Читать книгу Theke, Antitheke, Syntheke - Rudolf Oeller - Страница 6

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Sonntag, 22. Dezember

im Gasthof zur Sauren Wiese,

4. Adventsonntag, Nachmittag

Ich stand allein an der Theke. Blues putzte wie immer Gläser. Wie feiert man Weihnachten, wenn man allein ist? Ich bestellte einen Weihnachtsbock, ließ meinen Blick in der Unendlichkeit verschwinden und kam ins Grübeln. Ich verbannte alle Gedanken an die Familie, auch an meine geschiedene Frau, und ließ nach einigen Minuten meine Luftschlösser ins Reich von Weihnachten abwandern. Ich musste dabei manchmal Selbstgespräche führen, denn Blues unterbrach mich alle paar Minuten mit „was war das eben?“

Ich ging zum Wurlitzer und drückte „Little Drummer Boy“ von Boney M. Das Lied erzählt die Geschichte eines armen Jungen, der es sich nicht leisten kann, dem neugeborenen Jesus von Nazareth ein Geschenk zu machen und daher auf seiner Trommel spielt.

„Come they told me

Pa rum pum

A new born king to see

Pa rum pum

Our finest gifts we bring

Pa rum pum

To lay before the king

Pa rum pum …“

Ich gestehe, ich bin ein Weihnachtsromantiker. Das Herumstreunen auf Adventmärkten bereitet mir mehr Vergnügen als das Herumschlendern an einem Sandstrand in der Südsee.

Im Neuen Testament heißt es bei Lukas 2, 1: „In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal, damals war Quirinius Stadthalter von Syrien.“

Blues meinte, ich solle ihm nochmals die historischen Details rund um die Weihnachtsgeschichte erzählen. Nochmals ist gut. Ich muss das jedes Jahr zu Weihnachten tun. Ich kannte die Geschichte auswendig und begann zu dozieren.

Rom war nach den langen Bürgerkriegen und der Ermordung Caesars im Jahr 44 v. Chr. angeschlagen. Die nachfolgenden blutigen Machtkämpfe entschied der Großneffe Gaius Octavius für sich. Er war der Adoptivsohn und Erbe Caesars. Octavianus, wie er auch genannt wurde, befehligte mehrere Legionen. Mit einer Kombination aus militärischer Stärke und politischer List putschte er sich an die Macht. Unter dem Vorwand der Wiederherstellung der alten Republik betrieb er die Errichtung einer Monarchie. Das Volk und der Senat von Rom waren froh, endlich in Frieden leben zu können, daher ließen sie den neuen Herrscher gewähren, der damit eine Kaiserdynastie begründete. Seine Autorität festigte er nach außen durch Expansionskriege und nach innen durch eine Friedensphase, die später als „Pax Augusta“ in die Geschichte einging.

Ich stand schon vor dem Wurlitzer und wollte etwas einwerfen, als ich ein Weihnachtslied hörte. Wie sich herausstellte, probte der Männerchor des Nachbarortes im Veranstaltungssaal des Lokals für ihr Nachmittagskonzert am Heiligen Abend. Blues verschwand kurz und brachte mir das Programm. Wir hörten das polnische Weihnachtslied „Als die Welt verloren“ aus dem 19. Jahrhundert:

„Als die Welt verloren, Christus ward geboren …“

Ich dozierte weiter:

Zweiundvierzig Jahre vor der Zeitenwende (atheistische Version), das bedeutet 42 v. Chr. (old Christian school), nannte sich Caesars Adoptivsohn „Gaius Iulius Divi filius Caesar“. 27 v. Chr. erhielt er vom Senat den Ehrennamen Augustus (der Erhabene). Wegen seiner stetig anwachsenden Liste an Titeln wurde er verkürzt auch „Imperator Caesar Augustus“ genannt. Aus dem Namen Caesar entstanden später die Titel Kaiser und Zar.

Caesars und Augustus’ Eroberungskriege hatten Rom in eine Großmacht verwandelt. Niemand hatte damals die geringste Ahnung, wie viele Menschen in diesem Riesenreich lebten. Augustus wollte wissen, wie viele Untertanen er hatte und wie hoch die zu erwartenden Steuereinnahmen waren. Er ordnete folglich eine umfassende Zählung an. Da dies noch zu Lebzeiten von König Herodes stattfand, der 4 v. Chr. starb, liegt offenbar ein Fehler in der Zeitrechnung vor, aber das war mir immer egal.

