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7.

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Alles konnte man den Seewölfen nehmen, nur ihren Galgenhumor nicht. Auf der Suche nach den Kameraden hörten Hasard und Ben nicht auf, sich anzustänkern. Gab es denn eine andere Möglichkeit, die immer wieder aufsteigende Verzweiflung zu bezwingen?

Im Achterdeck waren die Kameraden nicht zu entdecken, weder in der Kapitänskammer noch in den anderen Kammern. Hasard und Ben mußten in die Frachträume hinunterklettern und unter Lebensgefahr zwischen den unsagbar wertvollen Ladegütern hindurchturnen, die im Begriff zu sein schienen, sich zu verselbständigen.

Es hatte wenig Sinn, die Schatztruhen, die Barren und kostbaren Einzelstücke zusätzlich festzurren zu wollen. In dieser Situation wäre es eine reine Idiotenarbeit gewesen.

Bis ins Vorschiff mußten Hasard und Ben vordringen. Hier, im Mannschaftslogis, stießen sie endlich auf die Männer. Carberry versuchte immer wieder, eine Öllampe in Betrieb zu setzen, aber länger als ein paar Sekunden hielt sich die Flamme nicht.

Die Männer waren dicht zusammengerückt. Ein bißchen Wasser war eingedrungen, es plätscherte hin und her, und draußen war das Brüllen der entfesselten See.

„Wir befinden uns im Zentrum des Taifuns!“ rief Shane.

„Die Spanier nennen es das Zyklonenauge“, erwiderte der Seewolf, während er nach Halt suchte. „Bildet euch bloß nicht ein, daß wir da ungeschoren wieder ’rauskommen.“

„Und das zu Weihnachten!“ brüllte der Profos. „Kutscher, zum Teufel mit deinem Kuchen!“

Der Kutscher war bemüht, nicht von der Koje losgerissen zu werden, an der er sich festhielt, er wäre sonst unweigerlich quer durchs Logis gerollt.

„Was kann denn mein Kuchen dafür?“ begehrte er auf.

„Er hat den Scheiß-Taifun ausgelöst …“

„Du hast ja nicht alle!“

„Wer war das?“ brüllte der Profos in die Tintenschwärze des Raumes.

„Ich!“ rief der Kutscher.

„Nein, das war O’Flynn!“ brüllte Carberry. „Ich hab die Stimme genau erkannt.“

„Laß mich bloß in Ruhe!“ fuhr ihn der alte O’Flynn an. „Ich bin auch so schon sauer genug.“

Carberry wollte entgegnen, daß er nicht den Alten, sondern dessen Sproß gemeint hatte, aber er ließ es bleiben, weil auch er genug damit zu tun hatte, sich Halt zu verschaffen.

„Donegal!“ schrie Matt Davies. „Spuck bloß nicht so große Töne. Du hast es gerade nötig!“

Ein Grollen sprang gegen die „Isabella“ an, ein Beben schüttelte das Schiff von oben bis unten durch, und Matt schwieg entsetzt.

Dann aber, als das scheußliche Zittern wieder aufgehört hatte, fuhr er fort: „Eigentlich habe ich es ja immer gesagt, daß du ein Jonas bist. Einer, der hinter den Horizont schauen kann. Einer, der uns Unglück bringt, nichts als Unglück.“

„Matt Davies, wenn das dein Ernst ist …“

„Mein voller Ernst, was denn sonst?“

„Warte, ich kriege dich zu fassen und schlag dir mit dem Holzbein den verdammten Schädel ein, daß das ganze Stroh ’rauskommt!“ brüllte Old Donegal.

„Dazu mußt du mich erst mal gefunden haben!“ rief Matt im Orgeln des Sturmes.

Hasard zwang seine Männer nicht zum Schweigen, damit hätte er alles nur noch verschlimmert. Die „Isabella“ trieb ruder- und führungslos, mit zerfetzten Segeln und berstenden Masten in der wirbelnden See, und da konnte man nur noch beten, fluchen oder reden, reden, reden, um den Ernst der Stunde zu überspielen.

Eine Rauferei, dachte Matt Davies, eine richtig schöne Keilerei, das wäre genau das richtige, bevor wir pünktlich zu Weihnachten mit unsrer liederlichen Lady absaufen …

Das Wetter tobte nicht vierundzwanzig Stunden, wie es der Chronist Coelius über einen anderen Taifun zu berichten gewußt hatte – nein, fast vierzig Stunden dauerte er an, bis zum zweiten Weihnachtstag 1584.

