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6.

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Es wurde Mitternacht, ehe sich in diesem Seebereich wieder etwas tat. Don Juans Geduld und das zähe Ausharren seiner Männer wurden jedoch belohnt. Im Übergang vom 21. auf den 22. Juli schoben sich die Umrisse der Schiffe von Westen heran, drohenden Schemen gleich, die ihre Kraft und Stärke im Verband fanden.

An Bord der beiden havarierten Galeonen waren die Besatzungen unterdessen nicht untätig gewesen – nur hatten all ihre Aktivitäten nicht den gewünschten Erfolg gehabt.

Bei der gerammten Galeone waren Planken eingedrückt, die zwar über der Wasserlinie lagen, aber allen, vom Kapitän bis zum kleinsten Decksmann, dennoch einiges Kopfzerbrechen bereiteten. Die rammende Galeone hatte schwere Beschädigungen am Steven. Ihr Bugspriet samt dem laufenden und stehenden Gut wurde mit Äxten und Sägen abgetakelt, doch es gelang trotz nahezu verzweifelter Anstrengungen nicht, den Steven aus der Einbruchstelle im Achterschiff der anderen Galeone zu bringen.

„Aussichtslos!“ rief der Kommandant der gerammten Galeone seinem Landsmann auf dem Achterdeck des zweiten Schiffes zu. „Wir schaffen es nicht! Wir können die Schiffe nicht mehr halten!“

„Señor!“ rief der andere Kommandant. „Ich habe keinen Grund, Ihnen zu widersprechen! Wir müssen aufgeben!“

Sie hatten ja auch bereits alles versucht, was in ihren Kräften stand. Mittels aller Jollen, sechs an der Zahl hatten sie die Rammgaleone übers Heck aus der anderen Galeone ziehen wollen, doch alle Anstrengungen waren vergebens gewesen. Die Muskelkraft der Rudergasten reichte für ein solches Unternehmen nicht aus. Andere Möglichkeiten, die ineinander verkeilten Schiffe zu befreien, gab es nicht. Die Kommandanten fühlten sich ohnmächtig und hilflos, und sie wußten nicht, wie sie dem Verbandsführer ihr Mißgeschick erklären sollten.

Aber sie mußten sich etwas einfallen lassen. Der Verband näherte sich ihnen, die Formation rückte unaufhaltsam näher. Don Garcia Cubera stand an der Querbalustrade des Achterdecks der „San José“ und blickte zu den beleuchteten Schiffen. Noch drückte seine Miene Freude und Zuversicht aus, denn die Galeonen waren bereits als Spanier identifiziert worden und es lag nahe, daß es sich bei ihnen um die Verstärkung aus Remedios handelte.

Dann aber meldete ihm sein Erster Offizier: „Señor, der Ausguck sagt, daß die Schiffe sich gegenseitig gerammt haben. Ihre Ruderanlagen scheinen kaputt zu sein.“

„Sagen Sie das nicht noch mal“, sagte Cubera fassungslos. „Die Ruderanlagen? Das darf nicht wahr sein.“

Zu eindeutig war der Hinweis auf den unheimlichen Gegner. Sollte der wieder zugeschlagen haben? Seine Spezialität waren die Schüsse auf Ruderanlagen – aber ging denn das noch mit rechten Dingen zu? Woher sollte er von der Verstärkung gewußt haben? Und wie konnte es angehen, daß er jedesmal mit seinen Angriffen den gewünschten Erfolg hatte? Wer war dieser Teufelskapitän? Wirklich Don Juan de Alcazar? Es hatte den Anschein. Nur ein Mann seines Kalibers konnte so verwegen und gleichzeitig derart erfolgreich sein.

Fast gemächlich näherte sich der Verband den verunglückten Schiffen, dann drehte er bei, und die „San José“ glitt auf Rufweite an die Kriegsgaleonen heran. „Hier Capitán Cubera!“ schrie er. „Was ist geschehen?“

„Wir sind überfallen worden, Señor!“ rief einer der beiden Kommandanten zurück. „Man hat uns die Ruderanlagen zerschossen, und dann hat es zu allem Unheil auch noch die Ramming gegeben!“

„Haben Sie den Angreifer erkannt?“

„Einer meiner Männer hat ihn gesehen, Señor Capitán!“ erwiderte der zweite Galeonenkommandant. „Es hat sich um einen Dreimaster unter Lateinerbesegelung gehandelt!“

Cubera zerbiß einen Fluch. „Dieser verdammte Don Juan“, murmelte er.

„Wenn er es ist, Señor“, sagte der Erste Offizier.

