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9.

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Hoch über ihm ging es weitaus lustiger zu. Es war auch noch nicht so spät, wie Old O’Flynn geschätzt hatte. Aber hier oben gab es auch keine Wurzelmänner und Kalbsköpfe.

Alles war bis zum späten Nachmittag fertig geworden. Die Männer hatten Enormes an Arbeit geleistet, und jetzt sollte das auch gebührend gefeiert werden.

Gunnhild, Gotlinde und Mary O’Flynn hatten auf der Südseite der Bucht ein großes Feuer entzündet und die Langusten zubereitet.

Jetzt wurde „getafelt“, als sich alle um das Feuerchen versammelt hatten.

Sie hatten auch frisches Brot gebacken, dazu gab es Wein, der noch aus den requirierten Fässern der spanischen Galeonen stammte, die sie aufgebracht hatten.

Jean Ribault war zufrieden, daß unter der fachmännischen Beratung des alten Hesekiel alles so prächtig geklappt hatte. Morgen konnte die „Golden Hen“ aufgeslippt und ihr das neue Ruder verpaßt werden. Dann war die Welt auch wieder in Ordnung.

In der Bucht plätscherten kleine Wellen an den Strand. Der Abend war lau und samtig, und es herrschte Stille bis auf die Unterhaltungen der Männer.

Bisher hatte noch niemand Old O’Flynn vermißt, denn bei der ganzen Hektik war sein Verschwinden nicht weiter aufgefallen.

Jetzt, da man um das flackernde Feuer saß, fiel es immer noch nicht auf, selbst Mary nicht. Sie nahm an, daß das „alte Ekel“ irgendwo zwischen den anderen Männern hockte und schmollte.

„Nun langt mal kräftig zu“, forderte sie die Männer auf. „Es sind genügend Langusten für alle da, und wer keinen Wein mag, für den haben wir dort drüben unter der Palme ein Faß kaltes Bier stehen.“

„Sieht ja unheimlich appetitlich aus“, lobte Jean Ribault. „Ganz phantastisch, wie ihr das Essen hingezaubert habt.“

Mary O’Flynn fühlte sich geschmeichelt. Gotlinde lächelte ein wenig, und Gunnhild errötete hold ob des Lobes, das mit einem charmanten Lächeln des Franzosen serviert wurde.

Er hielt schon die erste Languste in der Hand und griff nach dem aufgeschnittenen Brot.

Auch die anderen langten kräftig zu und aßen. Die meisten tranken spanischen Rotwein dazu, ein paar bedienten sich an dem Bierfaß unter der Palme.

Hesekiel Ramsgate fiel als erstem auf, daß der Alte nicht dabei war. Ein paarmal schon hatte er sich umgedreht und ihn unter den Männern gesucht. Manche Gesichter befanden sich im Schatten und waren daher nicht zu erkennen.

Hesekiel Ramsgate stieß den neben ihm sitzenden Martin Correa an und fragte: „Wo ist denn Donegal geblieben? Ich habe ihn heute nur einmal gesehen, und das war am Vormittag. Ist er etwa krank?“

Der Bootsmann der „Empress“ beschäftigte sich gerade mit seiner Languste und hatte den Humpen mit Bier neben sich in den immer noch warmen Sand gestellt. Jetzt verschluckte er sich fast.

Himmel, der Kapitän! Wo war er denn? Der war doch heute gegen Mittag mit der Jolle an Land gepullt, und höllisch in Braßfahrt war er auch gewesen.

„Keine Ahnung“, sagte er kopfschüttelnd und besorgt. „Aber krank ist er nicht.“

Er grinste dabei ein bißchen, wenn er an die vormittägliche Szene dachte. Das hatte ganz schön gerumst, als Mary ihm die Pfanne auf den alten Querkopf gehauen hatte.

„Seltsam ist das“, meinte Hesekiel, der von dem Vorfall nicht die geringste Ahnung hatte. „Sonst ist er doch immer gleich dabei, wenn es etwas zu feiern gibt.“

Martin räusperte sich beziehungsreich und tippte lächelnd die rothaarige Mary an.

„Hesekiel fragt nach dem Kapitän“, sagte er. „Wo ist er denn? Ich habe ihn seit Stunden nicht mehr gesehen.“

Diesmal verschluckte sich fast auch die Snugglemouse. Ihre Augenbrauen schoben sich ein wenig zusammen. Ihre Augen wurden sekundenlang starr.

„Ja, wo ist er eigentlich?“ fragte sie zurück. „Ich war so beschäftigt, daß ich mich nicht mehr um ihn gekümmert habe. Laß gefälligst das Grinsen, Martin“, sagte sie leiser.

Tatsächlich hatte sie Donegal kurz vor Mittag das letztemal gesehen.

