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10.

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Im Brüllen der Kanonen und dem Schreien der Spanier schob sich die einmastige Schaluppe an dem dritten Handelsfahrer vorbei. Ungehindert erreichte sie den Bug, oben, auf Deck der Galeone, war Betrieb, aber die Mannschaft blickte nur zur Reede und schenkte der Schaluppe keinerlei Beachtung.

Weiter segelte die Schaluppe. Sie lief an der Galeone vorbei, und der Seewolf hatte den Blick frei auf das große Kriegsschiff. Dort traf man Anstalten, die Anker zu lichten und in den Kampf einzugreifen, ehe überhaupt alle richtig wußten, was eigentlich geschah.

„Nur ein paar Yards noch“, flüsterte der Seewolf. „Wir schaffen es.“

„Schneller“, stieß der Profos immer wieder hervor. „Himmel, geht denn das nicht schneller?“

Nein, schneller lief die Schaluppe nicht, denn sie lag hart, ganz hart am Nordost. Aber sie glitt doch an der Bordwand des Feindes entlang, bevor die Spanier ihre Gegner auch in dem Fahrzeug des Hafenkapitäns orten konnten.

Ferris Tucker hatte schon immer davon geträumt, seine Höllenflaschen mal in fremde Kanonenläufe befördern zu können. Jetzt erhielt er die Gelegenheit dazu. Die Stückpforten der oberen und unteren Batterie der Kriegsgaleone öffneten sich, die Geschütze rumpelten aus – die Schaluppe befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft schwerer 17-Pfünder-Culverinen.

Ferris arbeitete mit Eifer, Gary, Jeff und Bob assistierten ihm. Da wurden Explosionsflaschen mit langen Lunten gezündet und weitergereicht. Der rothaarige Riese ließ sie sanft in die gähnenden Mündungen gleiten, ohne daß im Schiff jemand ahnte, was gespielt wurde.

Dann gab Ferris ein Zeichen.

Im Weitergleiten der Schaluppe hatte er fast alle Höllenflaschen verteilt. Jetzt ging es darum, schleunigst zu verschwinden. Rasch verlor die Schaluppe den Kontakt mit der Galeone – und nach wie vor schöpfte keiner der Spanier den Verdacht, sie könne etwas mit dem Gegner zu tun haben.

Ihr Vorbeilaufen an dem Kriegsschiff schien etwas Zufälliges, nicht Beabsichtigtes zu sein, und jetzt segelte sie, die Schaluppe des Hafenkapitäns, zu der am weitesten nördlich liegenden Pier des Hafens. Wenn sie auch zuvor nie hiergewesen waren, Hasard hatte mit Blacky und dem Landtrupp vereinbart, sich an dem Punkt des Hafens zu treffen, der am weitesten nach Norden versetzt lag.

An dieser Pier legten sie nun an und warteten. Es gehörte mehr als Hartgesottenheit dazu.

Von der Stadt her näherten sich Soldaten und Zivilisten, ausnahmslos bewaffnete Leute. Die Stadtgarde verschaffte sich Platz und stürmte die Piers, als könne sie von hier aus etwas ausrichten.

Jeden Augenblick konnten die Seewölfe entdeckt werden, in Sekundenschnelle konnte ihre Maske fallen und ihr gefährliches Spiel aufgedeckt werden.

Den hochrädrigen Karren hatten sie im Innenhof der Stadtkommandantur stehen lassen, und von hier aus war es für Blacky, Al, Sam, Luke, Dan und Matt keine Schwierigkeit mehr gewesen, zur Hafenfeste zu gelangen.

Hier befand sich das Hauptquartier des Hafenkapitäns – ihr Ziel. Hasard hatte ihnen aufgetragen, den biederen Amtsstuben der noch verstaubteren Beamten und Offiziere einen „Höflichkeitsbesuch“ abzustatten. Er versprach sich etwas davon.

Blacky und Luke Morgan in der Verkleidung spanischer Soldaten betraten das wuchtige, klotzartig aus großen Quadern errichtete Gebäude, als im Hafen der Feuerzauber losging. Sie blieben stehen und sahen sich an.

An ihnen vorbei stürmte plötzlich ein Pulk Soldaten.

„Alarm!“ schrie jemand, wer, ließ sich nicht mehr feststellen. „Ein Überfall auf den Hafen! Zwei Schiffe sinken!“

„Nichts wie hin!“ rief Luke, der vermeintliche Katalone.

Sie ließen die Kompanie an sich vorbei, dann schlüpften sie in das festungsgleiche Haus. Al Conroy und Sam Roskill folgten ihnen auf einen Wink Blakkys hin. Dan O’Flynn und Matt Davies standen draußen Wache. Alle sechs hatten sie ihre bislang vorzüglich verborgenen Pistolen gezückt. Jeder führte zwei mit, darunter auch die kostbaren Modelle, die Dan von der „Sao Paolo“ mitgenommen hatte.