„Er ist es, verlassen Sie sich drauf. Woher konnte er wissen, daß diese beiden Galeonen zu meinem Verband stoßen sollten?“

„Das ist auch mir ein Rätsel, Señor.“

„Gleichviel, es hat keinen Sinn, darüber herumzugrübeln“, sagte Cubera. „Die Situation verlangt nach Aktion, Señores.“

Er übersah die Lage und glaubte zu wissen, wie man sie wieder in den Griff kriegen konnte. Die Rammgaleone mußte vorn geleichtert werden. Die Besatzung hätte dies gleich tun können – aber sie hatte es versäumt. Der Kommandant des Schiffes begriff jetzt, daß er einen schweren Fehler begangen hatte, als er nicht sofort daran gedacht hatte.

Doch Vorwürfe nutzten jetzt nichts mehr. Es mußte sofort etwas geschehen, sie vergeudeten sonst nur weitere kostbare Zeit. Sofort begaben sich die Männer an Bord der Rammgaleone ans Werk und begannen mit dem Umstauen der Ladung in den Pulver- und Munitionsdepots, der Kombüseneinrichtung und alles anderen, was sich nach achtern schaffen ließ. Auch die Drehbassen der Back wurden aus ihren Gabellafetten gehoben und nach achtern getragen.

Es herrschte emsige Betriebsamkeit, die Zeit verstrich wie im Flug. Das Auftauchen des Verbandes vermittelte den Männern an Bord der beiden verunglückten Schiffe ein Gefühl des Auftriebs und der Stärke, gleichzeitig spürten sie die Solidarität der anderen Besatzungen, die ihnen gut nachempfinden konnten, wie ihnen zumute war.

Don Garcia Cubera, der entschlossen und umsichtig zu Werke ging, war überdies der richtige Führer. Verzweiflung und Resignation schienen ihm fremd zu sein. Unter seinem Kommando konnte man überzeugt sein, stets das Richtige zu tun. Natürlich konnten auch ihm Fehler unterlaufen – aber daran dachte keiner, wenigstens zu diesem Zeitpunkt nicht.

Der einzige, der gegen Don Garcia Cubera war und ihn von Herzen haßte, war Don Antonio de Quintanilla, der nach wie vor in seiner Kammer auf der Koje hockte und die finstersten Rachepläne ausbrütete. Er hatte wieder in seinem Gepäck zu kramen begonnen, doch wieder ohne jegliches Ergebnis. Hatte er nun eine Pistole oder nicht? Er wußte es immer noch nicht.

Draußen gingen die Arbeiten ununterbrochen weiter. Als sich der Schwerpunkt der Rammgaleone mehr nach achtern verlagert hatte, gelang es unter dem Einsatz weiterer Jollen des Verbandes, die Rammgaleone aus der anderen Galeone zu ziehen. Wieder wurde viel von den Jollenbesatzungen gefordert, doch ihre Kräfte reichten diesmal aus. Als sie merkten, daß ihr Pullen Erfolg hatte, verdoppelten sie ihre Anstrengungen und feuerten sich gegenseitig an.

Dieser kritische Moment verlangte den Besatzungen aller Kriegsschiffe ihre volle Aufmerksamkeit ab. Selbst die Ausguckposten waren durch das Manöver abgelenkt – und so registrierte keiner von ihnen rechtzeitig genug das Nahen des Gegners, der diesen Augenblick ausnutzte und sich als schmaler Schattenriß von Norden heranschob.

Ja, das Warten hatte sich für Don Juan de Alcazar gelohnt. Wieder bot sich ihm eine Lücke, eine Schwäche des Gegners – eine Chance. Er durfte sie nicht verspielen, er mußte sie wahrnehmen. In dem Moment, in dem die Jollenbesatzungen mit ihrem Manöver begonnen hatten, hatte er wieder die Segel setzen lassen, und die Schebecke glitt auf die Lichter des Verbandes zu.

Als Zielobjekt hatte sich Don Juan dieses Mal eine Kriegsgaleone ausgesucht, die in Luv des Verbandes vor Treibanker lag. Wuchtig ragte das Schiffsgebäude auf, erhellt durch eine Heck- und eine Ankerlaterne. Die scharfgezeichneten Konturen warfen bizarre Muster auf die Wasserfläche. Leicht hob und senkte sie sich in der Dünung, der lange, aufragende Bugspriet stach wie ein dürrer Finger in die Nacht. Sämtliche Besatzungsmitglieder hatten sich am Schanzkleid versammelt und spähten zu den beiden Galeonen hinüber, die soeben voneinander getrennt wurden. Keiner schien sich um das zu kümmern, was in Luv vor sich ging – aber das war eben nur der Anschein. Diesmal täuschten sich Don Juan und seine Crew: Ihr Nahen wurde doch bemerkt.