Hasards Männer glaubten ernsthaft daran, den langen Sprung über die dunkle Schwelle bereits vollführt zu haben. Sie waren ein ramponierter, zerschundener Haufen geworden, der sogar den Geschmack am Meckern und Höhnen verloren hatte. Nein, diesmal war es ganz und gar ausgeschlossen, dem Leibhaftigen ein Schnippchen zu schlagen. Sie befanden sich in seiner Gewalt.

Der Seewolf war es dann, der als erster eine gewisse Veränderung feststellte. Immer noch schienen Giganten an dem Schiff zu rütteln, aber das Abschwächen des Heulens und Tosens schien nicht nur in Hasards Einbildung, zu existieren.

Er wägte es, sich an Oberdeck zu begeben. Nach ungezählten Stunden des Dahindämmerns unter Deck drückte er das Querschott des Vordecks auf und schob sich ins Freie. Sofort peitschte ihm Wasser entgegen, sofort mußte er sich wieder festklammern.

Aber er brachte es doch fertig, bis auf die Back zu klettern. Unter den schwersten Bedingungen im Zentrum des Taifuns war dies schier unmöglich gewesen. Jetzt aber konnte er sich halten und nach allen Seiten Ausschau halten.

Rundum kochte und brodelte es, als wolle es nie wieder aufhören. Hasard wollte entmutigt wieder zu den Kameraden zurückkehren, da sah er noch einmal voraus – und stieß einen Schrei aus.

Blasse Formationen wuchsen aus dem Sturm hervor. Überkommende Seen raubten dem Seewolf die Sicht, aber er harrte aus und stellte schließlich fest, daß er keiner Halluzination erlegen war. Das da – das war wirklich Land!

Festland? Wer konnte darauf schon antworten? Jedenfalls drückte der Wind die „Isabella“ genau auf das flache Ufer zu. Noch nie war der Seewolf froh darüber gewesen, in Richtung Legerwall befördert zu werden – jetzt lachte er vor Begeisterung. Wahrscheinlich würde sein Schiff stranden, vielleicht auf ein Riff laufen und sich den Rumpf aufschlitzen, aber was bedeutete das schon? Land, eine Insel vielleicht, das hieß Rettung vor der endgültigen Vernichtung, das war fast zu unglaublich, um wahr zu sein!

Tatsächlich lief die „Isabella“ eine Viertelstunde später auf Grund.

Aber sie holte sich kein Leck weg, ihr Vorsteven und Kiel hatten sich in sandigen Meeresboden gebohrt.

Später, sehr viel später stellte der Seewolf anhand einiger Berechnungen fest, daß sie die Insel Babuyan nördlich von Luzon erreicht hatten.

Ein Wunder schien geschehen zu sein. Die Männer der „Isabella“ bekreuzigten sich immer wieder und dankten dem Himmel für diese Fügung. Sie schämten sich nicht einzugestehen, daß der Taifun eine Nummer zu groß für sie gewesen war – beziehungsweise eine halbe Nummer, wie Carberry ziemlich großspurig verkündete.

Babuyan – hier leckten die Seewölfe im Abklingen des Taifuns ihre Wunden. Hier begannen sie vor Jahreswende, ihr Schiff wieder flottzumachen und in eine geschützte Bucht zwischen seichten, sandigen Ufern zu verholen.

Sie konnten wieder einmal mit dem Instandsetzen der „Isabella“ beginnen.

Die „Bahia Blanca“ hatte den Taifun nicht überstanden. Lucio do Velho hatte von Bord der „Santa Luzia“ aus noch gesehen, wie die Galeone in Seenot geraten war, doch Braga de Sor und er sowie die Mannschaft der „Santa Luzia“ hatten nichts mehr für die andere Besatzung unternehmen können.

Sie hatten selbst alle Hände voll zu tun gehabt, um die „Santa Luzia“ im Wetter zu halten.

Die „Bahia Blanca“ war verschwunden – von der wahnwitzigen, gefräßigen See vertilgt worden. Mit ihr hatte es den Kommandanten Silvan da Odemira, den Kapitän Vincenzo Cunhal, den Kapitän Nuno Goncalves sowie gut vierzig Mann getroffen.

Auf der „Santa Luzia“ befanden sich außer Lucio do Velho und Braga de Sor die Stamm-Mannschaft des Schiffes und einige Seeleute und Soldaten, die zu den Überlebenden der „Bartolomeu Diaz“, der „Vasco da Gama“ und der „Sao Paolo“ zählten. Ignazio, der Mann aus Porto, stand treu do Velho zur Seite.