Jetzt erklang „O Bethlehem, du kleine Stadt“, eine Melodie aus dem 16. Jahrhundert aus England. Es war wunderbar, und ein paar Sekunden vergaß ich meine Weihnachtsgeschichte:

„O Bethlehem, du kleine Stadt,

wie still liegst du hier,

du schläfst und goldne Sternlein

ziehn leise über dir.

Doch in den dunklen Gassen

Das ew’ge Licht heut scheint

Für alle die da traurig sind

Und die zuvor geweint.“

Blues kannte meinen Hang zur Weihnachtsromantik und wartete geduldig, bis ich weitermachte.

Publius Sulpicius Quirinius, ein Günstling des Imperators, war Statthalter in Syrien. Quirinius war loyal, klug und konsequent, somit der richtige Mann in der schwierigsten Provinz des Reiches. Hier lagerten starke römische Legionen zur Abschreckung in Richtung Osten. Vorgänger von Quirinius war Publius Quinctilius Varus, dessen Legionen im Jahr 9 n. Chr. im Teutoburger Wald von Germanenkriegern vernichtet worden waren.

Es ist fraglich, ob Quirinius der gesamten Bevölkerung befahl, in die Stadt ihrer Väter zur Zählung zu wandern. Für Josef und die schwangere Maria muss es ein beschwerlicher Weg von Galiläa im Norden nach Bethlehem im Süden gewesen sein, doch dieser historische Zweifel spielt heute keine Rolle mehr. Überhaupt ist heute vieles egal, was einmal war. Die Wanderung von Maria und Josef von Nazareth nach Süden war vermutlich später ins Evangelium eingefügt worden, um die Prophetenworte, wonach der Messias aus Bethlehem kommt, Wahrheit werden zu lassen.

Blues und ich blickten kurz auf, als „Tochter Zion, freue dich“ von Georg Friedrich Händel erklang. Ich achtete nicht auf den Text, sondern bestellte mir noch ein Glas Weihnachtsbock und grübelte weiter.

Blues sah auf die Krippe mit dem Weihnachtsstern und fragte mich, was ich von dem „Kometen“ über der Krippe halte. Ich begann, meine Gedanken jetzt lauter zu verkünden, denn einige Zechbrüder, die inzwischen eingetroffen waren, hörten zu.

Die Evangelisten Matthäus und Lukas berichten zu Beginn ihrer Aufzeichnungen von der Geburt Jesu. Matthäus erwähnt in seinem Evangelium mehrmals einen Stern. Sterndeuter haben den weiten Weg aus dem Osten auf sich genommen, um dem Stern des neugeborenen Königs der Juden zu folgen.

Astronomen haben sich seit Jahrhunderten den Kopf darüber zerbrochen, ob der Stern von Bethlehem nachweisbar existierte. Große Sterne sterben, indem sie mit gewaltiger Wucht explodieren. Eine solche Supernova wäre, wenn sie in unserer Milchstraße stattgefunden hätte, von den Himmelbeobachtern keinesfalls übersehen worden. Weder in den alten Schriften der Babylonier noch bei den Chinesen findet sich um die Zeitenwende ein Hinweis auf eine leuchtende Supernova.

Kometen erzeugen in Sonnennähe einen Dampfschweif, den man von der Erde aus erkennen kann. Kometen galten immer schon als Unheilsboten, andererseits aber auch als Ankündigung von Königen. Kometen sind nicht so selten, als dass sie als einzigartige Himmelserscheinung gelten könnten. Die Kometentheorie ist also nur teilweise plausibel.