Der Ausguck der spanischen Kriegsgaleone war auf der Hut. Sein Kapitän hatte ihm wie auch den anderen Männern auf den verantwortlichen Posten angedroht, sie auspeitschen zu lassen, wenn sie ihre Pflichten vernachlässigten. Auch der Ausguck – er hockte im Großmars – war ständig versucht, seinen Blick auf die beiden verunglückten Schiffe zu richten, aber gleichzeitig zwang er sich, immer wieder prüfend in die Runde zu schauen.

„Guadalquivir“ hieß die Galeone. Ihr Kapitän war Don Pedro Alfonsin, und der Name des Ausgucks lautete Raúl Casaderes. Die Besatzung samt der Seesoldaten war an die zweihundert Mann stark und bestand fast ausnahmslos aus kampferprobten und erfahrenen Männern, auf die Don Pedro sich verlassen konnte. Sie hatten die bisherigen Angriffe auf den Verband in allen Phasen mitverfolgt und sich glücklich geschätzt, nicht selbst angeschossen worden zu sein. Doch jetzt war es soweit: Die Schebecke schob sich auf die „Guadalquivir“ zu.

Raúl Casaderes sah sie nahen, als sie sich noch etwa eine halbe Kabellänge von der Galeone entfernt befand. Er kniff die Augen zusammen und vergewisserte sich, daß er keiner Täuschung erlag, dann stieß er seinen Alarmruf aus.

Unter ihm wurde es lebendig. Der Capitán schrie seine Befehle, die Männer stürzten auf die Gefechtsstationen. Durch die offenen Stückpforten der Backbordseite und über die Rohre der feuerbereiten Geschütze hinweg erkannten auch sie nun den Schattenriß des kleinen, schnellen Schiffes. Flüche wurden laut, dann stob und knisterte die Glut in den Kupferbecken, und in aller Eile wurden die Zündschnüre entfacht.

Don Juan bemerkte, durch den Ruf des Ausgucks ebenfalls alarmiert, was an Bord der „Guadalquivir“ vorging. Trotzdem dachte er nicht daran, jetzt noch abzudrehen. Ein anderes Schiff als Angriffsziel konnte er sich ohnehin nicht mehr aussuchen. Auch die Mannschaft der anderen Schiffe waren jetzt unterrichtet, Rufe schallten von Bord zu Bord. Das Unternehmen abbrechen? Nein, darin war sich Don Juan mit seinen Männern wieder einmal einig. Sie wollten nicht umkehren.

Vigil und Buarcos zündeten die vorderen Drehbassen, und mit lautem Krachen flogen die Ladungen aus den Rohren. Sie schlugen ins Heck des Gegners, aber noch befand sich die Schebecke nicht auf der richtigen Schußposition, um die Ruderanlage der Galeone nachhaltig zu beschädigen. Beide Kugeln richteten kaum Schaden an.

Don Juan schickte sich an, vom Wind abzufallen und die „Guadalquivir“ mit den Backbord-Vierpfündern zu bepflastern, aber in diesem Moment donnerten die Culverinen der Galeone. Acht Blitze leckten aus den Stückpforten der Backbordseite, und die aufsteigenden Rauchwölkchen verbanden sich zu einem einzigen, träge dahinfließenden Vorhang aus schwarzem Qualm.

„Deckung!“ rief Don Juan noch – aber seine Männer lagen schon bäuchlings auf dem Deck. Die Kugeln der „Guadalquivir“ heulten heran und fegten über sie weg, einige lagen zu kurz und schlugen vor der Bordwand ins Wasser. Rauschende Fontänen stiegen auf und fielen wie zerbrechende Glaskronen wieder in sich zusammen.

Vigil, Buarcos, Matteo und die anderen sprangen wieder auf, stürzten zu den Vierpfündern und zündeten sie, ehe der Gegner nachladen und erneut schießen konnte.

Don Pedro Alfonsin hatte aber wohlweislich nur einen Teil der Geschütze abfeuern lassen. Jetzt wurden an Bord der „Guadalquivir“ die Segel gesetzt und der Treibanker gelichtet, und drohend wandte sich das schwere Schiff dem Angreifer zu. Über Stag drehend ging es an den Wind und nahm die Luvposition ein. Dann donnerten die restlichen fünf Siebzehnpfünder der Backbordbatterie, während die Schebecke auf Kurs Süden an ihrem Achterschiff vorbeizusegeln versuchte.