Als er stocksauer abgehauen war, hatte sie sich in der Pantry eingeschlossen und ein bißchen geheult, weil der sture Bock so biestig gewesen war und sogar seine Vaterschaft abgestritten oder angezweifelt hatte. Dann hatte Martin gesagt, Donegal wäre an Land gepullt.

Na ja, sein Zorn würde mittlerweile verraucht sein. Vielleicht hatte er es sich doch überlegt und war einsichtig geworden. Aber sie hatte wirklich mit dem Suchen und Zubereiten der Langusten so viel zu tun gehabt, daß sie den alten Brummbär glatt vergessen hatte.

Jetzt sah sie die Männer der Reihe nach an. Nein, Donegal war nicht darunter, der fehlte wahrhaftig. Vielleicht hockte er doch noch irgendwo in einem Winkel und schmollte vor sich hin.

Das sagte sie auch Martin.

„Sicher hat er sich auf die ‚Empress‘ verkrochen und pflegt seine Flausen. Mich will er damit strafen, daß er sich nicht mehr blicken läßt. Aber da kann er lange schmollen.“

Den beiden anderen Frauen war ebenfalls nicht entgangen, was gesprochen wurde. Sie hörten zu und wunderten sich insgeheim. Sie hatten zwar am Tage auch einen Streit an Deck mitgekriegt, aber das war bei den O’Flynns nicht so ungewöhnlich. Die beiden lagen sich öfter mal in den Haaren.

„Soll ich mal nachsehen?“ fragte Martin.

Mary zögerte erst mit der Antwort, dann schüttelte sie entschieden den Kopf mit den langen roten Haaren.

„Nein, laß ihn schmollen. Wenn der große Admiral sich entschlossen hat, den Beleidigten zu spielen, dann soll er so lange an Bord hocken, bis ihm ein langer Bart wächst. Ich sehe gar nicht ein, daß ich zu Kreuze kriechen soll. Er wird sich schon melden, wenn er Hunger und Durst hat.“

Niemand ahnte, daß Old O’Flynn quasi unter ihnen hockte und Hunger und Durst hatte. Wenn sich ein Spalt im Boden geöffnet hätte, wären ihm die Langusten gleich pfundweise auf den Schädel gefallen – und der Wein dazu. Aber es öffnete sich kein Spalt im Boden, und deshalb geisterte Old O’Flynn im wahrsten Sinne des Wortes unter ihnen umher.

Martin hielt unschlüssig die Languste in der Hand. Sie sah so verdammt appetitlich aus. Aber das Schalentier schien ihm nicht mehr so richtig zu schmecken. Er hatte doch Sorgen um den Alten. Vielleicht war der in seinem Schmollwinkel umgekippt. Konnte alles sein, so was gab es ja. Unschlüssig starrte er vor sich hin.

Marys Stimme riß ihn aus seinen Betrachtungen. Sie klang rauh.

„Was ist mit dir, Martin – schmeckt es nicht?“

„O doch. Aber die Sache mit dem Kapitän läßt mir keine Ruhe. Ich werde doch lieber einmal nachsehen, wenn es recht ist.“

Mary wollte sich eigentlich um diesen „schmollenden Bastard“ nicht mehr kümmern, aber schließlich nickte sie.

„Gut, dann sieh einmal nach. Aber lade ihn nicht ausdrücklich ein, sonst kriegt er wieder Oberwasser und tönt groß herum.“

„Ich werde ihm nur erzählen, wie prächtig das Essen ist“, sagte der Bootsmann grinsend.

Dann verschwand er aus dem Kreis der Männer, stieg am Strand in die Jolle und pullte zur „Empress“ hinüber, wo er aufenterte.

Er polterte ein bißchen an Deck. Vielleicht würde das den alten Burschen herauslocken. Aber auf dem Schiff rührte sich nichts. Alles blieb still und ruhig.

Martin nahm sich eine Kammer nach der anderen vor. Dabei wurde er immer nachdenklicher. Offenbar war Old O’Flynn wirklich nicht zurückgekehrt, denn die Jolle hatten sie gegen Mittag vom Strand geholt, wo der Alte sie hatte liegenlassen. Aber unbemerkt war er auch nicht an Bord gegangen.

Als alles Suchen erfolglos blieb, rief Martin noch ein paarmal seinen Namen, doch auch darauf erfolgte keine Reaktion.

Kopfschüttelnd überlegte er. Der Alte war zwar ein schrulliger und eigenartiger Mann, aber so lange blieb er nicht fort, ohne den anderen etwas zu sagen. Außerdem – was tat er ganz allein irgendwo bei Dunkelheit auf der Insel? Das ergab keinen rechten Sinn.

