Читать книгу Selbst der beste Plan - Séamus Ó Grianna - Страница 19

VI

Оглавление

Bald darauf heirateten die beiden, und der Stern der Rosses zog zu dem frischgebackenen Ehemann nach Rosbeg am Meer. Sie fand ein schönes, ordentliches Zuhause in wunderschöner Lage vor.

Manus gab das Rauchen auf. Er legte seine sieben feinen Pfeifen ins Regalfach über der Kommode. Sally schlug vor, sie in einem Schrank zu verstecken. Aber Manus erbat sich von ihr, die Pfeifen dort zu lassen, wo er sie jeden Tag und jede Stunde des Tages sehen konnte, wenn er im Haus war. Es war eine bescheidene Bitte, und Sally willigte ein. Schließlich hatte Manus ihr in dieser wichtigen Sache nachgegeben. Und Sally hatte doch einen winzigen Funken von der Güte in sich, die den meisten Frauen angeboren ist.

Manus wünschte sich, dass seine Liebste sich für die Geschichten interessierte, die er las. Sie war bereit dazu. Doch als er ihr vorlas, stellte er fest, dass sie dazu neigte, ein Wort oder einen Satz aus seiner Erzählung aufzugreifen und dann über etwas zu reden, das vom Thema der Geschichte meilenweit entfernt war. Das stürzte ihn in Verzweiflung. Er versuchte, sie von dieser Gewohnheit abzubringen, indem er verstummte und erst weiterlas, wenn sie ihn darum bat. Manchmal stellte er das Buch weg und las an diesem Tag nichts mehr vor.

»Das hier ist ein Juwel von Geschichte, geschrieben von O. Henry«, sagte er eines Tages. »Sie heißt Das letzte Blatt.« Und er fing an, die Geschichte über das Mädchen vorzulesen, das glaubte, an Lungenentzündung sterben zu müssen, wenn das letzte Blatt der alten Rebenranke fiele.

»Ich habe gehört, die Ärzte in Dublin haben jetzt eine Tablette, die Lungenentzündung in zwei Tagen heilen kann. Das habe ich neulich erst in der Zeitung gelesen.«

Manus verstummte.

»Aber mach weiter mit deiner Geschichte.«

»Bist du sicher, dass du die hören willst?«

»Natürlich will ich sie hören.«

»Ich habe hier noch eine schöne Geschichte, die ich dir vorlesen möchte. Die Gabe der Weisen

Er fing an zu lesen. »Die junge Frau hatte wunderschönes Haar. Es war Stolz und Freude ihres Gatten, und er wollte ihr eine Kammgarnitur kaufen …«

»Wusstest du schon, dass meine Mutter eine Frau aus Clochnarone kannte, die mit drei Kämmen in den Haaren aus Amerika zurückkam – auf jeder Seite einer und einer hinten … Riecht das übrigens, als ob mein Brot anbrennt? Aber mach nur weiter.«

Manus legte das Buch weg. Er stand auf und ging nach draußen. Und als er an der Kommode vorbeikam, warf er einen sehnsüchtigen Blick auf die Pfeifen.

»Ich habe hier eine Perle von Geschichte, die ich dir gern vorlesen würde – eine Übersetzung aus dem Französischen. Die Franzosen sind die wahren Meister der Kurzgeschichte. Diese hier handelt von einer Ziege, die vom Bauernhof weglief und in die Berge floh. Wenn du sie gehört hast, wirst du zugeben, dass der Mann, der sie geschrieben hat, aus nichts eine Geschichte machen konnte. Hör zu: Monsieur Seguin hatte mit seinen Ziegen nie Glück gehabt. Er verlor alle auf dieselbe Weise; eines schönes Morgens rissen sie sich los und liefen in die Berge …«

»Einer von unseren Nachbarn, Doney John Hughdie, hatte auch solche Ziegen. Er hat mehr als ein Dutzend verloren und dann die Ziegenhaltung aufgegeben. Eine nach der anderen riss sich los und lief in die Berge von Glendowan … Aber lies weiter.«

