Читать книгу Was du niemals tun solltest, wenn du unsichtbar bist - Ross Welford - Страница 27

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Zwei Stunden später bin ich immer noch unsichtbar.

Ich habe lange und heiß geduscht und mich gefragt, ob man Unsichtbarkeit vielleicht abwaschen kann – wie eine Beschichtung oder was Ähnliches. Habe mich wie wild geschrubbt, bis sich die Haut ganz wund anfühlte, doch die Seife schäumte auf etwas, das man nicht sah, und als ich sie abwusch, war noch immer nichts da, nur nasse Fußabdrücke auf den Badfliesen.

Seitdem wandere ich durchs Haus, frage mich, was ich tun soll, und komme nicht ein Stück voran.

Ich weine nicht mehr. Das hilft sowieso nicht. Doch ich gebe zu, ich bin restlos, total und hundertprozentig

ZU TODE ERSCHROCKEN.

Erschrocken im Quadrat. Hoch drei.

Alle fünf Minuten schaue ich in den Spiegel.

Dann gehe ich wieder an den Laptop und suche im Internet nach Themen, in denen »unsichtbar« oder »Unsichtbarkeit« eine Rolle spielen.

Das meiste ist unglaublich kompliziert, enthält mathematische, physikalische, chemische und biologische Erklärungen, die weit über das hinausgehen, was wir in der Schule durchnehmen. Dennoch scheinen die Menschen seit Jahrzehnten nach dem zu streben, was mir gerade passiert ist.

Auf YouTube gibt es ein Video von James Bond und einem unsichtbaren Auto.

»Anpassungsfähige Tarnung, 007«, erklärt Q. Er läuft um den Aston Martin herum. »Winzige Kameras projizieren das Bild, das Sie sehen, auf eine lichtemittierende Polymerhaut auf der gegenüberliegenden Seite. Auf den ersten Blick ist das so gut wie unsichtbar.«

Dann drückt er auf einen Knopf und das Auto verschwindet.

Wisst ihr was? Bis heute hätte ich behauptet, so was ist einfach Blödsinn. Das Video stand auf einer Liste: die Top Ten der irren James-Bond-Erfindungen.

Und nun?

Bin ich mir nicht mehr so sicher.

Wenn es mir passiert ist, warum nicht auch einem Auto?

Ich habe rausgefunden, dass es zwei Möglichkeiten gibt, wie etwas unsichtbar wird.

Bereit für Erklärungen?

Ich werde mich einfach ausdrücken.

Zuerst muss man verstehen, wie Sehen funktioniert. Dinge sind sichtbar, weil Lichtstrahlen von ihnen zurückgeworfen werden und in unsere Augen gelangen. Zum Beispiel: Das Licht trifft auf einen Baum und wird auf der Rückwand unseres Auges reflektiert. Gleichzeitig passiert etwas unglaublich Schlaues in unserem Gehirn und man sieht den Baum.

Man kann also etwas unsichtbar machen, indem man es mit einer »Tarnkappe« abdeckt. Dann werden die Lichtstrahlen um den Baum herumgelenkt, so wie Wasser, das sich um den Finger teilt, wenn man ihn unter den Hahn hält, und danach wieder in einem Strahl zusammenläuft.

Viele Wissenschaftler sagen, sie seien kurz davor, eine solche Tarnkappe zu erfinden, vor allem für militärische Zwecke. Dabei geht es garantiert um unsichtbare Panzer oder Schiffe oder Flugzeuge oder sogar Soldaten, was ja ganz cool wäre.

Könnt ihr mir noch folgen?

Okay. Es gibt außerdem die Möglichkeit, Licht durch einen Körper scheinen zu lassen. Bei Glas ist das so, und wenn ihr schon mal gegen eine Glastür gelaufen seid wie ich im Einkaufszentrum, dann wisst ihr, wie das täuschen kann.

Glas ist unsichtbar, wenn man direkt darauf schaut.

So funktioniert das auch mit den Röntgenstrahlen. Sie sind eine Sonderform des Lichts, die bestimmte Stoffe durchdringen, andere aber nicht. Röntgenstrahlen dringen durch Haut und Muskeln, nicht aber durch Knochen, daher können Ärzte in uns hineinsehen.

Bei mir muss es sich also um die zweite Möglichkeit handeln. Das Licht scheint durch mich hindurch, deshalb sieht es so aus, als wäre ich gar nicht da, obwohl ich doch da bin.

Nur hilft mir diese Erkenntnis auch nicht gerade weiter.

Ich spule die Ereignisse noch einmal im Kopf ab: lege mich auf die Sonnenbank, stelle den Timer ein, schlafe ein, wache auf, weil Lady mit dem Napf scheppert, und …

Lady! Wo ist sie eigentlich hin?

Zuletzt habe ich sie gesehen, als sie aus der Küchentür raus ist. Ich gehe zur Tür und rufe nach ihr, pfeife laut und rufe noch einmal.

Habe ich nicht schon genug Sorgen, auch ohne einen verschwundenen Hund?

Mir fallen die mit Suchanzeigen gepflasterten Laternenpfähle ein und mir wird schlecht. Alle reden davon.

Früher gab es im Jahr einen oder höchstens zwei Steckbriefe: Hund entlaufen, Katze fort, wer hat sie gesehen? So was eben.

Seit Kurzem taucht etwa jeden Monat ein neuer auf. Granny hat es erst gestern erwähnt und gesagt, ich solle gut auf Lady achtgeben, wenn ich sie ausführe.

»Man kann nie wissen, was für komische Leute sich draußen rumtreiben«, hat sie gesagt.

Wenn nun jemand Lady mitgenommen hat? Sie ist so ein braver Hund, sie geht mit jedem mit.

Ich muss sie finden und dafür muss ich aus dem Haus, vielleicht sogar an den Strand. Da würde ich jedenfalls hingehen, wenn ich ein Hund wäre.

Es ist riskant. Sehr riskant sogar, aber manchmal ist die einzige Alternative, einfach nichts zu tun, und das ist im Augenblick gar keine Alternative.

Ich muss also aus dem Haus, unsichtbar, wie ich bin.

Was du niemals tun solltest, wenn du unsichtbar bist

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