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5.

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Am Nachmittag dieses Tages traf die „Santa Luzia“, die Lucio do Velho und Ignazio, den Mann aus Porto, tatsächlich von dem winzigen Eiland aufgenommen hatte, vor der Nordküste von Formosa ein. Lucio do Velho stand auf dem Achterdeck neben dem Kapitän Braga de Sor, als der Ausguck im Vormars die Boote entdeckte.

Sein Ruf weckte Alarmstimmung. Vorsichtshalber ließ de Sor klar zum Gefecht rüsten, aber wenig später stellte sich heraus, daß es sich bei den Männern in den beiden großen Booten und der kleineren Jolle um Landsleute handelte.

Damit nicht genug: Von der „Santa Luzia“ aus erkannte man den Kapitän Nuno Goncalves, den ersten und den zweiten Offizier sowie den Bootsmann von der „Sao Paolo“.

Sofort ließ der Capitán Braga de Sor alle erforderlichen Manöver für die Übernahme der Schiffbrüchigen durchführen.

Die erste Frage, die de Sor seinem Rangkollegen Goncalves stellte, als dieser an Bord stieg, lautete: „Wo ist Ihr Schiff, Senhor?“

Goncalves zuckte mit den Schultern.

Redseliger wurde er, als kurze Zeit darauf ein zweites Schiff an der Stätte der Begegnung erschien – die „Bahia Blanca“, das fünfte Schiff des Verbandes.

Die Verspätung, mit der sie auftauchte, war folgendermaßen zu erklären: Kapitän Vincenzo Cunhal hatte zunächst die Überlebenden aus dem Gefecht mit der „Isabella“ aufgesammelt, während die „Sao Paolo“ weiter dem Schiff der englischen Korsaren gefolgt war. Zu den Männern, die sich von dem versenkten Flaggschiff „Bartolomeu Diaz“ und der dritten Galeone „Vasco da Gama“ hatten retten können, gehörte auch der Kommandant des Verbandes: Silvan da Odemira. Er hatte sofort den Befehl über die „Bahia Blanca“ übernommen und die Inseln im Norden von Formosa abgesucht, in der Hoffnung, auf die „Sao Fernao“ von Lucio do Velho und die „Santa Luzia“ des Braga de Sor zu treffen. Anschließend war er nach Süden abgelaufen, hatte jedoch zunächst die Westküste von Formosa erreicht.

An Bord der „Bahia Blanca“ fand nun eine Versammlung des Kommandanten und der vier Kapitäne statt.

„Der Seewolf hat die ‚Sao Paolo‘ entführt“, sagte Nuno Goncalves niedergeschlagen. „Anders kann es nicht sein. Sie ist spurlos verschwunden. Seit dem Morgengrauen suchen wir sie – ohne Erfolg.“

„Unmöglich“, widersprach do Velho sofort. „El Lobo del Mar hat nicht genügend Kerle zur Verfügung, um auch ein zweites Schiff zu bemannen. Außerdem – wenn er eine zweite Galeone gewollt hätte, hätte er schon die ‚Sao Fernao‘ als Prise genommen.“

„Do Velho“, wandte sich der Kommandant an den Mann mit der mimischen Begabung. „Was ist eigentlich mit Ihrem Schiff passiert?“

Do Velho schilderte, was sich in der Bucht der kleinen Insel nördlich von Formosa ereignet hatte. Er schloß mit dem Bericht über Vicentes und Carlos’ Meuterei, dann sprach er noch einmal über die „Sao Paolo“: „Ich bin der Ansicht, die Engländer haben sie versenkt. Ich wäre bereit, einiges darum zu verwetten.“

Silvan da Odemira stand eine Weile fassungslos da. „Vier gut armierte Kriegsgaleonen vernichtet – und auf welche Art! Es ist kaum zu glauben. Ich bin – zutiefst erschüttert.“

Die Kapitäne und die Offiziere entgegneten nichts. Sie hatten die Befürchtung, von ihrem Comandante für das ganze Mißgeschick verantwortlich gemacht zu werden. Goncalves beschloß im stillen, die Schuld für die Niederlage in der Nacht auf jeden Fall auf jene Männer der „Sao Paolo“ abzuwälzen, die feige die Flucht ergriffen hatten. Ja, darin lag seine Chance.