»Es tut mir leid, dir das abschlagen zu müssen, Liebste, aber ich kann nicht weiterlesen. Es war falsch von mir, zu erwarten, du würdest zu einer Kopie meiner selbst werden, deshalb werde ich dich mit meinen Büchern nicht mehr belästigen. Vielleicht bin ich ein komischer Vogel. Aber du hast eine Angewohnheit, die mich in den Wahnsinn treibt. Meine Mutter, Gott hab sie selig, redete sich nach Osten und nach Westen fort von dem, was sie eigentlich erzählen wollte. Das hat mich geärgert. Aber deine Angewohnheit verletzt mich. Ich werde nicht mehr versuchen, dir etwas vorzulesen. Aber bei einem normalen Gespräch – da kannst du mich ignorieren, mir widersprechen, mich einen Narren nennen. Egal was. Aber schweife nicht so furchtbar ab. Wie gesagt, es verletzt mich. Es verletzt mich ganz schrecklich.«

»Ich würde dich doch um nichts in der Welt verletzen, Liebster«, sagte Sally, kam zu ihm und legte ihm einen Arm um den Hals.

»Das weiß ich, Liebste«, sagte er. »Denk einfach an meine kleine Schwäche, und ich bin sicher, dass du deine Angewohnheit dann bald abgelegt haben wirst.«

»Ich werde mein Bestes tun.«

»Das weiß ich. Und mehr noch, es wird dir gelingen.«

Es wurde Ostern. Ganz plötzlich kamen keine Zeitungen mehr in die Rosses. In der Gegend brodelten die wildesten Gerüchte. Eine deutsche Armee sei in Kerry an Land gegangen. Jeden Tag würden Tausende von Männern getötet. Die Stadt Dublin sei ein tosendes Feuer!

Eine Woche verging. »Ich glaube, in Gottes Namen, ich werde morgen zum Markt nach Cloghanlea gehen«, sagte Manus zu seiner Frau. »Wir haben Gras genug für einen weiteren Jährling, und da dachte ich, ich kaufe einen.«

Er ging zum Markt. Abends kam er ohne Jährling zurück und sah sehr traurig und niedergeschlagen aus.

»Du hast nichts gekauft«, sagte seine Frau, als er hereinkam.

»Nein, hab ich nicht«, antwortete er. »Ich habe nicht die Sorte Tier gesehen, die ich haben will.«

Er ließ sich auf einen Stuhl sinken und seufzte.

»Was ist denn los mit dir?«, fragte Sally besorgt.

»Heute sind die Zeitungen gekommen. Alles ist zu Ende.«

»Was ist zu Ende?«

»Der Aufstand in Dublin. Der hat nur eine knappe Woche gedauert. Jetzt werden die Anführer hingerichtet. Und was über die hier in Cloghanlea geredet wird! Da heißt es, die hätten es allesamt verdient, erschossen zu werden. Weil sie daran schuld seien, dass Home Rule gescheitert ist, und das sagt der Mann, der damals die Polizei nach Gweedore gejagt hat, um Pfarrer McFadden festzunehmen!«

»Ist dabei nicht vor der Kapelle in Gweedore ein Polizist ums Leben gekommen?«

Schweigen.

»Erzähl doch weiter.«

»Und der Sohn von Gerichtsvollzieher Narwal …«

»Wie hieß Narwal eigentlich richtig? Aber erzähl doch weiter.«

»Ich hätte mich fast nicht beherrschen können, als ich mir anhören musste, wie die Helden von Dublin von Tagedieben und Eckenstehern so gemein beleidigt wurden, während ich bei Brennans einen trinken wollte.«

»Ob es wohl stimmt, dass Brennan die Kneipe verkaufen will?«

Langes Schweigen.

»Aber erzähl doch weiter.«

»Und als ich hörte, wie Larry Walsh, dieser verdammte Polizistensohn, sich über die Hinrichtung von Tom Clarke gefreut hat, wäre ich fast wahnsinnig geworden. Tom Clarke, der seine besten Jahre in englischen Gefängnissen verbracht hat, in Gesellschaft von Englands gemeinsten Verbrechern! Ich konnte nicht vergessen, welchen Eindruck dieser hagere, verhärmte, weißhaarige alte Mann auf mich gemacht hat, als ich damals auf einer Kundgebung auf dem Madison Square, New York, seine Rede gehört habe. Und die Vorstellung, dass …«

»Wollt ihr schon wieder gehen, und dabei habe ich euch doch gerade erst gefüttert!«

Diese Bemerkung richtete Sally an zwei Hühner, die auf der Türschwelle aufgetaucht waren.

