Читать книгу Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer, Fred McMason - Страница 10

6.

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Hasard kletterte schon hinunter, dicht gefolgt von den anderen, denen der Abstieg gar nicht schnell genug ging.

Als er unten ankam, sah er immer noch in fassungslose und staunende Gesichter.

Die Fässer mit dem Trinkwasser waren vergessen. Das Wasser plätscherte über die Fässer, und niemand kümmerte sich darum.

Alle blickten auf die Felswand, die sich geöffnet hatte.

„Ein Piratenversteck“, sagte Jeff Bowie und fuhr sich aufgeregt mit seiner Hakenprothese über sein stoppelbärtiges Kinn.

„Oder Höhle von Stiergott“, sagte Batuti, der wild mit den Augen rollte. „Vielleicht werden alte Legenden jetzt wieder wach. Und dann rennen wilder Stiergott heraus.“

Hasard ging ein Stück durch das Wasser, zog sich an dem Felsen hoch und warf einen Blick in die dahinterliegende Höhle.

Er hatte einen langen Gang erwartet, der weiter in die Felsen führte, doch es gab keinen Gang. Der Raum hinter dem Minotaurus war nur so groß, daß ein einzelner Mann zusammengekauert darin hocken konnte. Dahinter war die Felswand glatt und eben, und es sah auch nicht so aus, als gäbe es ein weiteres geheimes Versteck.

Aber das, was in dem Versteck lag, erstaunte ihn doch. Da lagen ein Dutzend Goldstücke, fünf große zartschimmernde Perlen und zwei Händevoll silberner Piaster.

„Ein kleiner Schatz, den jemand versteckt hat“, sagte Dan, der nun ebenfalls in die Höhlung blickte.

Hasard griff nach den Silberstükken und ließ sie klimpern.

„Ehrlich erworben ist das nicht“, sagte er, „sonst würde man sich nicht der Mühe unterziehen und es verstecken. Für die meisten stellt es ein mittleres Vermögen dar.“

Mittlerweile drängten sich auch die anderen um das Stierbild und versuchten, einen Blick zu erhaschen.

Der Seewolf griff noch weiter hinein und fand einen zusammengerollten kleinen Papyrusbogen, den er vorsichtig herauszog. Im Tageslicht entfaltete er ihn, aber auf dem Papyrus standen nur ein paar Schriftzeichen, die vermutlich eine Nachricht enthielten.

Er zeigte sie seinen aufgeregten Söhnen, die sich mit den Ellenbogen ihren Weg durch die Seewölfe erkämpft hatten.

„Könnt ihr das entziffern, oder kennt ihr eins dieser Zeichen?“ fragte Hasard.

Die beiden starrten die Zeichen an, drehten sich um, hielten sie gegen das Licht und schüttelten dann bedauernd die Köpfe.

„Nein, ich kann es nicht lesen“, sagte Hasard junior.

„Nein, keine Ahnung, das kann vielleicht syrisch sein, ich weiß es jedenfalls nicht. Aber du solltest die Rolle gut aufheben, Sir. Man kann ja nie wissen …“ setzte er altklug hinzu.

Hasard gab die Rolle an Ferris Tucker weiter, der sie in sein Hemd steckte.

„Was geschieht mit dem Zeug?“ fragte der Profos. „Wir sollten es an uns nehmen und zu den übrigen Schätzen tun, die wir später in England wieder abliefern werden.“

„Also, ehrlich erworben ist das nicht, Sir“, schaltete sich Dan ein. „Da hast du ganz recht. Das hat hier jemand versteckt, der ein schlechtes Gewissen hatte und vielleicht schon lange tot ist, zu Staub geworden und verweht. Der nächste, der das Geheimnis entdeckt, nimmt das Gold, und das andere Beiwerk ohnehin an sich. Warum sollen wir es nicht nehmen?“

„Ja, warum eigentlich nicht? Bedenken habe ich keine, denn wir sind die rechtmäßigen Finder. Oder ist jemand dafür, daß wir das Zeug hier in der Höhle lassen?“

„Das wäre Verschwendung, Sir!“ rief Big Old Shane. „England braucht jeden Silberling.“

„Möglich, daß es sich der nächste Don holt, der die Insel ansegelt“, sagte Matt Davies. „Dann kriegt es Old Philipp.“

Keiner wußte, woher dieser kleine Schatz stammte, für wen er bestimmt war, oder wer ihn erbeutet hatte. Einem guten Zweck diente das alles nicht, und so hatte Hasard auch keinerlei Bedenken, das Zeug abzuräumen.