Eine andere Überlegung ist wahrscheinlicher. Im Jahre 7 v. Chr. gab es eine sehr seltene Erscheinung am Himmel. Die beiden gut sichtbaren Planetengötter Jupiter und Saturn trafen sich gleich dreimal. Sie vollführten eine gemeinsame Schleife und kamen sich dabei so nahe, dass sie wie ein einziger großer heller Stern erschienen. Das war in den Monaten Mai, Oktober und Dezember im Jahre 7 v. Chr. Die dreifache Planetenkonjunktion fand zudem im Sternbild der Fische statt. Dieses Sternbild galt bei den Babyloniern als das Symbol für Israel. Für Sterndeuter war dies ein klares Zeichen.

Blues war beeindruckt.

Der Männerchor machte eine Pause. Einige der Sänger kamen an die Theke und bestellten Tee oder Glühwein. Bier wollte keiner, denn das sei schlecht für die Stimme, erklärte mir einer. Als sie gingen, tauchte ich wieder in Richtung Weihnachten ab und bestellte mir ein weiteres Glas Weihnachtsbock.

Ich erzählte weiter.

Unsere Jahreszählung geht auf den römischen Mönch Dionysius Exiguus zurück, welcher diese spät, nämlich erst im 6. Jahrhundert eingeführt hatte. Dionysius muss sich bei seinen Rückrechnungen geirrt haben, denn König Herodes, der Mörder von Bethlehem, starb höchstwahrscheinlich im Jahre 4 v. Chr., und der bei Lukas erwähnte Befehl des Kaiser Augustus, das Land in Steuerlisten zu erfassen, war zuletzt im Jahre 8 v. Chr. ergangen. Somit passen die historischen Eckdaten und das Treffen der Planeten Jupiter und Saturn überein.

Blues unterbrach mein Grübeln. Er fragte mich, wo Hans sei. Ich sagte, er werde mit seiner Shaasdougn schon noch kommen. Blues fragte mich, ob ich die Geschichte über die Fossilien, die ich vor einem Jahr schon vorgelesen hatte, nochmals lesen würde. Zufällig hatte ich das Buch über Weihnachtsbräuche in den Alpen in meiner Tasche. Als ich ihn fragte, was er hören will, meinte er nur: „Lies alles vor!“

Ich blätterte herum, erhob meinen obligaten Zeigefinger und dozierte:

Nicht nur die Saurier sind ausgestorben. Im Laufe der Jahrmillionen kamen und gingen Tier- und Pflanzenarten und hinterließen ihre Spuren in Form von Fossilien. Da man mit den merkwürdigen Fundstücken lange Zeit nichts anfangen konnte, fanden ihre Deutungen Eingang in die Welt der Sagen und Märchen. Ein Großteil der Fossilien wurde mangels natürlicher Interpretation mit Geistern und Dämonen in Verbindung gebracht.

In der Adventszeit ist oft von Raunächten die Rede. Mit rau sind Begriffe wie haarig oder pelzig gemeint. Rau ist auch eine alte Bezeichnung für Rauch. Die erste Deutung steht in Zusammenhang mit den dämonischen Gestalten, die der germanischen Sagenwelt nach in den Raunächten gesehen wurden. Die zweite Deutung entstammt dem uralten Brauch, diese Dämonen auszuräuchern.

Seit dem Mittelalter räuchert man mit geweihtem Rauch, vor allem in den weihnachtlichen Raunächten. In Österreich beginnen die Raunächte mit dem Thomastag, das ist der 21. Dezember, und sie enden in der Silvesternacht.

In den Raunächten ist nach alter Sage die „Wilde Jagd“ unterwegs, ihre Geister besitzen allerlei Tierfüße. Als angeblicher Beweis dient die Kuhtrittmuschel. Diese bis zu zwanzig Zentimeter große Muschel aus dem späten Erdaltertum, welche auf dem Dachstein-Plateau – und nicht nur dort – häufig gefunden wird, hat einen herzförmigen Querschnitt und erinnert an die Trittspuren von Rindern.

Ich erklärte Blues, dass der Dachstein, ein dreitausend Meter hoher Kalkriese, an der Grenze zwischen den Ländern Oberösterreich und Steiermark liegt. Dann las ich weiter.

Als eine weitere Form des Fußabdruckes von Alben, Druden und anderen Geistern galt der fünfzackige Drudenfuß. Die fünfteilige Symmetrie des Drudenfußes enthält nichts Magisches, sondern ist nur auf versteinerte Stachelhäuter, also Seeigel, Seesterne usw. zurückzuführen. Das Skelett dieser Tiere ist fünfstrahlig symmetrisch. Dies ist ungewöhnlich, daher hat man fossile Seeigel schon in der Bronzezeit als magische Grabbeigaben verwendet.

