit mehr. Der große Zeiger ihrer Rolex Pearlmaster rückte der Drei inzwischen bedrohlich nahe. Mildred hasste Unpünktlichkeit.

*

Einen Vorteil hatte das Savoy. Das Sicherheitspersonal navigierte die Presseleute schneller nach draußen als so manches Interventionsteam der State Police. Teddy schnappte sich eines dieser Feuchttücher, das ihm die Pressesprecherin zur Verfügung gestellt hatte, und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Unmengen von Make-up schmierten sich dabei ins Tuch. Wie konnte man nur beim Fernsehen arbeiten und sich diesen Dreck Tag für Tag freiwillig in die Poren stopfen?

»Wunderbar, Mr Chan!«, tönte es von der Seite. Ein Grummeln seinerseits musste als Antwort genügen. »Nun, Mr Montagu ist im Aufzug gestorben und nicht in seinem Zimmer«, mimte Ken ihn mit tänzelndem Schnurrbart nach. Er hatte wahrlich Besseres zu tun, als sich das jetzt anzuhören. Er wartete, bis Ken wieder in Richtung der Presse verschwunden war, knüllte seine benutzten Tücher in den Müll und hielt nach der Frau Ausschau, die er unmittelbar vor der Pressekonferenz hatte ins Haus kommen sehen. Sie war nirgends mehr zu finden. War es vielleicht doch nur Einbildung gewesen? Er hatte die Nacht kaum ein Auge zugetan. Dann der Druck wegen des Auftritts im Fernsehen. Die Sache mit Benisha. Wie sollte er das alles unter einen Hut bekommen? »Wo habe ich nur meinen Kopf?«, sagte er zu sich selbst, einen Tick zu laut offenbar.

»Das hat sich Oliver Montagu gestern sicher auch gefragt.« Sein Constable grinste ihn an. Als Teddy nicht weiter reagierte, schlug Smith sich auf die Schenkel und lachte für sich allein. Teddy ließ ihn links liegen und wendete sich an die Rezeption. Er würde die Sache klären, bevor er sich noch mehr Gedanken machte als nötig. »Ich muss Sie leider noch einmal belästigen, Phil. Ist bei Ihnen jemand auf den Namen Granville eingebucht?«

Phil brauchte nicht einmal in seinen Computer zu schauen. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »Oh natürlich, Sir.«

Dann hatte sein Blick ihn also doch nicht getäuscht. Sie musste die Tochter von Ronald Granville sein.

»Wenn Sie Mrs Mildred Granville meinen«, sprach Phil weiter, »die wohnt in Zimmer 502.«

Mildred Granville? Dann war die Sache schlimmer als befürchtet. Und obendrein 502? Teddy hoffte, er hatte sich verhört.

»Das Zimmer von Oliver Montagu?«

»Korrekt, Sir. Sie ist gestern Abend noch bei uns eingezogen.«

»Direkt nach dem Vorf…« Er räusperte sich. »Unfall?«

Mit einem Schlag wurde der Concierge leichenblass, presste ein kurzes »Yes« heraus und tippte wild auf seinem Computer herum. Teddy stutzte. Wich Mr Elvistolle etwa seinem Blick aus? Hier stimmte doch etwas nicht. In einem komplett ausgebuchten Hotel kam jemand auf mysteriöse Art und Weise ums Leben, und prompt stand ausgerechnet Mildred Granville bereit, um in sein Zimmer zu ziehen? Gerade als Teddy nachhaken wollte, stoppte der Concierge mit der Tipperei und lächelte ihn wieder an. »Commander Kilburn hielt das für unproblematisch. Schließlich ist Mr Montagu bei einem Unfall im Lift gestorben und nicht in seinem Zimmer, nicht wahr?«

Teddy war sprachlos. Es war immer und überall dasselbe. Hieß man Granville, bekam man, was man wollte. Ob diese Frau auch bereit war, dafür über Leichen zu gehen?

»Soll ich Mrs Granville etwas ausrichten, Sir?«

Teddy zögerte. Da hatte er mal eine Nacht zu wenig geschlafen, und schon sah er Gespenster. Nichts da! Zugegeben, das Gespräch war dem Concierge spürbar unangenehm. Aber war es denn ein Wunder, dass der Anblick der Leiche im Fahrstuhl gestern ihm noch immer zu schaffen machte? »Schon okay«, antwortete Teddy. »Vielen Dank!« Dieses Wochenende hatte er fix Dustin versprochen. Die Sache mit dem Aufzug war ein Unfall gewesen. Das sahen auch alle seine Kollegen so. Inklusive Ken. Damit war die Sache abgeschlossen. Basta! Sein Leben war lange genug von einem Granville beeinflusst worden. Damit würde jetzt ein für alle Mal Schluss sein. Enough is enough!

Der Tod bucht Zimmer 502

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