Blacky, Luke, Al und Sam genossen in den Amtsstuben der Hafenverwaltung nahezu Narrenfreiheit. Jetzt, da die Wache abgerückt war, brachen sie Schränke, Pulte, Truhen und Kästen auf. Leider ohne Erfolg. Blacky lief auf einen Flur hinaus, entdeckte eine Treppe und nahm die Stufen, ohne zu zögern.

Das große Zimmer, in das er wenig später im Obergeschoß eindrang, barg mehrere Überraschungen zugleich. Da war einmal der bärtige Mann, der gerade in seine Uniform stieg und fürchterlich fluchte. Seiner Montur nach konnte er nur der Hafenkapitän von Manila sein. Blacky und die hinter ihm hereinstürmenden Luke, Al und Sam verzichteten darauf, sich vorzustellen. Sie hatten viel mehr für die zarten Ladys übrig, die sich gerade kreischend zurückzogen – drei an der Zahl. Sie waren die zweite Überraschung – leicht und offenherzig gekleidete, von der Natur großzügig bediente Mätressen für die Silvesternacht.

Die dritte Überraschung war ein Vitrinenschrank, der Schriftrollen barg. Blacky hielt den erstarrenden Kapitän in Schach. Luke warf den davoneilenden Frauenzimmern noch einen entsagungsvollen Blick nach, seufzte ein langgezogenes „Schade“ und trat dann vor den verglasten Schrank. Er wollte auf das Schloß feuern, aber Al Conroy bremste ihn. Blacky hob die Pistole und zielte auf die Stirn des Hafenkapitäns.

„Den Schlüssel, Caballero“, sagte er.

Wenig später untersuchten sie den Inhalt des Vitrinenschrankes und steckten sich die größten und ausführlichsten Karten zu, als die sich ein Teil der sorgsam gehüteten Dokumente entpuppt hatte.

Luke Morgan schlug den Capitán nieder, dann ergriffen sie alle vier die Flucht. Unten in der Gasse vor dem Gebäude trafen sie sich mit Dan und Matt, und gemeinsam hetzten sie zum Hafen, um die nördlichste Pier zu suchen.

Blacky und Luke konnten sich dank ihrer Kostümierung durch eine Menschenmenge boxen, die den Zugang zum Hafen verstellte. Immer dichter ballte sich die Traube aus Leibern zusammen, selten hatte es in der Silvesternacht in Manila eine derartige Vorstellung gegeben. Auf der Reede duellierten sich die Galeonen, zwei Spanier gegen einen tolldreisten, offenbar wahnsinnigen Eindringling. Der dritte Spanier wollte auch eingreifen, aber er schickte sich kaum zum Auslaufen auf die offene Reede an, da zuckte ein Stakkato von Feuerblitzen von seiner Bordwand auf, mischte sich mit schwarzen Rauchschwaden, mit Gebrüll und wirbelnden Trümmern, Geschützfragmenten, Menschenteilen.

Vor dieser Kulisse gelangten Blakky und seine fünf Begleiter an die nördlichste Pier. Sie sahen die Schaluppe liegen und erkannten Hasard und die anderen, aber ein Trupp Soldaten rückte soeben auf die Kameraden los.

Blacky reagierte augenblicklich. Er feuerte seine Pistolen ab, duckte sich und gab auch Al, Sam, Luke, Dan und Matt die, Möglichkeit, auf die Gegner zu schießen. Im Krachen der Waffen sanken die Spanier auf der hölzernen Pier zusammen.

Blacky ließ die fünf Kameraden an sich vorbei und sprang als letzter in die zum Ablegen bereite Schaluppe.

Die Stadtgarde rollte ein leichtes Geschütz heran, als sie Distanz zwischen sich und die Pier legten. Nicht schnell genug schob der Nordostwind die Seewölfe auf ihre „Isabella“ zu, der Schuß der Garde mußte sie vorher erwischen.

Hasard zündete einen der Brandsätze, die er vorsichtshalber mitgenommen hatte. Es zischte, weißes Feuer verließ die Schaluppe und tanzte wie ein Irrwisch auf den Anleger zu. Mitten in die Menge der Widersacher stob das verheerende Feuer, und die Seewölfe entkamen.

Ben Brighton ließ auf die Spanier feuern und manövrierte die „Isabella“ hin und her, aber er hatte die ganze Zeit über Bedenken, die Kameraden in der Schaluppe zu gefährden. Erst als Hasard und die zwölf unter Ausnutzung der Verwirrung, die die Explosion auf der dritten Kriegsgaleone gesät hatte, glücklich zur „Isabella“ zurückgelangten und hastig an Bord aufenterten, konnte Ben sämtliche Register ziehen.

Mit vereinten Kräften heizten die Seewölfe ihrem erklärten Todfeind ein. Der Himmel über Manila färbte sich dunkelrot. Zwei Handelsschiffe sanken, ein Kriegssegler mit hervorragender Armierung brannte lichterloh und ging ebenfalls unter, indem er nach Backbord krängte und flutweise Wasser aufnahm – dann, schließlich, loderte noch eine Kriegsgaleone, weil Shane und Batuti sie mit Brand- und Pulverpfeilen beschossen hatten.

