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Wochenenden bei meiner Oma
ОглавлениеAls ich etwa 3 Jahre alt war, fing meine Mutter wieder an zu arbeiten. Da sie auch regelmäßig am Wochenende arbeitete, war ich fast immer von Freitag bis Sonntag bei meiner Oma, bis auf wenige Ausnahmen, wenn ich auch mal am Wochenende mit durfte. Bei meiner Oma war ich immer sehr gerne, denn dort bekam ich die Geborgenheit, die mir zuhause irgendwie fehlte. Meine Oma war sehr liebevoll, ich bekam dort immer das zu essen, was ich gerne wollte, und meine Leib- und Magenspeise war damals Rosinenbrot, das wir immer Samstagvormittag frisch vom Bäcker holten. Das Einkaufen mit meiner Oma machte mir immer viel Spaß, denn damals gab es noch einen richtigen Käse- und Obst-Laden, wo man auch probieren durfte. Nebenan war dann schon ein kleiner Selbstbedienungsladen mit Wursttheke, wo ich auch immer mein Stück Jagdwurst bekam. Bei meiner Oma wurde viel gespielt und noch mehr gelesen, mein Lieblingsbuch war das große Wilhelm-Busch-Album, das ich irgendwann fast auswendig konnte. Dass ich noch nicht lesen konnte, ist nur einer Bekannten meiner Oma aufgefallen, der ich stolz "vorlesen" wollte, aber immer auf einer ganz anderen Seite im Buch blätterte. Ich konnte aber schon relativ früh sehr gut sprechen, weil ich fast nur von Erwachsenen umgeben war, die ganz normal mit mir sprachen. Das Hobby meines Onkels, die Eisenbahn, übertrug sich irgendwie auch auf mich. Er nahm mich oft mit zum Bahnhof, und mit seiner Modelleisenbahn durfte ich auch spielen. Meine Oma ging auch sehr oft mit mir an einem Kanal spazieren bis zu einem großen Spielplatz, auf dem im Sommer auch Wasser in einem großen Wasserbecken war; bei Hitze war das natürlich sehr angenehm. Außerdem hatte meine Oma eine große Veranda, wo man auch gut bei Regen sitzen konnte und wo ich immer spielte und malte. Aus dem Verandafenster pustete ich meine ersten Seifenblasen und meine Oma nähte dort. Im Herbst bastelte meine Oma Kastanienmännchen mit mir, und die weißen Früchte der Schneebeere wurden von mir "Knacker" getauft, weil meine Oma sie pflücken musste und als großen Haufen auf den Boden warf, wo ich dann fröhlich drauf herumhopste und die Beeren zertrat, wobei es dann immer knackte. Im Winter gab es einen kleinen und einen großen Rodelberg. Bei dem großen Berg musste man wirklich aufpassen, dass man rechtzeitig abbremste, um nicht im Kanal zu landen. Der kleine Berg war eigentlich langweilig, aber wir gingen trotzdem hin. - Der Nikolaus stellte den gefüllten Stiefel stets in das Fenster zwischen Veranda und Schlafzimmer, ich glaubte damals noch, er würde über die Veranda kommen.