»Aber erzähl doch weiter.«

Manus erzählte nicht weiter. Er stand auf und ging hinaus.

»Hast du keinen Hunger?«, rief Sally ihm von der Tür aus hinterher.

»Nein, hab ich nicht«, antwortete er. »Ich könnte jetzt keinen Bissen hinunterbringen.«

Er ging hinab zum Strand, setzte sich auf einen Felsbrocken und blickte aufs Wasser hinaus. Wenn er doch nur eine Pfeife hätte, um seine Nerven zu beruhigen. Sollte er wieder anfangen? Nein, das werde ich nicht, beschloss er. Ich habe es ihr versprochen, weil ich sie liebte. Und ich liebe sie noch immer, egal, wie sehr sie mir auf die Nerven geht. Also halte ich mein Versprechen.

Als er einige Zeit später zum Haus zurückkehrte, wollte Sally gerade ausgehen. Sie hatte sich ein Tuch um die Schultern gelegt und trug einen Korb über dem Arm.

»Wenn du weggehst, ehe ich zurück bin«, sagte sie, »dann schließ die Tür ab und leg den Schlüssel an die übliche Stelle. Ich hab nicht genug Tee für morgen früh und muss schnell noch mal zum Laden. Und ich bringe dann ein Pfund Linsenmehl für das schwarze Kalb mit. Ich bleibe nicht lange weg.«

Manus ging ins Haus und setzte sich. Weg ist sie, dachte er, ohne ein Wort der Entschuldigung oder ein Anzeichen von schlechtem Gewissen im Gesicht … Er sah die Pfeifen im Regalfach über der Kommode an. Aber mehr tat er nicht. Er war fest entschlossen, sein Verlobungsversprechen zu halten, egal, was passierte.

Nach einer Weile hörte er, wie Sally singend den Pfad zur Tür hochkam. Bei ihrem fröhlichen Trällern dachte er oft, sie müsse das glücklichste Wesen auf der Erde sein.

Sie kam herein und stellte ihren Korb auf den Küchentisch. Sie legte ihr Tuch ab und hängte es an einen Haken unten an der Wand. Dann nahm sie das Pfeifengestell von der Kommode und stellte es neben den Korb auf den Tisch. Was war denn nur in sie gefahren? Warum wollte sie ihn damit quälen?

Sie drehte sich um und sah ihn an.

»Welche Pfeife möchtest du als erste rauchen?«, fragte sie.

»Wie meinst du das?«, fragte er verdutzt.

»Wie ich das meine? Wie kann ich das wohl meinen? Jetzt kannst du mir doch wirklich nicht vorwerfen, dass ich abschweife oder umständlich rede? Ich will wissen, welche Pfeife du als erste rauchen willst«, sagte sie noch einmal, schob die Hand in den Korb und zog ein großes Stück Plug-Tabak heraus.

Er sprang auf und umarmte sie. »Sally, Liebste, du bist ein Engel«, sagte er mit einer Stimme, die vor Bewegung fast brach.

»Stopf deine Pfeife und steck sie an, ehe du noch mehr sagst«, sagte sie. »Ich will dich rauchen sehen. Stopf sie wieder und wieder. – Manus«, sagte sie später, und dabei redete sie ihn durch eine Rauchwolke an. »Diese Pfeife macht dich glücklich. Und sie macht auch mich glücklich – zum ersten Mal seit unserer Hochzeit bin ich durch und durch glücklich … Manus, wir zwei waren ein Paar Trottel. Ich zuerst und du danach. Wir wollten beide, auf unsere Weise, aus unserer Ehe eine Angelegenheit von Tyrann und Sklave machen, statt sie auf Toleranz und Verständnis zu gründen. Ich zuerst mit meinem absurden Rauchverbot, als ob ein Mann, der ans Rauchen gewöhnt ist, ohne leben könnte. Und dann du, weil du wolltest, dass ich so denke und rede wie du – als ob eine Frau glücklich sein könnte, wenn sie nicht so drauflosreden darf, wie sie möchte … Zwei armselige Trottel waren wir und beide gleich töricht … Dieser Aufstand in Dublin wird vielleicht eines Tages Irland retten, oder auch nicht. Aber jedenfalls hat er unsere Ehe gerettet.«

Selbst der beste Plan

Подняться наверх