Eine seltene muschelähnliche Tiergruppe, die Brachiopoden, erinnert in ihrer Form an Vögel. Man nannte sie früher auch „Heilig-Geist-Steine“. Die sogenannten Ammoniten waren mit den heutigen Tintenfischen verwandt. Sie trugen schneckenähnliche Schalen und sind vor knapp siebzig Millionen Jahren gleichzeitig mit den Sauriern ausgestorben. Man hielt sie lange Zeit für versteinerte Schlangen. Da manche fossilen Überreste ungewöhnlich groß waren, wucherten in der Folge allerlei Drachengeschichten. So wurden Ammoniten, versteinerte Korallen sowie Knochen des Höhlenbären mit Drachen in Verbindung gebracht. Fossile Haizähne galten als Drachenzähne oder Drachenzungen.

Hans kam mit seinem Shaasdougn bei der Türe herein. Der Männerchor sang jetzt „Je angel gospodov“, ein slowenisches Weihnachtslied. Die Melodie ist wunderschön, da ich aber den Text nicht verstand, blätterte ich herum und gab nach dem Lied noch eine Geschichte zum Besten:

Im Lexikon liest man, dass ein Rentier bis zu zwei Meter lang und einen Meter dreißig hoch werden kann. Es gehört zur Familie der Hirsche. Im Gegensatz zu Reh oder Rothirsch tragen hier beide Geschlechter ein Geweih. Noch vor achttausend bis fünfzehntausend Jahren lebten Rentiere auch in Norddeutschland, wie man anhand von Knochen- und Geweihfunden nachweisen kann. Rentiere schließen sich zu gigantischen Herden zusammen und führen so weite Wanderungen zu neuen Futterplätzen durch. Der Lebensraum der Rentiere erstreckt sich heute über das nördliche Europa und Asien sowie das nördliche Nordamerika und Grönland. In Nordeuropa halten die Samen die Rentiere in Herden.

Auch tiefste Temperaturen fügen den Rentieren keinen Schaden zu. Die langen Außenhaare ihres Pelzes sind hohl wie Makkaroni – eine perfekte Wärmedämmung. Die Natur schenkte auch den Weibchen aller vierundzwanzig Rentier-Unterarten ein mächtiges Geweih, denn damit schaufeln sie ihr Futter aus dem Schnee: Moose, Flechten, Tundragras, manchmal auch einen Pilz. Sie ziehen schwere Schlitten, geben Fleisch und Milch, aus ihrem Fell entstehen Kleidung, Schuhe, Decken und Zelte, und das schon seit mehr als zweitausend Jahren.

Ein einziges der genügsamen Tiere wurde weltberühmt: „Rudolph, the rednosed reindeer“. Das angeblich rotnasige Tier zieht gemeinsam mit Artgenossen den Schlitten des Weihnachtsmannes. Rudolph und seine Rentier-Mannschaft wurden in der Fantasie des US-Dichters Clement Clark Moore geboren. Als dessen kleiner Sohn fragte: „Wie schafft es der Weihnachtsmann, in einer Nacht alle Kinder zu beschenken?“, ersann er den netten Rentier-Burschen mit der rotgefrorenen Nase, der dem Weihnachtsmann so fleißig hilft. Als Buch wurde Rudolph in den USA ein Bestseller, als Weihnachtslied ein Welterfolg. Unzählige Kinder in den angelsächsischen Ländern haben Rudolph, das rotnasige Rentier, ins Herz geschlossen.

Die Sache hat nur einen Haken. Während die Rentierbullen ihr Geweih nach der Brunft im Herbst verlieren, bleibt das Geweih der Kuh noch mehrere Wochen erhalten. So bekommt sie durch diese weise Einrichtung der Natur als trächtiges Weibchen Vorrang an den begehrten Futterplätzen. Wenn nun der Weihnachtsmann im Dezember mit seinen geweihtragenden Rentieren daherkommt, so kann es sich bei den Arbeitstieren nur um Weibchen handeln, denn die Männchen haben ihr Geweih längst abgeworfen. Rudolph ist daher in Wahrheit eine Rudolphine. Dies zeigt wohl, dass zur Weihnachtszeit auch bei den Rentieren die Frauen hart arbeiten.