Die Piaster allein waren schon ein beträchtliches Vermögen, dann die Goldstücke mit einer Prägung, die den Seewölfen ebenfalls nicht geläufig war, und von den Perlen ganz zu schweigen.

Hasard ließ alles ins Boot bringen und warf noch einen letzten Blick hinter den Minotaurus.

Dann sah er zu dem Felsen hoch und sagte zu Ferris Tucker: „Sieh dir das mal an, Ferris! Eine simple, geradezu verblüffend einfache Konstruktion, aber sie hat verdammt viel Arbeit bereitet.“

Die Konstruktion ließ sich nicht so genau erkennen, weil das Tageslicht nicht voll in die Höhle fiel. Aber ein Blick darauf erklärte eigentlich alles.

„Oben hat man vermutlich eine Eisenstange durch den Fels getrieben“, sagte Ferris, der solche Konstruktionen immer schnell begriff und durchschaute. „Dann hat man Löcher in den Stein gebohrt und sie mit Bolzen untereinander verbunden. Der letzte Bolzen berührt das Bildnis und ist ebenfalls mit ihm verbunden. Wenn man jetzt da oben den Stein zur anderen Seite dreht, ziehen die Bolzen das Bildwerk wieder in den Felsen zurück. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert unsere Ruderanlage.“

„Richtig. Und beim Öffnen wird der Vorgang umgekehrt, und der Bolzen stößt den Minotaurus nach außen.“

Der Kutscher stand sinnend davor, und betrachtete das Bild.

„Das Bild scheint uralt zu sein, aber die Konstruktion besteht ganz sicher nicht so lange. Das ist ein richtiges Versteck, das vermutlich doch Piraten angelegt haben.“

„Woraus schließt du das?“

„Es gibt ganz einfach keinen Sinn, daß sich das Bild halb um die Achse dreht und eine kleine Grotte freigibt. Natürlich kann ich mich da auch täuschen, Sir.“

„Möglich, daß es doch uralt ist“, widersprach Hasard. „Und die Grotte hinter dem Asterios diente als eine Art Altar, um Opfer für die Gottheit darzubringen.“

„Das ist natürlich auch gut möglich“, räumte der Kutscher ein. „Ich möchte noch einmal dort hinaufsteigen, Sir. Darf ich?“

„Selbstverständlich“, sagte Hasard.

„Ich begleite den Kutscher!“ rief Dan. „Mich interessieren die alten Säulen auch.“

Hasard erlaubte auch das, und so stiegen Dan und der Kutscher wieder in die Felsen, während die anderen sich weiter um das Trinkwasser kümmerten oder den Minotaurus anstarrten.

Smoky nahm ein paar Steine und legte sie hinter die Öffnung. Dabei grinste er über das ganze Gesicht.

„Die Burschen werden staunen, wenn sie statt Gold nur Steine vorfinden“, sagte er. „Ganz sicher nehmen sie an, der Stiermensch habe sie betrogen und das Gold in Steine verwandelt.“

„Falls sich überhaupt jemand darum kümmert“, meinte Gary Andrews. „Aber wenn, dann gibt das sicher ein Späßchen.“

Was dieses Späßchen später allerdings für den räuberischen Sarazenen für Folgen haben sollte, das konnte sich keiner der Seewölfe ausmalen, denn sie kannten die Geschichte nicht.

Als Dan und der Kutscher auf der Höhe des Steins waren, hob der Seewolf die Hand.

„Dreht ihn wieder vorsichtig um“, sagte er, „damit die Grotte unsichtbar wird.“

„Aye, aye, Sir.“

Den großen Stein konnte ein Mann bequem allein drehen, wenn man den Punkt kannte, an dem man ansetzen mußte. Fast spielerisch schob sich das halbtonnenschwere Ungetüm herum.

Weiter unten knirschte es leise, dann schwang das Bildnis langsam herum und glitt in seine ursprüngliche Lage zurück. Niemand sah ihm jetzt das verborgene Geheimnis an.