Im wildesten Taifun hatte dann ein Brecher den Kapitän Braga de Sor von Bord gespült – und mit ihm ein paar Decksleute. Lucio do Velho hatte das Kommando übernommen. Viel Chancen hatte er sich auch nicht mehr ausgerechnet. Doch dann hatte er geradezu sagenhaftes Glück gehabt.

Er hatte den Dreimaster „Santa Luzia“ nach Y’ami steuern können, zu einer Insel der Batan-Gruppe. Mit einigen Schäden am Schiff und erschöpften, teils verletzten Männern an Bord war er in eine kleine, geschützt liegende Bucht eingelaufen.

So war er glimpflich davongekommen.

Als der Taifun in seinen letzten Zügen lag, trat Ignazio ergriffen zu seinem Kapitän aufs Achterdeck und sagte: „Das hätte ich nie gedacht. Wir haben dem Tod ins Antlitz gesehen, aber dank Euch hat er uns nicht gepackt. Mi capitán, das wird man Euch in Manila hoch anrechnen.“

Do Velho nickte gnädig. „Ja, ich schätze auch, daß man mich zumindest belobigen wird. Ignazio, wir haben wieder ein Schiff. Wir reparieren es und laufen aus, sobald die See es zuläßt.“

„Was mag aus den anderen geworden sein?“

„Von wem sprichst du? Von de Sor und den armen Teufeln, die mit ihm in die Fluten gerissen worden sind?“

„Auch. Und von dem Comandante, der ‚Bahia Blanca‘ …“

Do Velho räusperte sich. Er holte zu einer theaterreifen Geste aus, seinem Auftreten mangelte es nicht an der notwendigen Grandezza. „Mein lieber Ignazio, man muß im Leben beweglich sein, sich auf neue Situationen rasch einzustellen wissen. Kannst du mir folgen?“

„Ich glaube, Capitán.“

„Welchen Sinn hat es, wenn wir uns unnötigen Gedanken um die bedauernswerten Verblichenen hingeben? Dadurch retten wir sie nicht mehr.“

„Ihr meint …“

„Natürlich sind sie alle ertrunken.“

„Seid Ihr da ganz sicher?“

Do Velho hob den Kopf etwas an, sein tadelnder Blick bohrte sich in Ignazios Augen. „Zweifelst du etwa an mir? Dios, das hätte ich nach allen Beteuerungen nicht von dir erwartet.“

„Verzeiht“, beeilte sich der Mann aus Porto zu sagen. „Selbstverständlich kann keiner von ihnen dem Taifun entgangen sein. Es “gibt kein Boot, kein Stück Treibholz, das einem Schiffbrüchigen in so einem Höllensturm hilft.“

„Jetzt denkst du endlich in den richtigen Bahnen“, erwiderte der Kapitän milde. „Vielleicht ernenne ich dich zu meinem ersten Offizier und persönlichen Berater, obwohl dir die nötige Bildung fehlt. Aber ich muß mir das noch genau überlegen.“

Ignazio holte ein paarmal kräftig Luft. Das alles war für ihn zuviel auf einmal.

„Mich interessiert jetzt nur noch eins“, fuhr Lucio do Velho fort. „Wie ist es der verfluchten ‚Isabella‘ ergangen? Hat der Taifun ihr und ihrer Besatzung zugesetzt wie der ‚Bahia Blanca‘ – oder hat sie sich verholen können wie wir?“

„Ich wünsche mir, daß diese Bastarde allesamt kläglich ersoffen sind“, sagte Ignazio pflichtschuldigst. Sein Blick huschte zu do Velho, seine Miene verlangte förmlich nach Beifall.

„Das hoffe ich auch. Von ganzem Herzen“, versetzte der Kapitän. „Aber auf Hoffnungen, auf bloße Theorien über das Schicksal der Korsaren dürfen wir uns nicht verlassen.“

„Das heißt – Ihr glaubt, die Hunde sind noch am Leben?“

„Das müssen wir herausfinden.“

„Wie?“

„Wir warten ab, bis es ruhiger wird. Solange bleiben wir hier in der Bucht und bessern unsere Galeone aus. Ich will ein tadellos wiederhergestelltes, seetüchtiges Kriegsschiff unter den Füßen haben, wenn wir die Insel verlassen.“

„Und dann?“ erkundigte sich der Mann aus Porto begriffsstutzig.