Vigil und die anderen Geschützführer feuerten in das Wummern der Culverinen hinein. Ein Höllenlärm entstand, aber das Dröhnen der Kanonen und das Geschrei der Männer zu beiden Seiten waren im Vergleich zu der Wirkung der Kugeln übertrieben. Viel Lärm um nichts – die Kugeln klatschten ins Wasser, keine saß im Ziel.

„Ab!“ sagte Don Juan. „Gleich haben wir den ganzen Verband am Hals!“ Er hatte recht, denn schon wurde auch an Bord der anderen Schiffe manövriert.

Aber die Schebecke verschwand wie ein Spuk in der Nacht. Auch ein guter Ausguck wie Raúl Casaderes vermochte nicht zu verfolgen, auf welchem Kurs sie sich absetzte – und es hatte nicht den geringsten Sinn, jetzt noch die Verfolgung aufzunehmen.

Dieser Ansicht war auch Don Garcia Cubera. Er gab den Befehl, weitere Aktionen zu unterlassen und erneut vor Treibanker zu gehen. An Bord der „Guadalquivir“, so wurde ihm durch Don Pedro Alfonsin mitgeteilt, hatte es weder Tote noch Verletzte gegeben, und dieses Mal hatte die Schebecke keinen Erfolg gehabt: Die Ruderanlage war noch intakt. Nur der Heckgalerie des Schiffes fehlten ein paar Holztraljen, und der Steven war leicht angekratzt durch die Drehbassenkugeln. Es waren jedoch keine Schäden, die die „Guadalquivir“ an einer Weiterfahrt hinderten.

Ob die Schebecke getroffen war oder nicht, hatte niemand beobachtet, auch Casaderes nicht. Dennoch waren die Spanier mit sich selbst zufrieden.

„Diesmal haben wir es den Hunden gegeben“, sagte Alfonsin grimmig. „So schnell tauchen die nicht wieder auf.“

„Wenn sie das nächstemal erscheinen, kriegen sie den Rest“, sagte auch Don Garcia Cubera zuversichtlich. Das Manöver an den beiden ineinandergeratenen Kriegsgaleonen konnte nun zum Abschluß gebracht werden.

Don Antonio de Quintanilla lag auf dem Boden seiner Kammer und traf Anstalten, in ein Schapp unter der Koje zu kriechen. Es war jedoch nicht die Angst vor dem unheimlichen Feind, die ihn dazu veranlaßte. Er wußte, daß der Angriff einem Schiff gegolten hatte, das am Ende, des Verbandes lag. Und er stellte auch keine großen Überlegungen darüber an, ob es sich tatsächlich um Don Juan de Alcazar mit der Schebecke gehandelt hatte oder nicht. Ihm ging es momentan um etwas anderes.

Ein Teil seines Gepäcks, so war ihm endlich eingefallen, war in dem Kojenschapp verstaut worden. Sein ganzes Bestreben war jetzt darauf ausgerichtet, die Pistole zu finden und an sich zu bringen – falls es sie wirklich gab. Er mußte unbedingt wissen, ob sie tatsächlich existierte oder ob er sich das nur einbildete.

Notruder wurden an Bord der beiden beschädigten Kriegsgaleonen gebaut – und wieder verstrich kostbare Zeit. Die Dunkelheit wich ersten heraufziehenden grauen Schleiern, die den Morgen ankündigten. Im einsetzenden Licht hielten die Toppgasten auf allen Galeonen und Karavellen des Kriegsverbandes noch einmal nach der Schebecke Ausschau, aber rundum war nichts mehr von ihr zu entdecken. Keine Mastspitzen zeigten sich an der Kimm, nichts geschah.

Don Garcia Cubera hatte sich ausführlich mit den Kapitänen der beiden verunglückten Galeonen unterhalten und bei dieser Gelegenheit erfahren, daß in Remedios noch eine Kriegskaravelle lag. Zum Zeitpunkt des Auslaufens der beiden Galeonen war sie nicht seeklar gewesen, doch inzwischen mußte auch sie fertig zum In-See-Gehen sein. Daher gab Cubera den Befehl, nunmehr Remedios anzusteuern – mit dem ganzen Verband.

Als die Sonne gelblichweiß aus der See stieg, lichteten die Schiffe die Treibanker und setzten die Segel. Die beiden beschädigten Galeonen vermochten nur langsame Fahrt zu laufen, folglich stellten sich die anderen darauf ein. Nur mit Besan und Fock schlichen sie dahin, und es sollte einige Zeit dauern, ehe sie den Hafen erreichten.

Die Kriegskaravelle von Remedios sollte dem Verband eingegliedert werden, da Don Garcia Cubera ohnehin auf die Verstärkung durch die beiden Galeonen verzichten mußte. Aber er hatte unterdessen auch noch einen anderen Plan gefaßt.