Der Kommandant war jedoch auf etwas anderes aus.

„Wir werden jetzt so vorgehen“, sagte er. „Nehmt eins der Beiboote. Bemannt es. Do Velho, Sie leiten das Unternehmen. Goncalves, Sie führen unsere Leute zu der Stelle, an der die ‚Sao Paolo‘ vor Anker gelegen hat. Taucher sollen sich vergewissern, welche Version nun die richtige ist.“

Eine Stunde später war auch dies geschehen. Beinah triumphierend verkündete do Velho auf der „Bahia Blanca“ das Ergebnis seiner Nachforschungen. Er war selbst mitgetaucht, um Solidarität und Gründlichkeit hervorzukehren – und er hatte die „Sao Paolo“ auf dem Grund des Meeres ruhen sehen.

„Wir können sie nicht bergen“, erklärte er. „Nicht so. Wir benötigen mehr Schiffe und Spezialausrüstungen.“

Der Kommandant schüttelte den Kopf. „Nein. Ich plane nichts in der Richtung. Wir müssen den Seewolf fassen, das ist vordringlich.“

„Er ist noch auf der Insel“, stieß Goncalves hervor.

„Wir müssen landen!“ Vincenzo Cunhal schrie es.

„Wir schießen jeden nieder, der sich uns in den Weg stellt“, fügte Braga de Sor erbittert hinzu.

Ihre Ausrufe rangen Silvan da Odemira nur ein freudloses Lächeln ab.

„Nein“, sagte er noch einmal. „Sie irren sich, Senhores. Der Gegner Spaniens und Portugals, des Vereinigten Königreiches, ist fort. Ich ahne, wohin er unterwegs ist. Darum werden wir nicht auf Formosa landen, sondern unsere Fahrt unverzüglich fortsetzen. Ich weiß, ich weiß, das weicht erheblich von unserer ursprünglichen Order ab. Aber ich frage Sie, was ist wichtiger? Formosa zu besetzen und die Mönche zu unterwerfen – oder Killigrews schimpflichem Werk ein Ende zu setzen?“

Do Velho fand, daß der Kommandant Veranlagungen hatte, die ihm eine Karriere als Hofschauspieler gesichert hätten.

Ungefähr im gleichen Tonfall und mit derselben gedrechselten Ausdrucksweise antwortete er: „Wir müssen die Spur des Seewolfs wiederfinden, mi comandante. Das Unternehmen Formosa kann zweifellos warten.“

„Richtig, do Velho. Ich weiß, daß Sie zu den fähigsten Männern zählen, die die Armada von morgen vielleicht in einen entscheidenden Kampf gegen England führen. Wohin hat sich der Feind Ihrer Meinung nach gewandt?“

„Nach den Philippinen“, erwiderte do Velho, ohne zu überlegen.

„Absurd“, erwiderte Goncalves. „Er müßte ja wahnsinnig sein …“

„Er tut immer das, was man am wenigsten von ihm erwartet“, sagte Lucio do Velho gelassen. „Ich kann nur raten, an der Ostküste von Formosa entlangzusegeln. Ja, dort stoßen wir wieder auf die ‚Isabella‘, nicht auf der Westseite. Der Seewolf hat den einfacheren Weg gewählt. Er weiß, daß wir nicht von ihm ablassen.“

„Das ist genau meine Meinung“, pflichtete der Kommandant des Verbandes ihm bei, obwohl er ganz und gar nicht sicher gewesen war, welche Richtung er einschlagen solle. „Segel setzen!“ rief er dann. „Wir gehen auf Ostkurs, bis das Nordostkap erreicht ist.“

Lucio do Velho begab sich mit Vincenzo Cunhal zurück auf die „Bahia Blanca“. Dort sollte er auf da Odemiras Geheiß hin zunächst bleiben.

Do Velho verging nicht vor Haß gegen den Seewolf, er spürte die alte Kaltblütigkeit und Abgefeimtheit in sich zurückkehren. Das Verlangen, sich die Belohnung zu verdienen und auf der Karriereleiter aufzusteigen, stand weit über seinen Rachegefühlen gegen Philip Hasard Killigrew und dessen Crew.