In der rauhen Felswand befand sich das Bild eines Menschen mit aufgesetztem Stierkopf, weiter war nichts zu sehen.

„Gehen wir da vorn am Wasser entlang“, sagte der Kutscher. „Wenn wir ein paar hundert Yards gelaufen sind, können wir die Ruinen besser erkennen und kehren wieder um.“

„Wir können uns ruhig Zeit lassen, Kutscher, und in der Zwischenzeit kannst du mir noch mehr von den alten Sagen erzählen. Mich interessiert die Geschichte wirklich.“

Der Kutscher seufzte.

„Mit dir kann man reden, Dan“, sagte er ehrlich, „du bist aufgeschlossener als die meisten anderen. Die haben einfach keine Ader dafür. Unser Profos ist in der Beziehung ein richtiger Klotzkopf, und mitunter bin ich mir nicht sicher, ob er seine Worte ernst meint, oder ob er sich nur verstellt und mich verschaukeln will.“

„Wenn er etwas nicht weiß, besteht seine Verlegenheit darin, es ins Lächerliche zu ziehen“, meinte Dan. „Vorsicht, Kutscher, geh nicht so dicht an die Klippen heran, da gibt es loses Gestein.“

Links vor ihnen wuchsen die Felsen hoch auf, ähnlich wie an der Südküste Englands, und zwischen den Felsen gab es viele natürlich entstandene Buchten, aber auch tückische Untiefen.

Der Kutscher wies nach einer Weile zur rechten Seite hinüber.

Noch weiter im Landesinnern standen Überreste dorischer Säulen, von charakteristisch gedrungenen Proportionen ohne Basis. Die Schäfte der Säulen mündeten mit flachen Kannelüren direkt in den dicken Platten. Ein paar steinerne Quader lagen noch auf den Säulen, den Rest hatte die Zeit zerstört. Im Umfeld der Säulen war alles mit Trümmerbrocken übersät, und über vielen wuchsen schon Sträucher und Bäume.

Noch etwas weiter zurückversetzt sah man das minotische Zeichen. Die Hörner des Stieres, die übergangslos aus den Trümmern wuchsen.

„Das habe ich in den Büchern Doc Freemonts als Zeichnung gefunden“, sagte der Kutscher andächtig. „Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn man dann wirklich und wahrhaftig davorsteht.“

„Du hast schon viel gelesen, Kutscher, nicht wahr?“

„Ja, das kann ich behaupten, und ich würde dir auch empfehlen, alles an Wissen in dich hineinzustopfen. Mitunter kann man darauf zurückgreifen und es gebrauchen.“

Dan sann eine Weile darüber nach, dann nickte er. Sein Blick fiel nachdenklich durch einen schmalen Spalt zwischen zwei Felsen, und er konnte bis aufs Wasser sehen.

Wie angenagelt blieb er stehen.

„Was ist?“ fragte der Kutscher und blieb auch stehen. „Hast du einen Geist gesehen?“

Dan O’Flynn legte den Finger an die Lippen.

„Leise“, sagte er, „dort unten liegt ein Schiff in der kleinen Bucht. Wir sind also nicht allein.“

„Ein Schiff?“

„Ja, wir pirschen uns heran. Wenn wir die Felsen erreicht haben, können wir es besser sehen. Aber leise, sonst hört man uns. Und gib acht, daß sich keine Steine lösen. Von dort vorn haben wir einen vorzüglichen Beobachtungsplatz, ohne daß wir selbst gesehen werden.“

Vorsichtig schlichen sie weiter, die letzten paar Yards bis zu den Felsen legten sie robbend zurück.

Vergessen waren die minotischen Relikte. Weder Dan noch der Kutscher hatten jetzt einen Blick dafür. Was im Augenblick zählte, war nur das fremde Schiff, denn solange man nicht wußte, wen man vor sich hatte, konnte es eine ernsthafte Bedrohung sein.

Sie erreichten die Stelle und blickten hinunter. Ihr Blick ging in eine felsige Bucht, nicht weit von den aufragenden Felsen ankerte ein Schiff.