Blues und Hans lachten.

Jetzt sangen die Männer im Nebenraum das schönste Weihnachtslied „Stille Nacht, Heilige Nacht“. Das Lied ist zu schön, um es durch Gespräche zu stören. Wir waren still, bis die letzte Strophe verklungen war. Ich nutzte die Gelegenheit und las aus dem mitgebrachten Buch „Weihnachten und andere Krisen“ vor:

Der junge Hilfsgeistliche Joseph Mohr war bei Priestern und Bischöfen als aufsässiger Diener Gottes bekannt. Sein Vergehen bestand darin, ständig mit neuen Ideen daherzukommen, was als mangelnde Unterwürfigkeit gedeutet wurde. Als zu Weihnachten 1818 die Orgel in der kleinen Kirche von Oberndorf kaputt war, beschloss Mohr, dass etwas Neues versucht werden müsse. In einem alten Kirchenbuch fand er den etwas holprigen lateinischen Text „Alma nox, tacita nox, omnium silet vox, sola virginum nunc beatum …“ usw. Mohr dachte, dass es wohl für die Gläubigen besser sei, wenn sie in deutscher Sprache mitsingen könnten. Mohr übersetzte vom Lateinischen ins Deutsche und so entstand das berühmteste Weihnachtslied der Welt.

Mohr gab den Text seinem Freund Franz Xaver Gruber, der innerhalb weniger Stunden eine unsterbliche Melodie dazu komponierte. Die Gläubigen, die am Heiligen Abend die Christmette besuchten, staunten, als sie den Kirchenchor zusammen mit den beiden Solisten, dem Tenor Joseph Mohr und dem Bass Franz Gruber, hörten.

Mohr und Gruber zogen bald weg, aber die Oberndorfer vergaßen ihr Weihnachtslied nicht und sangen es jedes Jahr. Als der Zillertaler Orgelbauer Karl Mauracher 1825 die Orgel des kleinen Dorfes reparierte, hörte er zum ersten Mal „Stille Nacht“ und war beeindruckt. Mauracher schrieb das Lied ohne Angabe der Urheber ab, brachte Noten und Text ins Zillertal und übergab alles den singenden Geschwistern Amalie, Karoline, Anna und Josef Strasser. Diese machten das Lied bekannt, es galt von da an als Zillertaler Volkslied unbekannter Herkunft. 1833 erschien das Lied in gedruckter Form als „ächtes Tyroler Volkslied“.

Als sich die königliche Hofkapelle in Berlin 1854 unter anderen beim Stift St. Peter in Salzburg nach der Originalpartitur erkundigte, erfuhr Franz Grubers Sohn Felix von der Sache. Sogleich wurde der Ursprung des Liedes aufgeklärt. Die Berliner wandten sich direkt an Franz Gruber, der die Entstehungsgeschichte des Liedes aufschrieb.

Shaasdougn bekam von Blues ein Stück Wurst, was dieser genussvoll verdrückte. „Es ist nur einmal im Jahr Weihnachten.“

Wir hatten uns schon damit abgefunden, den Rest des Abends zu viert an der Bar zu verbringen, Blues, Hans, Shaasdougn und ich, als Pasak, Fat Lot, Charly und Block Jane mit lautem „Hallooo!“ bei der Tür hereinkamen.

Mir fiel im Moment nichts mehr ein. Ich hatte das Bedürfnis, ein richtiges Weihnachtslied zu hören, das meiner Stimmung entsprach: „Pasak, kannst du im Wurlitzer ein Weihnachtslied finden?“

„Ja“, meinte Blues“, „da ist noch ‚White Christmas‘ und ähnliches amerikanisches Zeug drin. Den ‚little Drummer Boy‘ hast du ja eben gedrückt.“

Pasak ging zum Wurlitzer. Kurz darauf ertönten die Stones: „Sympathy for the Devil“.