Schaluppen sollten dem Verband zugeordnet werden. Sie sollten als Avisos benutzt werden, als Aufklärer also, die einen doppelten Zweck erfüllen würden. Zum einen war Cubera der nächtlichen Überfälle überdrüssig. Er wollte dafür sorgen, daß es zu derartigen Überraschungen nicht mehr kam. Besser als die Jollen würden die Schaluppen den Verband nach allen Seiten abschirmen, so daß ein neuerliches Auftauchen der Schebecke sicherlich rechtzeitig genug gemeldet werden konnte. Zum anderen benötigte der Kommandant Landungsboote, um die Pirateninsel besetzen zu können, sobald die feindliche Abwehr durchbrochen war.

„Eine gute Idee, Señor“, sagte auch der Erste Offizier der „San José“, als Cubera mit ihm darüber sprach. „Die Gefährlichkeit der nächtlichen Überfälle kann gewiß verringert werden.“

„Wir werden die Schaluppen rings um den Verband postieren.“

„Als Jagd- und Wachhunde sozusagen?“

„Ja. Und ich kann nur hoffen, daß sie den Gegner irgendwann schnappen und tüchtig zubeißen.“

„Auch wenn es sich um Don Juan handelt?“

„Natürlich“, entgegnete Cubera mit ernster Miene. „Wer immer die Schebecke befehligt, er muß nach Möglichkeit gestellt, gefaßt und bestraft werden. Keiner darf wagen, einen spanischen Kriegsverband hinterhältig zu überfallen. Wenn es sich um einen Landsmann handelt, wiegt die Sache doppelt schwer.“

Undeutlich vernahm auch Don Antonio de Quintanilla diese Worte, die auf dem Achterdeck der „San José“ gesprochen wurden. Er hatte es aufgegeben, zu lauschen und zu versuchen, etwas von dem Gesagten zu verstehen. Es war unmöglich. Er konnte allenfalls raten, was Cubera und der Erste sich mitzuteilen hatten. Aber es interessierte ihn inzwischen auch nicht mehr.

Er hatte seine Suche abgeschlossen und war fündig geworden. Er war verschwitzt, sein Gesichtspuder war verwischt und verschmutzt, und auch die Perücke hatte er wieder einmal verloren. Aber all das kümmerte ihn nicht. Er saß auf dem Boden seiner Achterdeckskammer und hielt in den Händen, wonach er so verzweifelt geforscht hatte: eine doppelläufige Radschloßpistole.

Der Posten, der vor dem Schott der Kammer Posten bezogen hatte, ahnte davon nichts. Niemand wußte davon, und niemand würde es erfahren, ehe nicht der geeignete Moment gekommen war. Don Antonio hatte eine Pistole – und er würde sie zu benutzen verstehen.

Natürlich hatten seine Lakaien auch das Pulver und die Kugeln nicht vergessen, als sie die Sachen für die Überfahrt zu den Caicos-Inseln gepackt hatten. Don Antonio grinste, sein Gesicht war eine einzige verzerrte Fratze. Mit langsamen, umständlich wirkenden Bewegungen begann er, Pulver aus dem kleinen Horn in die Läufe der Pistole zu schütten und die Kugeln einzuführen.

Rache ist süß, dachte er, wartet nur, ihr werdet noch euer blaues Wunder erleben.

Die Gesichter von Don Garcia Cubera und dem Ersten Offizier der „San José“ tauchten im Geist vor ihm auf. Seine Augen weiteten sich, sie hatten einen fanatischen Glanz. In seinen Gedanken verwünschte er sie in die tiefsten Schlünde der Hölle.

Gegen neun Uhr langte der Verband im Hafen von Remedios an. Die „San José“ vertäute an der Pier, die anderen Schiffe ankerten auf der Reede. Die Ausguckposten waren besetzt, und der Verband blieb klar zum Gefecht.

Capitán Don Garcia Cubera begab sich sofort an Land, um dem Hafenkommandanten seine Wünsche auseinanderzusetzen. Die beiden beschädigten Kriegsgaleonen wurden unterdessen zur Werft bugsiert, wo ihre Ruderanlagen wieder instand gesetzt werden würden. Cubera warf ihnen noch einen Blick zu, ehe er die Hafenkommandantur betrat, und er dachte unwillkürlich: Herrgott, wie viele Schwierigkeiten wird es noch geben, bis wir die Insel der Engländer erreichen?

Er ahnte nicht, daß ihm die nächste üble Überraschung bereits unmittelbar bevorstand.

Seewölfe Paket 21

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