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Оглавление4 in einer Erzählung
„Düstere Dienstverhältnisse“
von John Pirog
aus dem Englischen übersetzt von Ruth Boose
Prolog: Das aufziehende Gewitter
Helen Müller bog gerade auf den Parkplatz der Eastern University ein, als die Abenddämmerung langsam hereinbrach. Während sie blinzelnd in ihren Rückspiegel blickte, bemerkte sie ein anderes Fahrzeug, das sich vielleicht zwölf Meter hinter ihr befand. Die beiden Limousinen fuhren langsam durch das geöffnete Tor in den hinteren Bereich des Grundstücks. „Haus B26“, las Helen halblaut, wobei sie einen Blick auf ihre Bewerbungsunterlagen warf. Als sie das Gebäude halb rechts vor sich sah, beschleunigte Helen und schwenkte dann scharf links in eine freie Parklücke zwischen einem abgestellten Kleinbus und einem kleineren Kombi ein. Donald Falling, der Fahrer der Limousine hinter ihr, bog in die Lücke rechts neben ihrem Wagen ein.
Als die beiden aus ihren Fahrzeugen ausstiegen, nickte jeder dem anderen höflich zu und beide hatten zugleich denselben üblichen Gedanken:
„Na großartig! Es gibt natürlich immer noch einen anderen!“
„Eins A“, dachte Don bei sich. „Muss wohl im ersten Stock sein.“
Mit flüchtigem Lächeln im Gesicht schritten die beiden durch scheinbar verlassene Flure und Büroräume.
„Ich denke, es geht … hier entlang“, meldete sich Helen zu Wort und deutete zur Rechten.
„Japp“, antwortete Don. „Am Ende dieses Flurs, glaube ich …“
Destiny McPhellan, die als Erste eingetroffene Bewerberin, saß bereits im kleinen Vorraum des Büros, als die beiden die Zwischentür öffneten und eintraten.
Eine große Schüssel Pralinen stand als stille und sehr verlockende Begrüßungsgeste für die Bewerber bereit. Rasch fingen sie an, mit den Händen ein Stück nach dem anderen zu greifen, auszuwickeln und sich in den Mund zu stecken. Nach mehreren Minuten fast völliger Stille räusperte sich Donald schließlich und begann zu sprechen.
„Hallo, ich bin Don. Also … wir sind wohl alle wegen des Bewerbungsgespräches hier?“
Die beiden jungen Frauen sahen auf und lächelten leicht verlegen, beinahe unbehaglich.
„Ja. Hallo Don, ich bin Helen. Ja, es ist an der Zeit für einen Berufswechsel!“, antwortete die 26-jährige Blondine mit einem etwas nervösen Kichern. „Meine letzte Stelle … nun ja, ich habe als Reinigungskraft in verschiedenen Häusern und Einrichtungen gearbeitet, außerhalb der Geschäftszeiten und so, Sie wissen schon. Die Arbeitsbedingungen waren erträglich und die Bezahlung ausreichend, um meine Rechnungen zu bezahlen, aber der letzte Job ist mir wirklich sehr sauer aufgestoßen.“
„Oh, tatsächlich?“, erwiderte Don interessiert. „Erzählen Sie doch mal.“
Helen presste die Lippen zusammen und starrte angestrengt Dons Füße an. Als Don spürte, dass diese Angelegenheit zu heikel und die Erinnerung wohl noch zu frisch war, um sie mit Fremden zu teilen, lenkte er rasch vom Thema ab, indem er begann, von seiner eigenen Situation zu erzählen:
„Also, ich war nach meinem Dienst bei der Armee auf einem Schrottplatz tätig. Im Grunde die gleiche Geschichte wie bei Ihnen: ausreichende Bezahlung, aber keine Möglichkeit zur Weiterentwicklung.“
Die beiden Frauen nickten zustimmend, als Don seine Überlegungen zu den Gründen für seinen Wunsch darlegte, den bisherigen Job aufzugeben. „Wie bei Ihnen auch war es an der Zeit, weiterzuziehen nach der Sache mit diesem Kerl und seinem Auto … Da könnte ich Ihnen etwas erzählen über seltsame und ungewöhnliche Gründe, seine Stelle aufzugeben, nämlich, dass ich …“
„Wow!“
Destiny McPhellan sprang aus ihrem Sitz auf, sodass Don und Helen zu der bislang stillen 20-jährigen Frau hinüberblickten.
„Oh verzeihen Sie bitte, das … das hatte ich gar nicht laut aussprechen wollen!“, stotterte sie nervös kichernd. „Mein Name ist … Destiny“, fügte sie nach kurzer Pause hinzu. „Es ist nur so, dass ich ihr Gespräch über Ihre bisherigen Tätigkeiten zwangsläufig mitgehört habe und … nun ja, ich habe bis vor wenigen Wochen in einer Arztpraxis gearbeitet. Eine ganz andere Tätigkeit als Ihre, aber die gleiche merkwürdige Situation!“
„Welche Fachrichtung hatte Ihr Arbeitgeber denn?“, fragte Helen.
„Er ist Onkologe“, antwortete Destiny. „Oder besser gesagt, er WAR Onkologe! Ich schätze, nun sitzt er in einer geschlossenen Einrichtung, in der sie seine geistige Gesundheit nach diesem, ähm, … Vorfall untersuchen.“
„Mein Gott!”, rief Don aus und beugte sich auf seinem Stuhl nach vorn. „Das war doch … Sie meinen doch nicht etwa Dr. Kramer? Den Typ, der …“
„Kraig“, verbesserte ihn Destiny. „Aber ja, ich bin mir sicher, dass wir denselben Doktor meinen. Er war in allen Zeitungen, selbst Nachrichtensender aus Übersee haben über den Vorfall berichtet, als es herauskam …“
„Ich erinnere mich, ich habe darüber gelesen, was … urks!!“, warf Helen ein und schüttelte den Kopf, während sie ihre Hand davorhielt, als wolle sie auf diese Weise aufsteigende unliebsame Gedanken oder Bilder unterdrücken.