„And I was ’round when Jesus Christ

Had his moment of doubt and pain

Made damn sure that Pilate

Washed his hands and sealed his fate.

Pleased to meet you

Hope you guess my name,

But what’s puzzling you

Is the nature of my game …“

In der Sauren Wiese gibt es ein Thekengästebuch. Niemand weiß, wer das vor vielen Jahren eingeführt hatte. Unser Wirt Blues meinte, es sei schon der sechste Band. Die ersten drei sind verschollen, sie lagern weiß Gott wo. Im Grunde stehen ohnehin nur Klosprüche drinnen wie etwa: „Such nicht nach Witzen an der Wand, den größten hältst du in der Hand.“

Ich wollte gerade einen ordinären Spruch und meinen Namen reinschreiben, als mir beim Herumblättern ein loser Zettel mit einem Gedicht auffiel:

Zehn kleine Zecherlein,

die tranken guten Wein.

Einer hatte Gift im Glas,

da waren’s nur noch neun.

Neun kleine Zecherlein,

die plantschten durch die Nacht.

Einer ist dabei ersoffen,

da waren’s nur noch acht.

Acht kleine Zecherlein,

die hat die Trauer aufgerieben;

Bei einer hat das Herz geflattert,

da waren’s nur noch sieben.

Sieben kleine Zecherlein,

die waren voll perplex.

Als einer fiel vom Kirchenturm,

da waren’s nur noch sechs.

Sechs kleine Zecherlein,

die hatten keine Trümpf.

Dead Man’s Hand war nicht genug,

da waren’s nur noch fünf.

Fünf kleine Zecherlein,

die tranken zu viel Bier.

Eine ist zu schnell gefahren,

da waren’s nur noch vier.

Vier kleine Zecherlein,

die gingen in die Brauerei.

Einer plumpste in den Kessel,

da waren’s nur noch drei.

Drei kleine Zecherlein,

die schossen gern mit Blei,

Einer fing ’ne Kugel ein,

da waren’s nur noch zwei.

Zwei kleine Zecherlein,

die fingen an zu weinen.

Einer legt sich auf die Schienen,

da gab es nur noch einen.

Ein kleines Zecherlein,

das litt gar große Not,

es starb am Grab der Freunde,

da waren alle tot.

Ich las es zweimal durch und fragte, wer das verfasst hatte. Es war mit Tuschefeder und in schöner Schrift geschrieben. Fast schon ein kalligraphisches Kunstwerk. Niemand hatte das Gedicht zuvor gelesen.

„Uns betrifft es ja nicht“, meinte Pasak, „wir leben ja alle noch.“

„Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich gerne bei einer Pokerpartie mit Dead Man’s Hand sterben“, meinte Fat Lot grinsend, „und du, Jane, kommst gleich nach mir dran, weil du mit deiner Karre immer viel zu schnell unterwegs bist.“

Das Gedicht war mit „Teras“ unterschrieben. Ich kannte keinen Teras, auch der Wirt hatte keine Ahnung, wer das sein könnte. Charly, der neben mir stand, bemerkte meine gerunzelte Stirn und klärte mich auf: „Teras ist Griechisch und bedeutet so viel wie Ungeheuer. Schon mal was von einem Teratom gehört? Das ist eine besonders unheimliche Art von Krebs. Auch Terabyte kommt von Teras. Wörtlich übersetzt heißt das nichts anderes als ungeheuer viele Bytes“.

Wir mussten lachen und vergaßen die Sache schnell. Ich überlegte mir einen Spruch. Nach einigem Grübeln schrieb ich ins Gästebuch: „Ein Freund ist jemand, der mich mag, obwohl er mich kennt.“ Hans schrieb drunter: „Es ist ja nicht so, dass ich dich hasse, aber würdest du brennen und ich hätte Wasser, ich würde es trinken.“

Es war 2 Uhr, als wir alle aufbrachen. Blues begann, die Theke abzuwischen, dann löschte er die Lichter. Es hatte Minusgrade, und es schneite etwas.

Meine Harley-Davidson stand in der Garage. Road King Harry hielt Winterschlaf, genauso wie meine silbergraue Suzuki-Maus.

Theke, Antitheke, Syntheke

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