Aus Berechnung war er zu einem der grimmigsten Seewolf-Hetzer geworden. Und noch etwas: Er sah sich vor der ehrenvollen Aufgabe, Manila vor dem Seewolf zu warnen und zu schützen. Silvan da Odemira überging er im Geist – er, do Velho, wollte alles daransetzen, möglicherweise vor der „Isabella“ in Manila zu sein und dort wieder eine Falle aufzubauen, eine neue, bessere Falle, aus der es kein Entrinnen mehr gab.

Ob es gelang, stand noch in den Sternen.

In einem aber war do Velho völlig überzeugt. Manila war das Ziel des Seewolfs. Er würde nicht daran vorbeisegeln. Niemals. Die Verlockung war zu groß. Ein Raid wie dieser mußte einen Mann von Killigrews Format reizen.

Noch am späten Nachmittag dieses Tages gelangten die „Bahia Blanca“ und die „Santa Luzia“ an die Ostküste von Formosa. Von der „Isabella VIII.“ war zu diesem Zeitpunkt jedoch keine Mastspitze zu sehen, weder an der östlichen noch an der südlichen Kimm.

Die Stimmung an Bord der großen Galeone war grandios. Zwölf Flaschen waren bereits entkorkt und geleert worden, und von den Kuchen, die der Kutscher schon vor Formosa in der Kombüse gebacken hatte, war kein Krümel übriggeblieben. Ja, Arwenack und Sir John hatten sogar ihre liebe Not gehabt, etwas von dem Gebäck zu ergattern.

Jeff Bowie hatte inzwischen kein Fieber mehr, seine Wunde an der rechten Schulter verheilte schnell und bot laut Auskunft des Kutschers keinerlei Anlaß zu Bedenken. Al Conroys Gehirnerschütterung war schon gar nicht mehr der Rede wert.

Stenmark hinkte zwar noch mit seinem verwundeten rechten Bein, er hatte bei dem Gefecht gegen die Portugiesen Splitter abgekriegt. Aber er war im großen und ganzen wieder auf dem Damm. Bei den Ausbesserungen am Schiff hatte auch er tüchtig mitgeholfen.

Die Rippen, die er sich geprellt hatte, setzten Big Old Shane noch ein bißchen zu, aber er scherte sich den Teufel darum, bewegte sich, wie es ihm paßte, und trank Rum und Whisky.

Luke Morgan wurde immer wieder aufgezogen. Er hatte sich nämlich seines Kopfverbandes entledigt – und darunter glänzte eine wunderschöne Glatze. Der Kutscher hatte ihm zu totalem „Kahlschlag“ verholfen, weil er anders die Kratzer auf Lukes Schädel nicht hätte verarzten können. Luke ließ die Witze, die die Kameraden rissen, geduldig über sich ergehen, auch Carberrys Bemerkung, Will Thorne, der Segelmacher, könne ja versuchen, dem armen Luke ein paar Bündel Garn aufs Haupt zu nähen, damit Ersatz da wäre. Was sollte Luke sonst tun? Er seufzte und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche.

Matt Davies wischte sich die Lippen mit dem Handrücken ab. „Eine satte Weihnachtsfeier ist das. So gemütlich haben wir’s schon lange nicht mehr gehabt.“

„Jetzt fehlt uns nur noch ein Fettkloß wie Nathaniel Plymson, einer, den man ordentlich durch die Mangel drehen kann“, sagte Bob Grey grinsend. Er wandte den Kopf und blickte wie zufällig zu Bill, dem Schiffsjungen. Der zog sich vorsichtshalber ein Stück zurück und suchte die Nähe Carberrys.

Carberry war ein rauher Geselle, aber Bill pflegte er meistens väterlichbesorgt unter seine schützenden Fittiche zu nehmen, wenn jemand auf den Moses losging.

Sam Roskill, nach gut einer Flasche Rum leidlich angeheitert, vollführte eine wegwerfende Handbewegung. „Brauchen wir nicht. Wir amüsieren uns auch so prächtig. Ja, wenn uns ein gütiger Geist einen Schwung Weiber an Bord zaubern würde, wäre das was anderes. Ho, dann würden wir hier die Mäuse auf dem Tisch tanzen lassen und …“

„Es ist Weihnachten“, sagte der Kutscher. „Habt ihr das vergessen?“

„Na und?“ Sam war verblüfft.