„Dann suchen wir wieder nach dem Seewolf, du Narr. Nichts kann mich davon abbringen.“ Do Velho ließ seinen Blick über die Kuhl und die Back der „Santa Luzia“ schweifen. Genug Männer hatte er noch, er konnte sich, falls er den Seewolf tatsächlich stellte, auf offener See in ein Gefecht begeben, ohne sich von vornherein unterlegen fühlen zu müssen.

„Ich stelle den Hund, ich schwöre es dir, Ignazio“, murmelte er. „Am vorteilhaftesten wäre es, ihn in Manila zu erwischen. Dort könnte ich unseren Landsleuten und den Spaniern, die sich soviel auf ihr Können einbilden, eine Demonstration dessen liefern, was ich unter der totalen Vernichtung eines Staatsfeindes verstehe.“

Er wünschte sich ein Publikum herbei, das seinen Worten die richtige Bedeutung beimaß und ihm entsprechend Applaus zollte. Statt dessen war da nur das törichte Schiffsvolk, ein Haufen wilder, zerzauster, völlig heruntergekommener Kerle. Lucio do Velho beschloß, diesen Burschen innerhalb der nächsten Tage den nötigen Respekt und Schliff beizubringen.

Er hieß nicht Braga de Sor. De Sor, dieser Versager, lag auf dem Grund des Chinesischen Meeres und war nur noch einem Zweck dienlich. Wahrscheinlich würden sich die

Haie an ihm gütlich tun.

Noch vor Jahresbeginn 1585 war die „Isabella VIII.“ soweit ausgebessert und hatte die Crew sich so gut erholt, daß die große Galeone die Bucht von Babuyan verlassen konnte.

Bei fast ruhiger See, die nur durch eine leichte Dünung gekräuselt wurde, und mit raumem Wind segelte sie nach Süden.

Ein neues Ruderhaus war von Ferris Tucker auf dem Quarterdeck errichtet worden. An der Ruderanlage selbst hatte der findige Schiffszimmermann einige Veränderungen vorgenommen – Verbesserungen, die von Hasard begutachtet und als hervorragend befunden worden waren. So etwas erfüllte den Rothaarigen mit Stolz, er hatte daraufhin ein Ruderrad gebastelt, das größer und schöner als das vorherige war. Obwohl Ferris sonst nicht viel für Schnörkelkram übrig hatte, hatte er das Rad mit einigen kunstvollen Intarsien versehen.

Einige der Seekarten waren im Taifun verlorengegangen. Hasard war aber froh, die hundert Jahre alte Karte des Sun Lo gerettet zu haben. Ein bißchen mitgenommen sah sie zwar aus, aber er hatte sie sorgsam getrocknet und geglättet und heftete sie nun wieder an der Innenwand des Ruderhauses fest.

Binnen kurzer Zeit hatte er den neuen Kurs festgelegt. Er trat neben Pete Ballie und sah zu Ben, Ferris, Shane, Smoky, dem Profos und Old O’Flynn hinaus, die ihn vom Quarterdeck aus fragend anblickten.

„Wenn der Wind weiter handig bleibt und nicht dreht, erreichen wir Luzon noch heute abend“, erklärte er.

„Wie ist das?“ sagte Shane. „Gehen wir dort schön brav und sittsam vor Anker, oder passieren wir die Insel im Westen und laufen nach Süden ab?“

Die anderen konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Tja“, meinte Hasard versonnen. „Wie ist das denn, Männer? Traut ihr euch schon wieder was zu, oder kaut ihr noch an den Nachwehen des Taifuns herum?“

Carberry stieß einen Laut aus, der an ein leises Ächzen erinnerte. „Die was? Die Nachwehen? Sir, äh, ich meine, daß wir keine alten Waschweiber sind. Verdammt, wenn’s darum geht, den Dons eins aufs Haupt zu hauen, sind wir alle voll dabei.“ Er wandte den Kopf und blickte die anderen prüfend an. „Oder will einer dagegen anstinken? Was, wie?“

„Ed“, sagte Ferris Tucker. „Bis jetzt hat noch keiner davon gesprochen, daß wir Luzon oder gar Manila anlaufen. Bislang war immer nur die Rede davon, daß wir versuchen, so schnell wie möglich in den Indischen Ozean und von dort aus nach England zu gelangen.“

„Ach …“

„Es sei denn, Hasard hat seine Pläne geändert“, warf Old O’Flynn ein. „Könnte ja sein.“

„Ja, ihr Himmelhunde“, sagte Hasard lachend. „Ihr wißt schon, auf was ich hinauswill. Ich kann an Manila nicht vorbei, ohne den Spaniern und Portugiesen einen guten Tag gewünscht zu haben. Ich finde, das gehört sich einfach.“