An diesem Punkt des Gefechts wandte sich die „Isabella“ der Ausfahrt der Bucht zu. Hasard wollte in die Nacht fliehen, bevor sein in kurzer Zeit zum zweiten Male gründlich repariertes Schiff lädiert wurde.

Als sie auf die Mole zurauschten, gab es jedoch eine herbe Überraschung. Von See her näherte sich ein großer Schatten, ein schnittiges, gut bestücktes Schiff, dessen Kapitän sich ihnen tollkühn entgegenwarf und versuchte, ihnen den Fluchtweg zu versperren.

Hasard kannte das Schiff nicht, er hatte es nie zuvor gesehen.

Und er ahnte auch nicht, wer sich zum Kapitän dieser Dreimast-Galeone ernannt hatte – Lucio do Velho. Er war bereit, die „Santa Luzia“ und die komplette Mannschaft samt Ignazio, dem Mann aus Porto, zu opfern, wenn er dadurch nur den verhaßten Gegner zur Strecke bringen konnte – Spaniens Feind Nummer eins.

„Drehbassen!“ schrie Hasard.

Smoky und Al Conroy begrüßten den Ankömmling mit zwei gezielten Schüssen. Danach trat Batuti vom Vormars aus in Aktion und sandte Brandpfeile zur „Santa Luzia“ hinüber.

Do Velho, dem das Grollen der Kanonen und der Feuerschein über Manila von weitem bereits gezeigt hatten, daß er zu spät erschien, um die Obrigkeiten zu warnen – do Velho ließ abfallen und präsentierte dem Gegner die Backbordbreitseite.

Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet – der Seewolf hatte die Festung Spaniens auf den Philippinen angegriffen. Eine bodenlose Dreistigkeit, die dem Portugiesen aber selbstverständlich genau recht war. Jetzt konnte er beweisen, welche Fähigkeiten in ihm steckten, wie er einen Korsaren Englands abservieren würde!

Aber von der „Isabella“ huschte plötzlich etwas Gleißendes, Flirrendes zu der „Santa Luzia“ herüber. Ein Brandsatz aus den geheimen Werkstätten am Hof des Großen Chan, von dessen Werden und Existenz, Beschaffenheit und Funktion do Velho bisher nicht die geringste Ahnung gehabt hatte.

Mitschiffs schlug das Geschoß bei der Galeone „Santa Luzia“ ein, und sofort rasten gefräßige Flammenbündel weiß, grell und heiß über das Oberdeck. Fassungslos begriff do Velho unter dem Schreien seiner Männer, daß er den Seewolf wieder unterschätzt hatte.

Der „Isabella“ gelang der Durchbruch, obwohl einige beherzte Portugiesen trotz des himmelan fauchenden Feuers noch an die Geschütze zurückstürzten und sie zündeten.

Keine Kugel traf die „Isabella.“

Sie verließ die Bahia de Manila endgültig, ging an den Wind und verschwand in südlicher Richtung in der Nacht.

Hasards Schiff konnte alle Verfolger abhängen. Ein langer Törn begann. Er führte die Seewölfe über Palawan, die südwestlichste Philippinen-Insel, bis hinunter nach Borneo, nach Tandjung Datu Hier mußten Trinkwasser und Proviant an Bord gemannt werden, hier gönnte der Seewolf sich und seinen Männern endlich wieder eine Ruhepause. Verspätet holten sie jetzt, im Januar 1585, die Silvester- und Neujahrsfeier nach, vergaßen Manila und dachten an daheim, unter anderem auch an Plymouth, die „Bloody Mary“ und den spekkigen Nathaniel Plymson.

In Manila hatte ein zorniger Lucio do Velho den Obrigkeiten berichtet, was sich seit Formosa zugetragen hatte. Er, der geborene Mime, brachte dies alles so überzeugend vor, daß man ihm eine Sondervollmacht aushändigte, die ihn fortan als Seewolf-Jäger Nummer eins auswies.

Er erhielt ein großes, neues Schiff, eine hervorragend ausgerüstete Galeone. Zum Kommandanten wurde er befördert, und auch Ignazio, der Mann aus Porto, stieg ein paar Sprossen auf der Leiter der Hierarchie auf.

Do Velhos Auftrag lautete, den Seewolf weiterhin zu jagen, zu stellen und dem Oberkommando der Armada zu überführen – tot oder lebendig.

Do Velho wußte, daß er diese Aufgabe mit Ehrgeiz und Eifer weiterverfolgen würde. Einmal hatte er dem Seewolf bereits eine tödliche Falle gestellt, die dem Mann und seiner Crew fast den Tod gebracht hatte. Vielleicht gelang es beim zweiten Male besser.

Philip Hasard Killigrew wußte von dieser Entwicklung nichts, gleichwohl war ihm aber klar, daß er immer mehr Feinde im Nacken sitzen haben würde. Die Dinge spitzten sich zu, der Feind war bis zur Weißglut gereizt – wie auch im fernen Europa der Konflikt zwischen England und Spanien immer rascher seinem explosiven Höhepunkt entgegenstrebte.

Seewölfe Paket 7

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