„Kein Fest zum ’rumhuren“, erklärte Matt Davies. „Das meinst du doch, Kutscher, oder?“

„Mann“, sagte Sam Roskill. „Halt die Luft an und red kein dummes Zeug, Kutscher. Kaplan hättest du werden sollen, Bordapostel, das wäre das richtige für dich gewesen.“

Der Kutscher wollte aufbrausen, was eigentlich sonst nicht in seiner Art lag. Aber der Schnaps hatte auch sein Gemüt angeheizt. Luke Morgan schien unterdessen auch auf die Palme steigen zu wollen, denn er wurde schon wieder von Stenmark und Batuti wegen seiner Glatze durch den Kakao gezogen. Bis jetzt hatte er sich zusammengenommen, aber er konnte seinen Jähzorn nun nicht mehr bremsen.

Matt rieb sich die Hände. „Sehr gut, das gibt bestimmt gleich eine Keilerei. Was für eine schöne Feier.“

Old Donegal Daniel O’Flynn, der schon seit einiger Zeit mit seinen Krücken über die Kuhl stakte, blieb vor Matt stehen.

„Mal bloß nicht den Teufel an die Wand, Matt Davies“, sagte er. Seine Miene war mal wieder griesgrämig, was bei ihm durchaus nichts Außergewöhnliches war. „Übermut tut selten gut.“

Matt schaute auf. „He?“

„Ich sage, du sollst es nicht berufen.“

„Wie denn – was denn?“

„Hähne, die tagsüber krähen, holt am Abend der Fuchs.“

Matt grinste. „Es geht doch auf den Abend zu …“

„Egal. Man soll nie so übermütig sein.“

„Verdirb mir nicht den Spaß am Fest, Mann“, sagte Matt Davies drohend. „Das ist unfair, Donegal. Klopf deine Sprüche woanders, meinetwegen beim Kutscher oder beim Moses. Aber laß mich mit deiner Unkerei in Ruhe.“

„Spiel dich nicht so auf, Matt Davies“, fauchte der Alte. „Sonst schnall ich mein Holzbein ab und laß es auf deinem Rücken tanzen.“

Matt, der keiner Rauferei aus dem Weg ging, stand vom Rand der Kuhlgräting auf. „Dann mal los. Knüppel aus dem Sack. Wollen doch mal sehen, wie weit du kommst, Old Hinkebein.“

„Paß auf, wie du sprichst, du einarmiger Hurenbock“, zischte Donegal.

Carberry war zur Stelle und hieb dem Alten auf die Schulter, daß es dröhnte. Erstaunlich war, daß O’Flynn trotzdem das Gleichgewicht hielt und nicht einmal zusammenzuckte.

„Los, alter Nörgelpott!“ grölte der Profos. „Wir reißen ein Faß auf, daß die ‚Isabella‘ wackelt.“ Er zog O’Flynn mit sich fort, und die Angelegenheit verlief im Sande.

Carberry ging mit dem alten Donegal zum Seewolf aufs Quarterdeck, blieb stehen und sagte. „Sir, es ist besser, wenn wir die Rum- und Whiskyvorräte jetzt unter Verschluß nehmen. Das Ganze artet sonst in ein Besäufnis aus.“ Er selbst war stocknüchtern, obwohl er mindestens eine Viertelgallone Whisky in seinen Rachen gekippt hatte. Er konnte wüste Mengen vertragen.

„Gut“, entgegnete der Seewolf. „Der Kutscher und Will Thorne sollen das übernehmen und die noch vollen Flaschen wegschaffen. Ed, du überwachst das Ganze, damit es kein Hickhack gibt.“ Hasard lächelte. Er fand die Angelegenheit amüsant, wußte gleichzeitig aber auch, wie gefährlich sie sich entwickeln konnte.

Old O’Flynn atmete auf. „Endlich mal einer, der zur Vernunft kommt. Ich sage ja, bald haben wir nichts mehr zu lachen, ob ihr’s nun glauben wollt oder nicht.“ Mit der rechten Krücke wies er nach Nordosten.

Hasard und der Profos blickten in die angegebene Richtung und sahen, was sich über dem Horizont zusammenbraute. Schwarze und graue Wolkengebilde schoben sich klumpenförmig ineinander und türmten sich auf.