Er rief ein letztes Mal und sah auch im Laderaum nach. Old Donegal war und blieb verschwunden.

Martin kehrte wieder zu dem Feuerchen zurück und hob hilflos die Schultern, als er Marys forschenden Blick sah.

„An Bord ist er nicht.“

„Hast du überall nachgesehen?“

„Überall“, versicherte Martin. „So groß ist das Schiff ja auch nicht, daß er sich vor mir verstecken kann.“

„Das ist aber merkwürdig“, sagte Mary und zog die Stirn kraus.

„Was ist denn passiert?“ wollte Smokys Frau Gunnhild wissen. „Wo ist Donegal denn?“

„Das wissen wir nicht“, erwiderte Martin. „Er ist heute vormittag an Land gepullt und in dem Buschwerk da drüben verschwunden. Seitdem hat ihn keiner mehr gesehen.“

„Seit heute vormittag?“ fragte Gunnhild entsetzt. „Ihm wird doch hoffentlich nichts passiert sein.“

Mary O’Flynn schluckte hart. Etwas ratlos sah sie von einem zum anderen.

Jetzt wurde auch Jean Ribault hellhörig und unruhig. Er musterte Mary, dann Gunnhild und schließlich Martin. Ihm war, als wüßten sie etwas, das sie ihm verheimlichen wollten.

„Wenn er seit dem Vormittag weg ist, dann müßte er jetzt längst zurück sein“, sagte er. „Inzwischen ist es dunkel geworden. Da kann doch etwas nicht stimmen. Wo soll er sich denn hier herumtreiben? Kann ja verstehen, wenn es hier eine Pinte gäbe, aber so …“

„Von seiner Pinte hat er schon den ganzen Tag gefaselt. Er denkt an nichts anderes mehr, seit er hier ist. Aber auf sein bloßes Wunschdenken hin wird niemand eine Kneipe gebaut haben, in der er jetzt hockt.“

„Trotzdem ist das, besorgniserregend“, sagte Jean Ribault. „Er kann gestolpert, hingefallen sein oder sich sonstwie verletzt haben. Vielleicht ist er völlig hilflos.“

„Hilflos – Donegal Daniel O’Flynn?“ fragte Mary spöttisch. „Den habe ich noch nie hilflos gesehen. Der sitzt herum und ärgert sich. Aber jetzt wird erst gegessen“, entschied sie resolut. „Deshalb lasse ich mir den Appetit nicht verderben, nur weil Mister O’Flynn im Schmollwinkel hockt. Danach werde ich den alten Querkopf suchen.“

Mary wandte sich den beiden anderen Frauen zu, während der Franzose sehr nachdenklich ins flackernde Feuer sah. Er drehte sich zu Martin um und stieß ihn leicht an.

„Warum sitzt Mister O’Flynn denn im Schmollwinkel?“ fragte er. „Was hat es da gegeben? Hat Donegal wieder gesponnen?“

Martin vergewisserte sich erst, daß Mary auch nichts hörte. Zur Sicherheit senkte er seine Stimme noch zu einem Flüstern.

„Die beiden hatten heute vormittag einen Mordskrach, Jean. Ich habe nicht so genau mitgekriegt, um was es ging, aber sie hatten sich ganz schön am Wickel. Nach dem Krach war Donegal mordsmäßig in Fahrt, du kennst ihn ja. Wenn er sauer ist, kann man mit ihm nicht mehr vernünftig reden.“

„Und dann?“

„Er schnappte sich die Jolle und haute ab zum Land. Da verschwand er wie ein angestochener Büffel im Buschwerk.“

Jean Ribault verbiß sich das Grinsen. Na, das war mal wieder was mit den O’Flynns. Ehekrach, Radau und Rabatz, was? Kein Wunder, daß der Alte dann fluchtartig und verbiestert das Weite gesucht hatte.

„Wir werden ihn zusammen suchen“, sagte Jean Ribault zu Mary, wobei er erneut sein Grinsen unterdrückte. Er zwinkerte Mary zu und lächelte galant und harmlos. „Hat es ein kleines Mißverständnis zwischen euch gegeben?“ fragte er dann sanft.

Auch alle anderen spitzten die Ohren und sahen Mary erwartungsvoll an. Scheint sich etwas Pikantes anzubahnen, dachte Renke Eggens, der sich eins grinste.

Mary stand da, sah die Männer an, hatte die Fäuste in die Seiten gestemmt und das energische Kinn trotzig gereckt. Ihr langes rotes Haar flatterte wie eine Fahne aus Kupfer im Wind. Sie war ein Prachtweib, vollbusig und kernig, um das jeder den alten Zumsel O’Flynn lebhaft beneidete.

