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V. Akt: Finale

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Nachdem Destiny aus dem Hauptbüro geleitet worden war, dauerte es noch einige Minuten, bis Professor Köhler heraustraut und bekannt gab, dass er nun seine getroffene Entscheidung verkünden werde.

„Ich möchte zuallererst sagen, dass Sie mich alle mit ihren Lebensläufen und positiven Einstellungen mehr als beeindruckt haben. Ich freue mich zudem außerordentlich, Ihnen eine gute Nachricht mitteilen zu können: Wie sich herausgestellt hat, gibt es an der Eastern Universität nicht nur eine, sondern VIER neue Stellen im Fachbereich Biologie zu besetzen.“

Die vier Bewerber drehten sich einander zu und lächelten hoffnungsvoll. Enthusiastisch fuhr der Professor fort: „Hiermit beglückwünsche ich Sie alle und heiße Sie als neue Mitarbeiter an unserem Institut willkommen!“

Nachdem er sich mit dem Versprechen entschuldigt hatte, in wenigen Augenblicken wieder da zu sein, verschwand Professor Köhler abermals in seinem Büro und tauchte gleich darauf mit vier grünen Ordnern in der Hand wieder auf.

„Die sind für Sie“, erklärte er und überreichte jedem Bewerber seine Unterlagen. „Darin befinden sich Ihre Verträge, Tätigkeitsbeschreibungen, Versicherungsunterlagen, Betriebs- und Hausordnung, Urlaubsregelung, zusätzliche Erklärungen und Haftungsausschlüsse, bla, bla, alles Bürokratische.“

Der Professor redete noch einige Minuten lang weiter, während die vier neuen Angestellten geduldig dasaßen. Innerhalb kürzester Zeit fingen sie jedoch an, sich ohne erkennbare Ursache immer desorientierter und erschöpfter zu fühlen. Helens und Dons Blicke trafen sich und gewahrten den Zustand des anderen.

„Ich … ich fühle mich auf einmal so müde … als könnte ich …“

„Ich auch“, bekräftigte Destiny, „… nur noch schlafen oder …“

Professor Köhler lächelte das Quartett an, ging zum Bürofenster und schloss die Verdunklungsjalousien.

„Jetzt …“, rief er und klatschte aufgeregt in die Hände, „… kann ich Ihnen endlich erklären, worum es in der Stellenanzeige wirklich ging, auf die Sie sich alle gemeldet haben … aber ich sehe schon, ich sollte mich beeilen, da Sie wirken, als würden Sie bereits in den nächsten Minuten das Bewusstsein verlieren!“

Helens Kopf sackte unfreiwillig auf Dons Schulter, während die beiden langsam von ihren Sitzen herunterrutschten.

„Ja, natürlich, diese Schokoladenpralinen wurden mit einer starken Dosis Isofluran versetzt, was ihre finanziellen und beruflichen Sorgen bald ein für alle Mal beenden wird! Ach, was für entzückende Substanzen einem in einer medizinisch ausgerichteten Fakultät zur Verfügung stehen!

Sehen Sie, grundsätzlich habe ich Ihnen die ganze Zeit über die Wahrheit erzählt. Sie werden in der biologischen Abteilung eingesetzt, genauer gesagt im Fachbereich Forensik. Ihre Arbeitsaufgaben werden lächerlich einfach sein: Sie werden im Labor als vier vollständig bewegliche Skelette hängen!

Ich bedauere es, leider zugeben zu müssen, dass die Universität die rund 4.500 Dollar pro Skelett dieses Jahr nicht aus ihrem Budget zur Verfügung stellen kann, deshalb bin ich Ihnen für Ihr heutiges Erscheinen zu großem Dank verpflichtet … und natürlich für Ihr BLEIBEN!“

Nur Don und Michelle hörten das leise Kichern und die Abschlussworte, die noch folgten: „Und macht Euch keine Sorgen um Eure Autos, Kinder. Mein Bruder Jake und ich haben ein paar Vorbereitungen bezüglich unauffällig entsorgbarer Wagen getroffen; deshalb war ich so erfreut, seinen Namen in einer Eurer Bewerbungen zu lesen – die nebenbei bemerkt noch heute restlos verbrannt werden. Aus diesem Grund habe ich ausdrücklich auf schriftlichen Bewerbungen an meine Privatanschrift bestanden und keine E-Mails berücksichtigt. Keine weiteren Spuren zu beseitigen, sehen Sie?“

Professor Köhler schlenderte lässig zu seinem Büroschrank und zog ein dickes, meterlanges Seil hervor. In diesem Moment wurde er durch ein näherkommendes Geräusch abgelenkt.

„Das kann doch nicht die Polizei sein, aber wer sonst?“, wunderte sich der Professor, teilte mit zwei Fingern die Lamellen der Jalousie und spähte besorgt nach draußen.

Das Letzte, was er sah, war der Kühlergrill eines großen Wagens, der auf ihn zukam; bevor er sich umdrehen oder auch nur mit der Wimper zucken konnte, raste die Front eines alten Chrysler Imperial durch die Fassade des Universitätsbüros und zerschmetterte den Professor. Holz-, Glas- und Rigipsteile wurden durch die Luft geschleudert.

Der plötzliche Lärm des Aufpralls ließ das ruhende Quartett aus seinem Schlummer aufschrecken. Verschlafend blinzelnd bemerkte Donald sogleich die blinkenden Scheinwerfer des Autos. Mit neu gewonnener Kraft stemmte er sich auf die Beine und kämpfte darum, wach zu bleiben, wobei er eindringlich seine drei Kollegen beschwor. „Los, kommt, lasst uns verschwinden!“, keuchte er, während er dem Trio mühsam aufhalf. „Das Auto weiß Bescheid. Es wird … Es wird alles gut werden!“

Halb kletterten, halb fielen die Bewerber durch die geöffneten Türen in die geräumigen Autositze. Sobald sie alle sicher an Bord waren, setzte das Auto aus dem zerstörten Büro zurück und wandte sich nach rechts.

Sein Fernlicht erleuchtete ein Straßenschild, das in jener Nacht die Rettung für diese vier Menschen bedeutete: „Krankenhaus – Notaufnahme: 3 Kilometer Richtung Norden.“

Nachtkerzen Phantastische Geschichten

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