„Solange der Wind aus Nordwesten bläst, brauchen wir uns keine grauen Haare wachsen zu lassen“, sagte Carberry. „Wir haben gute Fahrt drauf und segeln dem Wetter mühelos davon.“

„Der Wind springt bald um“, orakelte der Alte.

„Hör auf …“

„Wir kriegen was aufs Haupt. Ich schwöre euch, diesmal packt uns ein Taifun.“ Old Donegal konnte es nun mal nicht lassen.

Ed Carberry stieg wieder auf die Kuhl hinunter und kümmerte sich um die „Trockenlegung“ der Crew. Ganz ohne Komplikationen lief das nicht ab. Bob Grey merkte, wie der Kutscher heimlich eine ungeköpfte Flasche Rum wegschaffen wollte.

Er protestierte lautstark, und als der Profos drohend anrückte, erklärte er: „Wir brauchen doch noch was, um Lukes Glatze zu begießen. Wie sollen da sonst jemals wieder Haare sprießen?“

Carberry griff hart durch und verschaffte sich wieder den erforderlichen Respekt. Anders ging es nun mal nicht. Dies war eine Meute salzgewässerter Rauhbeine, kein frommer Verein wie Sun Los Klosterschüler. Die Beachcombers hatten sich schon lange nicht mehr richtig ausgetobt, und da war es nicht gerade einfach, sie wieder an die Kandare zu kriegen.

Am besten kam Dan O’Flynn bei der Sache weg. Er hockte im Großmars und hatte die ihm zugeteilte, zumutbare. Ration Rum noch nicht halb verkonsumiert – obwohl er Arwenack, den Schimpansen, an der Schluckerei teilhaben ließ. Kein Profos erschien, um die beiden um ihren Schnaps zu bringen. Und so tranken sie seelenruhig und ganz gemächlich weiter, während unten auf Deck die Crew bereits lange Gesichter hatte.

Dans Vater hatte unterdessen das Ruderhaus aufgesucht und belästigte den Rudergänger Pete Ballie mit seiner Schwarzmalerei. Pete ließ es über sich ergehen. Er gab auf Old Donegals Gerede genausowenig wie die anderen.

Nur Hasard stand inzwischen am Schanzkleid des Hecks und spähte nach Nordosten. So ganz aus der Luft gegriffen war O’Flynns düstere Vorausschau nicht. Er wußte sie nur nicht glaubhaft vorzutragen.

Die Windrichtung konnte sehr schnell wechseln, gerade hier. Mehrfach waren die Seewölfe vor den Tücken der Chinesischen See gewarnt worden, zuletzt von Sun Lo. Hasard unterschätzte diese gutgemeinten Hinweise nicht, und es tat ihm jetzt, am Spätnachmittag, fast leid, der Mannschaft einen zünftigen Umtrunk gestattet zu haben.

In ihrer Euphorie neigten sie eher dazu, alles zu bagatellisieren. Mit einem Wetterumschwung rechneten sie nicht. Dazu war die Ausgelassenheit auf Deck noch viel zu groß.

Aber irgendwo hört der Spaß bekanntlich immer auf. Er endete irgendwo zwischen Formosa und den Batan-Inseln, die Luzon im Norden vorgelagert waren. In der Dämmerung schralte der Wind. Er pfiff nun tatsächlich aus Nordosten – und die See wurde kabbelig. Die „Isabella“ begann in der See zu schwanken und zu taumeln, und das Wetter verschlechterte sich von Minute zu Minute. Es wurde zunehmend kälter. Im Einfallen der Dunkelheit heulte ein fast eisiger Wind in den Luvwanten und Pardunen der „Isabella“, ein Sturm, wie er schneidender nicht über den Nordatlantik hätte toben können.

Die Galeone wurde geschüttelt, sie tauchte in immer tiefere Wogentäler. Ein schwerer Sturm rollte von Nordosten an und setzte das Schiff gefangen, aber er schien seinen Höhepunkt bei weitem noch nicht erreicht zu haben.

Ja, der alte O’Flynn behielt wirklich recht.

Die „Isabella“ geriet in einen höllischen, vernichtenden Taifun.

Seewölfe Paket 7

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