„Ja, wir hatten ein Mißverständnis“, sagte sie offen und ehrlich und mit kratziger Rauchstimme. „Ich habe meinem lieben Mister O’Flynn nämlich mitgeteilt, daß er Vaterfreuden entgegensähe. Und diese Mitteilung muß ihm wohl den Verstand geraubt haben.“

Ribault hatte gerade einen riesigen Schluck Wein genommen. Jetzt zuckte er so heftig zusammen, daß er den Wein in einer gewaltigen Gischtwolke ausstieß. Er blies wie ein Wal und erstickte fast. Dann schüttelte ihn ein krampfartiger Husten.

Renke Eggens fiel die Languste aus der Hand und landete im Sand. Und damit sie nicht so trocken dalag, stieß er auch noch seinen Bierhumpen vor Überraschung um.

Die anderen waren von dieser Mitteilung total überrascht und hockten da wie die steinernen Männchen in der Tropfsteinhöhle.

Sieh mal an, Old Donegal hat was auf Kiel gelegt, dachten die meisten. Stumm starrten sie Mary an, die immer noch wie eine Siegesgöttin dastand.

„Das – das ist doch kein Grund, einfach abzuhauen“, sagte Jean Ribault fassungslos. „Er hätte sich doch freuen müssen.“

„Er hat sich auch sehr gefreut“, sagte Mary spöttisch, „vor Freude kriegte er sich selbst nicht mehr ein. Als ich ihm das sagte, faselte er nur von seiner Pinte, alles andere interessierte ihn nicht. Und darauf hatte dieser sture Holzkopf die Stirn, einfach seine Vaterschaft anzuzweifeln. Das war dann wirklich die Höhe“, sagte Mary empört.

„Allerdings“, gab Gotlinde zu. „So hat sich ja nicht einmal Thorfin benommen, als er das erfuhr. Der hat nicht mal seinen Helm abgesetzt, sondern sich nur daran gekratzt.“

„Das ist doch immer noch kein Grund, einfach zu verschwinden“, sagte der Franzose erstaunt. „Was hast du ihm denn erwidert, als er das bezweifelte?“

„Ich habe die Bratpfanne genommen“, erklärte Mary in schönster Offenheit, „und sie ihm über seinen verdammten Schädel gehauen. Daraufhin ist er voller Wut ausgerissen.“

Nur einen Lidschlag lang herrschte Totenstille. Dann wurde es am Strand lebendig und so laut, daß fast Old O’Flynn in seiner unterirdischen Grotte erwacht wäre.

Die Kerle brüllten los, daß sich die Palmen bogen. Ribault lachte so entsetzlich laut, daß er kaum noch Luft kriegte. Renke Eggens bog sich, und dann dröhnte ein Gelächter zum Abendhimmel, wie es über die Cherokee-Bucht noch nie gehallt war. Das Gelächter nahm kein Ende, denn jeder stellte sich lebhaft vor, wie Mary ihrem kauzigen Alten kurzerhand die Bratpfanne auf den Schädel gedonnert hatte.

Da war vielleicht was los!

„Vielleicht hockt er jetzt kummervoll auf einer Palme und pflegt seine Beule“, sagte Jean, der sich immer noch nicht beruhigen konnte. Bei dieser Vorstellung ging das Gelächter erneut los. Auch Gunnhild und Gotlinde amüsierten sich köstlich.

Mary kicherte, aber da war Jean Ribault schon heran, riß sie an sich, schwenkte sie einmal im Kreis und gab ihr einen herzhaften Kuß.

„Das ist die schönste Nachricht seit dem Untergang der Schlangen-Insel!“ brüllte er und schwenkte Mary noch einmal herum. „Wirklich, wir freuen uns alle mit dir, das ist auch eine gelungene Überraschung. Und Old Donegal ist ein muffliger Riesenhirsch, das sei hier auch gleich gesagt. Abe dem werde ich seine Flausen schon noch austreiben.“

Die Gratulanten überstürzten sich fast, drückten Mary die Hände und freuten sich aufrichtig. Auch die beiden Frauen fielen Mary voller Freude um den Hals.

Die geborene Snugglemouse wurde so rot wie ihr Haar und ganz verlegen. Sie spürte deutlich, daß ihr hier echte Freude und Zuneigung entgegenschlug, und das entschädigte sie doch etwas für die Muffeleien des alten O’Flynn, der kurzerhand abstritt, demnächst Vater zu werden, und selbst nicht daran glauben wollte.

„Ich danke euch“, sagte sie bewegt. „Aber jetzt sollten wir vielleicht doch nach dem neugebackenen Väterchen in spe suchen und ihm seine Grummeleien austreiben. Der Kerl muß ja auch schon halb verhungert und verdurstet sein.“

Womit sie allerdings recht hatte – aber auf eine andere Art.

Seewölfe Paket 24

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