Der Profos rieb sich grinsend das Rammkinn. „Irgendwie erinnert mich das an Panama. An dem Nest haben wir auch nicht vorbeigekonnt, ohne den Dons, eine – eine Höflichkeitsvisite abgestattet zu haben.“

„Gut hast du das ausgedrückt“, sagte Smoky. „Aber du weißt doch auch, daß wir uns in Manila den Hintern versengen können, oder?“

„Kerl, bin ich etwa ein blutiger Anfänger?“ fragte der Profos. „Natürlich müssen wir geschickt vorgehen, wenn wir nicht selbst aufs Kreuz gelegt werden wollen. Aber ich schätze, Hasard findet schon den richtigen Dreh heraus.“

Sir John ließ sich aus den Besanwanten auf Carberry fallen, fing den Sturz mit ausgebreiteten Schwingen ab und landete auf der ausladenden Profos-Schulter.

„Alle Mann an Deck! Klar bei Kartuschen!“ schrie er.

Carberry wischte mit der Hand über die Schulter, aber der karmesinrote Aracanga wich ihm gekonnt aus.

„Halt den Rand, du gerupfte Krähe!“ zischte Carberry. „Soweit sind wir noch nicht.“

Die Männer lachten. Während des Taifuns hatte der Papagei eine Heidenangst gehabt. Ausnahmsweise hatte er sogar mit Arwenack Burgfrieden geschlossen und sich in dessen schützenden Pfoten zusammengekuschelt – obwohl der Affe selbst wie Gelee geschlottert hatte. Jetzt aber hatte Sir John wieder mächtig Oberwasser. Die Crew ertrug sein Gezeter und Gefluche, sie war ja froh, daß er und der Schimpanse den Sturm überlebt hatten.

„Ed“, sagte der Seewolf. „Du scheinst ja mächtig viel Vertrauen in deinen Kapitän zu setzen.“

Carberry war überrascht. „Also, Sir. Ich will mir auf der Stelle die Hand abhacken lassen, wenn du nicht schon wieder was ausgeheckt hast.“

„Das habe ich“, erwiderte Hasard. „Und Sun Los Karte von den Philippinen hat mir dabei große Hilfe geleistet.“

Sie segelten im Verlauf des Tages an der Insel Calayan vorbei, dann zwischen Dalupiri und Fuga hindurch, während Camiguin weit Backbord achteraus zurückblieb. Sämtliche Inseln, die zur Babuyan-Gruppe gehörten, waren auf Sun Los Karte eingezeichnet, auch die winzigsten.

Das Kap Bojeador befand sich nur noch etwa zwanzig Meilen entfernt, wie Hasard nach kurzer Berechnung feststellte. Er ließ abfallen, und die „Isabella“ legte sich platt vor den Nordostwind.

An diesem Vormittag wärmten Sonnenstrahlen das Oberdeck der großen Galeone. Nur hin und wieder trieben weiße Wolkenfetzen durch das Kobaltblau des Himmels. Man war wegen des herrlichen Wetters versucht, eher an Ostern als an das eben erst vergangene Weihnachtsfest zu denken. Es war — wie die Männer sagten – ein Tag „um Jungfrauen zu verführen“.

Feindliche Schiffe tauchten vorerst nicht auf. Dan O’Flynn hielt zwar nach allen Himmelsrichtungen Ausschau, konnte jedoch keine Mastspitzen an der Kimm oder in der Nachbarschaft der Inseln erkennen. Gary Andrews war auf Hasards Befehl hin als Ausguck in den Vormars aufgeentert. Ein zusätzlicher Ausguck konnte jetzt, in der unmittelbaren Nähe der Philippinen, nicht schaden. So gut Dans Augen auch waren, vier Augen sahen mehr als zwei.

Hasard dachte an die eine Galeone der Portugiesen, die er nach dem Anschlag auf die „Sao Paolo“ immer noch als Verfolger hinter sich vermutet hatte. Was war aus dem Schiff geworden?

Und der Kapitän der „Sao Fernao“? War der noch am Leben? Hasard wußte, daß er sich mit drei Männern von Bord des brennenden Schiffes hatte retten können – auf das winzige Eiland nördlich von Formosa.

Wenn dieser Mann noch lebte, dessen war der Seewolf sicher, würde er alles daransetzen, ihn, Philip Hasard Killigrew, wieder zu hetzen. So, wie Hasard ihn einschätzte, mußte dieser Mann, dessen Namen er nicht wußte, ein beispielloser Fanatiker und Karrierehengst sein.

Seewölfe Paket 7

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