„Das ist ein Wrack“, flüsterte der Kutscher. „Da ist ja nicht viel heil geblieben, dem Kahn fehlen zwei Masten, und an Deck sieht es auch nicht gerade schön aus.“

„Ja, die Tante scheint einen wüsten Sturm abgeritten zu haben. Aber an Deck ist niemand zu sehen, und ich höre auch keine Geräusche nach oben dringen.“

„Was ist das für ein Schiff?“ fragte der Kutscher.

„Das läßt sich schwer sagen. Der Bauart nach eine moderne Schebekke, aber sie erinnert mich auch an eine Feluke. Das ist so ein Mittelding wie – wie …“ Dan suchte nach einem passenden Vergleich, fand aber keinen.

„Wie der Schwarze Segler ‚Eiliger Drache über den Wassern‘, eine Mischung aus Dschunke und Galeone, nur natürlich hier wieder ganz anders.“

„Richtig, um einen Vergleich zu haben.“

Dan suchte mit seinen scharfen Augen das Deck ab, und ihm wäre auch keine Bewegung entgangen, aber es gab keine Bewegung auf diesem Schiff, nichts, das auf Leben hindeutete.

„Die Besatzung hat es verlassen“, meinte er nach einer Weile. „Aber sie haben es hier in die Bucht gebracht, sonst würde es nicht vor Anker liegen.“

Dan robbte weiter um den Felsen herum, bis er einen noch größeren Überblick hatte und die gesamte Bucht überschauen konnte.

„Merkwürdig“, sagte er mißtrauisch. „Das Boot ist an Bord, und trotzdem scheint sich niemand auf dem Kahn aufzuhalten. Verstehst du das, Kutscher?“

„Ein Mittagsschläfchen werden sie um diese Zeit wohl kaum halten. Nein, das Schiff ist verlassen, Dan, sonst hätte sich ganz sicher schon jemand an Deck gezeigt.“

„Wir beobachten es noch eine Weile“, sagte Dan.

Er vergaß auch nicht, sich von Zeit zu Zeit umzudrehen. Es war ja nicht ausgeschlossen, daß sich ihnen jemand näherte.

Aber alles blieb still und ruhig. Nur der Wind flüsterte in den Felsen, kräuselte das Wasser in der Bucht und jagte weiter aufs Meer hinaus.

Nach einer Viertelstunde rührte sich da unten immer noch nichts.

Dan O’Flynn hob einen faustgroßen Brocken auf und verließ sich auf seine guten Augen. In jedem Fall sah er einen anderen zuerst, bevor der ihn entdeckte, und so stand er hinter dem Felsen auf, wog den Brocken in der Faust und schleuderte ihn hinunter.

„Wenn der trifft, dann weckt der Knall Tote auf, Kutscher.“

Der Stein traf und knallte auf das Vordeck. Dort sprang er ein paarmal hoch, polterte durch die Kuhl und donnerte an das Achterschott des Niederganges.

Das Geräusch war ekelhaft laut, und es pflanzte sich durch die Bucht fort, als die Felsen das Echo zurückwarfen.

Die beiden Seewölfe warteten mit angehaltenem Atem.

Nichts rührte sich auf dem halben Wrack. Niemand erschien an Deck, um sich nach dem Urheber des Kraches umzusehen. Auch ein zweiter Stein änderte nichts. Alles blieb still und ruhig.

Das Schiff war von seiner Besatzung einwandfrei verlassen oder aufgegeben worden. Der Teufel mochte wissen, wie lange es hier schon vor Anker lag.

Dan O’Flynn gab noch ein paar Minuten zu, wobei er die Schebecke scharf im Auge behielt. Dann erhob er sich, als sich unter ihnen immer noch nichts rührte.

„Kehren wir wieder um“, sagte er. „Das müssen wir sofort Hasard melden. Vielleicht sehen wir uns das Schiff einmal aus der Nähe an. Vielleicht gibt es da noch etwas zu holen.“

„Schätze lassen die Kerle sicher nicht unbewacht an Bord zurück“, meinte der Kutscher trocken. „Ebenso besteht natürlich die Möglichkeit, daß die Besatzung an einer Krankheit zugrunde gegangen ist. Womöglich finden wir nur Tote an Bord.“

„Das ist nicht auszuschließen“, sagte Dan beklommen.

Gleich darauf traten sie den Rückweg an.

Seewölfe Paket 13

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